Entscheidungsdatum
01.10.2020Index
90/02 FührerscheingesetzNorm
FSG §24 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde der Frau AA, geb. ***, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der BB vom 22.9.2020, Zl. *** wegen Entziehung der Lenkberechtigung wegen Nichtabsolvierung der zweiten Ausbildungsphase nach § 24 Abs 3 FSG
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als sich der angefochtene Bescheid auf § 24 Abs 3 iVm § 4c Abs 2 FSG stützt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B wegen Nichtabsolvierung der mit rechtskräftigem Bescheid angeordneten Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase (ab dem Tag der Zustellung dieses Bescheides) bis zur Befolgung der Anordnung entzogen.
Dagegen erhob sie rechtzeitig Beschwerde und brachte vor, sie hätte bereits mit der Fahrschule für 14.10.2020 einen Termin für die zweite Ausbildungsphase vereinbart.
Beweis wurde weiters aufgenommen durch Einsicht in den behördlichen Akt.
II. Rechtslage:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Führerscheingesetz (FSG), BGBl I 2017/120 idF BGBl I 2020/24 lauten wie folgt (Hervorhebungen durch den Gefertigten):
„Lenkberechtigung für Anfänger (Probeführerschein)
§ 4.
Lenkberechtigungen für alle Klassen mit Ausnahme der Klassen AM und F, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klassen besessen haben, unterliegen einer Probezeit von drei Jahren. Diese Probezeit ist in den Führerschein nicht einzutragen.
(…)
Zweite Ausbildungsphase – Verfahren
§ 4c.
(…)
(2) Werden eine oder mehrere der in § 4b genannten Stufen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3 nicht innerhalb von zwölf Monaten (14 Monaten im Fall der Klassen A1, A2 oder A) nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert, ist der Führerscheinbesitzer zwölf Monate (14 Monate im Fall der Klassen A1, A2 oder A) nach Erteilung der Lenkberechtigung darüber zu verständigen. In diesem Schreiben ist auf die Verlängerung der Probezeit hinzuweisen, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nachgewiesen wird, sowie auf die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb einer weiteren Frist von vier Monaten nachgewiesen wird. Werden die fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert, hat die Behörde dem Betreffenden ausschließlich die Absolvierung dieser Stufe(n) anzuordnen. Mit der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) verlängert sich die Probezeit unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs. 3 zweiter bis vierter Satz. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von weiteren vier Monaten nach, ist gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz vorzugehen. Die Behörde kann auf Antrag für eine angemessene Zeit von der Entziehung der Lenkberechtigung absehen, wenn die betreffende Person besonders berücksichtigungswürdige Gründe nachweist aus denen hervorgeht, dass sie innerhalb der festgesetzten Frist den oder die fehlenden Teil(e) nicht absolvieren konnte. Hat der Betreffende in der Zwischenzeit seinen Hauptwohnsitz verlegt, hat die Behörde gegebenenfalls das Verfahren an die nunmehr zuständige Behörde abzutreten.
(…)
§ 24
(…)
(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:
1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,
2. wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder
3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.
Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.
(…)“
III. Erwägungen:
Die Beschwerdeführerin bringt lediglich vor, am 14.10.2020 einen Termin zur Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase vereinbart zu haben. Ihr sei kein frühere Termin „angeboten“ worden. Tatsächlich kommt es jedoch nicht darauf an, Termine mit einer Fahrschule zu vereinbaren, sondern die fehlende Ausbildungsphase rechtzeitig zu absolvieren. Nun ist es allgemein bekannt, dass die Führerscheinkandidaten von den Fahrschulen nach bestandener Führerscheinprüfung stets ausdrücklich auf die Ausbildungsphasen hingewiesen und auch später noch daran erinnert werden. Ungeachtet dessen hat sie nicht innerhalb von 12 Monaten (!) nach Erteilung der Lenkberechtigung die zweite Ausbildungsphase absolviert. Folgerichtig ordnete die BB die Absolvierung der 2. Ausbildungsphase mit Bescheid vom 19.2.2020 an. Aber auch diesen Bescheid ignorierte die Beschwerdeführerin, und handelte, nachdem sie von der Behörde überdies mit einem Schreiben vom 7.7.2020 auf ihr rechtswidriges Verhalten hingewiesen wurde, weiterhin derart sorglos, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Lenkberechtigung – zwingend – zu entziehen war. Das Argument, einen Termin vereinbart zu haben, geht sohin völlig ins Leere. Sie hatte ausreichend Zeit, entsprechende Termine zu vereinbaren und so die fehlende Ausbildungsstufe rechtzeitig zu absolvieren. Augenfällig legt die Beschwerdeführerin ein äußerst sorgloses Verhalten an den Tag, dem – entsprechend der gesetzlichen Vorgaben – nur mehr mit einer Entziehung der Lenkberechtigung begegnet werden kann.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Triendl
(Richter)
Schlagworte
Zweite Ausbildungsphase;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.22.2157.1Zuletzt aktualisiert am
27.10.2020