TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/30 96/01/1204

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.1997
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. November 1996, Zl. 4.350.383/1-III/13/96, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Behörde erster Instanz wies den vom Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gestellten Antrag auf Gewährung von Asyl mit Bescheid vom 2. Juli 1996 gemäß § 19 AsylG 1991 "ab". Dieser Bescheid wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 3. Juli 1996 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 1996 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist und erhob zugleich Berufung. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde wie folgt begründet:

"Der Bescheid des Bundesasylamtes Innsbruck wurde in der Kanzlei meines umseits bezeichneten rechtsfreundlichen Vertreters am 03.07.1996 zugestellt.

Zu diesem Zeitpunkt wurde die Kanzleiorganisation insoweit umgestellt, als auch die Fremdenrechtsakten in die EDV-Kartei übernommen wurden. Der Akt wurde zu diesem Zweck vorerst mit anderen Fremdenakten bereitgelegt. Die ansonsten erprobte und erfahrene Kanzleikraft beabsichtigte die Kalendierung der Berufungsfrist gleichzeitig mit der EDV-verarbeitung vorzunehmen.

Infolge urlaubsbedingten Arbeitsanfalles wurde diese Arbeit auf den nächsten Tag verschoben. Dabei übersah die Kanzleikraft, daß die Frist noch nicht kalendiert war.

Erst am 1. 10. 1996 wurde anläßlich einer routinemäßigen Aktenkontrolle das Versehen entdeckt."

Die Behörde erster Instanz wies den Wiedereinsetzungsantrag mit Bescheid vom 17. Oktober 1996 ab. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid, Spruchpunkt 1., abgewiesen. Mit Spruchpunkt 2. wurde die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. Juli 1996 als verspätet zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer es im gesamten Verfahren unterläßt, den Namen der Kanzleibediensteten, welcher der Fehler unterlaufen sei, bekanntzugeben, sodaß er seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht nachgekommen ist, scheitert die Beschwerde aber auch daran, daß der Rechtsanwalt die Festsetzung von Fristen nicht völlig einer Kanzleibediensteten überlassen und sich lediglich auf stichprobenartige Kontrollen beschränken darf. Für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfristen ist in einer Rechtsanwaltskanzlei stets der Rechtsanwalt verantwortlich, denn er selbst hat die Fristen zu setzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen, und zwar auch dann, wenn die Kanzleiangestellte ansonsten erprobt und erfahren und deshalb mit der selbständigen Besorgung bestimmter Kanzleiarbeiten, so auch mit der Kalendierung von Fristen, betraut worden ist und es bisher nicht zu Beanstandungen gekommen sein sollte. Die bloß stichprobenartige Überprüfung der Eintragungen ist nicht ausreichend (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes z.B. die Erkenntnisse vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/17/0486, und vom 26. Juli 1995, Zl. 95/20/0242).

Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, daß der Vertreter des Beschwerdeführers auf Grund der von ihm vorgebrachten Umstellung seiner Kanzleiorganisation und gleichzeitigem urlaubsbedingten Arbeitsanfall es lediglich mit einer ca. drei Monate nach Zustellung des Bescheides (3. Juli 1996) durchgeführten "routinemäßigen Aktenkontrolle"

(1. Oktober 1996) bewenden ließ.

Der Vertreter des Beschwerdeführers hat damit in einer den minderen Grad des Versehens übersteigenden Verschuldensform die nach der Sachlage gebotene und ihm zumutbare Pflicht zur Überwachung der für ihn tätig gewordenen Hilfskraft hinsichtlich der Wahrung einer Frist unterlassen. Ein derartiges Verschulden des Rechtsanwaltes des Beschwerdeführers an der Versäumung ist dem Beschwerdeführer zuzurechnen und schließt eine Wiedereinsetzung nach § 71 AVG aus, was die belangte Behörde richtig erkannt hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996011204.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten