TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/23 G308 2226082-1

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Veröffentlicht am 23.06.2020
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Entscheidungsdatum

23.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSVG §14b
GSVG §40
GSVG §5

Spruch

G308 2226082-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gesetzlich vertreten durch die Vorsorgebevollmächtigte XXXX , vertreten durch PIATY MÜLLER-MEZIN SCHÖLLER Rechtsanwälte GmbH & Co KG gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen, Landesstelle Steiermark (vormals: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark) vom 17.10.2019, Zahl: XXXX , wegen Pflichtversicherung gemäß § 14b GSVG, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen, Landesstelle Steiermark (vormals: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark; im Folgenden: belangte Behörde), vom 17.10.2019, Zahl XXXX , wurde gemäß § 194 GSVG iVm §§ 409 und 410 ASVG festgestellt, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) „unter anderem“ gemäß § 14b GSVG von 01.04.2016 bis 31.12.2018 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterliege.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF aus seiner ehemaligen Berufstätigkeit als Ziviltechniker eine Pension beziehe, die wegen des Opting-Out gemäß § 5 GSVG nicht der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterliege und der BF auch nicht von der Wahlmöglichkeit einer privaten Krankenversicherung Gebrauch gemacht und nicht einer Krankenvorsorgeeinrichtung seiner Kammer beigetreten sei. Darüber hinaus beziehe der BF auch noch eine krankenversicherungspflichtige Pensionsleistung seitens der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), sodass der BF grundsätzlich ab 01.01.2014 bis 31.12.2018 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 14b Abs. 3 GSVG unterliege. Da aber für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.03.2016 bereits Verjährung eingetreten sei, wäre die Pflichtversicherung nur für den Zeitraum 01.04.2016 bis 31.12.2018 festzustellen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Vertretung vom 18.11.2019, am selben Tag bei der belangten Behörde einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben, den angefochtenen Bescheid aufheben und aussprechen, dass keine aufrechte Beitragsvorschreibung sowie keine Beitragsrückstände aus der Krankenversicherung bestehen und die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung nicht vorliegen; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverweisen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass seitens der belangten Behörde über Jahre kommuniziert worden sei, dass für Ziviltechniker im Zuge der Überführung der Wohlfahrtseinrichtung in das System der gewerblichen Sozialversicherung keine Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Seitens der belangten Behörde sei zu keinem Zeitpunkt vor dem Februar 2019 darauf hingewiesen worden, dass bei Bezug eines weiteren krankenversicherungspflichtigen Einkommens auch die Ziviltechniker-Pension krankenversicherungspflichtig iSd GSVG wäre. Es immer – auch in persönlichen Gesprächen – zugesichert worden, dass eine Krankenversicherungspflicht für Ziviltechniker-Pensionen nicht bestehe. Nunmehr habe die belangte Behörde nachträglich die Ziviltechniker-Pension des Beschwerdeführers der Krankenversicherungspflicht unterworfen und erhebliche Beitragszahlungen nachgefordert. Es werde auf die allgemeinen Verhaltensweisen des Versicherungsträgers gegenüber Versicherten hingewiesen, insbesondere auf den im öffentlichen Recht ebenso anerkannten Grundsatz von Treu und Glauben, aus dem das sozialversicherungsrechtliche Verhältnis nicht auszuschließen sei. Selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht von einer bestehenden Krankenversicherungspflicht ausgehen sollte, sei jedoch die Nachzahlungsaufforderung der belangten Behörde aufgrund genannter rechtsstaatlicher Prinzipien (Grundsatz von Treu und Glauben) zu Unrecht erfolgt. Der Beschwerdeführer sei aufgrund jahrelanger rechtlicher Zusicherungen der belangten Behörde davon ausgegangen, dass keinesfalls eine Beitragspflicht bestehe. Die belangte Behörde habe durch die eingetretene Verjährung der Forderung für den Zeitraum von 01.01.2014 bis 31.03.2016 selbst eingestanden, ursprünglich selbst nicht von einer Krankenversicherungspflicht ausgegangen zu sein. Schließlich sei in Verkennung der Rechtslage der Umstand nicht berücksichtigt worden, dass gemäß § 5 GSVG Ausnahmen von der Pflichtversicherung für einzelne Berufsgruppen mit Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bestehen würden. Die Kammer der ZiviltechnikerInnen habe von dieser Opting-Out Möglichkeit Gebrauch gemacht, weshalb schon aus diesem Grunde eine Krankenversicherungspflicht zu verneinen sei.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde zur Entscheidung vorgelegt und langten am 04.12.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Die belangte Behörde verwies in ihrem Vorlagebericht vom 04.12.2019 im Wesentlichen auf ihre im angefochtenen Bescheid bereits dargelegte Rechtsansicht.

4. In weiterer Folge wurden dem Bundesverwaltungsgericht nicht vorliegende Aktenteile des Versicherungsaktes von der belangten Behörde nachgefordert.

In der Folge wurden Auszüge des Versicherungsaktes von der belangten Behörde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der BF bezieht seit 01.01.2006 bis laufend eine Alterspension der Pensionsversicherungsanstalt nach dem ASVG. Weiters bezieht der BF als ehemaliger Kammerzugehöriger zur Kammer der Ziviltechniker seit 01.01.2014 bis laufend eine besondere Alterspensionsleistung aus seiner Ziviltechniker-Tätigkeit nach dem FSVG (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 08.06.2020).

2. Der BF bezieht seit 01.02.2017 zudem Pflegegeld der Stufe 6 (vgl aktenkundiger Bescheid der belangten Behörde vom 14.02.2017). Darüber hinaus besteht zu Gunsten seiner Ehefrau, XXXX , über den BF eine Vorsorgevollmacht, welche dessen Vertretung von Behörden und Gerichten sowie in Vermögensangelegenheiten umfasst (vgl aktenkundiger Auszug aus dem Österreichischen Zentralen Vertretungsregister vom 15.11.2018).

3. Unstrittig hat der BF seine aktive Tätigkeit als Architekt 2013 beendet, auf seine Berufsbefugnis als Architekt mit 01.06.2015 verzichtet und diese nicht weiter ausgeübt (vgl aktenkundiger Bescheid des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vom 01.06.2015; Stellungnahme vom 26.09.2019). Er gehörte daher bis dahin seiner beruflichen Interessensvertretung (Kammer) an und trat auch keiner Krankenvorsorgeeinrichtung seiner gesetzlichen beruflichen Vertretung bei (vgl Beschwerdevorbringen, Beschwerde vom 18.11.2019; seitens beider Parteien unbestritten).

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.05.2019 wurde der BF über die vorzunehmende Nachversicherung informiert (vgl aktenkundiges Schreiben vom 15.05.2019). Daraufhin richtete die Vorsorgebevollmächtigte des BF eine E-Mail an die belangte Behörde und bestritt die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung (vgl aktenkundige E-Mail vom 20.05.2019). Mit Schreiben der belangte Behörde vom 27.05.2019 wurde der BF über die Möglichkeit eines Antrages auf Bescheidausstellung informiert (vgl aktenkundiges Schreiben vom 27.05.2019).

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 10.09.2019 wurde der BF neuerlich über die von der Behörde von Amts wegen vorzunehmende Nachversicherung informiert und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Mit Schreiben vom 26.09.2019 nahm der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung und beantragte unter anderem die Ausstellung eines Bescheides (vgl aktenkundige Schreiben).

4. Der Sachverhalt steht fest. Strittig ist ausschließlich die rechtliche Beurteilung.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Der Sachverhalt ist weiters unstrittig. Strittig ist ausschließlich die Rechtsfrage, ob die nachträgliche Pflichtversicherung des BF gemäß § 14b Abs. 3 GSVG zu Recht erfolgte. Weiters wendet sich die BF erkennbar gegen die Mehrfachversicherung und die damit verbundene Beitragsleistung für mehrere Beschäftigungen/Erwerbstätigkeiten bzw. Pensionsbezügen zur gleichen Zeit sowie die Verletzung allgemeiner Rechtsgrundsätze.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Anzuwendendes Recht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit iSd. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).

