TE Bvwg Beschluss 2020/6/29 W243 2231239-1

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Veröffentlicht am 29.06.2020
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Entscheidungsdatum

29.06.2020

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3 Satz2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W243 2231238-1/4E

W243 2231239-1/5E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marianne WEBER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, und 2.) XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, beide vertreten durch die ARGE-Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.05.2020, ZIen. 1.) 1262379006-200244985, und 2.) 1262379910-200244972, beschlossen:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG stattgegeben, die bekämpften Bescheide werden behoben und die Angelegenheiten werden zur Erlassung neuer Entscheidungen an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, beide Staatsangehörige der Russischen Föderation, sind ein Ehepaar und stellten am 03.03.2020 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Zu den Beschwerdeführern liegt jeweils eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“ vom 18.08.2013 zu Schweden vor. Ein Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage ergab zudem, dass den Beschwerdeführern in St. Petersburg ein deutsches Visum der Kategorie C, gültig von 21.08.2019 bis 20.02.2020, erteilt wurde.

2. Im Rahmen der durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.03.2020 erfolgten Erstbefragung gaben die Beschwerdeführer übereinstimmend an, ihren Herkunftsstaat am 29.02.2020 verlassen zu haben, indem sie sich im Fahrzeug eines LKW-Fahrers versteckt hätten, der sie illegal über die Grenzen gebracht habe. Ihr Reiseziel sei Österreich gewesen, zumal hier ihr Sohn lebe. Sie seien von St. Petersburg bis nach München gefahren, und von dort aus mit dem Zug über Lindau bis nach Bregenz gereist. Die ihnen von Deutschland ausgestellten Touristenvisa hätten sie nicht rechtzeitig nützen können, zumal sie zum damaligen Zeitpunkt nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt hätten, um ihre Reise anzutreten. Im Jahr 2013 hätten sie bereits in Schweden um Asyl angesucht.

Zu seinem in Schweden gestellten Antrag auf internationalen Schutz erklärte der Erstbeschwerdeführer, noch während offenem Verfahren festgenommen und am 15.05.2015 nach Russland überstellt worden zu sein.

Der Zweitbeschwerdeführerin zufolge seien hingegen beide Anträge abgelehnt worden. Ihr Ehemann sei im Mai 2015 nach Russland ausgewiesen worden, wohingegen sie selbst erst im Jahr 2016 in ihr Heimatland zurückgekehrt sei.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab weiters an, sich während ihres Aufenthaltes in Schweden in einer tiefen psychischen Depression befunden zu haben, weshalb sie für insgesamt drei Monate in stationärer Behandlung gewesen sei. Sie würde gerne in Österreich bleiben, zumal sich hier ihr Sohn aufhalte.

3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) richtete daraufhin am 06.03.2020 ein auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Deutschland, welches die deutsche Dublin-Behörde zunächst mit Schreiben vom 01.04.2020 ablehnte.

Begründend wurde ausgeführt, dass aus dem Übernahmeersuchen des BFA zu entnehmen sei, dass die Beschwerdeführer im Jahr 2013 jeweils einen – durch EURODAC-Treffer belegten – Antrag auf internationalen Schutz in Schweden gestellt hätten und nicht nachgewiesen worden sei, dass die Zuständigkeit Schwedens gemäß Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO bereits erloschen sei. Ohne entsprechende Beweise hinsichtlich der Ausreise und des mindestens dreimonatigen Aufenthaltes außerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten könne dem Übernahmeersuchen nicht entsprochen werden.

In der Folge richtete das BFA am 14.04.2020 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b (den Erstbeschwerdeführer betreffend) bzw. lit. d Dublin III-VO (die Zweitbeschwerdeführerin betreffend) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Schweden, welches mit Schreiben vom 17.04.2020 ebenso abgelehnt wurde.

