TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/19 96/09/0192

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Veröffentlicht am 19.11.1997
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Index

10/10 Auskunftspflicht;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs2;
AuskunftspflichtG 1987 §4;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §118 Abs1 Z1;
BDG 1979 §118 Abs1 Z3;
BDG 1979 §118 Abs1 Z4;
BDG 1979 §94 Abs1;
MRK Art6 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):96/09/0193

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der MMag. Dr. H in M, Z-Gasse 29, gegen die Bescheide der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt je vom 1. April 1996, 1.)

GZ 69/14-DOK/95, und 2.) GZ 69/15-DOK/95, betreffend

1.) Akteneinsicht und Auskunftserteilung in einer Disziplinarsache, und 2.) Zurückweisung von Feststellungsanträgen und eines Antrages auf Einstellung eines Disziplinarverfahrens gemäß § 118 Abs. 1 Z. 1 Beamtendienstrechtsgesetz 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie ist im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft tätig.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich des vorangegangenen Sachverhaltes auf den hg. Beschluß vom 28. Juni 1990, Zl. 90/09/0027 (mit welchem das Verfahren über die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Einleitungsbeschluß der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 18. Dezember 1989 eingestellt wurde), und auf das

hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0099 (mit welchem die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 24. September 1991 betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens und Zurückweisung von zwei Feststellungsanträgen in einer Angelegenheit des Disziplinarrechtes als unbegründet abgewiesen wurde) verwiesen.

Der nunmehr vorliegenden Beschwerde liegt folgender über die Vorentscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes hinausgehender Sachverhalt zugrunde:

Mit Schreiben vom 27. Juli 1994, welches an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gerichtet war und auch den Eingangsstempel des genannten Bundesministeriums trägt - die Disziplinarkommission laut Aktenlage aber nie erreichte - hat die Beschwerdeführerin um Einsichtnahme in die der Disziplinarkommission verfügbaren Akten, welche das gegen sie 1989 eingeleitete und 1990 eingestellte Disziplinarverfahren beträfen, ersucht. Mit Schreiben vom 5. November 1994 erinnerte die Antragstellerin an ihren ersten Antrag vom 27. Juli 1994. Sie habe gemäß § 73 Abs. 1 AVG die Erlassung eines Bescheides über die Nichtgewährung der Akteneinsicht beantragt, da es sich um eine Akteneinsicht nach Abschluß des Verfahrens handle. Mit Schreiben vom 16. Jänner 1995 wies die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft die Beschwerdeführerin darauf hin, daß es ihr als Partei des Verfahrens auch nach rechtskräftigem Abschluß jederzeit freistehe, Akteneinsicht in die Akten der Disziplinarkommission zu nehmen. Daraufhin habe die Beschwerdeführerin am 20. Februar 1995 Akteneinsicht genommen. Nach Schreiben der Disziplinarkommission vom 22. Februar 1995, ob die Beschwerdeführerin trotz der Möglichkeit der Akteneinsicht und Informationsbeschaffung, von der sie schon Gebrauch gemacht habe, die Anträge zurückziehe, erklärte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. März 1995, sie bestehe auf einer bescheidmäßigen Erledigung ihres Antrages.

Die Behörde erster Instanz wies mit dem Bescheid vom 27. April 1995 den Antrag auf Erlassung eines Bescheides über die Nichtgewährung der Akteneinsicht nach Abschluß des Verfahrens als unbegründet ab, weil die Antragstellerin am 20. Februar 1995 Akteneinsicht genommen habe und ihr diese Möglichkeit unbegrenzt und jederzeit offenstehe. Der Antrag der Beschwerdeführerin gehe ins Leere.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung bestätigte die belangte Behörde die erstinstanzliche Entscheidung. Die belangte Behörde begründete, daß der Beschwerdeführerin jederzeit Akteneinsicht offenstehe und sie am 20. Februar 1995 Akteneinsicht genommen habe. Der von ihr in der Berufung gerügte Verfahrensmangel der Nichtgewährung des Parteiengehörs vor Bescheiderlassung gehe ins Leere, da es sich im vorliegenden Fall um Rechtsfragen und nicht um Feststellung des der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhaltes handle.

Mit Schreiben vom 5. November 1994 ersuchte die Beschwerdeführerin um "Auskunft gemäß Auskunftspflichtgesetz" zu folgenden Fragen:

"1) Wann ist die Disziplinaranzeige des Dr. M vom 18. September 1989 gegen mich bei der Disziplinarkommission eingelangt?

2) Sind der Disziplinarkommission auch mehrere Stellungnahmen von mir zugekommen?

3) Wurde mir nach Kenntnis der Disziplinarkommission in diesem Verfahrensstadium Parteigehör gewährt?

4) Wurde mir von der Disziplinarkommission Parteigehör gewährt, bzw. wurden meine unaufgefordert vorgelegten Stellungnahmen im Rahmen der Ermittlungen der Disziplinarkommission über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Disziplinarverfahrens - nämlich "begründeter Verdacht" einer konkreten Dienstpflichtverletzung sowie "Plausibilität von Verschulden" - als Parteigehör gewertet und der Inhalt meiner Stellungnahmen bei der Vorfrage der Begründetheit der Einleitung des Disziplinarverfahrens berücksichtigt?

5) Hat die Dienstbehörde, insbesondere die konkret beauftragte Abt Präs C 6 des BMLF die konkreten Fragen offenbar ordnungsgemäß behandelt und der Disziplinarkommission - wie angeordnet - rechtzeitig beantwortet?

6) Wurden die in der Disziplinaranzeige geäußerten Vorwürfe jemals förmlich konkretisiert und aufgrund von verfahrensförmlichen Organhandlungen verifiziert?

7) Wurde die Frage der ordnungsgemäßen Betrauung des Dr. M mit der interimistischen Leitung der Inneren Revision, somit die Vorgesetzteneigenschaft im Sinne des § 109 BDG, in einem ordentlichen Ermittlungsverfahren ressortintern im BMLF einer sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Prüfung unterzogen?

8) Wurde das Ergebnis der ressortinternen Erledigung dieser Frage (Pt. 7) der Disziplinarkommission förmlich mitgeteilt oder berief sich die Dienstbehörde ausschließlich auf eine Rechtsmeinung eines Organs des Bundeskanzleramtes?

9) Hat ein Mitarbeiter der Disziplinarkommission, die Disziplinarkommission oder ein sonstiger Beauftragter der Disziplinarkommission jemals Einsicht in die in der Abteilung Innere Revision verfügbaren Unterlagen genommen, die Belege und Beweismittel für die in der Anzeige des Dr. M gegen mich als "indirekt unrichtig", "verzerrt" und "voll von unqualifizierten Angriffen gegen Personen des ho. Bundesministeriums" bezeichneten, nicht jedoch konkretisierten Passagen meiner Stellungnahme als Leiterin der Inneren Revision an den Rechnungshof enthalten sollten?

10) Wenn ja, wann ist eine solche Einsichtnahme in diese Unterlagen erfolgt und warum erfolgte dies in meiner Abwesenheit? In meiner Anwesenheit nahm niemand in die Unterlagen, Belege udgl. für die Revisionsberichte, die die Grundlage der Stellungnahme an den Rechnungshof bildeten, Einsicht. Eine Einsichtnahme ohne meine Anwesenheit wäre sicher auf Schwierigkeiten gestoßen, da die Unterlagen aus Sicherheitsgründen in einer "geordneten Unordnung" aufbewahrt wurden.

11) Hat die Disziplinarkommission das Verfahren gegen mich - nach ihren eigenen Aussagen in DK Zl 64/2/89 - ohne ausreichende Information über die Voraussetzungen der Einleitung, und daher ohne Angabe eines konkreten Rechtsgrundes im Einleitungsbescheid formal eingeleitet?

12) War der Disziplinarkommission die Meinung der Abt Präs C 6, BMLF Zl 109.712/03-PrC6/90, bekannt, in der auf die damals ständige Judikatur des VwGH hinwies, wonach ein ohne Rechtsgrund eingeleitetes Verfahren den Beschuldigten in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt und daher verfassungswidrig ist?

13) Was hat die Disziplinarkommission bewogen, in Kenntnis dieser Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts das unbestritten ohne Rechtsgrund eingeleitete Verfahren "wegen Verjährung" einzustellen."

Mit Bescheid vom 27. April 1995 entschied die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft über diese Anträge wie folgt:

"1. Der Antrag auf Erteilung der Auskunft gemäß Auskunftspflichtgesetz wird hinsichtlich der Fragen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 gemäß §§ 1 Abs. 2 und 4 des Auskunftspflichtgesetzes 1986 i.d.g.F. abgewiesen.

2. Der Antrag auf Erteilung der Auskunft gemäß Auskunftspflichtgesetz hinsichtlich der Fragen 8, 9, 10, 11, 12 und 13 wird gemäß §§ 1 Abs. 2 und 4 des Auskunftspflichtgesetzes 1986 i.d.g.F. zurückgewiesen."

Die Behörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung damit, daß der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. September 1991, Zl. 90/18/0193, unter anderem ausgesprochen habe, daß schon die Verwendung des Begriffes Auskunft im Auskunftspflichtgesetz bedinge, daß die Verwaltung unter Berufung auf dieses Gesetz nicht zur Beschaffung von auch anders zugänglichen Informationen verhalten sei. Da der Beschwerdeführerin die in den Fragen 1) bis 7) begehrten Informationen im Wege der ihr zustehenden Akteneinsicht, welche sie am 20. Februar 1995 genommen habe, zugänglich seien, erscheine dieses Anliegen als mutwillig und die Disziplinarkommission sei nicht verhalten, entsprechende Auskünfte zu erteilen.

Was die Beantwortung der Fragen 8) bis 13) betreffe, sei darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung Auskünfte Wissenserklärungen zum Gegenstand hätten, wobei ihr Gegenstand ausschließlich solche Informationen wären, die zum Zeitpunkt der Anfrage der Verwaltung bereits bekannt seien und nicht erst von der ersuchten Verwaltungseinheit zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müßten. Der Verwaltungsgerichtshof habe im genannten Erkenntnis vom 13. September 1991 auch ausgesprochen, daß nur gesichertes Wissen, sei es im tatsächlichen, sei es im rechtlichen Bereich, Gegenstand einer Auskunft sein könne, nicht jedoch Umstände eines Willenbildungsprozesses. Die genannten Umstände träfen im gegenständlichen Fall auf die Fragen 8) bis 13) aus näher ausgeführten Gründen auf die Disziplinarkommission zu, weshalb der Antrag in diesen Fragen zurückzuweisen gewesen sei.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung bestätigte die belangte Behörde mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 1. April 1996 den erstinstanzlichen Bescheid in den Punkten 1) bis 6), 8), 11) und 13); hinsichtlich des Punktes 7) wurde die Abweisung in eine Zurückweisung abgeändert; hinsichtlich der Punkte 9), 10) und 12) die Zurückweisung in eine Abweisung abgeändert. Die belangte Behörde begründete zu den Punkten 1) bis 6) und 12), daß die Beschwerdeführerin die begehrten Auskünfte durch Einsichtnahme in die diesbezüglichen Akte erlangen könne. Soweit weitere Informationen angesprochen seien, wäre die Beschaffung dieser Unterlagen mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden gewesen. Zu den Punkten 9) und 10) hielt die belangte Behörde darüber hinaus fest, daß es der Disziplinarkommission und auch deren "Mitarbeiter" gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 verwehrt sei, unmittelbar Erhebungen durchzuführen, sondern sie diese Erhebungen bei der Dienstbehörde veranlassen müsse. Zu Punkt 7) begründete die belangte Behörde, daß dieser Punkt nicht den Wirkungsbereich der Disziplinarkommission beträfe, dies gelte sinngemäß auch zu Punkt 8). Zu Punkt 11) und 13) führte die belangte Behörde aus, daß die Willensbildung in den Disziplinarkommissionen vertraulich (vgl. § 124 BDG 1979) und daher Auskünfte darüber gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz unzulässig seien.

Mit Schreiben vom 9. November 1994 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag

"die Disziplinarkommission möge

1.

feststellen, daß im Zeitpunkt der Einleitung des Disziplinarverfahrens die Erkennbarkeit der gegen mich erhobenen konkreten Vorwürfe und die Begründetheit der Anzeigepunkte für die Disziplinarkommission nicht in einem für die Einleitung "notwendigen Ausmaß" gegeben war;

2.

feststellen, daß die Einleitung des Disziplinarverfahrens nachweislich ohne Angabe eines Rechtsgrundes erfolgte, somit ein "Formalverfahren" betraf, in dem die Disziplinarkommission keine materiellen Ermittlungen durchführen durfte, ohne mich in meinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter zu verletzen;

3.

feststellen, daß der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung im Lichte der schon damals verfügbaren Beweise sich nicht aus der Anzeige des Dr. M vom 18. September 1989 ableiten läßt.

4.

die Disziplinaranzeige und den Einleitungsbeschluß mit einem Beschluß gemäß § 118 Abs 1 Z 1 BDG erledigen. Der formale Einstellungsbeschluß Zl DK 64/2-1990 kann nicht als Erledigung des Einleitungsbeschlusses DK 64/5/89 angesehen werden, weil eine Erledigung gemäß § 118 Abs 1 Z 3 BDG nur ein Verfahren beenden kann, das einen erkennbaren Rechtsgrund der Einleitung hat, weil eine "Verjährung" eine "Verfolgbarkeit" und somit einen konkreten begründeten Verdacht einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung voraussetzt.

Hinsichtlich des von Dr. M angezeigten Sachverhaltes, der sich bereits im Zeitpunkt der Anzeige nachweislich ausschließlich auf pflichtgemäßes Verhalten bezieht, war eine Verfolgung und damit auch eine Verfolgungsverjährung von vornherein erkennbar nicht möglich."

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft wies die ersten beiden Feststellungsanträge als unzulässig zurück, da eine Feststellung des begehrten Inhalten nicht dazu gedient hätte, durch Klarstellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses eine Rechtsgefährdung der Antragstellerin zu beseitigen. Damit sei die Voraussetzung zur Erlassung eines Feststellungsbescheides, nämlich das Vorliegen eines rechtlichen Interesses einer Partei, nicht gegeben. Dieses Argument treffe auch für die Zurückweisung des unter 3) genannten Antrages der Beschwerdeführerin zu. Man könne diesem Antrag aber auch die Auffassung entnehmen, es sei in ihrem Rechtsinteresse gelegen, daß auch der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nicht aus der Anzeige vom 18. September 1989 ableitbar sei. Da die Anzeige selbst aber keine selbständige Rechtsqualität besitze, somit durch die Anzeige selbst keine Rechte der Beschwerdeführerin direkt beeinflußt worden seien, fehle es auch hier am rechtlichen Interesse der Antragstellerin auf Erlassung eines entsprechenden Feststellungsbescheides. Hinsichtlich der Erkennbarkeit des Verfahrensgegenstandes des Einleitungsbeschlusses der Disziplinarkommission vom 18. September 1991 wies die Behörde erster Instanz auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0099, hin, in dem ausgesprochen worden sei, daß sich der Einleitungsbeschluß und dementsprechend auch der Einstellungsbeschluß vom 23. April 1990 erkennbar auf die in der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde enthaltenen drei Vorwürfe (behauptete Mißachtung der geltenden Geschäftsabteilung durch Übergehung der Präsidialabteilung B 4 durch einen direkten Schriftverkehr mit dem Rechnungshof; bestimmte Vorwürfe bezüglich des Inhaltes des Antwortschreibens der Antragstellerin vom 11. Juli 1989 an den Rechnungshof sowie der Vorwurf der schuldhaften Verzögerung der Erlassung der Revisionsordnung) beziehe. Der Verfahrensgegenstand der genannten Bescheide lasse sich daher feststellen. Zu Punkt 4) wies die Behörde erster Instanz auf die zu Punkt 3) gemachten Ausführungen hin und ergänzte, daß der Verwaltungsgerichtshof entgegen der Begründung des Antrages der Beschwerdeführerin davon ausgehe, daß sich der Einleitungsbeschluß als auch der Einstellungsbeschluß vom 23. April 1990 auf die in der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde enthaltenen drei Vorwürfe bezögen, so daß ein erkennbarer Rechtsgrund der Einleitung bestanden habe, auf welchen sich der Einstellungsbeschluß bezogen habe. Des weiteren wies die Behörde erster Instanz auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1990, Zl. 90/09/0027, hin. Die mit dem Einleitungsbescheid notwendig verbundene Folge der Anhängigkeit eines Disziplinarverfahrens sei mit dem Bescheid vom 23. April 1990 beendet worden. Damit bleibe für die Erledigung des Inhaltes, die Disziplinaranzeige und den Einleitungsbeschluß mit einem Beschluß gemäß § 118 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 bescheidmäßig abzuschließen, mangels eines offenen Verfahrens kein Platz. Daher sei dieser Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 66 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung bestätigte die belangte Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 27. April 1995. Die belangte Behörde begründete zu den Anträgen 1) bis 3), daß der Einleitungsbeschluß der Disziplinarkommission vom 18. Dezember 1989 im Hinblick auf seinen in der Begründung enthaltenen Hinweis, auf den der Dienstbehörde erteilten Ermittlungsauftrag vom 8. November 1989, in Verbindung mit den Verwaltungsakten entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erkennen lasse, daß sich der Einleitungsbeschluß (und dementsprechend auch der Einstellungsbeschluß vom 23. April 1990) auf die in der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde enthaltenen - bereits oben wiedergegebenen - Vorwürfe beziehe und der Verfahrensgegenstand daher feststehe. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0099, zu Recht erkannt. Zu Punkt 4) des Antrages begründete die belangte Behörde, daß mit Eintritt der Rechtskraft des Einstellungsbescheides der Disziplinarkommission das mit dem bekämpften Bescheid eingeleitete Disziplinarverfahren gegenüber der Berufungswerberin endgültig abgeschlossen worden sei. Es liege daher "res iudicata" vor.

Gegen diese Bescheide richtet sich die Beschwerde, welche von der Beschwerdeführerin selbst gemäß § 24 Abs. 2 VwGG eingebracht wurde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und verzichtete auf die Abfassung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die weitwendigen Ausführungen der Beschwerdeführerin basieren im wesentlichen auf zwei Prämissen:

a) Die Beschwerdeführerin geht von einer "Verschuldensvermutung" im Falle einer Einstellung eines Disziplinarverfahrens gemäß § 118 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 aus.

b) Die Beschwerdeführerin vermengt den Rechtsbegriff "Tatsachenkenntnis" mit dem - an die Ermittlung der entscheidungswesentlichen Tatsachen anschließenden - "Wertungsvorgang" (Beweiswürdigung zwecks Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes).

Diese Prämissen der Beschwerdeführerin sind jedoch falsch. Gemäß § 118 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 ist das Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Anders als bei einer Einstellung gemäß § 118 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 (eine solche betraf das von der Beschwerdeführerin als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen bezeichnete Erkenntnis vom 19. Oktober 1990, Zl. 90/09/0098) bedeutet die im gegenständlichen Fall vorliegende Einstellung des Disziplinarverfahrens wegen eingetretener Verjährung gemäß § 118 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979, daß im Sinne der auch im Disziplinarrecht zu beachtenden Unschuldvermutung des Art. 6 Abs. 2 MRK sämtliche allfällig in der Disziplinaranzeige und den bis zur Verjährung erfolgten Ermittlungen enthaltenen Verdachtselemente der Begehung von Dienstpflichtverletzungen der Beschwerdeführerin ihr nach Einstellung des Disziplinarverfahrens nicht mehr (und zwar in keiner rechtlich relevanten Weise) vorgeworfen werden dürfen.

Daß es der Beschwerdeführerin (insbesondere bei ihren Fragen nach dem Auskunftspflichtgesetz) in Wahrheit nicht darum geht, Kenntnis von Tatsachen zu erlangen, sondern sie in Wahrheit eine Wertung dieser Tatsachen begehrt, zeigt sie durch folgende Beschwerdeausführungen:

"Die Auskunft kann nicht durch einfache Akteneinsicht ersetzt werden. Denn eine Auskunft hat Bindungscharakter, während eine Interpretation durch die einsichtnehmende Partei keinerlei bindende Wirkung im Verfahren besitzen kann."

