TE Vwgh Erkenntnis 2020/9/14 Ra 2018/06/0195

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Veröffentlicht am 14.09.2020
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Index

L80002 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Kärnten
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68 Abs1
GdPlanungsG Krnt 1995 §5 Abs5
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2018/06/0196

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Senatspräsidentin Dr. Bayjones und Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision 1. der M M und 2. des Dipl. Ing. Dr. H L, beide in S und vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1 A/VII, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 12. Juni 2018, KLVwG-1944-1947/6/2017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde Nötsch im Gailtal; mitbeteiligte Partei: R Z in S, vertreten durch Mag. Petra Herbst-Pacher, Rechtsanwältin in 9500 Villach, Draulände 11; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Marktgemeinde Nötsch im Gailtal hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Zur Vorgeschichte des Revisionsfalles ist auf das die Mitbeteiligte betreffende Erkenntnis VwGH 21.3.2014, 2012/06/0213, 2013/06/0077, 2013/06/0137, zu verweisen. Verfahrensgegenständlich in diesen Verfahren waren Anträge der Mitbeteiligten (und - in zwei Verfahren - eines weiteren Bauwerbers) vom 18. Juli 2011 auf Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Zubaus eines Landwirtschaftsgebäudes mit Düngerstätte auf dem Grundstück X an das als Bestand bezeichnete Remisengebäude (2012/06/0213), vom 1. September 2009 auf Erteilung einer Baubewilligung für ein Remisengebäude auf dem Grundstück X, das an ein bestehendes Gebäude angebaut werden soll (2013/06/0077) und vom 23. Dezember 2011 auf Erteilung einer Baubewilligung für den Zu- und Umbau des bestehenden landwirtschaftlichen Nebengebäudes durch Aufstocken der Tenne auf dem Grundstück Y (2012/06/0137). Der Verwaltungsgerichtshof hat die in diesen Verfahren angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben und diese Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass für keines der drei beantragten Gebäude nachvollziehbar dargelegt worden sei, weshalb das Bauvorhaben jeweils im Sinn des § 5 Abs. 5 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995, LGBl. Nr. 23/1995 (K-GplG 1995), nach Art, Größe und Situierung für den landwirtschaftlichen Betrieb der bauwerbenden Parteien erforderlich und spezifisch sei und es keine wirtschaftlich vertretbare Alternative dazu gebe. In den fortzusetzenden Verfahren werde zunächst anhand eines vollständigen Betriebskonzeptes nachvollziehbar festzustellen sein, ob die beantragten Gebäude zumindest einem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb der bauwerbenden Parteien dienten. Bei Vorliegen eines solchen Betriebes seien Feststellungen zu treffen, welche Gebäude und baulichen Anlagen der bauwerbenden Parteien für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft rechtmäßig und zu welchem Zweck bestünden. Auf dieser Grundlage werde sodann zu ermitteln und nachvollziehbar zu begründen sein, ob und wenn ja, welches Gebäude für welchen Zweck an welcher Stelle allenfalls zusätzlich erforderlich sei, weil es keine wirtschaftlich vertretbaren Alternativen dazu gebe.

2        Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde N. vom 4. Mai 2017 wurde nunmehr der Mitbeteiligten (Bauwerberin) auf Grund ihres Antrages vom 28. September 2016 die Baubewilligung für die Errichtung eines Remisen- und Landwirtschaftsgebäudes mit Düngerstätte auf der Parzelle X (Anmerkung: das Gebäude ist bereits errichtet) und für das konsenswidrig ausgeführte Gebäude und die konsenslose Aufstockung auf der Parzelle Y gemäß §§ 6, 17 und 18 Kärntner Bauordnung 1996 - K-BO 1996 unter Auflagen erteilt.

3        Die (u.a.) von den revisionswerbenden Parteien erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde N. vom 25. Juli 2017 als unbegründet abgewiesen.

4        Dagegen erhoben (u.a.) die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG), das diese mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abwies. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

In den Entscheidungsgründen gab das LVwG in dem als erwiesen angenommen Sachverhalt - nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens in chronologischer Reihenfolge beginnend mit der Eingabe vom 1. September 2009 - den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag vom 28. September 2016 wieder, der von der Baubehörde auf Grund der vorgelegten Betriebskonzepte als Neuantrag gewertet worden sei, sodass die Heranziehung von Unterlagen aus den „nicht rechtskräftigen Bauvorakten“ als nicht erforderlich angesehen werde.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das LVwG nach Wiedergabe von Rechtsvorschriften und Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie die nach dem Vorerkenntnis (VwGH 21.3.2014, 2012/06/0213, 2013/06/0077, 2013/06/0137) erforderlichen Ermittlungsschritte und zu treffenden Feststellungen aus, die bereits errichteten Bauvorhaben seien mit dem Flächenwidmungsplan vereinbar. Der Amtssachverständige habe nachvollziehbar dargestellt, dass Tierhaltung und auch Güllebetriebe und Dreischnittwiesen ortsüblich seien und der Betrieb weit unter der Geruchsmitte sei. Aufgrund des vorgelegten Betriebskonzeptes bzw. seiner Berechnungen liege auch keine Liebhaberei vor, die vorhandenen Gebäudeflächen seien ausreichend für die Tierstückzahl und die Entfernung zu den Gebäuden und auch der Betrieb seien wirtschaftlich. Die verfahrensgegenständlichen Gebäude oder die sonstigen baulichen Anlagen im Grünland seien erforderlich und spezifisch und bei Anlegung eines strengen Maßstabes könne der für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb vorgesehene Bau „als landwirtschaftlicher Zweckbau qualifiziert werden ..., also in Größe, Ausstattung und Lage für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb notwendig“. Ein Widerspruch zu Art. 7a K-LVG durch die Errichtung der beiden Gebäude bestehe nicht. Im Stall auf der Parzelle Y seien die Kleintiere, im Stall auf der Parzelle X die Pferde untergebracht. Das durchgeführte Verfahren habe erbracht, dass der Betrieb nicht - wie behauptet - „ein Hobby, eine Liebhaberei“ sei, sondern dass die Mitbeteiligte einer landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgehe und von einem erzielbaren Bewirtschaftungserfolg auszugehen sei (Hinweis auf VwGH 15.12.2016, 2013/06/0175). Im Übrigen werde auf die bisher ergangenen Entscheidungen verwiesen.

5        Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher eine Sachentscheidung, in eventu die kostenpflichtige Aufhebung des Erkenntnisses beantragt wird.

6        Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7        Auf Grund des Vorbringens, das LVwG habe dem Vorerkenntnis VwGH 21.3.2014, 2012/06/0213, 2013/06/0077, 2013/06/0137, nicht entsprochen und keine nach diesem Erkenntnis erforderliche Begründung für die Zulässigkeit der konkreten Ausgestaltung des Vorhabens gegeben, erweist sich die Revision als zulässig.

8        Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 4.7.2019, Ra 2017/06/0210, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargelegt hat, wäre ein identer Bauantrag während der Anhängigkeit des früher gestellten, noch nicht rechtskräftig erledigten ersten Antrags bzw. wie vorliegend der früher gestellten, noch nicht rechtskräftig erledigten Anträge zurückzuweisen gewesen. Weder die Baubehörden noch das LVwG haben entsprechende Feststellungen getroffen, ob es sich bei dem Antrag der Mitbeteiligten vom 28. September 2016 um ein geändertes Bauvorhaben handelt oder ob dieser Antrag wegen Identität der Sache zurückzuweisen gewesen wäre. Dass geänderte Betriebskonzepte vorgelegt worden seien, ist jedenfalls für sich allein für eine derartige Beurteilung nicht ausreichend.

9        Die Revision erweist sich daher im Hinblick darauf, dass das LVwG im Fall der Identität der Anträge den zweiten Antrag zurückzuweisen gehabt hätte, als begründet. Das angefochtene Erkenntnis war daher bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

10       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 14. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018060195.L00

Im RIS seit

22.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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