Entscheidungsdatum
13.07.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
W117 2117912-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Andreas DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2018, Zl. 1047477009-170540304, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 idgF sowie § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 52 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Vorangegangenes asylrechtliches Verfahren:
Der Österreich schon vor längerer, aber nicht zu einem exakt bestimmbaren Zeitpunkt verlassen habende Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste mit seiner Ehegattin (W117 2117915-2) und dem gemeinsamen volljährigen Sohn (W117 2117913-2) am 08.12.2014 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Der Beschwerdeführer gab in seiner Erstbefragung am 10.12.2014 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass er mit seiner Familie am 05.12.2014 mit dem Zug in die Ukraine gereist wäre. Dort hätte die Tante seiner Frau einen Schlepper organisiert und wären sie am 07.12.2014 mit einem Kastenwagen über ihm unbekannte Länder nach Österreich gefahren. Am 08.12.2014 wären sie in der Nähe des Lagers in XXXX ausgestiegen. Befragt nach seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass seine Ehegattin und er in XXXX Probleme gehabt hätten, da der Beschwerdeführer Armenier und seine Frau Ukrainerin sei. Am 03.12.2014 wäre ihre Wohnung durch Nationalisten in Brand gesetzt worden. Auch wären beide Autos der Familie beschädigt worden. Deswegen habe die Familie beschlossen, das Land zu verlassen. Im Falle einer Rückkehr ins Heimatland würde der Beschwerdeführer Angst um das Leben seiner Familie haben.
Die Ehegattin des Beschwerdeführers gab in ihrer Erstbefragung am selben Tag ebenfalls an, im Heimatland Probleme gehabt zu haben, da sie Ukrainerin und ihr Ehegatte Armenier sei. Die Wohnung sei in Brand gesetzt worden und wären auch die Autos der Familie demoliert worden. Bei einer Rückkehr fürchte sie um das Leben ihrer Familie.
Am 15.04.2015 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab eingangs an, einverstanden zu sein, in der russischen Sprache einvernommen zu werden, auch wenn Armenisch seine Muttersprache sei, sowie psychisch und physisch zu einer Einvernahme in der Lage zu sein. Weiters gab er an, dass es bei der bisherigen Befragung eine Unrichtigkeit bei der Staatsbürgerschaft der Ehegattin gegeben hätte. Seine Ehegattin wäre noch nie in Armenien gewesen, sei aber alias Armenien geführt worden. Seine gesamte Familie hätte die russische Staatsbürgerschaft. Auch sei der Beschwerdeführer kein armenischer Staatsbürger. Zuvor sei er Staatsangehöriger der Sowjetunion gewesen. Diesbezüglich hätte seine Ehegattin bei der Einvernahme angegeben, dass die Dokumente in der Ukraine bei den Nationalisten geblieben wären. Dies sei jedoch als Schlepper verstanden worden und habe man stattdessen „dem Fahrer“ protokolliert. Die Dokumente (Pässe, Führerscheine) würden sich jedoch in der Ukraine, in XXXX , befinden. Die Familie sei in die Ukraine gereist und habe sich dort die Geschichte mit den Nationalisten wiederholt. Die Dokumente wären ihnen von drei Personen abgenommen worden, denen sie Geld bezahlen hätten müssen. Die Dokumente wären dabei als Pfand für weiteres Geld behalten worden. Nunmehr hätten sie keine Dokumente mehr. Die drei Personen hätten ihnen ebenfalls die Handys weggenommen, den Beschwerdeführer geschlagen und Geld verlangt. Befragt, wer die Männer gewesen seien, führte der Beschwerdeführer eingangs aus, dass diese Männer die Familie und den Beschwerdeführer beschuldigt hätten, russische Spione und bewaffnet zu sein. In „Russland“ hätte man ihnen gesagt, dass sie Fremde wären und auch in der Ukraine wären sie beschuldigt worden, für „Russland“ zu spionieren. Zu den Geburtsurkunden befragt gab der Beschwerdeführer an, dass diese in XXXX geblieben wären. Die Wohnung sei ausgebrannt gewesen und habe der Beschwerdeführer Freunde gebeten, nachzuschauen, was übrig geblieben sei. Die Wohnung sei aber zwei Tage lang nicht betretbar gewesen. Der Wohnungsbrand habe sich am 03.12.2014 ereignet. Derzeit habe er keinen Kontakt nach Russland, zumal er auch keine Telefonnummern mehr habe. Diese wären im Handy gespeichert gewesen. Nachgefragt, ob der Beschwerdeführer gesund sei, gab er an, zu Ostern im Spital gewesen zu sein. Er habe Probleme mit dem Herz und leide an Bluthochdruck. Zu seiner Situation und dem Leben in Österreich befragt, führte der Beschwerdeführer aus, keine Verwandten in Österreich zu haben, jedoch allmählich Kontakt zur österreichischen Bevölkerung zu erhalten und einen Deutschkurs zu besuchen. Weiters gab er an, seit dem Jahr 1991 bis zu der Ausreise aus dem Heimatland in XXXX , in einer Eigentumswohnung mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn gelebt zu haben. Er habe seine Gattin XXXX standesamtlich in der Republik XXXX in der Ortschaft XXXX geheiratet, da die Behörden im Heimatland ihre Ehe aufgrund der armenischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers nicht in XXXX eintragen gelassen hätten. Im Heimatland hätten sich die Standesämter ebenso geweigert, die Eheschließung vorzunehmen. Besitztümer habe der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keine mehr. Verwandte habe er im Heimatland auch keine. Hinsichtlich seiner Ausbildung gab der Beschwerdeführer an, dass er die Grundschule und sodann die Universität in XXXX besucht habe und schließlich als Physiker gearbeitet hätte. Nach der Übersiedlung in die Russische Föderation habe er bis zu seiner Ausreise im Bauwesen sein Auslangen gefunden. Es sei ihm im Heimatland gut ergangen. Zu seiner Volksgruppen- bzw. Religionsangehörigkeit führte der Beschwerdeführer aus, Armenier zu sein und dem armenisch-apostolisch Glauben anzugehören. Wegen der Religion hätte er keine Probleme im Heimatland gehabt, nur wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit.
