TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/14 I415 2233880-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.08.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.08.2020

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z2
BFA-VG §18 Abs2 Z3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2233880-1/4E

im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Montenegro, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.07.2020, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein montenegrinischer Staatsangehöriger, reiste am 04.07.2020 über Ungarn in das Gebiet der Schengener Mitgliedstaaten ein wurde am 05.07.2020 als Insasse eines aus Österreich kommenden Reisebusses an der Kontrollstelle XXXX einer Einreisekontrolle unterzogen. Aufgrund eines gegen ihn bestehenden, bis 21.01.2023 befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes für den Schengener Raum, ausgeschrieben von Deutschland, verweigerte Deutschland ihm die Einreise.

2.       Er wurde am selben Tag von den österreichischen Behörden rückübernommen, aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes festgenommen und durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen.

3.       Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 05.07.2020 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA; belangte Behörde) dem Beschwerdeführer mit, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot beabsichtigt sei und forderte ihn auf, binnen fünf Tagen eine schriftliche Stellungnahme dazu abzugeben. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach.

4.       Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA vom 14.07.2020, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass seine Abschiebung nach Montenegro zulässig sei (Spruchpunkt III.), gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), ihm keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

5.       Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schreiben vom 31.07.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen, den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben, feststellen, dass eine Rückkehrentscheidung gegenüber dem Beschwerdeführer unzulässig sei und aussprechen, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde, in eventu den angefochtenen Bescheid im Umfang der Spruchpunkte III. und IV. beheben; in eventu die Dauer des Einreiseverbotes verkürzen.

6.       Am 08.08.2020 kehrte der Beschwerdeführer freiwillig nach Montenegro zurück.

7.       Am 10.08.2020 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Montenegros.

Seine Identität steht fest.

Er reiste spätestens am 05.07.2020 illegal nach Österreich ein und hielt sich dort bis zu seiner am 08.08.2020 erfolgten freiwilligen Rückkehr nach Montenegro auf.

Gegen ihn besteht ein bis 21.01.2023 befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Schengener Raum, ausgeschrieben von der Bundesrepublik Deutschland. Er besitzt keinen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates.

Sein Aufenthalt im Bundesgebiet beruhte auf keiner rechtlichen Grundlage.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen im Bundesgebiet.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Deutschland konnte ebenso wenig festgestellt werden.

Ferner konnten keine gesellschaftlichen, beruflichen oder sonstigen Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet festgestellt werden, dies insbesondere in Hinblick auf die Kürze seines Aufenthaltes in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Es wurden keine Umstände bekannt, die seiner bereits erfolgten Rückkehr nach Montenegro, einen sicheren Herkunftsstaat, entgegenstehen.

Der Beschwerdeführer vermochte den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1.    Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, dem AJ-Web, dem Schengener Informationssystem und dem Strafregister wurden ergänzend eingeholt.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen. Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren keine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt hat. Allerdings lässt sich der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt aus dem Akteninhalt ableiten. Zudem wurde dem Beschwerdeführer mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der belangten Behörde vom 05.07.2020 die Gelegenheit zur Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt, welche der Beschwerdeführer ungenützt verstreichen ließ. Das Parteiengehör wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 05.07.2020 durch persönliche Übergabe zugestellt. Somit ist das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör gewahrt. Das diesbezügliche unsubstantiierte Vorbringen in der Beschwerde, wonach es die Behörde unterlassen hätte, das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zu prüfen, geht daher ins Leere.

2.2      Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des vorliegenden montenegrinischen Reisepasses Nr. XXXX fest (AS21).

Die Feststellungen zur Einreise und zum Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt. Die Feststellung zur am 08.08.2020 erfolgten freiwilligen Ausreise des Beschwerdeführers nach Montenegro ergibt sich aus dem Verwaltungsakt (Bestätigung seitens des VMÖ über die erfolgte freiwillige Ausreise, OZ 3) und einem aktuellen Auszug aus dem zentralen Fremdenregister (izr).

Das gegen den Beschwerdeführer durch die Bundesrepublik Deutschland erlassene Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Schengen-Raum ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt und insbesondere aus einem dem Verwaltungsakt inneliegenden SIS Lichtbildbericht (AS 17).

Aufgrund dieses Einreise- und Aufenthaltsverbotes, welches gemäß Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex ein Einreisehindernis darstellt, war die Feststellung zum unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu treffen.

Weder aus dem Verwaltungsakt, noch aus der Beschwerde gehen Umstände hervor, die auf ein schützenswertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet schließen ließen. Der Beschwerdeführer befand sich nur auf Durchreise durch Österreich und gab bei seiner polizeilichen Einvernahme am 05.07.2020 an, sein Reiseziel sei Deutschland. Würde er aus der Haft entlassen, wisse er nicht, wohin er sich begeben würde, vielleicht nach Italien oder in die Niederlande (AS 6).

Der Beschwerdeführer machte geltend, in Deutschland würden seine Ehefrau und sechs (bei Pflegefamilien untergebrachte) Kinder leben. Aufgrund dieser Angabe wurden Erhebungen beim Polizeikooperationszentrum Passau geführt. Die deutschen Behörden teilten am 10.07.2020 mit, dass in den polizeilichen Datenbeständen zu den vom Beschwerdeführer angegebenen Daten seiner Ehefrau und auch zu ähnlichen Daten kein Treffer erzielt worden sei. Die vom Beschwerdeführer angegebene Wohnadresse sei ein Asylheim, in dem 94 Personen gemeldet seien (AS 37). Das Vorliegen des vom Beschwerdeführer behaupteten Familienlebens in Deutschland konnte daher nicht festgestellt werden. Darüber hinaus hat auch Deutschland unter Berücksichtigung sämtlicher privater und familiärer Interessen des Beschwerdeführers befunden, dass die Verhängung eines mehrjährigen Einreise- und Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt ist. Dadurch geht auch das Beschwerdevorbringen, wonach die belangte Behörde völlig unzureichende Ermittlungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Schengen-Raum durchgeführt habe, ins Leere.

Dem Akteninhalt und der Beschwerde waren weder Hinweise auf irgendeine Krankheit, noch eine Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers zu entnehmen. Er gab in seiner polizeilichen Einvernahme am 05.07.2020 an, gesund zu sein.

Dass Montenegro ein sicherer Herkunftsstaat ist, ergibt sich aus § 1 Z 5 der Herkunftsstaatenverordnung (HStV, BGBl. II. Nr. 177/2009).

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte, ergibt sich daraus, dass er selbst bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 05.07.2020 zu Protokoll gab, EUR 5,-- bei sich zu haben. Das bloße Behaupten des Besitzes von Geldmitteln, Vermögenwerten und/oder Zuwendungen Dritter allein genügt nicht, um den Besitz hinreichender Mittel zur Sicherung des Unterhaltes in Österreich nachzuweisen. Dem Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer nicht als mittellos anzusehen sei, weil seine angeblich in Deutschland lebende Familie ihn finanziell zu unterstützen vermöge, ist mangels Vorlage jeglicher Nachweise (etwa einer Wohnrechtsvereinbarung, einer schriftlichen Unterstützungserklärung seiner Familie oder von Kontoauszügen) die Glaubwürdigkeit zu versagen.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit folgt dem Amtswissen des erkennenden Gerichts durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1      Zur Nicht-Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG (Spruchpunkt I.)

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet:

Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2      Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.)

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner montenegrinischen Staatsangehörigkeit sohin Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, so ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer - was auch auf Staatsangehörige von Montenegro zutrifft - im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten von dem Datum der ersten Einreise an, sofern die Einreisevoraussetzungen des Art 5 lit. a bis e vorliegen.

Gemäß Art 5 lit. d SDÜ darf der Drittausländer nicht zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß Art 6 Abs. 1 lit. e Schengener Grenzkodex kann einem Drittstaatsangehörigen die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten gestattet werden, wenn er keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsstaaten darstellt.

Der Beschwerdeführer reiste am 05.07.2020 in das österreichische Bundesgebiet ein.

Zwar war er in Besitz eines gültigen biometrischen montenegrinischen Reisepasses, welcher grundsätzlich zur visumsfreien Einreise für 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen für touristische Zwecke berechtigen würde, doch aufgrund des gegen ihn bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbotes für den Schengener Raum waren die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Sinne der zuvor genannten unionsrechtlichen Bestimmungen nicht erfüllt. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet war zu keinem Zeitpunkt rechtmäßig.

Daher hat sich die belangte Behörde bei der Erlassung der verfahrensgegenständlichen Rückkehrentscheidung zutreffend auf § 52 Abs 2 Z 1 FPG gestützt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet.

Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der äußerst kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von nur einem Monat davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens deutlich überwiegt. Es liegen beim Beschwerdeführer auch keine Aspekte einer außerordentlichen Integration vor. Das Vorliegen eines schützenswerten Privatlebens im Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor; beim Beschwerdeführer sind keine besonderen Vulnerabilitäten gegeben. Gleichzeitig hat er in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den überwiegenden Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen.

Unter Zugrundelegung des oben gesagten und nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen, ist ein schützenswertes Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK zu verneinen (siehe auch VfGH 02.05.2011, U2123/10-13). Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zuungunsten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 2 AsylG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG sind erfüllt. er ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.3      Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre und wurde Derartiges auch in der Beschwerde nicht behauptet. Vielmehr ist der Beschwerdeführer am 08.08.2020 freiwillig nach Montenegro zurückgekehrt.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.4.    Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.):

3.1.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 idF BGBl. I. Nr. 110/2019, lautet wie folgt:

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1.         wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2.         wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3.         wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4.         wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5.         wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6.         den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7.         bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8.         eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9.         an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) (…)

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 FPG grundsätzlich für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist nach dem von der belangten Behörde angewendeten § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige „den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag“.

Wie bereits im angefochtenen Bescheid angeführt ist, indiziert die Erfüllung dieser Einreiseverbotstatbestände gemäß § 53 Abs. 2 FPG das Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Bei der Bemessung ist das Gesamtverhalten des Fremden zu berücksichtigen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf das bloße Vorliegen der angeführten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (VwGH vom 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Im hier zu entscheidenden Beschwerdefall sind die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 erfüllt, da der Beschwerdeführer mit lediglich EUR 5,- Barvermögen den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt in Österreich nicht nachzuweisen vermochte.

So hat der VwGH dargelegt, dass aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiere, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung iSd § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt sei. (vgl. VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282; 19.12.2018, Ra 2018/20/0309; 20.09.2018, Ra 2018/20/0349). Letztlich führte der VwGH - unter Bezug auf seine eigene Judikatur - erst kürzlich wieder aus, dass die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziere, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährde (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Zudem missachtete der Beschwerdeführer bei seiner die Einreise in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein bereits gegen ihn bestehendes Einreise- und Aufenthaltsverbot Deutschlands. Dies verdeutlicht, dass er keineswegs gewillt ist, sich an die bestehenden Einreisebestimmungen zu halten.

Sohin kann auch von keiner uneingeschränkt positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden und muss von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gesprochen werden.

Auch die im Lichte des Art 8 EMRK gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen. Der Beschwerdeführer weist keine engen familiären Bindungen in Österreich auf und befand sich für nur für wenige Wochen im Bundesgebiet. Auch sonst sind keine Integrationsmerkmale ersichtlich, die seinem Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet ein entscheidendes Gewicht verleihen würden und wurden solche auch nicht behauptet.

Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen gelangt das erkennende Gericht zur Auffassung, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes zur Verhinderung weiterer derartiger Handlungen, somit zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers zurücktreten müssen.

Angesichts der fehlenden familiären und privaten Beziehungen und wegen seines Fehlverhaltens ist davon auszugehen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet hat und sohin der Tatbestand des § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG jedenfalls verwirklicht.

