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L10014 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht GemeindehaushaltNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Anton Strobl und 2. der Gertrude Strobl, beide in Mondsee, vertreten durch DDr. Edith Oberlaber, Rechtsanwältin in Salzburg, Nonntalerhauptstraße 1a, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. April 1997, Zl. BauR - 011913/1 - 1997/STÖ/Lg, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Alois Pöllmann, 2. Gertraud Pöllmann, beide in Mondsee, Gaisberg 2,
3. Gemeinde Tiefgraben, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen, angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Bauansuchen vom 6. Dezember 1995 beantragten die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Zweifamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 1266/2 der KG Hof. Die Beschwerdeführer sind als Eigentümer der Grundstücke Nr. 1268/1 und 1268/2 je KG Hof Nachbarn des zu bebauenden Grundstückes.
In der mündlichen Bauverhandlung erhoben die Beschwerdeführer folgende Einwendungen:
"Im Plan ist keine Zufahrtsstraße zum Bauvorhaben eingezeichnet oder beantragt. Die Anrainer führen einen Gewerbebetrieb, der durch das beabsichtigte Bauvorhaben stark beeinträchtigt wird. Das Bauvorhaben liegt im Dorfgebiet, in dem Bauten nur für den dauernden Wohnbedarf vorgesehen sind. Die Einwendungen sind dahingehend, daß die Nutzung des Bauvorhabens nicht für einen dauernden Wohnbedarf erfolgen soll. Wir beantragen die Stellung als Parteien."
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. September 1996 wurde den Bauwerbern die Baubewilligung erteilt und die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teils zurück-, teils abgewiesen. Das Vorbringen der Beschwerdeführer sei keine Einwendung. Es gebe keine Anhaltspunkte, daß das bewilligte Bauvorhaben widmungswidrig verwendet würde. Da die Einwendung der Beschwerdeführer als nicht dem Interesse der Nachbarschaft dienend einzustufen sei, sei diese zurückzuweisen gewesen, weil der Nachbar nicht in jedem Fall ein subjektives Recht auf Einhaltung der Widmungskategorie habe, insbesondere dann nicht, wenn keine Emissionen auftreten bzw. geltend gemacht würden.
In der dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, die Beeinträchtigung ihrer Rechte bestünde darin, daß die freie Sicht von der Terrasse ihres Betriebes stark eingeschränkt sei und die Gemeinde verpflichtet gewesen wäre, gemäß § 31 O.ö. ROG einen Bebauungsplan zu erlassen. Um die Wahrung der Widmung als Dorfgebiet sicherzustellen, hätte ein Bebauungsplan erstellt werden müssen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Dezember 1996 wurde der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben. Das Berufungsvorbringen ginge über die rechtzeitig geltend gemachten Einwendungen hinaus; insoweit seien also die Beschwerdeführer präkludiert.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. April 1997 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werden. Aus dem Parteivorbringen der Beschwerdeführer in der Bauverhandlung vom 12. Februar 1996 ergebe sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, welche Rechtsvorschrift durch das bewilligte Bauvorhaben verletzt werde. Es sei daraus auch nicht erkennbar, welcher Art die behauptete Beeinträchtigung sein soll (etwa durch Lärm oder sonstige Emissionen oder Verletzung von Abstandsvorschriften etc.). Die unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG niederschriftlich festgehaltene Einwendung sei daher von der Berufungsbehörde zu Recht "nicht als Einwendung im Rechtssinn" angesehen worden. Im übrigen bestünde kein subjektives Nachbarrecht auf eine bestimmte Aussicht (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1986, Zl. 85/06/0176). Auch mit dem Einwand, die Gemeinde wäre verpflichtet gewesen, gemäß § 31 O.ö. ROG 1994 einen Bebauungsplan zu erlassen, sei für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. In einem Verfahren zur Erlassung einer Verordnung nach dem O.ö. ROG 1994 (Erlassung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes) hätten die Beschwerdeführer keine Parteistellung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 29. November 1994, Zl. 94/05/0315). Ihnen stünde nicht einmal ein Rechtsanspruch auf eine allfällige Zurückweisung einer bloßen "Anregung" zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf richtige Handhabung des § 42 AVG, auf ordnungsgemäße Anwendung der §§ 31 und 37 O.ö. Bauordnung 1994 und § 23 Abs. 2 O.ö. Bauordnung 1976, § 31 O.ö. ROG 1994, auf Parteigehör und auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens" verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 3 der hier anzuwendenden
O.ö. Bauordnung 1994 (BO) können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.
Eine Einwendung im Rechtssinne liegt nur vor, wenn das Vorbringen die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat. Der ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG geladene Nachbar muß daher spätestens bei der mündlichen Verhandlung in seiner Einwendung das Recht anführen, dessen Verletzung er behauptet. Eine dem Gesetz entsprechende Einwendung liegt somit nur vor, wenn dem Parteienvorbringen die Verletzung eines bestimmten Rechtes entnommen werden kann (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0173, und vom 23. April 1996, Zl. 95/05/0098). Das von den Beschwerdeführern in der mündlichen Bauverhandlung vom 12. Februar 1996 erstattete Vorbringen wird diesen Anforderungen nicht gerecht, weil sich diesem nicht entnehmen läßt, in welchem ihnen zukommenden subjektiv-öffentlichen Recht sich die Beschwerdeführer für verletzt erachten und welcher Art dieses Recht ist.
Ob die mitbeteiligte Gemeinde gemäß § 31 O.ö. ROG 1994 (ROG) verpflichtet wäre, einen Bebauungsplan zu erlassen, berührt keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführer in einem Baubewilligungsverfahren. Grundeigentümern ist durch das ROG kein Recht eingeräumt, einen Antrag auf Erlassung eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes bzw. einer Änderung derselben zu stellen, auf dessen bescheidmäßige Erledigung der Einschreiter einen Anspruch hätte. Auch der "Anreger" hat in dem die Erlassung einer Verordnung betreffenden Verfahren gemäß § 36 Abs. 3 ROG keine Parteistellung. Einem Grundeigentümer kommt im Verordnungsprüfungsverfahren gemäß § 101 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1990 keine Parteistellung zu; § 109 Abs. 2 dieser Gemeindeordnung gewährt anderen Personen als der Gemeinde selbst nur in den Fällen des § 102 f leg. cit. Parteistellung (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 30. Mai 1995, Zl. 95/05/0131). Daß den Beschwerdeführern kein subjektiv-öffentliches Recht auf "Aussicht auf den Mondsee" im Baubewilligungsverfahren zukommt, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - ungeachtet des Umstandes, daß die Beschwerdeführer diesbezüglich präkludiert sind - zutreffend festgestellt. Der Nachbar hat kein Recht, daß durch die Errichtung eines Neubaues die früheren Belichtungs- oder Aussichtsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden, soferne hiedurch nicht subjektiv-öffentliche Rechte der im § 31 Abs. 4 BO umschriebenen Art betroffen sind (vgl. hiezu die bei Hauer,
Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, Seite 230, wiedergegebene hg. Rechtsprechung sowie das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1994, Zl. 92/05/0041).
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vermögen die Beschwerdeführer keinen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel aufzuzeigen.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt worden sind, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Verordnungen Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997050176.X00Im RIS seit
03.05.2001