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, aufgrund der von unrichtigen Prämissen ausgehenden und darauf aufbauenden Beschwerde von seiner Rechtsprechung (insbesondere dem die Beschwerdeführerin und das den gegenständlichen Anträgen vorangegangene Disziplinarverfahren im weiteren Sinn betreffenden Beschluß vom 28. Juni 1990, Zl. 90/09/0027, und dem Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0099) abzugehen. In den genannten Entscheidungen wurden unter anderem die Rechtsfragen, daß nach der Einstellung des Disziplinarverfahrens gemäß § 118 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes der Beschwerdeführerin keine über die eingetretene Beendigung der Anhängigkeit eines Disziplinarverfahrens hinaus wirkende Beeinträchtigungen subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführerin gegeben seien, der mangelnden Berechtigung der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines Feststellungsbescheides aus Anlaß des eingestellten Disziplinarverfahrens, sowie der Erkennbarkeit des Einleitungsbeschlusses und des Einstellungsbeschlusses betreffend die in der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde enthaltenen obgenannten drei Vorwürfe mit Gültigkeit auch für die konkrete Beschwerde gelöst, weshalb der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf diese Entscheidungen verweist.

Darüber hinaus ist der Beschwerdeführerin betreffend "Bescheid über die verweigerte Akteneinsicht" entgegenzuhalten, daß ihr die Disziplinarkommission ausdrücklich mitgeteilt hat, daß sie Akteneinsicht nehmen könne und sie auch tatsächlich Akteneinsicht genommen hat. Warum dies noch immer eine "Verweigerung der Akteneinsicht" darstellen solle, hinsichtlich derer die Beschwerdeführerin die Erlassung eines Bescheides begehrte, wird von der Beschwerdeführerin nicht begründet und ist nicht einzusehen. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Möglichkeit der Akteneinsicht, welche von der Beschwerdeführerin auch genützt wurde, ihrer abweisenden Entscheidung zugrundegelegt.

Zu den begehrten Auskünften nach dem Auskunftspflichtgesetz:

Gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes vom 15. Mai 1987, BGBl. Nr. 285, haben alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird.

Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 (Auskunftspflichtgesetz), BGBl. Nr. 287, haben die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, insoweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht (Abs. 1). Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden (Abs. 2).

Nach § 4 dieses Gesetzes ist, wenn eine Auskunft nicht erteilt wird, auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen.

Grenzen der Auskunftspflicht - neben der Beschränkung Organe des Bundes - sind dem § 1 Abs. 1 - entgegenstehende gesetzliche Verschwiegenheitspflicht - und dem § 1 Abs. 2 Auskunftspflichtgesetz - umfängliche Beschränkung der Auskunft dahin, daß die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt wird; Verweigerung der Auskunftserteilung, wenn sie offenbar mutwillig verlangt wird - zu entnehmen.

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Fragen unter anderem folgendes ausgesprochen:

Das zur Auskunft berufene Organ ist nicht verpflichtet, Auskünfte über Fragen zu geben, die Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens sind, welches jederzeit über Initiative einer Partei in Gang gesetzt werden kann; dies gilt umsomehr für einen Fall, in dem bereits ein entsprechendes Verwaltungsverfahren anhängig ist (Erkenntnis vom 7. November 1988, Zl. 88/10/0116).

Nur gesichertes Wissen - sei es im tatsächlichen, sei es im rechtlichen Bereich - kann Gegenstand einer Auskunft sein, nicht jedoch Umstände eines noch nicht abgeschlossenen Willensbildungsprozesses. Die Mitteilung von bloßen Absichten, die noch nicht zur Verwirklichung derselben gediehen sind, könnte dem gesetzlichen Ziel einer sicheren Information des Auskunftsersuchenden nicht förderlich sein (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Juli 1989, Zl. 88/01/0212, und vom 13. September 1991, Zlen. 90/18/0193, 0194, 0197, 0198, 0199, 0212, 0213, 91/18/0012, 0013, 0084).