Für die belangte Behörde bestand auch kein Grund, im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 53 Abs. 1 FPG (arg: "kann") von der Erlassung des Einreiseverbotes Abstand zu nehmen, liegen doch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 FPG für die Erlassung eines Einreiseverbotes eindeutig vor, sodass eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Verhängung eines Einreiseverbotes offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes (Art. 130 Abs. 2 B-VG) liegen würde.

Auch die zweijährige Dauer des verhängten Einreiseverbotes ist unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände des Beschwerdeführers getroffenen Gefährlichkeitsprognose angemessen. Diese Dauer ist notwendig, um der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wirksam zu begegnen und bei ihm einen Gesinnungswandel dahin zu bewirken, sich bei künftigen Aufenthalten in Österreich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten und insbesondere für ausreichende eigene Unterhaltsmittel zu sorgen. Die belangte Behörde hat nicht einmal die Hälfte der gesetzlich zulässigen Dauer des § 53 Abs. 2 FPG verhängt. Die Beschwerde zeigt auch keine Gründe auf, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre.

Bei der Erlassung und Bemessung eines Einreiseverbots sind in Bezug auf das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein seine Verhältnisse in Österreich "in den Blick zu nehmen", sondern auch die Situation des Fremden in den anderen Mitgliedstaaten (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037 mwH).

Der räumliche Geltungsbereich eines Einreiseverbots umfasst die genannten Staaten, eine Einschränkung ist nicht möglich (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037).

Der Beschwerdeführer machte in seiner Beschwerde geltend, dass in Deutschland seine Ehefrau und sechs Kinder leben würden, wobei diese Angaben nicht verifiziert werden konnten. Zudem besteht bereits ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer für den Schengen-Raum, welches von der Bundesrepublik Deutschland verhängt worden war und noch bis zum 21.01.2023 gültig ist. Somit haben auch die deutschen Behörden unter Berücksichtigung sämtlicher privater und familiärer Interessen des Beschwerdeführers befunden, dass die Verhängung eines mehrjährigen Einreise- und Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt ist. Dadurch ist mit dem Beschwerdevorbringen, wonach die belangte Behörde völlig unzureichende Ermittlungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Schengen-Raum durchgeführt habe, für den Beschwerdeführer nichts gewonnen.

Auch steht es jedem Mitgliedstaat frei, einem Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung des jeweiligen nationalen Rechtes trotz bestehenden Einreiseverbotes eines anderen Mitgliedstaates die Wiedereinreise aus wichtigen öffentlichen oder privaten Gründen zu gewähren.

Da somit im vorliegenden Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Erlassung eines auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbotes erfüllt sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ebenfalls abzuweisen.

3.5      Zur Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.)

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Da die belangte Behörde in Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1, 2 und 3 BFA-VG aberkannte und diese vom Verwaltungsgericht nicht wieder zuerkannt wurde, besteht keine Frist zur freiwilligen Ausreise.

3.6      Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI.)

Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist (Z1), der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist (Z2) oder Fluchtgefahr besteht (Z3).

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, sind verfahrensgegenständlich all diese Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt.

Wie bereits oben unter Punkt II.3.4 ausgeführt, stellte der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Außerdem reiste er einem bestehenden Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum zuwider nach Österreich ein und auch das Bestehen einer Fluchtgefahr wurde als äußerst wahrscheinlich erachtet, sodass gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt wurde.

Es sind auch keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG ersichtlich.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA ist daher nicht zu beanstanden; eine Zuerkennung durch das BVwG kam nicht in Betracht.

4.       Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Bescheiderlassung durch die belangte Behörde und der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht rund ein Monat liegt - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen erwies sich, wie unter der "Beweiswürdigung" ausgeführt, als unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Zudem liegt ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vor, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet innert 7 Tagen zu entscheiden, es sei denn es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 5 BFA-VG zuzuerkennen. Dies war im gegenständlichen Fall – wie oben dargelegt – aber nicht gegeben.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Fluchtgefahr freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I415.2233880.1.00

Im RIS seit

03.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten