TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/23 G301 2220829-1

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Veröffentlicht am 23.06.2020
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Entscheidungsdatum

23.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G301 2220829-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Luxemburg, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 03.06.2019, Zl. XXXX , betreffend Aufenthaltsverbot zu Recht:

A)       

I.       Der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides (betreffend Aufenthaltsverbot) wird teilweise Folge gegeben und die in Spruchpunkt I. des Bescheides vorgesehene Dauer des Aufenthaltsverbotes auf zehn (10) Jahre herabgesetzt.

II.      Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Oberösterreich, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 05.06.2019, wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Mit dem am 26.06.2019 beim BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid in vollem Umfang.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 04.07.2019 vom BFA vorgelegt.

Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 07.08.2019, G309 2220829-1/5Z, wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung von Amts wegen nicht zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger des Großherzogtums Luxemburg. Der BF ist im Besitz eines von XXXX .06.2010 bis XXXX .06.2015 gültigen luxemburgischen Reisepasses.

Der BF reiste ab dem Jahr 2014 mehrmals, zuletzt im Februar 2015, in das Bundesgebiet ein, um hier gemeinsam mit anderen Mittätern Suchtgifthandel zu betreiben. Der BF verfügte in Österreich zu keiner Zeit – abgesehen von seinen Aufenthalten in Justizanstalten – über einen melderechtlich angemeldeten Wohnsitz und ging auch hier keiner Beschäftigung nach.

Der BF ist ledig und für einen in Österreich lebenden Sohn, welcher am XXXX geboren wurde und Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik ist, sorgepflichtig. Abgesehen von seinen Deutschsprachkenntnissen liegen keine Anhaltspunkte für eine berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich, etwa in beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht vor. Der private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF befand sich bis zu seiner Festnahme in Luxemburg. Dort sind auch seine Mutter, seine Schwester, sein Bruder sowie sein Stiefvater aufhältig.

Der BF wurde am XXXX von Beamten der österreichischen Bundespolizei aufgrund eines aufrechten EU-Haftbefehls wegen des Verdachts des Suchtgifthandels festgenommen und in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Der befindet sich seitdem durchgehend in Haft (zunächst Untersuchungshaft und sodann nach erfolgter Verurteilung in Strafhaft), die derzeit in der Justizanstalt XXXX vollzogen wird.

Der BF weist in Österreich folgende rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung auf:

01) LG XXXX XXXX vom XXXX RK XXXX

§ 82 (1) StGB

§§ 28a (1) 5. Fall, 28a (2) Z 2 SMG

§ 15 StGB §§ 28 (1) 1. Fall, 28 (2), 28 (3) SMG

§ 28a (1) 2. Fall, 28a (1) 3. Fall, 28a (2) Z 2, 28a (4) Z 3 SMG, § 15 StGB, § 12 3. Fall StGB

§§ 99 (1), 99 (2) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX .2014

Freiheitsstrafe 6 Jahre 6 Monate

Festgestellt wird, dass der BF die mit dem oben genannten Urteil des Landesgerichtes (LG) XXXX vom XXXX festgestellten strafbaren Handlungen begangen und das im Urteil jeweils näher umschriebene strafbare Verhalten gesetzt hat.