3.2. Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde:

3.2.1. Zum sinngemäßen Einwand der Verfassungswidrigkeit des Prinzips der Mehrfachversicherung:

Das System der Pflichtversicherung in Österreich ist ein System der Ex-lege-Versicherung: Betroffene Personen werden aufgrund des Gesetzes bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (Eintreten eines bestimmten Sachverhalts, Verwirklichung eines im Gesetz festgelegten Tatbestandes) in die Pflichtversicherung einbezogen - unabhängig von ihrem Wissen und Willen, unabhängig von der Anmeldung. Seit dem 01.01.2000 herrscht in der Sozialversicherung generell das "Prinzip der Mehrfachversicherung". Wenn eine Person mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen (gemäß ASVG, B-KUVG, GSVG, BSVG) ausübt, kommt es in allen Bereichen zur Pflichtversicherung. Alle in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten bewirken das Entstehen einer eigenen Pflichtversicherung. Ein System, in dem die Versicherungspflicht an eine bestimmte Erwerbstätigkeit anknüpft, sodass bei gleichzeitigem Bestehen zweier oder mehrerer Erwerbstätigkeiten eine sogenannte Doppel- oder Mehrfachversicherung eintritt, erweckt keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl VfGH B 869/03). Im Rahmen der Pflichtversicherung soll die Privatautonomie möglichst ausgeschaltet sein. Der rechts- bzw. sozialpolitische Hintergrund dieses Prinzips liegt im solidar ausgerichteten Schutzsystem, das unabhängig von der jeweils persönlichen Einschätzung der eigenen Risikostruktur und individuellen Leistungsfähigkeit einen allgemeinen Versicherungsschutz mit Rechtsanspruch anbieten will. Eine freiwillige Versicherung kann daher niemals eine Pflichtversicherung ersetzen, denn die Pflichtversicherung entsteht bei Erfüllung eines gesetzlichen Tatbestandes, und zwar auch rückwirkend (vgl Scheiber in Sonntag (Hrsg), GSVG Jahreskommentar8 (2019) § 2 Rz 2a).

Ob und in welchem Umfang tatsächlich Ansprüche auf Versicherungsleistungen entstehen, hat keinen Einfluss auf die Frage des Zustandekommens der Pflichtversicherung, sondern hängt vom Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalles und der Erfüllung allfälliger weiterer vom Gesetz normierter Leistungsvoraussetzungen ab (vgl Scheiber in Sonntag (Hrsg), GSVG Jahreskommentar8 (2019) § 2 Rz 3 mit Verweis auf VwGH 95/08/0206 und 86/08/0153).

Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bilden die in der Sozialversicherung Pflichtversicherten eine Riskengemeinschaft. In der gesetzlichen Sozialversicherung gilt - aufgrund des Hervortretens des Versorgungsgedankens vor dem Versicherungsgedanken - keine Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung. Es muss in der gesetzlichen Sozialversicherung in Kauf genommen werden, dass es in manchen Fällen trotz bestehender Pflichtversicherung zu keinem Leistungsanfall kommt. Es begegnet keinen gleichheitswidrigen Bedenken, Pensionisten, die eine pensionsversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, weiterhin mit Pensionsversicherungsbeiträgen zu belasten, mag es auch künftig zu keinem Pensionsanfall kommen (vgl Scheiber in Sonntag (Hrsg), GSVG Jahreskommentar8 (2019) § 2 Rz 3a mit Verweis auf ua. VfGH B 864/98).

Entgegen der Auffassung des BF bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Prinzip der Mehrfachversicherung und hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) diesbezüglich bereits seit Jahrzehnten eine im Wesentlichen gleichbleibende Rechtsprechung vertreten.

3.2.2. Der mit „Ausnahmen von der Pflichtversicherung für einzelne Personengruppen“ betitelte § 5 GSVG idF BGBl. I Nr. 105/2004 (gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2019) lautet:

„§ 5. (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung oder in der Kranken- oder Pensionsversicherung sind Personen ausgenommen, wenn diese Personen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer) und auf Grund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen nach diesem Bundesgesetz gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig sind, und zwar

1.       für die Kranken- und/oder Pensionsversicherung gegenüber einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung oder

2.       für die Krankenversicherung aus einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder diesem Bundesgesetz

und die für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommende gesetzliche berufliche Vertretung (falls die gesetzliche berufliche Vertretung auf Grund eines Landesgesetzes eingerichtet ist, diese Vertretung) die Ausnahme von der Pflichtversicherung beantragt. Hinsichtlich der Pensionsversicherung gilt dies nur dann, wenn die Berufsgruppe am 1. Jänner 1998 nicht in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung einbezogen war. Die Feststellung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit obliegt dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

(2) Der Antrag im Sinne des Abs. 1 ist bis zum 1. Oktober 1999 zu stellen. Verordnungen auf Grund dieses Antrages können rückwirkend mit 1. Jänner 2000 erlassen werden.