Zu den Gründen seiner Ausreise befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass es aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit ständig Einschränkungen gegeben hätte wie z.B. mit dem Standesamt oder einer Wohnsitzmeldung. Im Alltag hätte es Beschimpfungen und körperliche Misshandlungen gegeben. Nach Beginn der militärischen Konflikte in der Ukraine wäre der Beschwerdeführer mit dem „Leben“ bedroht worden. Ab November 2014 hätten sich die Bedrohungen intensiviert und sei seine Familie als Ukrainer beschimpft worden. Dabei hätte es sich meist um betrunkene Personen gehandelt. Am 29.11.2014 wäre das erste und am 01.12.2014 das zweite Auto der Familie zerstört worden. Auch wären am 02.12.2014 mit einer Pistole und mit einem Baseball-Schläger bewaffnete Personen gewaltsam in die Wohnung der Familie eingedrungen und hätten die Familie des Beschwerdeführers aufgefordert, das Land zu verlassen. Dann hätten die Männer den Beschwerdeführer geschlagen und ihn und seine Familie bedroht. Der Beschwerdeführer habe sodann der Polizei den Vorfall gemeldet. Er habe sich jedoch von dieser keine Hilfe erwarten können, zumal die Polizei kein Interesse gezeigt hätte. Eine Anzeige sei zwar aufgenommen worden, jedoch hätte der Beschwerdeführer keine Anzeigenbestätigung erhalten. Am 03.12.2014 wäre die Wohnung in Brand gesteckt worden. Der Beschwerdeführer hätte daraufhin seine Ehefrau und den gemeinsamen Sohn zur Tante seiner Ehefrau nach XXXX geschickt. Der Beschwerdeführer wäre am 05.12.2014, nachdem er die Überreste des Autos noch zu Geld gemacht hätte, nachgekommen.
Auf Ersuchen des Bundesamtes, den Vorfall vom 02.12.2014 erneut samt allen Details auszuführen, gab der Beschwerdeführer zusammenfassend an, dass sich der Vorfall nach dem Abendessen, gegen 19 Uhr ereignet hätte. Die Angreifer hätten den Beschwerdeführer von der Wohnungstür zurückgedrängt, dabei hätte der Beschwerdeführer einen leichten Alkoholgeruch wahrgenommen. Die Angreifer hätten sodann die Familie aufgefordert, das Land zu verlassen und sie beschimpft. Ein Angreifer hätte eine Pistole in seinen Händen gehalten, wobei der Beschwerdeführer nicht wisse, ob es sich dabei um eine Gaspistole gehandelt hätte. Dem Beschwerdeführer wäre mit der Handkante oder dem Pistolengriff gegen den Hals geschlagen worden, woraufhin dieser zusammengesackt sei. Dann hätten die Angreifer ihm Fußtritte in den Bauch versetzt und nachdem er am Boden gelegen wäre, hätten sie mit einem Baseballschläger auch Wohnungsinventar zerstört. Offene Wunden habe der Beschwerdeführer nicht gehabt, nur aus der Nase geblutet. Weiters hätte er Schmerzen in der Magengegend und an den Seiten gehabt. Der Angreifer mit der Pistole hätte den Beschwerdeführer bereits im Vorfeld auf der Straße angesprochen und ihm gesagt, dass er verschwinden solle. Zu den Vorfällen mit den Autos befragt, gab der Beschwerdeführer an, den Vorfall nicht selbst beobachtet zu haben. Der Sohn habe den Zustand des Autos in der Früh entdeckt. Alle Scheiben wären eingeschlagen gewesen, auch die Scheinwerfer. Selbst Eisenteile wären zerstört gewesen, weshalb der Beschwerdeführer davon ausgegangen sei, dass das Auto mit einer Axt zerstört worden wäre. Beide Vorfälle hätte der Beschwerdeführer bei der Polizei angezeigt. Die Autos wären ca. 70 Meter von der Wohnung entfernt gestanden. Befragt, ob er die Zerstörung der Autos nicht mitbekommen hätte, gab der Beschwerdeführer an, dass ihre Fenster gut isoliert gewesen wären und vor mehreren Monaten über dreißig Autos in einer Nacht auf diese Weise demoliert worden wären. Befragt, ob die Familie des Beschwerdeführers die einzigen Migranten im Wohnblock gewesen seien, führte der Beschwerdeführer aus, dass es sich bei seiner Familie um keine Migranten handle, da sie alle russische Staatsbürger wären. Im Block hätten noch eine Familie aus Tschetschenien und eine Familie aus Usbekistan gewohnt. Nur seine Familie hätte Probleme gehabt, weil seine Frau Ukrainerin sei. Befragt, was bei einer Rückkehr passieren würden, führte der Beschwerdeführer an, dass es für die Familie gefährlich sei. Man könnte sie töten. Wie bei NEMZOW, dessen Freundin auch Ukrainerin gewesen sei.
Ebenfalls am 15.04.2015 wurde die Ehegattin des Beschwerdeführers (W147 2117915-1) vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen, wobei sich diese auf die Fluchtgründe ihres Ehegatten, nämlich auf die Vorfälle im Dezember 2014 stützte. Im Wesentlichen gab die Ehegattin des Beschwerdeführers an, dass der Beschwerdeführer von Angreifern überwältigt und misshandelt worden sei. Dabei wären sie von den Angreifern aufgefordert worden, das Land zu verlassen.
Am 16.06.2015 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache statt. Dabei wurden dem Beschwerdeführer Länderinformationen zu rassistisch motivierten Übergriffen und Maßnahmen der Polizei übersetzt und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Der Beschwerdeführer führte dahingehend im Wesentlichen aus, dass es sich bei seiner Familie um eine besondere Situation handeln würde. Er sei Armenier und seine Frau Ukrainerin. Dies würde die Lage verschärfen. Im Heimatland hätten Skinheads ihre Hassparolen auf Wände im Wohnhaus geschrieben. Besonders beunruhigen würde ihn aber die Tatsache, dass diese Einstellung offensichtlich vom Staat gefördert werde. Behörden und Polizisten würden die Ansichten der Skinheads und fremdenfeindlichen Personen übernehmen. Auf Vorhalt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass den Länderinformationen weder eine generelle Verfolgungsgefahr für das gesamte Gebiert der Russischen Föderation zu entnehmen sei, noch der russische Staat nicht willens und fähig wäre, seine zu einer anderen Volksgruppe zugehörigen Staatsbürger zu schützen und dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehe, führte der Beschwerdeführer aus, dass er nicht wisse, in welche Stadt er übersiedeln solle. Er könne sich vorstellen, dass es andernorts noch schlimmer werden würde. Zu seinen Erkrankungen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er operiert worden sei. Dabei wäre ihm ein Stent eingesetzt worden. Er würde täglich sechs Tabletten zu sich nehmen, sonst wäre er gesund. In Österreich hätte er keine Angst vor Operationen. Im Heimatland müsste man Geld und Bekannte haben um eine Operation zu überleben. Zu dem Wohnungsbrand befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass nur die Wohnung seiner Familie angezündet worden wäre. Im Haus hätten mehrerer Familien gewohnt, auch Tschetschenen und eine oder zwei Familien aus Usbekistan. Auf die Frage, weshalb die Wohnung des Beschwerdeführers einzig alleine Ziel fremdenfeindlicher Handlungen geworden sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass es sich bei dessen Familie um einen Armenier und eine Ukrainerin handeln würde.
Mit angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1047477009-140260539, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 08.12.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Rückkehr mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Dem Bescheid wurden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zu Grunde gelegt.
Im Wesentlichen zusammengefasst wurde das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft angesehen. Den vorliegenden Länderinformationen sei nicht zu entnehmen gewesen, dass rassistisch motivierte Übergriffe gegen die armenische Volksgruppenzugehörigkeit zugenommen hätten. Auch hätten die vorliegenden Länderinformationen ergeben, dass die staatlichen Organe Verfolgungshandlungen Dritter nicht billigen oder tatenlos hinnehmen würden, sondern bekämpfen, sodass davon auszugehen sei, dass eine Verfolgung durch private Personen durch die zuständigen Behörden geahndet werden würde.
Abweisende Bescheide ergingen ebenso an die Familienangehörigen des Beschwerdeführers.
Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1047477009-140260539, wurde mit Schriftsatz vom 23.11.2015 fristgerecht Beschwerde erhoben und die erstinstanzliche Erledigung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in vollem Umfang angefochten.
Mit Beschwerdeergänzung vom 26.11.2015 wurde eine Therapieempfehlung eines Universitätsklinikums den Beschwerdeführer betreffend vom 19.04.2015, ein Arztbericht vom 07.04.2015, eine Liste von Unterstützungserklärungen aus der Wohn-Gemeinde vom 22.11.2015, ein Empfehlungsschreiben vom 21.11.2015, eine Bestätigung über geringfügige Tätigkeiten des Sohnes des Beschwerdeführers vom 14.10.2015 und eine Bestätigung über geringfügige Tätigkeiten des Beschwerdeführers vom 20.11.2015 sowie ein Empfehlungsschreiben vom 20.11.2015 in Vorlage gebracht.
Darüber hinaus führte der Beschwerdeführer aus, dass er derzeit täglich die Medikamente Cobcor 2,5 mg, T-ASS 100 mg, Plavix 75 mg, Clopidogrel, Amlodipin 10 mg, Pantropazol und Atorvastatin einnehmen müsse.
Am 01.04.2016 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts in Anwesenheit der Ehegattin, des gemeinsamen Sohnes und einer Dolmetscherin für die russische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein seines Rechtsvertreters neuerlich zu seinen Fluchtgründen, seinem Familien- und Privatleben und allfälligen Integrationsaspekten sowie seinem Gesundheitszustand befragt wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte schriftlich mitgeteilt, keinen Vertreter zu entsenden.
Am 07.07.2016 ging beim Bundesverwaltungsgericht eine schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den Länderberichten zur Lage in der Russische Föderation ein, wonach aus den Länderberichten hervorgehe, dass Angehörige von nationalen Minderheiten im Gebiet der Russischen Föderation massiven Anfeindungen bzw. Übergriffen seitens der Mehrheitsbevölkerung, vor allem seitens russischer Nationalisten, ausgesetzt seien.
Mit einem weiteren als Stellungnahme bezeichneten Schreiben vom 04.07.2016 brachte der Beschwerdeführer erneut eine Bestätigung einer Stadtgemeinde über geringfügige Tätigkeiten in Vorlage.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.02.2017, GZ. W147 2117912-1/12E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015 als unbegründet abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer russischer Staatsbürger armenischer Volksgruppenzugehörigkeit sei, sein Vorbringen zu den Fluchtgründen nicht als glaubhaft erachtet worden sei und auch bei Wahrunterstellung keine Anhaltspunkte für eine asylrelevante Verfolgung ersichtlich gewesen seien. Auch subsidiärer Schutz sei mangels realer Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK nicht zu gewähren gewesen. Der Beschwerdeführer leide weder an einer chronischen noch lebensbedrohlichen Krankheit, welche seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehe. Er sei grundsätzlich erwerbsfähig und verfüge über eine Ausbildung und Berufserfahrung als Physiker bzw. in der Steinbearbeitung sowie familiäre Anknüpfungspunkte bzw. könne staatliche Unterstützung bzw. Hilfe von NGOs in Anspruch nehmen. Eine extreme Gefahrenlage in der Russischen Föderation habe nicht festgestellt werden können. Auch im Rahmen des Familienverfahrens lägen die Voraussetzungen für Asyl oder subsidiären Schutz nicht vor. Da der unbescholtene Beschwerdeführer, welcher in Österreich die staatliche Grundversorgung bezogen hat und einen Deutschkurs absolviert hat ohne über nennenswerte Deutschkenntnisse zu verfügen und auch nicht selbsterhaltungsfähig war, konnte angesichts seiner schwachen sozialen Bindungen in Österreich und seiner Aufenthaltsdauer nicht von einem besonderen Maß an sozialer und wirtschaftlicher Integration des Beschwerdeführers ausgegangen werden. Außer seinen ebenfalls im Asylverfahren befindlichen Angehörigen habe er keine Verwandten in Österreich. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wurde daher -ebenso wie jene nach § 57 AsylG 2005 nicht als gegeben erachtet und eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen und seine Abschiebung in den Herkunftsstaat für zulässig befunden. Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mangels besonderer Umstände mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 16.02.2017 zugestellt.
Gegenständliches Verfahren:
Bereits am 05.05.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Neuausstellung eines Aufenthaltstitels nach dem Asylgesetz, ohne diesen näher zu spezifizieren. Beigelegt waren eine „Kostenübernahmeerklärung“ vom 02.03.2017 des XXXX , mehrere Unterstützungsschreiben aus 2015 und 2016, ein ÖSD-Sprachzertifikat A2 für den Beschwerdeführer vom 16.03.2016, eine Bescheinigung vom 20.02.2017 über seine Aktivitäten seit Juni 2016 bei der freiwilligen Feuerwehr seiner Wohngemeinde in Österreich, Bescheinigungen über ehrenamtliche Tätigkeiten für seine Wohngemeinde vom 25.05.2015, 20.11.2015 und 27.02.2017 sowie eine Arbeitsplatzzusage für den Beschwerdeführer als Bauhilfsarbeiter im Fall einer Arbeitserlaubnis vom 03.02.2016 bzw. vom 20.02.2017.
