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L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des S in Wernberg, vertreten durch Dr. Michael Schwingl, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, 8.-Mai-Straße 35, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. September 1995, Zl. Ro-202/7/1995, betreffend naturschutzbehördliche Genehmigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 3. Juni 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Sägewerkes auf seinem Grundstück Nr. 519/1 KG T. Im Verwaltungsverfahren vertrat er (zusammengefaßt) die Auffassung, die Errichtung des Sägewerkes liege im öffentlichen Interesse der Erhaltung des Bauernstandes. Sein im Vollerwerb geführter Betrieb habe eine Gesamtfläche von 12 ha, davon 6 ha Wald. Unter Zugrundelegung des in der österreichischen Landwirtschaft erzielten durchschnittlichen Einkommens pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche ergebe sich für seinen Betrieb ein Einkommen von S 70.968,-- jährlich. Dies würde nicht ausreichen, den Betrieb im Vollerwerb zu führen. Auf Grund gehobener Produktion, intensiver Direktvermarktung und "Urlaub am Bauernhof" sei es im Betrieb des Beschwerdeführers möglich, den Lebensunterhalt im Vollerwerb zu verdienen. Die Lage der Landwirtschaft, insbesondere die Einkommensverluste durch die Anpassung an den Binnenmarkt, machten es erforderlich, entsprechende Schritte zu setzen. Die Errichtung des Kleinsägewerkes hätte für den Betrieb des Beschwerdeführers den Vorteil, daß im eigenen Wald höhere Wertschöpfung erzielt und durch Übernahme von Lohnschnittarbeiten ein zusätzliches Nebeneinkommen erzielt werden könnte. Das Grundstück Nr. 519/1 sei der einzig mögliche Standort für die Errichtung des Sägewerkes. Im Bereich der Hofstelle könne ein Sägewerk wegen beengter Verhältnisse und wegen der Lage im verbauten Gebiet aus Ortsbild- und Lärmschutzgründen nicht errichtet werden. Das Grundstück Nr. 519/1 liege an der Autobahn, weshalb die Verwendung zur Erzeugung von Viehfutter für einen biologisch bewirtschafteten Betrieb bedenklich sei. Alle anderen dem Beschwerdeführer gehörenden land- und forstwirtschaftlichen Flächen seien hingegen für die landwirtschaftliche Produktion verwendbar.
Gegen den seinen Antrag abweisenden Bescheid der BH vom 2. Februar 1994 erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Die belangte Behörde holte Befund und Gutachten bzw. Stellungnahmen von Amtssachverständigen für Naturschutz, Forsttechnik und Landwirtschaft ein.
Die Amtssachverständige für Naturschutz legte dar, bei dem Grundstück handle es sich um eine ebene Fläche, die landwirtschaftlich genutzt werde. Im Norden werde das Grundstück durch eine Gemeindestraße, an die ein ausgedehntes Waldgebiet anschließe, im Süden durch die Südautobahn sowie im Westen und Osten durch landwirtschaftlich genutzte bzw. bewaldete Flächen umgeben. In der nordwestlichen Ecke des Grundstückes befinde sich eine Transformatorstation. Der von natürlichen Landschaftselementen geprägte Landschaftsraum werde durch die Südautobahn zweifellos beeinträchtigt; diese trenne jedoch die naturräumlichen Gegebenheiten eindeutig, sodaß die Autobahntrasse als die nördlichste Linie der Siedlungsentwicklung der Ortschaft K. angesehen werden könnte. Streusiedlungen seien vom geplanten Standort des Sägewerkes rund 500 m in westliche Richtung, rund 300 m in östliche Richtung sowie zwischen 100 und 200 m in nördlicher Richtung entfernt. Das Grundstück sei auf Grund seiner Lage der freien Landschaft zuzuordnen und im Flächenwidmungsplan der Gemeinde als landwirtschaftliches Grundstück ausgewiesen. Das projektierte Sägewerk umfasse ein Gebäude mit den Außenabmessungen 16 x 8 m eingeschoßig mit einem 30 Grad geneigten Satteldach. Die Firstrichtung solle parallel zur längeren Gebäudeachse verlaufen. Westlich des Sägeobjekts solle das Blochförderband mit nicht definierter Länge angebaut werden. Der Charakter des Landschaftsraums werde durch ausgedehnte Waldflächen, landwirtschaftlich genutzte Flächen, die Gemeindestraße und die Südautobahn zusammengesetzt. Die Südautobahn stelle die südliche Grenze dieses Landschaftsraumes dar und beeinflusse diesen. Derzeit werde das Landschaftsbild durch keinen weiteren wesentlich störenden Faktor beeinträchtigt. Es überwiege der Anteil an natürlichen Landschaftselementen. Der Baukörper des Sägewerkes würde sich von der Umgebung wesentlich abheben und somit als Störfaktor wirken. Das Gebäude würde von der Gemeindestraße aus sofort ins Auge stechen und die Zersiedelung der freien Landschaft einleiten. Ein Bezug des Gebäudes zum südlich ca. 100 bis 200 m entfernt gelegenen nördlichen Ortsrand der Ortschaft K. könne nicht hergestellt werden. Keine wesentliche Rolle als störender Faktor im Landschaftsraum spiele die in der Nordwestecke des Grundstückes befindliche Transformatorstation.
Der Sachverständige für Forsttechnik legte dar, aus den Waldflächen des Beschwerdeführers könnten in den nächsten fünf bis zehn Jahren etwa 500 bis 600 fm hiebreifes Holz geerntet werden. Dieses Holz könnte im Wege des eigenen Bandsägewerkes einer erheblichen Wertsteigerung (Wertverdoppelung) durch den Einschnitt zugeführt werden. Die Investition für die Sägewerksmaschinen und die Errichtung der Sägehalle erscheine mittel- bis langfristig dann rentabel, wenn über den Einschnitt des im eigenen Wald (6,66 ha) anfallenden Holzes hinaus noch Lohnschnittarbeiten für andere Waldbesitzer durchgeführt würden. Das geplante Sägewerk erscheine somit als zusätzliches Standbein für den ohnedies nur sehr gering mit land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen ausgestatteten Vollerwerbsbetrieb sinnvoll, da über die Veredelung der eigenen Forstprodukte hinaus im Raum W. sicherlich ein Bedarf an Lohnschnittarbeiten für Forstprodukte aus dem Kleinwald gegeben sei. Das Sägewerk erscheine in diesem Sinne sowohl erforderlich als auch spezifisch.
Der Amtssachverständige für Landwirtschaft legte dar, es bestehe zweifelsohne ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines bestehenden Familienbetriebes und an Maßnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe erhöhten. Der gegenständliche, im Vollerwerb geführte flächenschwache Familienbetrieb liege an der unteren Einkommensgrenze. Zur Weiterbewirtschaftung im Vollerwerb sei dringend die Erhöhung des Einkommens unumgänglich. Eine solche innerbetriebliche Verbesserung der Einkommenssituation wäre die Errichtung des geplanten Sägewerkes, da insbesondere das derzeit anfallende Schad- und Schwachholz (ruinöse Preissituation) im eigenen Betrieb veredelt (Bauholz, Tischlerware) und dadurch die Wertschöpfung für diese Holzprodukte wesentlich erhöht werden könnte. Des weiteren könnte auch durch die beabsichtigte Übernahme von Lohnschnittarbeiten im Rahmen des bäuerlichen Nebenerwerbes ein zusätzliches Einkommen erwirtschaftet und somit ein weiteres Betriebsstandbein geschaffen werden. Es bestehe somit zweifelsohne ein Zusammenhang zwischen dem bestehenden öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines Vollerwerbsbetriebes und dem in Rede stehenden geplanten Sägewerk, da die Realisierung dieses Bauvorhabens eine einkommenswirksame und wertschöpfende Maßnahme und somit auch einen Beitrag zur Existenzsicherung für den Familienbetrieb des Beschwerdeführers darstelle. Zu den Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid betreffend die Naturbelassenheit des Landschaftsraumes sei festzuhalten, daß diese nicht gegeben sei, weil in unmittelbarer Nähe zum vorgesehenen Standort des Sägewerkes ein Transformatorgebäude als künstliches Landschaftselement bereits vorhanden sei und die Südautobahn eine weitere merkliche Beeinträchtigung des Landschaftsraumes darstelle.