Die schwedische Dublin-Behörde begründete ihre Entscheidung damit, dass die Beschwerdeführer zwar am 18.08.2013 in Schweden um Asyl angesucht hätten, über deren Anträge sei aber bereits – rechtskräftig mit 22.12.2014 - negativ entschieden worden. Der Erstbeschwerdeführer sei daraufhin in Begleitung der schwedischen Polizei nach Russland abgeschoben worden und seien für die Zweitbeschwerdeführerin Flugtickets mit Abflugdatum 18.02.2016 gebucht worden. Es gebe zwar keinen Beweis für die tatsächliche Ausreise der Zweitbeschwerdeführerin, doch würde deren Visumantragstellung von Russland aus bestätigen, dass auch sie das Gebiet der Mitgliedstaaten verlassen habe. Die Verpflichtung Schwedens zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer sei sohin gemäß Art. 19 Dublin III-VO erloschen.

Daraufhin richtete das BFA am 20.04.2020 eine Remonstration an die deutsche Dublin-Behörde, die sich nunmehr mit Schreiben vom 21.04.2020 auf Grundlage des Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zur Aufnahme der Beschwerdeführer bereit erklärte.

4. Nach durchgeführter Rechtsberatung gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG fand am 12.05.2020 im Beisein eines Rechtsberaters und unter Beiziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführer vor dem BFA statt.

Dabei erklärten die Beschwerdeführer einhellig in Österreich bleiben zu wollen, da dort ihr Sohn gemeinsam mit seiner Ehefrau und zwei Kindern lebe. Sie seien schon gebrechlich und daher zunehmend auf die Hilfe des Sohnes, der noch dazu ihr einziges Kind sei, angewiesen. Der Erstbeschwerdeführer leide seit zehn Jahren an Hepatitis C und die Zweitbeschwerdeführerin an schweren psychischen Problemen, weshalb sie auch Medikamente einnehmen müsse und unter ärztlicher Beobachtung stehe. Normalerweise würde sich der Erstbeschwerdeführer um seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin, kümmern, doch schaffe er dies bald nicht mehr, zumal er selbst krank sei.

Seitens der Beschwerdeführer wurden medizinische Befunde in russischer und schwedischer Sprache in Vorlage gebracht.

5. Mit den angefochtenen Bescheiden des BFA vom 12.05.2020, zugestellt am selben Tag, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO Deutschland für die Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass die Zuständigkeit Deutschlands unzweifelhaft feststehe und ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer ernstlich für möglich erscheinen ließe, nicht erstattet worden sei. Eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Deutschland sei nicht erkannt worden, die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben. Die Beschwerdeführer würden an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten leiden und seien der Aktenlage zufolge auch weder schützenswerte familiäre noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung der Beschwerdeführer keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle. Soweit auf die Familie des Sohnes verwiesen werde, sei die Ausgestaltung eines eigenen Familienlebens gegeben.

Seitens des BFA wurden ferner auch Feststellungen in Zusammenhang mit der aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus getroffen und wurde diesbezu?glich festgehalten, dass damit kein „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK einhergehe.

6. Gegen die Bescheide des BFA erhoben die Beschwerdeführer am 20.05.2020 durch ihre ausgewiesene Vertretung Beschwerden und wurde gleichzeitig der Antrag gestellt, diesen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zusammengefasst wurde vorgebracht, dass die Behörde die familiären Anknüpfungspunkte und den jeweiligen Gesundheitszustand der Beschwerdeführer nicht weiter berücksichtigt habe, obwohl die Beschwerdeführer diesbezüglich sogar medizinische Unterlagen aus Russland und Schweden in Vorlage gebracht hätten. Auch würden sich die von der Behörde herangezogenen Länderfeststellungen lediglich auf rechtliche Vorgaben und organisatorische Strukturen beschränken, ohne auf die tatsächliche Situation von Asylwerbern in Deutschland Rücksicht zu nehmen. Dies, obwohl die tagesaktuellen Medien einen erheblichen Anstieg an fremdenfeindlichen Übergriffen auf Asylwerber in Deutschland bestätigen würde. Durch die angefochtenen Entscheidungen und die angeordneten Außerlandesbringungen drohe den Beschwerdeführern sowohl eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK als auch eine Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC, weshalb die Behörde – bei Einhaltung aller Verfahrensvorschriften – zu dem Schluss kommen hätte müssen – vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Dublin III –VO Gebrauch zu machen.

7. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.05.2020, GZ. W243 2231238-1/3Z und W243 2231239-1/4Z, wurde den Beschwerden gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der dargelegte Verfahrensgang.

Die Beschwerdeführer, ein Ehepaar mit russischer Staatsangehörigkeit, stellten am 03.03.2020 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Zuvor stellten sie im Jahr 2013 Anträge auf internationalen Schutz in Schweden, über welche jeweils eine negative Entscheidung erging. Der Erstbeschwerdeführer wurde in weiterer Folge nach Russland abgeschoben und die Zweitbeschwerdeführerin reiste im Jahr 2016 selbstständig zurück nach Russland.

Mit einem in St. Petersburg ausgestellten deutschen Visum der Kategorie C, gültig von 21.08.2019 bis 20.02.2020, reisten die Beschwerdeführer erneut in das Gebiet der Dublinstaaten ein. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer dieses seither wieder verlassen hätten.

Das BFA richtete ein auf Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Deutschland, dem die deutsche Dublin-Behörde – nach Remonstration – mit Schreiben vom 21.04.2020 ausdrücklich zustimmte.

Die belangte Behörde hat keine abschließende Beurteilung zum Gesundheitszustand und zum Familienleben der Beschwerdeführer mit dem Ziel vorgenommen, eine Grundlage für ihre Entscheidung zu schaffen.

Die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes wurden unterlassen, weshalb zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide durch die belangte Behörde keine Entscheidungsreife vorlag.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang, den Anträgen auf internationalen Schutz und den Reisebewegungen der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere der EURODAC-Treffermeldung zu Schweden und den vorliegenden Informationen der VIS-Abfrage.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung Deutschlands zur Übernahme der Beschwerdeführer ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen den österreichischen und den deutschen Dublin-Behörden.

Sofern von den Beschwerdeführern vorgebracht wird, dass diese erst nach Ablauf der ihnen von Deutschland ausgestellten Visa in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist seien, weil sie davor nicht die entsprechenden finanziellen Mittel gehabt hätten, so erscheint dieses Vorbringen als unglaubwürdig. Bis auf die Angaben der Beschwerdeführer liegen keinerlei Hinweise vor, dass die Beschwerdeführer tatsächlich erst zu einem späteren Zeitpunkt ihre Reisebewegungen Richtung Österreich schlepperunterstützt unternommen hätten, und ist weitaus naheliegender, dass die Beschwerdeführer, die nachweislich im Besitz gültiger Schengenvisa waren, diese auch in Anspruch genommen haben, um legal in den Schengenraum einzureisen. Demnach wäre gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO die Zuständigkeit Deutschlands gegeben und hat sich Deutschland auch auf Grundlage dieser Bestimmung für die Übernahme der Beschwerdeführer bereit erklärt.

Dass die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht ausreichend nachgekommen und der relevante Sachverhalt daher nicht vollständig geklärt ist, erschließt sich jedoch aus folgenden Überlegungen:

Obwohl von den Beschwerdeführern im gegenständlichen Fall einhellig vorgebracht wurde, einen in Österreich lebenden Sohn zu haben, mit welchem sie eine sehr enge Beziehung pflegen würden und auf dessen Hilfe sie krankheitsbedingt zunehmend angewiesen seien, setzt sich die Behörde nicht näher mit diesem Vorbringen auseinander, sondern erklärt lediglich, dass von keinem schützenswerten Familienleben die Rede sein könne, da der Sohn der Beschwerdeführer bereits volljährig sei und über ein eigenes ausgeprägtes Familienleben verfüge.

Dabei verkennt das BFA aber, dass auch eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK fällt, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (EGMR 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, RN 32; VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723).