Mit Parteiengehör gemäß § 45 AVG vom 16.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer zusammengefasst die beabsichtigte Zurückweisung seines Antrages vom 05.05.2017 mitgeteilt. Die nach § 8 AsylG-DV erforderlichen Unterlagen (gültiges Reisedokument, Geburtsurkunde) habe er nicht vorgelegt und den Antrag auch nicht näher begründet. Sodann wurde um Vorlage weiterer Belege (Reisepass, Geburtsurkunde, begründeter Antrag, Nachweis über ortsübliche Unterkunft, Nachweis für eine Krankenversicherung, Nachweis für gesicherten Lebensunterhalt) binnen zwei Wochen ersucht und darauf hingewiesen, dass im Fall der Nichtentsprechung der Antrag gemäß § 58 Abs. 10 und 11 AsylG 2005 zurückzuweisen sei.
Hierauf langte am 23.06.2017 ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen den Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 wegen Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung ein.
Am 02.06.2017 wurden ein bedingter Arbeitsvorvertrag bzw. ein Arbeitsvorvertrag vom 31.05.2017 als Bauhilfsarbeiter für den Beschwerdeführer für den Fall einer Arbeitserlaubnis, ein Unterstützungsschreiben vom Mai 2017 sowie eine entsprechende Unterschriftenliste des örtlichen Pfarramtes vorgelegt.
Nach der Mitteilung des russischen Innenministeriums vom 30.09.2017 hätten die Beschwerdeführer die russische Staatsbürgerschaft niemals erworben und werde ihre Rückübernahme mangels Feststellbarkeit ihrer Identität abgelehnt (vgl. dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Russische_Staatsbürgerschaft).
Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme am 07.11.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, gesund zu sein. Sein russischer Reisepass sei 2010 für 10 Jahre ausgestellt worden und befinde sich in der Ukraine und sei von ukrainischen Nationalisten weggenommen worden, um ihn wegen Geld zu erpressen. Er sei Angehöriger der Volksgruppe der Armenier und armenisch-apostolischer Christin. Er habe seine Ehefrau am XXXX in Russland in XXXX geheiratet. Der erwachsener Sohn befinde sich ebenfalls in Österreich. Alle drei würden in Österreich auf Kosten der Grundversorgung im gemeinsamen Haushalt leben. Arbeiten dürfe er nicht, verrichte aber geringfügige Arbeiten für die Gemeinde gemeinsam mit seinem Sohn (Gärtnerarbeiten zB. Am Friedhof). Seinen Lebensunterhalt bestreite er aus der staatlichen Grundversorgung (300 € für die Miete und 215 € pro Person). Er habe in Österreich einen Deutschkurs besucht. Ein Zertifikat auf dem Niveau A2 habe er vorgelegt. Wenn er nicht arbeite versuche er etwas zu basteln (Holzkreuze, Stifte usw. schnitzen). Er sei Mitglied bei der freiwilligen Feuerwehr und beim Kulturverein Beserlpark. Er kenne viele Personen in seiner Wohngemeinde und habe ein bis zwei namentlich genannte richtige Freunde.
Befragt, warum er seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht nachkomme, stellte er die Frage, wohin er ausreisen solle. Zum Parteiengehör über die beabsichtigte Abweisung seines Antrages vom 16.05.2017 und der damit zu verbindenden Rückkehrentscheidung brachte er vor, dass er in Österreich Geld verdienen wolle, um damit Geld in die Ukraine zu schicken und seine Dokumente zurückzuerhalten. Auf die Frage, wie er mit diesen Personen in Kontakt treten wolle, gab er an, dies nicht zu wissen. Zuletzt habe er von 1993 bis 2014 in XXXX gelebt. Er habe seine Frau XXXX in XXXX geheiratet, weil seine Eheschließung in XXXX „aus nationalistischen Gründen“ abgelehnt worden sei und seine Frau und Schwiegereltern in XXXX gewohnt hätten. Zum Vorhalt, dass er entgegen den Angaben des russischen Innenministeriums behaupte, einen russischen Reisepass besessen zu haben, gab er an, dass er dabei bleibe, russischer Staatsbürger zu sein, aber nie Staatsbürger der Sowjetunion gewesen zu sein und auch nicht von Armenien. Hierauf wurde ihm der Auftrag erteilt, einen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses von der Vertretungsbehörde seines Herkunftsstaates nachzuweisen oder einen Passersatz beizubringen. Hierauf gab der Beschwerdeführer an, er habe Angst nach Russland zu reisen, weil der umgebracht würde.
Im Rahmen der Rückkehrberatung am 14.11.2017 zeigten sich die Beschwerdeführer nicht rückkehrwillig, willigten jedoch zu einem Antrag auf Identitätsprüfung bei der russischen Botschaft ein.
Am 16.11.2017 wurden drei Seiten russischsprachiger Schriftstücke ohne Übersetzung beim Bundesamt vorgelegt.
Nach Mitteilung ihres bevollmächtigten Vertreters vom 11.12.2017 hätten die Beschwerdeführer am selben Tag bei der Russischen Botschaft vorgesprochen. Die beiliegenden russischsprachigen Schriftstücke waren ebenfalls unübersetzt. Die vom Bundesamt veranlasste Übersetzung ergab, dass es sich dabei um noch zu bestätigende Terminvormerkungen für den selben Tag bei der Russischen Botschaft handelte.
Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 04.06.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 05.05.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen in Österreich seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht maßgeblich verändert habe. In der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass er den Antrag nur zweieinhalb Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gestellt und keine wesentliche Sachverhaltsänderung dargelegt habe. Hiezu wurde auf die Judikatur des VwGH (2011/22/0035-0039 und 2011/22/0065) verwiesen, wonach der bloße Zeitablauf von wenigen Monaten auch bei Vorliegen von geringfügigen neuen Vorbringen jedenfalls eine Neubeurteilung nach Art. 8 EMRK nicht erfordere und eine Antragszurückweisung korrekt sei. Zwar habe er angegeben, seine Sprachkenntnisse während seines bislang 15-monatigen Aufenthalts im Bundesgebiet verbessert, jedoch kein weiteres Sprachzertifikat vorgelegt. Er habe auch eine Einstellungszusage vorgelegt und sei in seiner früheren Wohnsitzgemeinde geringfügig beschäftigt gewesen. Er verfüge über einen Bekannten- und Freundeskreis in Österreich, jedoch komme diesem wegen seines unsicheren Aufenthalts ebenso wie seiner Einstellungszugsage wegen Fehlens einer Arbeitserlaubnis keine wesentliche Bedeutung zu (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323). Die von ihm vorgelegten Unterstützungsschreiben würden sich trotz teilweiser Datierung nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes auf die Zeit davor beziehen und seien daher bereits in die Rückkehrentscheidung im Zusammenhang mit der Asylentscheidung einbezogen worden. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Sachverhalt seit der letzten Rückkehrentscheidung derart wesentlich geändert hätte, dass eine erneute Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich wäre. Hinzuweisen sei darauf, dass Anträge gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 keine Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen. Mangels Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts sei auch die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG zulässig. Mangels Gründen im Sinne von § 50 FPG sei seine Abschiebung in die Russische Föderation auch zulässig und die Frist für die freiwillige Rückkehr gemäß § 55 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festzusetzen gewesen.
Mit Verfahrensanordnung vom 04.06.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BVA-VG für ein etwaiges Beschwerdeverfahren ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
Gegen Spruchpunkt I. und II. dieses Bescheides erhob „der Beschwerdeführer“ mit Schriftsatz vom „16.06.2018 bzw. 18.06.2018“ Beschwerde und machte Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verletzung der Verfahrensvorschriften geltend und beantragte die vollumfängliche Aufhebung des Bescheides. Mangels Ausstellung eines Heimreisezertifikats durch die Russische Botschaft sei klar geworden, dass der angefochtene Bescheid überhaupt nicht vollziehbar sei und die Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer sei nicht geklärt worden. Dadurch seien keine Änderungen in der Integration der Beschwerdeführer bewirkt worden. Die Behörde habe eine inhaltlich unrichtige Entscheidung getroffen und nicht geprüft, ob wegen der Weigerung der Russischen Föderation zur Aussteillug eines Reisepasses für den Beschwerdeführer nicht eine Duldung zu erteilen gewesen wäre. Beantragt wurde ferner ua. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 oder 57 AsylG 2005.
Diese Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 27.06.2018 vorgelegt.
Dem Auszug aus dem ZMR vom 12.05.2020 zufolge, ist der Beschwerdeführer seit dem 24.01.2019 im Bundesgebiet nicht mehr behördlich gemeldet.
Die Bevollmächtigung des Vertreters wurde mit elektronischer Nachricht vom 14.05.2020 beendet, weil der Beschwerdeführer Österreich schon vor längerer Zeit verlassen habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Gegen den Beschwerdeführer, einen nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten Drittstaatsangehörigen, wurde zuletzt mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.02.2017 – in Bestätigung einer diesbezüglichen Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015 – das Fehlen der Voraussetzungen gemäß § 55 und 57 AsylG 2005 bzw. eine Rückkehrentscheidung für rechtmäßig erkannt. Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung zunächst jedoch nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer war auch nach seiner rechtskräftigen Ausweisung im Wege der staatlichen Grundversorgung untergebracht und krankenversichert.