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage sowie dem Hinweis, daß das in Rede stehende Grundstück im Flächenwidmungsplan der Gemeinde als landwirtschaftliches Grünland ausgewiesen sei, vertrat die belangte Behörde begründend die Auffassung, die Errichtung des Sägewerkes hätte eine nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes im Sinne des § 9 Abs. 1 lit. a des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 idF LGBl. Nr. 4/1988 und LGBl. Nr. 104/1993 (NSchG), zur Folge, weil sich das Vorhaben wegen seiner Größe, Form und der verwendeten Bau- und Anlagenelemente von der Umgebung abhebe und in der Landschaft als Fremdkörper wirke. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das Landschaftsbild teilweise bereits durch die vorhandene Bebauung (Trafo-Station, Straßen) bestimmt sei, weil durch das Sägewerk eine zusätzliche Störung des Landschaftsbildes eintreten würde. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu den vorgebrachten Argumenten zu sagen, daß die Schaffung eines zweiten Standbeines für den Betrieb bzw. die Erhöhung des Einkommens ein rein privates Interesse darstelle und somit bei der Bewertung der öffentlichen Interessen nicht zu berücksichtigen sei. Dem allgemeinen Interesse an der Schaffung und Erhaltung einer wirtschaftlich gesunden Land- und Forstwirtschaft könnte im gegebenen Fall auch dadurch entsprochen werden, daß das Sägewerk an einer anderen Stelle aufgeführt werde; dies gelte auch trotz des Umstandes, daß die Hofstelle wegen der beengten Platzverhältnisse zur Errichtung des Sägewerkes nicht geeignet erscheine, weil der Betrieb insgesamt über eine Fläche von mehr als 11 ha verfüge. Gegenüber dem somit als gering zu bewertenden öffentlichen Interesse an der Bewilligung der beantragten Maßnahme überwiege das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 lit. i NSchG bedarf in der freien Landschaft die Errichtung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen auf Grundflächen, die im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen sind, einer Bewilligung.
Gemäß § 9 Abs. 1 lit. a leg. cit. dürfen Bewilligungen im Sinne des § 5 Abs. 1 nicht erteilt werden, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme das Landschaftsbild nachteilig beeinflußt würde.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Lösung der Frage, ob das Landschaftsbild durch einen bestimmten menschlichen Eingriff nachteilig beeinflußt wird, entscheidend, ob sich der Eingriff harmonisch in die Landschaft einfügt; im Falle des Vorhandenseins das Landschaftsbild (mit)prägender anthropogener Eingriffe ist maßgeblich, wie sich die beabsichtigte Maßnahme in das vor ihrer Errichtung gegebene und durch die bereits vorhandenen menschlichen Eingriffe mitbestimmte Wirkungsgefüge der bestehenden Geofaktoren einpaßt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 29. Mai 1995, Zl. 93/10/0093, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Eine "nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes" setzt nicht voraus, daß der betreffende Bereich eine noch unberührte Landschaft darstellt; auch wenn bereits zahlreiche Eingriffe vorliegen, kann das Unterbleiben der Verstärkung einer Eingriffswirkung im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes liegen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 24. April 1995, Zl. 93/10/0187, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die belangte Behörde hat - auf der Grundlage der in der Bescheidbegründung im Wortlaut wiedergegebenen Darlegungen der Amtssachverständigen - die Auffassung vertreten, das geplante Sägewerk würde das Landschaftsbild nachteilig beeinflussen, weil sich das Vorhaben wegen seiner Größe, Form und der verwendeten Bau- und Anlagenelemente von der Umgebung abhebe und in der Landschaft als Fremdkörper wirke. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das derzeitige Landschaftsbild bereits teilweise durch die vorhandene Bebauung (Trafo-Station, Straßen) bestimmt sei, da durch das Sägewerk eine zusätzliche Störung des Landschaftsbildes eintreten würde.