Der BF wurde mit diesem Urteil wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels teils als Beitragstäter, des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel, des Verbrechens der Aussetzung sowie des Verbrechens der Freiheitsentziehung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechseinhalb (6 ½) Jahren verurteilt. Der BF hat vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge aus- und eingeführt, wobei er den Suchtgifthandel als Mitglied einer kriminellen Vereinigung beging. Der BF hat als Beitragstäter zusammen mit einem Mittäter am XXXX .2014 über Auftrag eines Bestimmungstäters mit seinem Auto einen als „Bodypacker“ fungierenden Mann in Wien abgeholt, welcher in seinem Körper versteckt vorschriftswidrig 133 „Bodypacks“ mit Kokaingemisch mit einem Gewicht von 1.321,2 Gramm und einem Reinheitsgehalt von 51,8 %, sohin 684,38 Gramm reines Kokain und damit eine das 25-fache der Grenzmenge übersteigende Menge Suchtgift aus der Dominikanischen Republik über Deutschland nach Österreich einführte, und zur Ausscheidung des Kokains nach XXXX in die Wohnung einer Mittäterin gebracht. Der BF hat am XXXX .2014 erneut über Auftrag eines Bestimmungstäters zusammen mit einem Mittäter versucht mit seinem Auto einen „Bodypacker“, welcher versuchte eine das 25-fache der Grenzmenge übersteigende Menge Suchtgift aus der Dominikanischen Republik über Deutschland nach Österreich einzuführen, jedoch in München festgenommen wurde, in Wien abzuholen und zur Ausscheidung des Kokains nach XXXX zu bringen. Der BF hat zusammen mit einem Mittäter am XXXX .2014 mit seinem Auto den „Bodypacker“, der in seinem Körper versteckt vorschriftswidrig (noch) 121 „Bodypacks“ Kokaingemisch und damit eine das 25-fache der Grenzmenge übersteigende Menge Suchtgift hatte, von XXXX nach XXXX gebracht. Der BF hat weiters den Tatbestand der „Vorbereitung des Suchtgifthandels“ erfüllt, indem er zusammen mit einem Mittäter versuchte die im Körper des Bodypackers versteckten 121 „Bodypacks“ Kokaingemisch durch Verabreichung diverser Mittel aus dem Körper des „Bodypackers“ zum gewinnbringenden Verkauf zu entnehmen. Der BF hat weiters den Tatbestand des „Suchtgifthandels“ dadurch erfüllt, dass er im Jahr 2014 wiederholt vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge gewinnbringend einer Vielzahl an Abnehmern überließ. Weiters haben der BF und andere Mittäter den als „Bodypacker“ fungierenden Mann in bewusstem und gewollten Zusammenwirken im Zeitraum von XXXX .2014 bis XXXX .2014 widerrechtlich gefangen gehalten oder ihm auf eine andere Weise die persönliche Freiheit entzogen, indem sie ihn, der darum bettelte, in ein Krankenhaus zu dürfen, unter ständiger Bewachung nicht aus der Wohnung einer Mittäterin ließen und er diese nur kurz und unter Bewachung verlassen durfte, sowie er sich auch in der Wohnung nicht frei bewegen durfte, wobei sie die Freiheitsentziehung auf solche Weise begingen, dass sie dem Festgehaltenen besondere Qualen bereiteten, und diese unter solchen Umständen begingen, dass sie für ihn mit besonders schweren Nachteilen verbunden war, indem sie dem Mann, der als „Bodypacker“ vom Schlucken der 133 „Kokain-Eier“ („Bodypacks“) und weil er keine Nahrung oder Flüssigkeit zu sich nehmen durfte sowie wegen der Anreise nach Österreich geschwächt war, bereits an starken Bauchschmerzen litt, Probleme mit dem Gehen und Fieber hatte, dieser sohin wegen Krankheit wehrlos war, massive körperliche und seelische Qualen zufügten, indem sie ihn über einen Zeitraum von mehr als zwei Tagen unter anderem durch Verabreichung von Medikamenten und Abführmitteln malträtierten und es über den gesamten Zeitraum unterließen, trotz des lebensbedrohlichen Zustands des Mannes für adäquate ärztliche Hilfe zu sorgen stattdessen brachte der BF gemeinsam mit einem Mittäter den äußerst geschwächten und hilflosen Mann schließlich unter der Vorgabe, sie würden ihn in ein Krankenhaus bringen, nach Tschechien, warfen ihn dort aus dem Auto und überließen ihn sich selbst und gefährdeten auf diese Weise das Leben des Mannes.

Bei der Strafbemessung wurden vom Strafgericht die Unbescholtenheit und das teilweise – und einen Beitrag zur Wahrheitsfindung darstellende – Geständnis sowie der teilweise Versuch als mildernd, hingegen das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und das Vorliegen mehrfacher Tatqualifikation (hinsichtlich des Verbrechens des Suchtgifthandels und des Verbrechens der Freiheitsentziehung) als erschwerend gewertet.

Mit Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) XXXX vom XXXX , XXXX , wurde der Berufung des BF nicht Folge gegeben, wodurch das erstinstanzliche Urteil des LG XXXX in Rechtskraft erwuchs.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet. So liegen auch keine widerstreitenden oder sonst strittigen Ermittlungsergebnisse im Zusammenhang mit der Feststellung des relevanten Sachverhaltes vor.

Die auf Grund der vorliegenden Akten in Zusammenschau mit dem Vorbringen in der gegenständlichen Beschwerde getroffenen Feststellungen werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die Feststellungen zum Fehlen maßgeblicher familiärer und nennenswerter privater Bindungen und zum Nichtvorliegen von Anhaltspunkten für die Annahme einer Integration in Österreich beruht auf den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid sowie auf dem Umstand, dass in der Beschwerde keinerlei Umstände vorgebracht wurden, die allenfalls eine andere Beurteilung zugelassen hätten. Die Feststellung zum Aufenthalt der Familienmitglieder des BF in Luxemburg beruht auf den im Amtsvermerk der Landespolizeidirektion (LPD) XXXX vom 27.03.2015 festgehaltenen Angaben des BF (AS 17 bis 29).

