TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/9 G310 1439268-3

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Veröffentlicht am 09.06.2020
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Entscheidungsdatum

09.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1

Spruch

G310 1439268-3/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Indien, vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2020, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) zu Recht erkannt:

A)       Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

C)             Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) ist seit 05.12.2013 mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet.

Zuvor stellte der BF am 18.11.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 28.11.2013, XXXX sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde und wurde seine Ausweisung nach Indien verfügt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 25.03.2014, W124 1439268-1/2E, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG an das BFA zurückverwiesen.

Mit Bescheid des BFA vom 18.12.2014, Zl. XXXX , wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei und eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 02.09.2015, W191 1439268-2/4E, als unbegründet abgewiesen.

Am 07.01.2017 ehelichte er in Österreich eine bulgarische Staatsbürgerin, mit der er seit 21.11.2016 eine gemeinsame Wohnadresse hat. Die Ehe ist nach wie vor aufrecht.

Am 30.03.2017 wurde dem BF eine bis zum 30.03.20222 gültige Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers ausgestellt).

Seit 21.04.2018 ist er bei seinem derzeitigen Arbeitgeber beschäftigt. Davor war er von 10.05.2017 bis 10.04.2018 in einem indischen Restaurant als Arbeiter beschäftigt.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein dreijähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes sei geboten, weil der BF durch sein Verhalten, welches gezielt auf eine Verlängerung seines unrechtmäßigen Aufenthalts gerichtet sei, die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Es sei davon auszugehen, dass der BF weiterhin versuchen werde, solche Handlungen zu setzen. Die Abwägung ergebe, dass aufgrund dieses Verhaltens sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurücktrete. Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird auf das Vorbringen zur nicht Gewährung eines Durchsetzungsaufschubs verwiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, die Dauer des Aufenthaltsverbots herabzusetzen bzw. den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur Verfahrensergänzung an die Behörde zurückverweisen. Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wird vorgebracht, dass der weitere Aufenthalt des BF keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Ruhe darstelle. Er lebe mit seiner Ehefrau in einem gemeinsamen ehelichen Haushalt, führe mit ihr eine tatsächliche eheliche Wirtschaft- und Geschlechtsgemeinschaft und gehen beide sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen nach. Sowohl der BF als auch seine Ehefrau seinen strafgerichtlich unbescholten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere auf den Abfragen im Zentralen Melderegister, im Fremdenregister und im Strafregister, dem Sozialversicherungsdatenauszug sowie in Zusammenschau mit den Angaben des BF anlässlich der Einvernahme und in der Beschwerde.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag der BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen (vgl VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, 19.06.2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und 27.07.2017, Fr 2017/18/0022).

Zu Spruchteil B):

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dem gesetzlichen Gebot, Bescheide zu begründen, ist als Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens besondere Bedeutung beizumessen. Ein Begründungsmangel kann eine wesentliche Mangelhaftigkeit darstellen (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 417 ff).

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass gesondert zu begründen ist, inwieweit die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nach § 86 Abs. 3 FPG (Dursetzungsaufschub, Rechtslage vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) geboten sein soll. Die auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen. Gleiches gilt für enthaltenen Überlegungen zum Ausschluss einer aufschiebenden Wirkung der Berufung, weil die aufschiebende Wirkung einer Berufung und die Gewährung eines einmonatigen Durchsetzungsaufschubes von ihren Zwecken und ihren Wirkungen her nicht vergleichbar sind (VwGH 21.11.2006, 2006/21/0171 mwN).

Die Aberkennung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – somit einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des BF geboten ist.

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung hier nicht fallspezifisch, sondern begnügte sich mit dem Verweis auf die Ausführungen zum nichtgewährten Durchsetzungsaufschub und allgemein gehaltenen Textbausteinen. Dabei blieb insbesondere unberücksichtigt, dass der BF gerichtlich unbescholten ist und einer geregelten Arbeit nachgeht. Aus dem Vorwurf einer eingegangenen Aufenthaltsehe kann nicht ohne weiteres abgeleitet werden, dass sein Leben von fortgesetzten Verstößen gegen fremdenrechtliche Bestimmungen bestimmt wird. Da seine Lebensverhältnisse als stabil zu bezeichnen sind, ist die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots nicht im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG ist Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ersatzlos aufzuheben.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der in diesem Teilerkenntnis behandelte Spruchteil des angefochtenen Bescheids aufzuheben ist.

Zu Spruchteil C):

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.1439268.3.00

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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