(3) Die Gleichwertigkeit im Sinne des Abs. 1 Z 1 ist jedenfalls dann als gegeben anzunehmen, wenn die Leistungsansprüche (Anwartschaften) auf einer bundesgesetzlichen oder einer der bundesgesetzlichen Regelung gleichartigen landesgesetzlichen Regelung über die kranken- oder pensionsrechtliche Versorgung beruhen.

(4) Die Sozialversicherungsträger haben auf Ersuchen jener gesetzlichen beruflichen Vertretungen (Kammern), deren Mitglieder nach den Abs. 1 bis 3 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz ausgenommen sind, Auskünfte auf automationsunterstütztem Weg über den Hauptverband (§ 183) darüber zu erteilen, ob und bei welchem Versicherungsträger nach Abs. 1 Z 2 ein Kammermitglied in der Krankenversicherung nach § 14b pflichtversichert bzw. nach § l4a oder nach dem ASVG verpflichtend selbstversichert ist. Kosten, die dem Hauptverband dadurch erwachsen, sind diesem von der ersuchenden Stelle zur Gänze zu erstatten.“

Der mit „Pflichtversicherung in der Krankenversicherung trotz Ausnahme für die Berufsgruppen gemäß § 5“ betitelte § 14b GSVG idF BGBl. I Nr. 123/2012 (gültig von 01.01.2013 bis 31.12.2019) lautet:

„§ 14b. (1) Personen, die auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung nach § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen sind, unterliegen dann auf Grund ihrer freiberuflichen Erwerbstätigkeit in der Krankenversicherung der Pflichtversicherung, wenn sie

1.       eine andere Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet, ausüben oder

2.       eine die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründende Pensions(Ruhegenuss)leistung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz oder

3.       eine die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründende Leistung nach dem KBGG (Kinderbetreuungsgeld) oder nach § 26 AlVG (Weiterbildungsgeld) beziehen

und kein Leistungsanspruch gegenüber einer Krankenvorsorgeeinrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung besteht. Dies gilt auch für Bezieher einer Hinterbliebenenpension bzw. einer Hinterbliebenenversorgungsleistung.

(2) Personen, die auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung gemäß § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen waren und auf Grund einer freiberuflichen Erwerbstätigkeit eine nicht die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründende Pension nach diesem Bundesgesetz, dem FSVG oder dem NVG 1972 und/oder eine Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung aus einer Einrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung beziehen, sind dann auf Grund dieser Pension und/oder Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung in der Krankenversicherung pflichtversichert, wenn sie eine Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet, ausüben und sie nicht einer Krankenvorsorgeeinrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung unterliegen. Dies gilt auch für Bezieher einer Hinterbliebenenpension bzw. einer Hinterbliebenenversorgungsleistung.

(3) Personen, die auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung gemäß § 5 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen waren, sind dann in der Krankenversicherung pflichtversichert, wenn sie auf Grund ihrer freiberuflichen Erwerbstätigkeit eine Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung beziehen, nicht aber einer Krankenvorsorgeeinrichtung ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung unterliegen und sie zusätzlich eine Pensions(Ruhegenuss)leistung beziehen, die die Krankenversicherung der Pensionisten/innen begründet. Dies gilt auch für Bezieher einer Hinterbliebenenpension bzw. einer Hinterbliebenenversorgungsleistung.“

Der mit „Beginn und Ende der Pflichtversicherung“ betitelte § 14d GSVG idF BGBl. I Nr. 123/2012 (gültig von 01.01.2013 bis 31.12.2019) lautet:

„§ 14d. (1) Die Pflichtversicherung nach § 14b beginnt

1.       im Falle des § 14b Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit;

2.       im Falle des § 14b Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 mit dem Anfall der Pensions(Ruhegenuss)- oder der Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung;

3.        im Falle des § 14b Abs. 1 Z 3 mit Beginn des Kinderbetreuungsgeld- bzw. des Weiterbildungsgeldbezuges.