Ob im Konkreten solche Abhängigkeiten vorliegen, wurde von der Behörde nicht weiter ermittelt. So wurden die Beschwerdeführer lediglich dazu befragt, ob sie in Österreich über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen, nicht aber wie sich diese im Konkreten ausgestalten würden. Dass den Beschwerdeführern nicht genügend Zeit gewährt wurde, um über ihr Familienleben zu berichten, ergibt sich auch daraus, dass die Einvernahmen der Beschwerdeführer vor dem BFA sehr knapp gehalten waren und auf deren Vorbringen nicht weiter eingegangen wurde. So wurde insbesondere auch nicht nachgefragt, inwiefern die Beschwerdeführer auf die Unterstützung ihres Sohnes angewiesen seien, obwohl sich aus einer allfälligen Pflegebedürftigkeit ein zu berücksichtigendes Abhängigkeitsverhältnis ableiten lassen könnte.

Auch wurden von der belangten Behörde keine hinreichenden Ermittlungen betreffend den jeweiligen Gesundheitszustand der Beschwerdeführer getroffen.

So brachte der Erstbeschwerdeführer vor, an Hepatitis B und C zu leiden und gab die Zweitbeschwerdeführerin an, an schweren psychischen Problemen erkrankt zu sein, weswegen sie sich in Schweden über mehrere Monate in stationärer Behandlung befunden habe.

Obwohl sich bereits aus den von den Beschwerdeführern vorgelegten medizinischen Befunden aus Russland und Schweden erschließen lässt, dass ihre Vorbringen nicht substanzlos sind, hat es die belangte Behörde weder für notwendig erachtet, eine nähere Befragung der Beschwerdeführer hinsichtlich der von ihnen vorgebrachten gesundheitlichen Beschwerden vorzunehmen noch die hiezu vorgelegten Befunde übersetzen zu lassen, um daraus weitere Erkenntnisse über die behaupteten Krankheiten der Beschwerdeführer zu erlangen. Gerade dies wäre aber notwendig gewesen, um eine verlässliche Aussage darüber treffen zu können, ob in Zusammenhang mit einer Überstellung nach Deutschland eine lebensbedrohliche Verschlechterung des jeweiligen Gesundheitszustandes der Beschwerdeführer einherzugehen droht.

Die Beweiserhebung der belangten Behörde stellt sohin keine geeignete Ermittlungstätigkeit dar und ist aus der Aktenlage nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen das BFA zu seiner Beurteilung gelangt, dass die Beschwerdeführer an keinen schweren lebensbedrohlichen Krankheiten leiden würden und kein schützenswertes Familienleben in Österreich bestehe.

Sofern im Beschwerdeschriftsatz letztlich moniert wird, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Überstellung nach Deutschland auch deshalb eine Verletzung ihrer durch die EMRK geschützten Rechte drohe, zumal dort ein erheblicher Anstieg an fremdenfeindlichen Übergriffen medial wahrzunehmen sei, so ist nur der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass der belangten Behörde in Zusammenhang damit nicht vorgeworfen werden kann, ihrer Ermittlungspflicht nicht ausreichend nachgekommen zu sein. Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das deutsche Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde und ist es unstrittig, dass es sich bei Deutschland um einen Rechtsstaat handelt, wo allfällige fremdenfeindliche Übergriffe auch strafrechtlich verfolgt werden können.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Aufhebung der angefochtenen Bescheide:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) [...]

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3.-5. [...]

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2)-(3) [...]"

3.2. § 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

3.3. § 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. [...]

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

„KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Artikel 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art. 19 Übertragung der Zuständigkeit

(1) Erteilt ein Mitgliedstaat dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel, so obliegen diesem Mitgliedstaat die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1.

(2) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels.

Ein nach der Periode der Abwesenheit im Sinne des Unterabsatzes 1 gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

(3) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben c und d erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Wiederaufnahme er ersucht wurde, nach Rücknahme oder Ablehnung des Antrags das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines Rückführungsbeschlusses oder einer Abschiebungsanordnung verlassen hat.

Ein nach einer vollzogenen Abschiebung gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

KAPITEL VI

AUFNAHME- UND WIEDERAUFNAHMEVERFAHREN

Art. 20 Einleitung des Verfahrens

(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.

(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.

(4) Stellt ein Antragsteller bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, während er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, obliegt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Antragsteller aufhält. Dieser Mitgliedstaat wird unverzüglich von dem mit dem Antrag befassten Mitgliedstaat unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieser Verordnung als der Mitgliedstaat, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.