Gegen diese Auffassung wendet sich die Beschwerde mit der Begründung, einem "unbefangenen Beobachter", der sich inmitten der Parzelle Nr. 519/1 befinde, würde als zweifellos dominierende Erscheinung die unmittelbar südlich vorbeiführende Südautobahn auffallen; dies vor allem auch deshalb, weil die Autobahn "niveaumäßig tiefer" verlaufe. Der Amtssachverständige für Landwirtschaft habe dargelegt, daß die Naturbelassenheit des Landschaftsraumes nicht gegeben sei, weil in unmittelbarer Nähe zum vorgesehenen Standort des Sägewerkes ein Transformatorgebäude inklusive Freileitungen als künstliches Landschaftselement bereits vorhanden sei und die Südautobahn eine weitere merkliche Beeinträchtigung dieses Landschaftsraumes darstelle. Daß das Sägewerk eine Zersiedelung einleiten werde, sei schon begrifflich ausgeschlossen.
Diese Darlegungen zeigen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Auffassung der Beschwerde ist schon vom Ansatz her verfehlt, weil sie ausschließlich von jenem Landschaftsbild ausgeht, das sich dem "inmitten der Parzelle Nr. 519/1 befindlichen Beobachter" bietet. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich von diesem Blickpunkt aus die Autobahn als dominierendes Landschaftselement darstellt; darauf kommt es nicht an. Vielmehr ist das der Beurteilung zugrundezulegende Landschaftsbild jenes, das sich von jedem möglichen Blickpunkt aus bietet (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. März 1996, Zlen. 94/10/0122, 95/10/0054). Auch der Hinweis der Beschwerde auf die Darlegungen des Amtssachverständigen für Landwirtschaft, der sich zur Frage der "Naturbelassenheit des Landschaftsraumes" in Überschreitung des von der belangten Behörde erteilten Auftrages und erkennbar ohne die erforderliche Kenntnis der oben dargelegten Begriffsbildung äußerte, zeigt keine Rechtswidrigkeit auf, weil die Annahme einer nachteiligen Beeinflussung des Landschaftsbildes im Sinne des Gesetzes eine "Naturbelassenheit des Landschaftsraumes", unter der die Beschwerde - dem Amtssachverständigen für Landwirtschaft folgend - offenbar das völlige Fehlen menschlicher Eingriffe versteht, nicht voraussetzt. Unter "Landschaft" ist nämlich nicht nur ein völlig unberührter, von menschlichen Einwirkungen unbeeinflußter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, sondern das gesamte Wirkungsgefüge aus von der Natur geformten und von Menschen gestalteten Elementen (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 25. März 1996). Im Falle des Vorhandenseins (allenfalls zahlreicher, ins Gewicht fallender) menschlicher Eingriffe kann das Unterbleiben der Verstärkung einer Eingriffswirkung im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes liegen (vgl. hiezu das oben erwähnte Erkenntnis vom 24. April 1995).
Daß mit der Errichtung des Sägewerkes - von jedem möglichen Blickpunkt aus gesehen - eine Verstärkung der Wirkung vorhandender Eingriffe ins Landschaftsbild nicht verbunden wäre, zeigt die Beschwerde mit den oben wiedergegebenen Darlegungen nicht auf.