(2) Die Pflichtversicherung endet

1.       im Falle des § 14b Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 mit Aufgabe der die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit;

2.       im Falle des § 14b Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 mit dem Wegfall der Pensions(Ruhegenuss)- bzw. der Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Todesversorgungsleistung;

3.       im Falle des § 14b Abs. 1 Z 3 mit dem Wegfall der die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründenden Leistung.“

Gemäß § 281 Abs. 4 GSVG sind Personen, die am 31.12.1999 von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen waren, Personen gleichzuhalten, die gemäß § 5 GSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen waren.

Aus den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur 24. Novelle zum GSVG (BGBl. I Nr. 175/1999; EB 1910 der Beilagen XX. GP, S 6 ff) ergibt sich:

„Allgemeiner Teil

Mit dem ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139, wurde – neben der Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung – die grundsätzliche künftige sozialversicherungsrechtliche Zuordnung von Personen mit unselbständigem und selbständigem Erwerbseinkommen vorgenommen. Dabei war offensichtlich, daß die Möglichkeit der Kammern der freien Berufe auf Grund eines Antrages eine Ausnahme ihrer Mitglieder von der gesetzlichen Sozialversicherung gemäß § 5 GSVG zu erwirken, weiterer begleitender gesetzlicher Maßnahmen bedarf. In der Folge wurden durch die 55. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 138/1998, und die 23. Novelle zum GSVG, BGBl. I Nr. 139/1998, weitere ergänzende bzw. klarstellende Regelungen getroffen. So wurde insbesondere im Zuge der 23. Novelle zum GSVG die Möglichkeit der Selbstversicherung gemäß § 14a GSVG eingeführt. Mit dieser Bestimmung brachte der Gesetzgeber zunächst zum Ausdruck, daß im Falle des opting-out einer Berufsgruppe für die soziale Absicherung der Mitglieder dieser Berufsgruppe im Rahmen der Sozialversicherung grundsätzlich das GSVG zur Anwendung kommen soll, wenngleich die Inanspruchnahme der freiwilligen Sozialversicherung gemäß § 16 ASVG nicht ausgeschlossen werden sollte. Zur Erarbeitung der entsprechenden Grundsätze für die weiteren Begleitmaßnahmen im Falle einer Ausnahme einer Berufsgruppe von der gesetzlichen Sozialversicherung wurden mit Vertretern der freien Berufe umfangreiche Gespräche und Beratungen geführt, deren Ergebnisse sich im vorliegenden Gesetzesvorhaben niederschlagen. Schwerpunkte der Beratungen waren – die Auslotung der maßgeblichen Kriterien für die Anerkennung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit von Leistungen einer kammereigenen Einrichtung gegenüber dem GSVG hinsichtlich der Krankenversicherung, – die noch ausständigen ergänzenden Regelungen hinsichtlich einer Ausnahme von der Krankenversicherung auf Grund des § 5 GSVG sowie – das opting-out hinsichtlich der Pensionsversicherung. Durch die vorliegenden Änderungen – sowohl im Dauer- als auch im Übergangsrecht – sollen nunmehr die notwendigen begleitenden gesetzlichen Maßnahmen getroffen und eine reibungs- und lückenlose Vollziehung gewährleistet werden.

1. Die eingangs angeführten Gespräche legten die Entscheidung nahe, eine Verquickung der Pensionsversicherung zwischen privater Vorsorge und gesetzlicher Pensionsversicherung nicht zu ermöglichen. Die entsprechenden Änderungen hinsichtlich der Selbstversicherung des § 14a GSVG sollen im vorliegenden Entwurf vorgenommen werden, indem die bisher vorgesehene Möglichkeit der Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 14a GSVG aufgehoben wird.

2. Im Rahmen der bisherigen Gesetzesänderung zur Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung waren Regelungen ausgespart, die die krankenversicherungsrechtlichen Verpflichtungen bzw. Möglichkeiten von Pensionisten (“Altpensionisten” mit Stichtag vor dem 1. Jänner 2000, “Neupensionisten” mit Stichtag nach dem 1. Jänner 2000) betreffen. Im vorliegenden Entwurf soll der Grundsatz umgesetzt werden, daß ein Pensionseinkommen aus einer eigenen Einrichtung einer Kammer einem Aktiveinkommen gleichgehalten wird. Weiters sind jene Fallkonstellationen zu regeln, bei denen eine freiberuflich ausgeübte Erwerbstätigkeit, die – oder deren darauf begründete Versorgungsleistung – nicht im Rahmen einer eigenen Krankenvorsorgeeinrichtung der Kammer abgedeckt ist, mit anderen Erwerbseinkommen oder mit einer auf anderen Erwerbseinkommen beruhenden Pension zusammentrifft. Um Lücken zu schließen und um den Grundsatz der Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung zu vervollständigen, ist es erforderlich, entsprechende Pflichtversicherungstatbestände festzulegen.

