TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/17 W132 2232983-1

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Veröffentlicht am 17.08.2020
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Entscheidungsdatum

17.08.2020

Norm

BBG §40
BBG §41 Abs2
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W132 2232983-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 23.06.2020, OB 75320610700045, betreffend Einstellung des Verfahrens zum Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochten Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

Der Antrag vom 09.10.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:
1.         Der Beschwerdeführer hat am 27.12.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO, welcher auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, und Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ gilt, gestellt.
1.1.         Zur Überprüfung des Antrages hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Allgemeinmedizin vom 22.05.2018, 23.08.2018, 28.02.2019 und 23.07.2019, Augenheilkunde vom 14.12.2018, und Hals-, Nasen- und Ohrenerkrankungen vom 11.06.2019, eingeholt, welchen zusammengefasst Folgendes zu entnehmen ist:

„Lfd.
Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate anhalten:

Position

GdB

01

Hörstörung beidseits, rechts mehr als links

Tabelle Zeile 5/Kolonne 3 – Fixposition

12.02.01

40 vH

02

Erblindung rechts nach perforierender Augenverletzung, Sehminderung links auf 0,8

Tabelle Kolonne 9/Zeile 1

11.02.01

30 vH

03

Herzmuskelerkrankung

Unterer Rahmensatz, da nun compaction-Kardiomyopathie mit wechselnder Pumpunktion zuletzt mittelgradig reduziert.

05.02.01

30 vH

04

Gelenksabnützungen im Bereich des Stützapparates

Heranziehung dieser Position mit den oberen Rahmensatz, da nur geringfügige Funktionseinschränkung, bei unauffälligem Gangbild und guter Mobilität.

02.02.01

20 vH

05

Tinnitus

Unterer Rahmensatz, da nicht kompensiert.

12.02.02

10 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Leiden 2 erhöht Leiden 1 um eine Stufe, da ungünstiges Zusammenwirken. Die anderen Leiden erhöhen nicht weiter, da ohne maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken.

Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Keine. Eine Hörstörung behindert weder das Erreichen eines öffentlichen Verkehrsmittels noch das sichere Ein- und Aussteigen oder den sicheren Transport. Die Kommunikation ist ausreichend gewährleistet, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auch unter Berücksichtigung der Erblindung des rechten Auges nicht erheblich beeinträchtigt ist.“
1.2.         Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer am 11.09.2019 einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt, und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen.

Die gegen die Ausstellung des Behindertenpasses erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 14.01.2020, GZ XXXX - ohne Einholung weiterer medizinischer Sachverständigengutachten – abgewiesen, und der angefochtene Bescheid vom 11.09.2019 bestätigt. Dagegen hat der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel ergriffen. Das Erkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen.
1.3.         Mit Bescheid vom 10.09.2019 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen.

Dagegen wurde kein Rechtsmittel erhoben.
2.         Der Beschwerdeführer hat am 09.10.2019 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29B StVO gestellt, welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gilt, sofern der Antragsteller noch nicht über einen Behindertenpass mit dieser Eintragung verfügt.

Nachstehend angeführte medizinische Beweismittel wurden in Vorlage gebracht:

?         XXXX

?         XXXX

?         XXXX

?         XXXX

?         XXXX

?         XXXX
2.1.         Zur Überprüfung des Antrages hat die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, basierend auf der Aktenlange eingeholt, und in der Folge den Beschwerdeführer zu einer persönlichen Untersuchung bei Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, geladen. Dieser Ladung zur persönlichen Untersuchung ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

Dem auf der Aktenlage basierenden Sachverständigengutachten Dris. XXXX ist Folgendes zu entnehmen:

„Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate anhalten:

01

Hörstörung beidseits, rechts mehr als links

02

Tinnitus

Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Eine Hörstörung behindert weder das Erreichen eines öffentlichen Verkehrsmittels noch das sichere Ein- und Aussteigen oder den sicheren Transport. Das gilt unabhängig vom Schweregrad der Hörstörung, daher ist nicht von Belang, ob eventuell eine diesbezügliche Verschlimmerung eingetreten ist.“
2.2.         Mit Schreiben vom 04.06.2020 wurde der Beschwerdeführer – verbunden mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt werde, wenn er der Aufforderung zum Erscheinen zu dieser zumutbaren ärztlichen Untersuchung ohne triftigen Grund nicht nachkomme – für den 18.06.2020 abermals zu einer erforderlichen persönlichen Untersuchung geladen.

Die Ladung zur Untersuchung wurde vom Beschwerdeführer am 08.06.2020 persönlich übernommen. Der Beschwerdeführer ist ohne Angaben von Gründen nicht zur Untersuchung erschienen.
2.3.         Im Rahmen des am 22.06.2020 gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs wurden keine Einwendungen erhoben.
2.4.         Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.06.2020 hat die belangte Behörde das Verfahren zum Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 41 und § 45 BBG, eingestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer der schriftlichen Aufforderung zur persönlichen Untersuchung zu erscheinen, ohne Angabe von Gründen keine Folge geleistet habe.
3.         Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass er die Briefe im Juli im Briefkasten gefunden habe, was möglicherweise ein Fehler des Briefträgers gewesen sei. Er habe aktuell Schmerzen, und sei sehr schnell verkühlt. Covid-19 bereite ihm Angst und Panik. Er ersuche um einen neuen Untersuchungstermin.

Nachstehend angeführte medizinische Beweismittel wurden in Vorlage gebracht:

?        Informationsblatt zur Implantation eines Defibrillators

?        Ambulanter Patientenbrief (Seite 2 von 4) undatiert

?        Liste der eingenommenen Medikamente

?        Befund, Dr. XXXX , Allgemeinmedizin vom 07.01.2011

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Mit Bescheid vom 10.09.2019 hat die belangte Behörde den Antrag auf Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass des Beschwerdeführers abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde erhoben, und ist dieser in der Folge in Rechtskraft erwachsen.

Der neuerliche Antrag des Beschwerdeführers auf Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ist am 09.10.2019 – somit innerhalb eines Jahres nach der rechtskräftigen Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des beantragten Zusatzvermerkes nicht vorliegen – bei der belangten Behörde eingelangt.
1.2.         Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft geltend gemacht, dass innerhalb eines Jahres, seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung, eine offenkundige Änderung seiner Funktionsbeeinträchtigung eingetreten ist.

2.       Beweiswürdigung:
Zu 1.1.)         Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und widerspruchsfreien Akteninhalt.
Zu 1.2.)         Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer eine offenkundige Änderung seines Gesundheitszustandes seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung nicht glaubhaft geltend zu machen vermochte, gründet – in freier Beweiswürdigung – in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel.

Der Patientenbrief des SMZ Floridsdorf – Chirurgie vom 30.12.2015 lag bereits bei der letzten rechtskräftigen Beurteilung vor, und wurde berücksichtigt. Er beschreibt das Vorliegen einer operativ sanierbaren Leistenhernie beim Beschwerdeführer. Dieses Leiden hat keine Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Der vorgelegte ambulante Patientenbrief des Donauspitals vom 04.02.2019, der Dekurs des Donauspitals von 02.02.2019 bis 04.03.2019, sowie das Informationsblatt zur Implantation eines Defibrillators, beschreiben das Herzleiden des Beschwerdeführers, und die Besprechung der möglichen Implantation eines Defibrillators. Diese Unterlagen sind somit nicht geeignet eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu dokumentieren, sondern werden darin die bereits bekannten, und der letzten rechtkräftigen Beurteilung zu Grunde gelegten Beschwerden beschrieben, und werden Möglichkeiten zur Verbesserung des Leidens aufgezeigt.

Die Liste der eingenommenen Medikamente lag bereits bei der letzten rechtskräftigen Beurteilung vor, und wurde berücksichtigt.

Dem Befund Dris. XXXX , Allgemeinmedizin vom 07.01.2011, ist lediglich eine Auflistung von beim Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Diagnosen zu entnehmen. Dieser Befund enthält weder Beschreibungen von vorliegenden Funktionsdefiziten, noch von Bewegungsumfängen. Auch ist dieses Beweismittel nicht aktuell, und fanden die darin dokumentierte Gesundheitsschädigungen bereits im Rahmen der letzten rechtskräftigen Feststellung des Grades der Behinderung Berücksichtigung. Eine aktuelle Verschlechterung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen kann daraus somit nicht abgeleitet werden.

Ebenso ist der vom Beschwerdeführer vorgelegte Befundbericht der Univ. Klinik für Augenheilkunde vom 22.07.2019 nicht geeignet, eine offenkundige Änderung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers zu dokumentieren, da in diesem die bereits bekannte Erblindung des rechten Auges, und die Fehlsichtigkeit des linken Auges beschrieben werden, welche bereits im Befund Dr. XXXX vom 02.10.2018 dargestellt wurden, und im Rahmen der, der letzten rechtskräftigen Entscheidung zu Grunde gelegten, augenfachärztlichen Untersuchung berücksichtigt und beurteilt wurden.

Der Tympanometrie- und der Audiometriebefund, Dris. XXXX vom 24.07.2018 lagen ebenfalls bereits bei der letzten rechtskräftigen Beurteilung vor, und wurden berücksichtigt. Hinzuzufügen ist, dass die beim Beschwerdeführer vorliegende Hörstörung grundsätzlich nicht geeignet ist, die Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel zu begründen. Auch hat die belangte Behörde zur Überprüfung einer möglichen Verschlechterung dieses Leidens, diese Befunde sogar einem Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten zur Überprüfung vorgelegt, und wird durch diesen schlüssig ausgeführt, dass diese Befunde keine maßgebliche Verschlechterung dokumentieren.

Die mit dem Antrag und der Beschwerde vorgelegten Beweismittel wurden bei der letzten rechtskräftigen Beurteilung des Leidenszustandes berücksichtigt. Sie beschreiben die bereits bekannten Gesundheitsschädigungen. Das Vorbringen und die vorgelegten Beweismittel waren somit nicht geeignet, eine offensichtliche Verschlechterung des Leidenszustandes des Beschwerdeführers zu dokumentieren.

Im Rahmen der Beschwerde wurden von Beschwerdeführer auch weder eine Verschlechterung des Leidenszustandes, noch neue Leiden vorgebracht.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)
1.         Zur Entscheidung in der Sache:

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:

3.       die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-        erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-        erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-        erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-        eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-        eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird. (§ 41 Abs. 2 BBG)

"Offenkundig" sind solche Tatsachen, deren Richtigkeit - unter Bedachtnahme auf die Lebenserfahrung - der allgemeinen Überzeugung entsprechen bzw. allgemein bekannt sind. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der Leidenszustände ist nicht erforderlich. Denn "Offenkundigkeit" bringt es mit sich, dass eine Tatsache erkennbar ist, ohne dass eine Prüfung der individuellen Situation erforderlich ist. (VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083)

Daher ist auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterblieben.

Gegenständlich wurde von der belangten Behörde sogar ein Sachverständigengutachten eingeholt, ohne dass eine einschätzungsrelevante Änderung festgestellt werden konnte.

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, waren weder das Vorbringen des Beschwerdeführers, noch die vorgelegten Unterlagen geeignet, eine offenkundige, andauernde Änderung der Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers glaubhaft geltend zu machen.

Da objektiviert wurde, dass der neuerliche Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ innerhalb der Jahresfrist gestellt wurde, und eine offenkundige andauernde Änderung des Leidenszustandes nicht glaubhaft geltend gemacht werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.
2.         Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. (§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung war, ob eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes des Beschwerdeführers glaubhaft geltend gemacht wurde.

Wie unter Punkt II.3. bereits erörtert, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, weil „Offenkundigkeit" mit sich bringt, dass eine Tatsache erkennbar ist, ohne dass eine Prüfung der individuellen Situation erforderlich ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben.

Schlagworte

Behindertenpass Frist Gesundheitsschädigung offenkundige Änderung Zurückweisung Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W132.2232983.1.00

Im RIS seit

16.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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