Auch das Vorbringen der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Begriff der "Zersiedelung" verhilft ihr nicht zum Erfolg. Die "Zersiedelung" bildet einen der beispielsweise aufgezählten Fälle des Versagungstatbestandes "nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes" (vgl. § 9 Abs. 1 lit. c iVm § 9 Abs. 3 lit. a NSchG). Der angefochtene Bescheid beruht aber nicht auf diesem Tatbestand, sondern auf jenem des § 9 Abs. 1 lit. a leg. cit. ("nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes"). Daß der Begriff der "Zersiedelung" im angefochtenen Bescheid (insbesondere im Rahmen der wörtlichen Wiedergabe des Sachverständigengutachtens) erwähnt wird, begründet somit schon deshalb keine Rechtswidrigkeit, weil es sich dabei nicht um ein tragendes Begründungselement handelt.
Nach § 9 Abs. 7 NSchG darf eine Versagung einer Bewilligung im Sinne des § 5 Abs. 1 nicht erfolgen, wenn das öffentliche Interesse an den beantragten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist, als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht ein auf Grund einer Interessenabwägung ergangener Bescheid den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen im Sinne des § 1 iVm § 9 Abs. 1 NSchG abhängen, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist und über jene Tatsachen, die das anderweitige (öffentliche) Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0076).
Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid nicht. Die Überlegungen, die die belangte Behörde im Rahmen der nach § 9 Abs. 7 NSchG vorzunehmenden Interessenabwägung angestellt hat, sind dahin zusammenzufassen, daß unter dem Aspekt der Erhaltung einer wirtschaftlich gesunden Land- und Forstwirtschaft zwar ein öffentliches Interesse an der Errichtung des Sägewerkes bestehe; diesem allgemeinen Interesse könne aber auch dadurch entsprochen werden, daß das Sägewerk "an einer anderen Stelle ausgeführt" werde. Das öffentliche Interesse an der Maßnahme sei somit als gering zu bewerten.
Diese Darlegungen entsprechen nicht den Anforderungen an eine gesetzmäßige Interessenabwägung. Das NSchG bietet keine Grundlage dafür, in die Abwägung der Interessen die Überlegung einzubeziehen, das Vorhaben könne an anderer (insbesondere unter Aspekten des Natur- und Landschaftsschutzes "besser geeigneter") Stelle errichtet werden; Gegenstand der nach § 9 Abs. 7 NSchG vorzunehmenden Interessenabwägung im projekt- und standortbezogenen Genehmigungsverfahren sind ausschließlich die mit den konkreten, am betreffenden Standort verwirklichten Auswirkungen des Vorhabens auf die geschützten Güter einerseits und jene Tatsachen, die das anderweitige, mit der Verwirklichung des Vorhabens entsprechend dem Projekt verbundene Interesse ausmachen, andererseits. Dem ist hinzuzufügen, daß die vorliegende, einen konkreten "Alternativstandort" weder bezeichnende noch sich mit dessen Eignung auseinandersetzende Begründung den Anforderungen nicht einmal auf dem Boden einer Rechtslage entsprechen könnte, die die Einbeziehung von "Alternativstandorten" in die Interessenabwägung zuließe.
Weder im Ermittlungsverfahren noch in der Bescheidbegründung hat sich die belangte Behörde somit ausreichend mit jenen Tatsachen auseinandergesetzt, die allenfalls ein öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens begründen könnten. Dabei kam nach der gegebenen Sachlage allein das öffentliche Interesse an einer Verbesserung der Agrarstruktur in Betracht. Bei der Auslegung des Begriffes der Agrarstrukturverbesserung im Zusammenhang mit natur- und landschaftsschutzrechtlichen Regelungen kann auf die in der Rechtsprechung zum Forstrecht entwickelte Begriffsbildung zurückgegriffen werden. Danach ist eine Maßnahme dann als im öffentlichen Interesse an der Agrarstrukturverbesserung gelegen anzusehen, wenn sie für die Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig ist. Rein privatwirtschaftliche Nützlichkeitserwägungen reichen zur Begründung eines öffentlichen Interesses an der Verwirklichung einer Maßnahme nicht aus (vgl. z.B. das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/10/0257); insbesondere kann nicht jegliche einer Ertragsverbesserung dienende Maßnahme eines Unternehmers als eine im öffentlichen Interesse und nicht in dessen Privatinteresse gelegene Disposition angesehen werden (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 6. Mai 1996, Zl. 91/10/0129, und vom 28. April 1997, Zl. 94/10/0133).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die Auswirkungen der beabsichtigten Maßnahme im Hinblick auf die Existenzsicherung des Betriebes und die Frage der - in Beziehung zur Existenzsicherung - zeitgemäßen Bewirtschaftung nicht im Detail geprüft. Sie hat sich aber auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die beabsichtigte Tätigkeit des Beschwerdeführers zur Gänze der Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen und unter den gegebenen Umständen rechtlich, insbesondere unter raumordnungsrechtlichen Gesichtspunkten, zulässig wäre.