3. Wenngleich die Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 16 ASVG als eine der drei Möglichkeiten zur Absicherung von freiberuflichem Erwerbseinkommen eines Mitgliedes einer Berufsgruppe, für die eine Ausnahme gemäß § 5 GSVG von der Krankenversicherung bewilligt wurde, vorgesehen ist, so ist es – infolge der unterschiedlichen Beitragssätze für die Selbstversicherung nach § 16 ASVG und für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG sowie im Hinblick auf die Möglichkeit einer privaten Vorsorge im Rahmen einer eigenen Einrichtung der Kammer – erforderlich, die Inanspruchnahme des § 16 ASVG an weitere Beschränkungen zu binden. So sieht bereits § 14a GSVG in der Fassung der 23. Novelle zum GSVG hinsichtlich des Endes dieser freiwilligen Versicherung die Beendigung der selbständigen Erwerbstätigkeit vor. Infolge dieser Bestimmung soll ein willkürlicher Wechsel zwischen den bestehenden Möglichkeiten vermieden werden. Durch die 23. Novelle zum GSVG wurde somit für derartige Versicherungsverhältnisse der Vorrang des GSVG festgelegt. Personen, die bereits nach § 16 ASVG freiwillig versichert sind, soll trotz Eintrittes der Voraussetzung eines freiberuflichen Erwerbseinkommens die Option belassen werden, in der “gewohnten” Versicherung zu verbleiben. Ergänzend soll im Rahmen der 57. ASVG-Novelle durch die Bestimmung des § 16 Abs. 3 ASVG die Wirksamkeit der “Sperrfristregelung” von 60 Kalendermonaten auf die Fälle der §§ 14a und 14b GSVG sowie auf den Fall einer Versorgung aus einer kammereigenen Einrichtung ausgedehnt werden.

Hinsichtlich der näheren Ausführungen sowie der weiteren Änderungen wird auf den Besonderen Teil sowie auf die Finanziellen Erläuterungen verwiesen. Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der im vorliegenden Entwurf enthaltenen Regelungen gründet sich auf den Kompetenztatbestand “Sozialversicherungswesen” (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG). Im Hinblick auf die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, wird bemerkt, daß Z 1 bis 5 der Vorlage der Bundesregierung von dem nach Art. 1 und 2 der zitierten Vereinbarung zur Stellungnahme übermittelten Gesetzentwurf abweichen bzw. diesen ergänzen. Ein Verlangen nach Art. 2 Abs. 1 der zitierten Vereinbarung wurde im Begutachtungsverfahren zum Ministerialentwurf (Art.1 der 24. Novelle zum GSVG) nicht gestellt.

Besonderer Teil

Zu Z 1 und Z 7 (§§ 14a, 14b und 281 Abs. 4 GSVG):

§ 5 GSVG sieht für den Fall, daß eine Berufsgruppe eine Ausnahme ihrer Mitglieder aus der gesetzlichen Krankenversicherung bewirkt, für das einzelne Mitglied drei Möglichkeiten zur sozialen Absicherung vor. Es sind dies die private Vorsorge im Rahmen einer eigenen Einrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung sowie eine Selbstversicherung nach dem ASVG (§ 16) oder dem GSVG (§ 14a). § 14a Abs. 1 GSVG in der Fassung der 23. Novelle sah die Selbstversicherung in der Krankenversicherung und/oder Pensionsversicherung für freiberuflich erwerbstätige Selbständige (Aktive) vor. Auf Grund des vorliegenden Entwurfes soll entsprechend den im Allgemeinen Teil der Erläuterungen dargestellten Ergebnissen, wonach eine Kombination infolge des opting-out in der Pensionsversicherung zwischen privater Vorsorge und gesetzlicher Pensionsversicherung nicht ermöglicht werden soll, der Versicherungstatbestand Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 14a GSVG aufgehoben werden. Der die Krankenversicherung betreffende Versicherungstatbestand soll nunmehr in § 14a Abs. 1 Z 1 GSVG geregelt werden. Wie bereits im Allgemeinen Teil der Erläuterungen ausgeführt, waren neben dieser bereits bestehenden Möglichkeit des § 14a GSVG weitere Optionen, insbesondere in bezug auf nicht mehr aktiv erwerbstätige Mitglieder der jeweiligen Berufsgruppe zu normieren bzw. weitere Kombinationsmöglichkeiten im Erwerbsleben bzw. im Falle eines Pensionsbezuges zu berücksichtigen. In diesem Sinne sollen für den Fall des opting-out aus der Krankenversicherung durch die §§ 14a und 14b GSVG in der Fassung des Entwurfes folgende Fälle abgedeckt werden: I. Selbstversicherung 1. Gemäß § 14a Abs. 1 Z 1 GSVG können sich Personen, die eine freiberufliche Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ausüben (Aktive), deren Berufsgruppe jedoch von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen ist, nach dieser Bestimmung in der Krankenversicherung selbst versichern (Beitragssatz insgesamt: 9,1%). 2. § 14a Abs. 1 Z 2 GSVG eröffnet die Möglichkeit einer Selbstversicherung für pensionierte Freiberufler, unabhängig davon, ob sie