Das Auskunftspflichtgesetz dient nicht dazu, Behörden zur Wertung von Tatsachen zu verhalten, um auf diesem Umweg rechtskräftige Bescheide, in denen diese Wertungen bereits vorgenommen wurden, einer (neuerlichen) Überprüfung zugänglich zu machen. Das Auskunftspflichtgesetz soll nur Informationen über bereits vorhandenes Wissen der Behörde, nicht aber eine vorzunehmende Bewertung, der Partei zugänglich machen. Für die auskunftspflichtige Behörde kommt sohin nur in Frage, Auszüge aus ihr vorliegenden Akten bekanntzugeben. Die von der Beschwerdeführerin begehrte Lösung der Frage, daß die Disziplinarbehörde in Kenntnis davon gewesen sei, daß "kein Rechtsgrund der Einleitung" eines Disziplinarverfahrens gegen sie bestanden habe, ist - unabhängig davon, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. Jänner 1993 diese Meinung der Beschwerdeführerin nicht teilt - eine Frage der Wertung zugrundeliegender Tatsachen und nicht - wie es die Beschwerdeführerin verkennt - ein "wesentliches Sachverhaltselement". Die belangte Behörde hat die Beschwerdeführerin in den hievon erfaßten Punkten ihres Antrages zu Recht auf die ihr als Partei des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens mögliche und auch genützte Akteneinsicht verwiesen, wodurch sie die in den Akten des Verwaltungsverfahrens enthaltenen Informationen über Tatsachen unschwer erlangen konnte.

Zu den Punkten 9) und 10) kommt hinzu, daß die Beschwerdeführerin keine Umstände vorbringt, welche erkennen ließen, daß die in diesen Punkten begehrten Informationen entgegen den Ausführungen der belangten Behörde der auskunftspflichtigen Behörde bekannt waren und sie deshalb nicht weitergehende Erhebungen hätte durchführen müssen, unrichtig sei.

Zu den Anfragepunkten 7) und 8) ist zu ergänzen, daß die Organe des Bundes nur über "Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches" Auskünfte zu erteilen haben. Die Frage der "ordnungsgemäßen Betrauung" eines Beamten fällt in die Kompetenz der Dienstbehörde, nicht jedoch in den Wirkungsbereich der Disziplinarbehörde.

Zu den Anfragepunkten 11) und 13) führt die belangte Behörde richtig aus, daß die Willensbildung in den Disziplinarkommissionen vertraulich ist. Einer Auskunft steht sohin die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht des § 124 Abs. 4 BDG 1979 entgegen.

Zu den Anträgen vom 9. November 1994:

Die belangte Behörde hat zu Recht die in den Punkten 1) bis 3) dieses Antrages enthaltenen Feststellungbegehren im Hinblick auf die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0099, zurückgewiesen.

Bei den Ausführungen zu Punkt 4) ihres Antrages übersieht die Beschwerdeführerin, daß eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gemäß § 118 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 voraussetzt, daß eine Verfolgungshandlung gesetzt wurde, in dieser Dienstpflichtverletzungen in gesetzlich ausreichender Form zur Last gelegt wurden und deshalb Verjährung im Sinne des § 94 Abs. 1 BDG 1979 nicht eintreten kann. Wurde aber einem Beschuldigten innerhalb der Fristen des § 94 Abs. 1 BDG 1979 gar keine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Form zur Last gelegt, so kommt nur die für diesen spezielleren Fall normierte Einstellung des Disziplinarverfahrens gemäß § 118 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 in Frage. Ein für die Lösung dieser Rechtsfrage zugrundeliegender geänderter Sachverhalt wird weder von der Beschwerdeführerin in konkreter - und nicht nur spekulativer - Weise behauptet noch ist solches aus den Akten des Verwaltungsverfahrens zu erkennen, weshalb die belangte Behörde zu Recht davon ausgeht, daß mit Eintritt der Rechtskraft des Einstellungsbescheides der Disziplinarkommission vom 23. April 1990 das eingeleitete Disziplinarverfahren gegenüber der Berufungswerberin endgültig abgeschlossen wurde und daher "res iudicata" vorliege. Mit dem Hinweis auf § 68 Abs. 2 AVG ist für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen, weil auf die Ausübung der Möglichkeit, Bescheide aufzuheben, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, kein Rechtsanspruch durch eine Verfahrenspartei besteht (siehe die unmißverständliche Wortfolge: "Von Amts wegen können

Bescheide ... aufgehoben oder abgeändert werden").

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Auskunftspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996090192.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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