Im zuletzt erwähnten Zusammenhang ist auf § 19 Abs. 1 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995, LGBl. Nr. 23 (GPlG), zu verweisen, wonach in Landesgesetzen vorgesehene Bewilligungen für raumbeeinflussende Maßnahmen nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.
Der angefochtene Bescheid enthält die von der Beschwerde nicht angegriffene Feststellung, das in Rede stehende Grundstück sei im Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Grünland (Land- und Forstwirtschaft) festgelegt.
Nach § 5 Abs. 5 lit. a GPlG ist das Grünland - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nur zur Errichtung derjenigen Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen bestimmt, die nach Art, Größe und insbesondere auch im Hinblick auf ihre Situierung für eine Nutzung als Grünland, das für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt ist, erforderlich und spezifisch sind. Für eine gesonderte Festlegung einer Nutzungsart im Sinne des § 5 Abs. 5 lit. b GPlG zum relevanten Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde besteht im Beschwerdefall kein Anhaltspunkt.
Im Hinblick auf § 19 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 5 lit. a GPlG wäre somit die beantragte Bewilligung zu versagen, wenn das Sägewerk für die Nutzung des land- und forstwirtschaftlichen Grünlandes nicht erforderlich und spezifisch ist. Darauf ist in gleicher Weise bei der nach § 9 Abs. 7 NSchG gebotenen Interessenabwägung Bedacht zu nehmen; die Bejahung eines Übergewichts der öffentlichen Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens setzte im Beschwerdefall somit voraus, daß die Errichtung des Sägewerkes für die Nutzung der forstwirtschaftlichen Grundflächen des Beschwerdeführers erforderlich und unter Bedachtnahme auf die Gegebenheiten des Betriebes spezifisch wäre.
Eine Nutzung als Grünland, das für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt ist, liegt dann nicht vor, wenn sie nicht mit der grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichteten nachhaltigen Tätigkeit der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion im Zusammenhang steht und es sich auch nicht um eine diese typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit handelt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 7. Juli 1986, Zl. 84/10/0290). Eine Betrachtungsweise, die ausschließlich auf die Schaffung zusätzlicher Einkommensmöglichkeiten für den Unternehmer abstellt und nicht darauf Bedacht nimmt, ob es sich um eine land- und forstwirtschaftliche oder eine andere (z.B. gewerbliche) Tätigkeit handelt, greift im vorliegenden Zusammenhang somit zu kurz.
Die im land- und forstwirtschaftlichen Grünland vorgesehenen Bauten müssen nicht nur der Zweckbestimmung Land- und Forstwirtschaft entsprechen, sondern auch der Betriebsfläche und Betriebsart insofern angepaßt sein, als sie zu diesen Flächen nicht in einem Mißverhältnis stehen dürfen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 94/05/0142).
Es kommt somit darauf an, ob im Zusammenhang mit Tätigkeiten des Beschwerdeführers, die der Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen sind, für die entsprechende Nutzung seiner Waldflächen ein Sägewerk erforderlich und in seiner standörtlichen Zuordnung betriebstypisch ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. April 1997, Zl. 94/10/0148). Dabei ist das Vorliegen betrieblicher Merkmale, d.h. einer planvollen, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten Tätigkeit wesentlich.
