TE Bvwg Beschluss 2020/4/9 W178 2227431-1

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Veröffentlicht am 09.04.2020
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Entscheidungsdatum

09.04.2020

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §8

Spruch

W178 2227431-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria Parzer als Einzelrichterin über die Säumnisbeschwerde der Frau XXXX Maria XXXX , MSc, vom 29.12.2019 gegen die Österreichische Gesundheitskasse, vormals Wiener Gebietskrankenkasse-WGKK, beschlossen:

A)

Die Säumnisbeschwerde wird gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG iVm § 8 VwGVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Hinsichtlich des bis zur Klage der Beschwerdeführerin (Bf) beim LG Graz als Arbeits- und Sozialgericht gegen den Pensionsbescheid der Pensionsversicherung vom 04.11.2009 zurückgehenden Verfahrensverlaufes wird auf die umfassenden Ausführungen der Bf in der Säumnisbeschwerde verwiesen.

2. Der Verfahrensverlauf, soweit für das gegenständliche Verfahren im engeren Sinn von Bedeutung:

Die von der Bf gegen den Bescheid der damaligen WGKK, nunmehr ÖGK, vom 22.07.2015, VA-VR 19702002/15-//Schu, erhobene Beschwerde betreffend die allgemeinen Beitragsgrundlagen und Sonderzahlungen aufgrund der Beschäftigung beim Dienstgeber Republik Österreich, XXXX , für den Zeitraum (zusammengefasst) vom 01.09.2004 bis 06.10.2006 wurde mit Erkenntnis vom 18.07.2019, Z. W228 2114277-1/16E, als unbegründet abgewiesen.

3. Dagegen wurde von der Bf außerordentliche Revision erhoben, anhängig beim VwGH zu Zl. Ra 2019/08/0033. Die Behandlung der Beschwerde an den VfGH wurde mit Beschluss vom 28.11.2019 abgelehnt.

4. Mit 29.12.2019 richtete die Bf eine Säumnisbeschwerde an das BVwG, mit der Begründung, dass die ÖGK (vormals WGKK) ihrem Antrag auf Feststellung der Beitragsgrundlagen für ihre Beschäftigung in der XXXX nicht entsprochen habe. Sie verweist auf die Anregung des OLG Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen (Unterbrechungsbeschluss vom 10.11.2011, Rs 40/11y) auf Feststellung aller Beitragsgrundlagen (monatlich bzw. vierteljährlich) auf Basis des der Beschwerdeführerin gesetzlich gebührenden Entgelts. Der Bescheid der WGKK vom 22.07.2015 sei nichtig, weil er den Beschluss des OLG Graz missachte und weil er antragslos jährliche allgemeine Beitragsgrundlagen und antragslos jährliche Sonderzahlungen feststelle. Eine Feststellung der monatlichen und vierteljährlichen Beitragsgrundlagen sei bisher nicht erfolgt, die WGKK beziehe sich rechtswidrig auf einen Beschluss des LGZRS Graz vom 22.11.2011, der Beschluss des OLG Graz vom 10.11.2011 und der diesem gleichkommende Antrag der Bf vom 10.11.2011 seien nicht erledigt. Der Bescheid der WGKK sei überdies nichtig, weil er nicht vom Obmann erlassen worden sei. Weiters wird vorgebracht, dass die WGKK unionsrechtswidrig die Zuständigkeit in Anspruch genommen habe; auf ihr Dienstverhältnis zur XXXX sei das VBG 1948 sehr wohl anzuwenden gewesen, u.a. weil § 1 Abs 3 Z 2 VBG 1948 idF BGBl. I Nr. 130/2003 diskriminierend und damit aus unionsrechtlichen Gründen nicht anzuwenden sei; im Übrigen sei § 1 Abs 3 Z 2 VBG 1948 idF BGBl. I Nr. 130/2003 auch deswegen nicht anzuwenden, weil sie 40 Wochenstunden gearbeitet habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Die Bf war unstrittig im Zeitraum vom 01.09.2004 bis 06.10.2006 bei der Republik Österreich, in der XXXX tätig.

Über die allgemeinen Beitragsgrundlagen und Sonderzahlungen hinsichtlich der Beschäftigung beim Dienstgeber Republik Österreich, XXXX , für den Zeitraum vom 01.09.2004 bis 31.12.2004, vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 und vom 01.01.2006 bis 06.10.2006 wurde mit Erkenntnis vom 18.07.2019, Z. W228 2114277-1/16E, rechtskräftig abgesprochen. Dagegen ist eine außerordentliche Revision, die durch die Bf erhoben worden ist, beim VwGH anhängig. (RA 2019/08/0033).

Betreffend die Anwendung des VBG 1948 auf das Dienstverhältnis der Bf zur XXXX und in der Folge die Zuständigkeit der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (nunmehr BVAEB) wurde mit Beschluss des VwGH Ro 2014/08/00079 die Feststellung des damaligen BMASK bestätigt, dass diese Zuständigkeit nicht besteht, sondern die damalige WGKK zuständig ist.

Diese Feststellungen sind unstrittig.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1 Beschwerdevorbringen

Die Beschwerdeführerin meint - zusammengefasst - dass die bisher ergangenen Entscheidungen zu der Sache "Beitragsgrundlagen für 01.09.2004 bis 31.12.2004, vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 und vom 01.01.2006 bis 06.10.2006" die Sache nicht erledigen.

Auch wenn kein expliziter Antrag der Bf auf Bescheiderlassung durch die belangte Behörde im Akt nachzuweisen ist, ist davon auszugehen, dass die Bf implizit einen solchen gestellt hat, auch weil sie sich mehrmals auf den Unterbrechungsbeschluss des OLG Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10.11.2011 bezogen hat und auf der Entscheidung bestanden hat (schon im oben genannten Verfahren W228 2114277-1).

Zu A) Zur Zurückweisung der Säumnisbeschwerde

2.2 Gesetzliche Grundlagen

Gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß § 8 Abs 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

2.3 Judikatur

Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) dient dem Rechtsschutz wegen Säumnis der Behörden. Zweck dieses Rechtsbehelfes ist es, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in seiner Sache zu erlangen. Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die Säumnis der vor dem VwGH belangten Behörde voraus, deren Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, und somit die Verpflichtung dieser Behörde, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheid zu entscheiden. Fehlt es an der Säumnis der Behörde, so ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen. Nur bei Vorliegen einer zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde erfolgt nach Vorlage derselben oder nach ungenütztem Ablauf der Nachfrist des § 16 Abs 1 VwGVG 2014 ein Übergang der Zuständigkeit, über die betriebene Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden, auf das VwGH (VwGH 10.12.2018, Ro 2018/12/0017, mwN).

Die Säumnis der Behörde ist Prozessvoraussetzung im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde vor dem VwGH. Fehlt es an der Säumnis, so ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen (vgl. aus der auf den vorliegenden Fall übertragbaren Judikatur zur Säumnisbeschwerde gemäß § 27 VwGG idF vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform etwa das E vom 12. Oktober 2004, 2004/05/0142). wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen hat.

2.4 Im konkreten Fall

Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die Säumnis der vor dem BVwG belangten Behörde voraus, deren Entscheidungspflicht geltend gemacht wird.

Dies ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

2.4.1 Die Bf behauptet, dass ihr implizit gestellter Antrag, gleichlautend wie die Anregung des OLG Graz als Berufungsgericht in ASG, noch nicht erledigt ist.

Dem ist nicht zu folgen. Es wurde mit Bescheid der damaligen WGKK vom 02.07.2015, VA-VR 19702002/15-Scha/Schu, über die allgemeinen Beitragsgrundlagen und Sonderzahlungen hinsichtlich der Beschäftigung bei der Dienstgeberin Republik Österreich, XXXX , für den Zeitraum vom 01.09.2004 bis 31.12.2004, vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 und vom 01.01.2006 bis 06.10.2006 abgesprochen. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 18.07.2019, Z. W228 2114277-1/16E, bestätigt.

Entgegen der Auffassung der Bf ist in dem genannten Verfahren nicht über ein aliud - im Vergleich zu der Sache ihres Antrages - abgesprochen worden, sondern es wurden die strittigen Fragen, wie sie von der Bf aufgeworfen wurden, geklärt. Die belangte Behörde hat die in der Anregung im Beschluss des OLG Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialgericht, GZ. 7 Rs 40/11y, gestellten offenen Fragen, die für die Entscheidung über das Pensionsverfahren von Bedeutung sind, entgegen der Auffassung der Bf behandelt; auch über den inhaltsgleichen Antrag der Bf wurde damit abgesprochen.