– eine auf der freiberuflichen Erwerbstätigkeit beruhende, die Krankenversicherung nicht begründende gesetzliche Pension (etwa nach dem FSVG) oder

– eine Pension, die sich aus Zeiten der freiberuflichen Erwerbstätigkeit und aus anderer Erwerbstätigkeit zusammensetzt oder

– eine Altersversorgungsleistung oder
– eine gesetzliche Pension und eine Altersversorgungsleistung beziehen (Beitragssatz insgesamt: 9,1% bzw. 6,8%, wenn hinsichtlich der freiberuflichen Erwerbstätigkeit Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung bestanden hat). Die Bestimmung des § 14a Abs. 1 Z 2 GSVG gilt auch für Freiberufler, die sich bereits am 1. Jänner 2000 in Pension befinden.

3. § 14a Abs. 2 GSVG regelt die Selbstversicherung in der Krankenversicherung für den Fall, daß eine Berufsgruppe auf Grund eines Antrages gemäß § 5 GSVG von der Pensionsversicherung ausgenommen ist. Als aktiv Erwerbstätige sind Mitglieder dieser Personengruppe in der Krankenversicherung nach den allgemeinen Bestimmungen des GSVG pflichtversichert. Da die Krankenversicherung der Pensionisten an den Bezug einer Pension geknüpft ist (§ 3 Abs. 1 Z 1 GSVG) bzw. daran, daß der Pensionsbezug im wesentlichen auf eine Erwerbstätigkeit zurückgeht, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet hat (§ 4 Abs. 2 Z 6 lit. a GSVG), käme für diese Personengruppe im Falle der Beendigung der freiberuflichen Erwerbstätigkeit (Bezug einer Altersversorgungsleistung) eine Krankenversicherung nach dem GSVG nicht in Betracht. Um die Möglichkeit zu eröffnen, in der angestammten Versicherung auch als Pensionist zu bleiben, ist die Schaffung eines eigenen Tatbestandes erforderlich, wobei ein Beitragssatz von 6,8% der Beitragsgrundlage gelten soll.

II. Pflichtversicherung Die Möglichkeiten der Kombination verschiedener Einkommen (selbständig, unselbständig, aktiv, Pension) in Verbindung mit den drei eingangs genannten Optionen zur sozialen Absicherung machen es erforderlich, eine “ergänzende” Pflichtversicherung vorzusehen. Diese Pflichtversicherung gemäß § 14b GSVG tritt nur dann ein, wenn das Erwerbs(Pensions)einkommen nicht durch eine Krankenvorsorgeeinrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung umfaßt ist. Folgende Varianten sind denkbar:

1. Neben der freiberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, bezüglich der die Berufsgruppe aus der Krankenversicherung nach § 5 GSVG ausgenommen ist, wird weiteres krankenversicherungspflichtiges Erwerbseinkommen erzielt (§ 14b Abs. 1 Z 1 GSVG) (Beitragssatz insgesamt: 9,1%).

2. Neben der freiberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, bezüglich der die Berufsgruppe aus der Krankenversicherung nach § 5 GSVG ausgenommen ist, wird eine die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründende Pension bezogen (§ 14b Abs. 1 Z 2 GSVG) (Beitragssatz insgesamt: 9,1%).