Ermittlungen und Feststellungen, auf deren Grundlage im Beschwerdefall beurteilt werden könnte, ob die geplante Tätigkeit des Beschwerdeführers den dargelegten Anforderungen entspricht und somit unter dem Gesichtspunkt einer Existenzsicherung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes im öffentlichen Interesse gelegen ist, fehlen fast völlig. Zwar hat die belangte Behörde (in Form von Aufträgen an die Amtssachverständigen für Forsttechnik bzw. Landwirtschaft) Erhebungen in der Richtung aufgenommen, ob "das Sägewerk erforderlich und spezifisch" wäre; die daraufhin ergangenen Darlegungen der Sachverständigen bieten aber - wohl auch im Hinblick auf die Unvollständigkeit der Fragestellung - keine ausreichende Grundlage für die Beantwortung der im Beschwerdefall entscheidenden Fragen. Nach den Darlegungen des Amtssachverständigen für Forsttechnik sei die Investition für die Errichtung eines Sägewerkes im vorliegenden Fall nur rentabel, wenn der Beschwerdeführer Lohnschnittarbeiten für andere Waldbesitzer durchführe; der Amtssachverständige für Landwirtschaft sieht die Maßnahme im Hinblick auf ihre Einkommenseffekte als im öffentlichen Interesse gelegen an. Diese Darlegungen greifen im Zusammenhang mit den hier maßgebenden Tatbestandselementen zu kurz; im angefochtenen Bescheid fehlt eine Auseiandersetzung mit den erwähnten Fragen völlig. Es wäre jedoch (anhand eines vom Beschwerdeführer vorzulegenden, an betriebswirtschaftlichen Daten orientierten Betriebskonzeptes) eine Auseinandersetzung mit der Frage geboten gewesen, ob die angestrebte Tätigkeit in dem unter raumordnungsordnungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässigen Rahmen auf Dauer einen Beitrag zur Existenzsicherung eines ansonsten in seiner Existenz gefährdeten land- und forstschaftlichen Betriebes leisten könnte; nur dann könnte sie als im öffentlichen Interesse gelegen angesehen werden. Dabei ist maßgeblich, ob den Anschaffungs-, Errichtungs- und Betriebskosten des Sägewerkes - bezogen auf die Menge des auf den Waldflächen des Beschwerdeführers jeweils anfallenden hiebsreifen Holzes - Wertsteigerungen der Holzprodukte gegenüberstehen, die auf Dauer einen Überschuß der Erträge über die Aufwendungen gewährleisten. In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, daß eine Bedachtnahme auf Erträge aus dem "Lohnschnitt" für andere Waldbesitzer nicht in Frage kommt, weil dies mit dem betriebsbezogenen Begriffsmerkmal des "für die Nutzung erforderlich und spezifisch" nicht im Einklang stünde. Zum anderen wäre im Hinblick auf das Merkmal "für die Nutzung spezifisch" (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 90/05/0228) zu untersuchen gewesen, ob im Hinblick auf die allgemeinen Verhältnisse in der österreichischen Land- und Forstwirtschaft und die Gegebenheiten des Betriebes des Beschwerdeführers, insbesondere dessen Ausstattung mit Waldflächen und die anfallende Holzmenge, die Bebauung eines land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstückes mit einem Sägewerk in der projektierten Art und Größe typisch wäre. Diesen Anforderungen entsprechende Feststellungen und Erwägungen fehlen in der Begründung des angefochtenen Bescheides; Ansätze zu entsprechenden Überlegungen in der Gegenschrift vermögen eine fehlende Bescheidbegründung nicht zu ersetzen. Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde auf der Grundlage entsprechender Feststellungen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995100213.X00Im RIS seit
20.11.2000