Der Antragsteller wird schriftlich von dieser Änderung des die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaats und dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, unterrichtet.

(5) Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen.

Diese Pflicht erlischt, wenn der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats abschließen soll, nachweisen kann, dass der Antragsteller zwischenzeitlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hat.

Ein nach einem solchen Abwesenheitszeitraum gestellter Antrag im Sinne von Unterabsatz 2 gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

Art. 25 Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.“

3.5. Gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG ist das Verfahren zugelassen, wenn der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben ist. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

3.6. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine Überstellung der Beschwerdeführer nach Deutschland nicht zulässig ist, da in casu die gegenständliche Entscheidung des BFA auf Basis eines insgesamt qualifiziert mangelhaften Verfahrens ergangen ist, weshalb eine Behebung und Zurückverweisung nach § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zu erfolgen hatte.

Vorerst verweist das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass sich aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes grundsätzlich gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO die Zuständigkeit Deutschlands für das Asylverfahren der Beschwerdeführer ergibt.

Ungeachtet dessen liegen - wie aus der Beweiswürdigung zu entnehmen ist - im gegenständlichen Fall keine ausreichenden Ermittlungen und in der Folge keine abschließende Beurteilung betreffend den jeweiligen Gesundheitszustand der Beschwerdeführer und deren familiären Beziehung zu ihrem in Österreich lebenden Sohn sowie zu dessen Familie vor. Die Beweiserhebung des BFA stellt sohin keine geeignete Ermittlungstätigkeit dar, um ausschließen zu können, dass den Beschwerdeführern aufgrund der ihnen gegenüber ausgesprochenen Außerlandesbringung nach Deutschland kein unzulässiger Eingriff in ihre durch die EMRK geschützten Rechte droht und kann folglich auch eine allfällige Verpflichtung der Republik Österreich zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III- VO noch nicht abschließend beurteilt werden.

3.7. Im fortgesetzten Verfahren bedarf es aktueller Feststellungen zum jeweiligen Gesundheitszustand der Beschwerdeführer, um eine Gefährdung ihrer durch Art 3 EMRK geschützten Rechtspositionen im Falle einer Außerlandesbringung nach Deutschland ausschließen zu können. Die belangte Behörde wird daher im zweiten Rechtsgang die bereits vorgelegten medizinischen Befunde übersetzen lassen müssen und (durch Befragung der Beschwerdeführer und/oder allenfalls durch Einholung eines fachärztlichen Gutachtens) zu ermitteln haben, wie sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer tatsächlich zur Zeit manifestiert, welche Behandlungs- und Therapieempfehlungen im Detail getroffen werden, und insbesondere auch welche Auswirkungen eine Überstellung nach Deutschland auf den psychischen Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin auszuüben vermag.

Zumal sich auch die von der belangten Behörde vorgenommene Interessensabwägung in Bezug auf die Zulässigkeit eines Eingriffs in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privat- und Familienleben als unzureichend erweist, wird das BFA im fortgesetzten Verfahren auch die tatsächlichen familiären Verhältnisse unter Zugrundelegung hinreichender Beweismittel festzustellen haben. Dabei wird zu ermitteln sein, wie sich die Beziehungsintensität zwischen den Beschwerdeführern und den in Österreich aufhältigen Familienangehörigen tatsächlich ausgestaltet und ob wechselseitige Abhängigkeiten bestehen, insbesondere im Hinblick auf die vorgebrachte Gebrechlichkeit der Beschwerdeführer beziehungsweise deren gesundheitlichen Beschwerden und einer daraus resultierenden allfälligen Pflegebedürftigkeit der Beschwerdeführer.

3.8. Wie dargelegt wurde im gegenständlichen Fall der entscheidungsrelevante Sachverhalt trotz bestehender Möglichkeiten nicht ausreichend ermittelt, weshalb gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zwingend vorzugehend war.

3.9. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht im Ergebnis weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen trifft § 21 Abs. 3 BFA-VG eine klare, im Sinne einer eindeutigen, Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

aktuelle Länderfeststellungen Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht gesundheitliche Beeinträchtigung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W243.2231239.1.00

Im RIS seit

08.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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