3. Neben einer auf einer freiberuflichen Erwerbstätigkeit beruhenden, nicht die Krankenversicherungspflicht begründenden Pension und/oder einem Alters(Todes)versorgungsbezug wird weiteres krankenversicherungspflichtiges Erwerbseinkommen erzielt (§ 14b Abs. 2 GSVG) (Beitragssatz insgesamt: 9,1% bzw. 6,8%, wenn hinsichtlich der freiberuflichen Erwerbstätigkeit Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung bestanden hat).

4. Neben einem Alters(Todes)versorgungsbezug wird eine, die Krankenversicherungspflicht begründende Pension bezogen (§ 14b Abs. 3 GSVG) (Beitragssatz insgesamt: 9,1%).

Hervorzuheben ist, daß nicht etwa die zusätzliche Erwerbstätigkeit (etwa die unselbständige) nach dieser Bestimmung versichert ist, sondern die freiberufliche, die auf Grund des opting-out an sich sozialversicherungsfrei ist; dies aber eben nur dann, wenn der Betreffende bezüglich dieser Tätigkeit nicht der kammereigenen Krankenvorsorgeeinrichtung beigetreten ist.

[…]“

Der mit „Verjährung der Beiträge“ betitelte § 40 GSVG lautet:

„§ 40. (1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.

(2) Das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden verjährt binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung sowie in den Fällen des § 35c bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.

(3) Sind fällige Beiträge durch eine grundbücherliche Eintragung gesichert, so kann innerhalb von 30 Jahren nach erfolgter Eintragung gegen die Geltendmachung des dadurch erworbenen Pfandrechtes die seither eingetretene Verjährung des Rechtes auf Einforderung der Beiträge nicht geltend gemacht werden.“

3.2.3. Daraus ergibt sich fallbezogen:

Entgegen der Ansicht des BF ergibt sich schon aus den dargestellten gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit der in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage dargelegten Intention des Gesetzgebers, dass der BF seit Bezug seiner zusätzlichen Pension nach dem FSVG ab 01.01.2014 mangels diesbezüglichen Bestehens eines Beitritts zu einer Krankenvorsorgeeinrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 14b Abs. 3 GSVG unterliegt.

Zum Vorbringen, wonach die belangte Behörde mit der Feststellung der Pflichtversicherung und den Beitragsnachforderungen den allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben verletzt habe ist darauf zu verweisen, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur unter ganz bestimmten, im Beschwerdefall nicht gegebenen Voraussetzungen, zum Tragen kommt. Insbesondere kann dieser Grundsatz nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl VwGH vom 23.11.2010, 2010/15/0135, mwN). Ein derartiger Vollzugsspielraum besteht aber bei der Feststellung der Pflichtversicherung nicht (vgl RS 8 zu VwGH vom 16.03.2011, 2008/08/053, mit Verweis auf VwGH vom 29.06.2005, 2001/08/0053).

Ebenso wenig kommt der belangten Behörde – im Gegensatz zu Abgabenbehörden – auch keinerlei gesetzliches Ermessen hinsichtlich der Nachforderung von Beitragsrückständen zu.

Unstrittig hat die belangte Behörde den BF erstmals mit Schreiben vom 15.05.2019 über die amtswegig festzustellende Pflichtversicherung nach § 14b Abs. 3 GSVG informiert. Für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.03.2016 ist somit Feststellungsverjährung eingetreten.

Es wurde seitens der belangten Behörde die Pflichtversicherung gemäß § 14b Abs. 3 GSVG in der Krankenversicherung zu Recht nur für den Zeitraum 01.04.2016 bis 31.12.2018 festgestellt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Aus allenfalls unrichtigen Rechtsauskünften der belangten Behörde resultierende Schäden bzw. Nachteile wären im Zivilrechtsweg im Form einer Amtshaftungsklage geltend zu machen.

3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Der Sachverhalt blieb darüber hinaus unstrittig und nur eine Rechtsfrage zu lösen. Der BF hat weiters die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH und VfGH ist zwar teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Krankenversicherung Mehrfachversicherung Pension Pflichtversicherung selbstständig Erwerbstätiger Verjährungsfrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G308.2226082.1.00

Im RIS seit

07.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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