Am 05.05.2017 beantragte der Beschwerdeführer umgehend die Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach dem Asylgesetz, ohne diesen näher zu bezeichnen. Er legte dazu eine Kostenübernahmeerklärung vom 02.03.2017, ein Sprachzertifikat auf dem Niveau A2 vom 16.03.2016, Unterstützungsschreiben aus 2015 und 2016, eine Bescheinigung über seine Aktivitäten bei der freiwilligen Feuerwehr seit Juni 2016, Bescheinigungen über ehrenamtliche Tätigkeiten für die Gemeinde aus 2015, und 2017 sowie eine Arbeitsplatzzusage als Bauhilfsarbeiter aus 2016 und vom 20.02.2017 im Fall einer Arbeitserlaubnis vor. Ein gültiges Reisedokument oder eine Geburtsurkunde brachte er trotz Aufforderung nicht bei. Auch einen Nachweis über eine ortsübliche Unterkunft, einen Nachweis für eine Krankenversicherung und einen gesicherten Lebensunterhalt wurde seitens des Beschwerdeführers nicht erbracht. Der Beschwerdeführer war demnach auch nach der Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren zwar erstmals eine vom 20.02.2017 stammende bedingte Einstellungszusage und eine Kostenübernahmeerklärung vom 02.03.2017 vorgelegt sowie nach Erlassung der vorangegangenen Rückkehrentscheidung verfasste Unterstützungsschreiben aus seinem privaten Umfeld in Vorlage gebracht. Das nun vorgelegte Sprachzertifikat datiert jedoch bereits aus 2016 und ist daher so wie die vorgelegten Unterstützungsschreiben bzw. Bescheinigungen aus 2015 und 2016 bereits von der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes umfasst.
Der Beschwerdeführer hat (damit) nicht vorgebracht, dass sich im Hinblick auf sein Privat- und Familienleben seit der Erlassung des oben angeführten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts eine maßgebliche Änderung ergeben hätte. Seine familiäre und private Situation im Bundesgebiet sowie seine Bindungen zum Heimatland stellen sich im Wesentlichen als unverändert dar.
Seit dem 25.01.2019 ist der Beschwerdeführer in Österreich nicht mehr aufrecht behördlich gemeldet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Da sich die gegenständliche zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zur Entscheidung zuständig.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; VwGH 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; VwGH 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084). Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über die zugrundeliegenden Anträge würde demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten (VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115).
Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens ist daher auf Grund der zurückweisenden Entscheidung in dem im Spruch bezeichneten Bescheid unter Spruchpunkt I. nur, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgte.
Gemäß § 55 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: AsylG), ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK ("Aufenthaltsberechtigung plus" oder "Aufenthaltsberechtigung") zu erteilen, wenn dies zumindest gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: BFA-VG), zur Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.
Gemäß § 58 Abs. 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 leg. cit. als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; der Grad der Integration; die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; die strafgerichtliche Unbescholtenheit; Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; VwGH 05.05.2015, Ra 2014/22/0115) liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr läge ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufgewiesen hätten, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten hätte. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Im gegenständlichen Fall hat sich die belangte Behörde im Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides auf § 58 Abs. 10 AsylG als Grundlage für die Zurückweisung bezogen. Das Bundesverwaltungsgericht war im gegenständlichen Fall dazu berufen, die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung zu prüfen. Es liegt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.02.2017 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor, wobei aus den rechtlichen Erwägungen hervorgeht, dass im Fall der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Entscheidung bei rund zweijähriger Aufenthaltsdauer keine maßgebliche Integrationsverfestigung vorgelegen hätte. Der Beschwerdeführer hätte keine engen sozialen Bindungen im Bundesgebiet, habe seinen Lebensunterhalt ausschließlich durch staatliche Unterstützungsleistungen bestritten und keine tiefgreifende Integration dargetan.
Seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.02.2017, in dem von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet ausgegangen wurde, ist keine Veränderung in Bezug auf die Integration des Beschwerdeführers eingetreten, die einer Zurückweisung des gegenständlichen Antrags gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 entgegenstünde. Der Beschwerdeführer konnte sich im gegenständlichen Verfahren lediglich auf die Kostenübernahmeerklärung vom 02.03.2017, aktuelle Unterstützungserklärungen und eine bedingte Einstellungszusage vom 20.02.2017 stützen. Diesen Aspekten kommt jedoch kein maßgebliches Gewicht zu (vgl. VwGH 17.10.2016, Ra 2016/22/0035).
So ging der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27.01.2015, Ra 2014/22/0094, davon aus, dass weder ein Zeitablauf von ca. zwei Jahren zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde, noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 44b NAG 2005 idF vor 2012/I/097 darstellen. Die Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG entspricht im Wesentlichen dem § 44b NAG idF BGBl I Nr. 38/2011, weshalb die in Bezug auf die genannte Vorgängerbestimmung ergangene höchstgerichtliche Judikatur auch im gegenständlichen Fall anzuwenden ist (vgl. Filzwieser et al, Asyl- und Fremdenrecht, § 58 E11; mwN).
Im Lichte dieser Judikatur sind gegenständlich sohin weder der Zeitablauf von weiteren rund drei Jahren seit Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung, noch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Einstellungszusage geeignet, eine maßgebliche Sachverhaltsänderung zu begründen. Das vorgelegte ÖSD-Zertifikat A2 über eine bereits im März 2016 bestandene Prüfung fand überdies bereits in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.02.2017 Berücksichtigung, sodass von einer Verbesserung der Sprachkenntnisse nicht auszugehen ist. Die vorgelegten Unterstützungsschreiben sind ebenso wenig geeignet, eine wesentliche Sachverhaltsänderung aufzuzeigen, zumal aus deren Inhalt keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger sozialer Bindungen oder das Bestehen allfälliger Abhängigkeitsverhältnisse hervorgehen. Änderungen hinsichtlich der beruflichen Integration des Beschwerdeführers oder hinsichtlich seiner Bindung zum Herkunftsstaat wurden – auch in der Beschwerde- nicht vorgebracht. Auch in Bezug auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers hat sich keine wesentliche Änderung ergeben, wobei dies im gegenständlichen Verfahren zu keinem Zeitpunkt behauptet wurde.
Überdies stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag bereits rund zwei Monate nachdem seine Beschwerde gegen die Abweisung seines Asylantrages abgewiesen worden war sowie infolge unrechtmäßigen Verbleibs im Bundessgebiet in Missachtung seiner mit hg. Erkenntnis vom 10.02.2017 ausgesprochenen Ausreiseverpflichtung. Seither allenfalls erfolgte weitergehende Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers konnten nur aufgrund der Missachtung seiner rechtskräftigen Ausreiseverpflichtung und im Bewusstsein der Unsicherheit eines weiteren Aufenthalts erfolgen.
Wenn in der Beschwerde moniert wird, dass dem Beschwerdeführer wegen der Weigerung der Russischen Föderation, ihm einen Reisepass auszustellen, eine Duldung zu erteilen wäre, so ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer offenbar bislang nicht ernsthaft versucht hat, sich bei der Botschaft seines Herkunftsstaates einen Reisepass ausstellen zu lassen. Er hat lediglich eine Terminvormerkung bei der Russischen Botschaft nachgewiesen. Ob er dort vorgesprochen hat und mit welchem Ergebnis, hat der Beschwerdeführer hingegen nicht bekannt gegeben. Der Beschwerdeführer hat also bisher weder die nach § 8 AsylG-DV erforderlichen Nachweise erbracht, noch einen begründeten Antrag nach § 4 AsylG-DV gestellt. Anzumerken ist, dass eine Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG lediglich dann in Frage kommt, wenn eine Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich erscheint, wofür sich aber bislang keine genügenden Anhaltspunkte ergeben, zumal der Beschwerdeführer auch noch am 07.11.2017 behauptete, russischer Staatsbürger zu sein.
Soweit in der Beschwerde die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 oder § 57 AsylG 2005 beantragt wurde, wird verkannt, dass Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens lediglich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des verfahrensgegenständlichen Antrags ist und eine (neuerliche) inhaltliche Entscheidung schon aus diesem Grund unzulässig wäre (vgl. VwGH 29.09.2015, 2013/05/0034).
Da aufgrund der obigen Erwägungen nicht von einem geänderten Sachverhalt auszugehen ist, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, war die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochene Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nicht zu beanstanden.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Wird der Antrag eines Drittstaatsnagehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt (§ 10 Abs. 3 AsylG 2005).
§ 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 AsylG 2005 lautet:
Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2.bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3.gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
Da der Antrag gemäß § 55 AsylG 2005 nach den Bestimmungen des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war und kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegt, war die Entscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.
Diese Entscheidung wurde unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides erlassen. Auch dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Gemäß § 52 Abs. 3 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55,56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) - (6) [...]
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.
Diesbezüglich wird auf die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.02.2017, Zl. W147 2117912-1/12E, verwiesen, womit bereits eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde. Darin wurde ausgeführt:
„Der Beschwerdeführer ist unbescholten, lebt von der Grundversorgung und hat in Österreich einen Deutschkurs absolviert, verfügt jedoch über keine nennenswerten Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer ist daher zum Entscheidungszeitpunkt nicht selbsterhaltungsfähig.
Ein besonderes Maß an sozialer und wirtschaftlicher Integration hat der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund seiner Aufenthaltsdauer nicht dargetan. Die bisher in Österreich aufgebauten Bindungen und geknüpften sozialen Beziehungen des Beschwerdeführers sind zum Entscheidungszeitpunkt relativ schwach ausgeprägt.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden. […]
Obigen Erwägungen zufolge sind daher auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht gegeben.“
Seither haben sich nach den vorstehenden Ausführungen zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides keine maßgeblichen Änderungen ergeben, welche eine neuerliche Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erfordern würden (§ 58 Abs. 10 AsylG 2005).
Der Beschwerdeführer hat weder eine besondere Immunschwächeerkrankung oder eine sonstige lebensbedrohliche Erkrankung und auch keine Zugehörigkeit zur Covid-19-Risikogruppe geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass er aktuell noch besonders gefährdet wäre.
Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 AsylG 2005 liegen vor: Da der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 3 leg.cit. iVm § 52 Abs. 3 FPG 2005 zu erlassen.
Mangels Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides sind diese bereits in Rechtskraft erwachsen und kommt dem Bundesverwaltungsgericht keine weitere Entscheidungskompetenz zu (vgl. VwGH 25.11.1994, 94/19/0211).
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Die Beschwerde hat keine neuen Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche eine neuerliche Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Aufenthaltstitel Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2117912.2.00Im RIS seit
06.10.2020Zuletzt aktualisiert am
06.10.2020