Es ist jeweils nur über die Beitragsgrundlagen betreffend die Beschäftigung bei einem Dienstgeber in einem bestimmten Zeitraum zu entscheiden. Eine Feststellung der monatlichen/vierteljährlichen Beitragsgrundlagen - wie von der Bf gefordert - ist im Verwaltungsverfahren nicht notwendig, um das Leistungsverfahren voranzutreiben, vgl. VwGH Ra 2014/08/0042 vom 30.01.2018; die jeweils monatliche Gesamtbeitragsgrundlage ist im Leistungsverfahren zu bilden.

Auch wenn in der Begründung des Unterbrechungsbeschlusses des OLG Graz als Berufungsgericht in ASG, GZ. 7 Rs40/11y, auf Seite 4, 2. Absatz von den "höchsten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen" die Rede ist, entspricht - nach dem Zusammenhang des Satzes - die Feststellung der jährlichen Beitragsgrundlage auf einen bestimmten Dienstgeber bezogen, für einen bestimmten Zeitraum der Anregung im genannten Beschluss.

Über die Sache (Beitragsgrundlagen 2004 bis 2006 aufgrund der Tätigkeit bei der Republik Österreich, XXXX ) ist rechtskräftig entschieden. Somit ist die ÖGK der Verpflichtung, über den Antrag mittels Bescheid zu entscheiden, schon nachgekommen. Die Bf akzeptierte diese Entscheidungen nicht als rechtmäßig und behauptet daher Säumnis. Damit ist sie - wie oben dargelegt - nicht im Recht.

Damit liegen kein offener Antrag und auch keine Säumnis vor.

Die belangte Behörde hat im Übrigen auch das Recht, antragslos über Rechte und Pflichten der Versicherten mit Bescheid abzusprechen, vgl. § 410 ASVG.

Zum übrigen Beschwerdevorbringen:

Es ist vorauszuschicken, dass ein Verfahren zur gegenständlichen Sache beim VwGH anhängig ist und dort das Vorbringen der Bf geprüft wird.

2.4.2 Zur Anwendbarkeit des VBG 1948:

Mit Erkenntnis des VwGH vom 29.04.2015, Ro 2014/08/0079, wurde die Entscheidung des damals zuständigen Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 09.12.2013, mit der festgestellt wurde, dass die damalige WGKK zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung dieses Beschäftigungsverhältnisses zuständig ist, bestätigt. Zur Begründung wurde angeführt, dass auf die Beschäftigung der Bf bei der XXXX das Vertragsbedienstetengesetz (VBG 1948) nicht anwendbar sei. Den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde ist daher zu entgegnen, dass auch diese Frage nicht neuerlich beurteilt werden kann. Damit ist auch auf die EU-rechtlichen Fragen zur Diskriminierung nicht einzugehen.

2.4.3 Zur Frage der Nichtigkeit des Bescheides, mit dem über das Anliegen der Bf abgesprochen wurde:

Das BVwG geht nicht von einer Nichtigkeit des Bescheides vom 22.07.2015, VA-VR 19702002/15-Scha/Schu, aus, weil der Obmann/ die Obfrau der WGKK die Erledigung an die Büroorganisation delegieren kann, vgl. §§ 433 ff. ASVG; die Bf hat im Übrigen keine konkreten Hinweise vorgebracht, die die rechtmäßige Delegation in Frage stellen. Auch aus diesem Argument lässt sich die Säumnis der belangten Behörde nicht ableiten.

2.4.4 Zur Frage der Verbindung der Verfahren vor der WGKK und der PVA:

Das Gesetz sieht eine Trennung der Zuständigkeit in Leistungssachen und in Verwaltungssachen vor; vgl. §§ 354, 355 ASVG; auch die §§ 65 und 74 ASGG regeln die unterschiedlichen Zuständigkeiten. Eine Verbindung des Leistungs- und Verwaltungsverfahrens wie von der Bf beantragt, kann daher mangels gesetzlicher Grundlage nicht stattfinden.

2.4.5 Zusammengefasst ist festzustellen, dass dem Anliegen der Bf bereits entsprochen wurde, eine Entscheidung vorliegt und somit keine Säumnis der belangten Behörde besteht.

Damit war die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen.

3. Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs 2 Z 1 dieser Bestimmung kann die Verhandlung entfallen, wenn die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Dies ist hier der Fall.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Entscheidungsfrist Rechtskraft Säumnisbeschwerde Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W178.2227431.1.00

Im RIS seit

20.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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