Die Feststellung zur rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Strafurteil des LG XXXX vom XXXX (AS 131) und dem Berufungsurteil des OLG XXXX vom XXXX (AS 175).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zum Aufenthaltsverbot:

Gemäß § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Gemäß § 67 Abs. 3 FPG kann ein Aufenthaltsverbot unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

Gemäß § 67 Abs. 4 FPG ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die belangte Behörde hat das gegenständliche unbefristete Aufenthaltsverbot auf § 67 Abs. 1 und 3 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der BF mit Urteil des LG XXXX vom XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Der BF sei über einen Zeitraum von mehreren Monaten immer wieder nach Österreich eingereist um hier Kokain zu verkaufen. Besonders schwer sei ihm anzulasten, dass er das Verbrechen als „Mitglied einer kriminellen Vereinigung“ begangen habe und dass er einen Mann der als „Bodypacker“ fungierte, gequält habe um das Kokain zu erhalten, und als dies aussichtlos schien den vollkommen geschwächten und lebensbedrohlich erkrankten „Bodypacker“ nach Tschechien transportiert habe und ihn dort im Stich habe lassen. Der bisherige Aufenthalt des BF in Österreich würde ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Sicherheit für die Person und ihr Eigentum und an sozialem Frieden beeinträchtigen. Der BF stelle eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar und eine getroffene Zukunftsprognose könne aufgrund der hohen Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten nur negativ ausfallen. Weiters stellte die Behörde zu seinem Familienleben in Österreich fest, dass er zwar für ein in Österreich lebendes Kind sorgepflichtig sei, jedoch weder mit dem Kind noch mit der Mutter zusammenlebe und auch nicht obsorgeberechtigt sei sowie bereits durch die Haft räumlich von seinem Kind getrennt sei und auch keine Besuche durch die Mutter des Kindes im Gefängnis stattgefunden haben. Daher sei davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit dem persönlichen Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich überwiege.

In der Beschwerde wird den Gründen, die zum Aufenthaltsverbot geführt haben, dahingehend entgegengetreten, dass der BF das Unrecht seiner Tat einsehe und fest entschlossen sei sich in Zukunft nichts mehr zu Schulden kommen zu lassen und daher von ihm keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgehe die ein unbefristetes Aufenthaltsverbot rechtfertigen würden. Der BF führte weiters aus, dass die belangte Behörde die Notwendigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in dieser Höhe nur unzureichend begründet habe und sich lediglich auf seine Verurteilung gestützt habe. Auch die negative Zukunftsprognose aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation treffe nicht zu, da der BF seine Taten bereue und sich in Zukunft bessern werde, er in Luxemburg eine Ausbildung gemacht habe und von seiner in Luxemburg lebenden Familie unterstützt werde und er in Zukunft auch einer Beschäftigung nachgehen sowie ein geordnetes und rechtskonformes Leben führen möchte. Zudem stelle das Aufenthaltsverbot einen Eingriff in sein schützenswertes Privat- und Familienleben dar, da sein - namentlich genanntes - Kind in Österreich lebe. Der BF komme seiner Sorgepflicht nach und möchte nach seiner Entlassung die Möglichkeit haben sein Kind zu besuchen. Der BF beantragte in eventu die Herabsetzung der Höhe des Aufenthaltsverbotes und die Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes von einem Monat zur Vorbereitung und Organisation der Ausreise.

Der BF ist Staatsangehöriger von Luxemburg und somit EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Vorauszuschicken ist, dass sich der BF nicht in einem zehn Jahre übersteigenden Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten hat, weshalb der qualifizierte Tatbestand des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG (d.h. nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib im Bundesgebiet) nicht als Prüfungsmaßstab des vorliegenden Aufenthaltsverbots zur Anwendung kommt. Auch liegt kein zumindest fünfjähriger kontinuierlicher und rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich vor, weswegen der BF das unionsrechtliche Recht auf Daueraufenthalt im Sinne des Art. 16 Freizügigkeitsrichtlinie nicht erworben hat, zumal auch der Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe grundsätzlich geeignet ist, die Kontinuität des Aufenthalts zu unterbrechen (vgl. VwGH 24.03.2015, Ro 2014/21/0079). Daher ist bei der Prüfung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG (d.h. „tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.

Bei der Stellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Der BF wurde in Österreich wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels, des Verbrechens der Vorbereitung des Suchtgifthandels, des Verbrechens der Aussetzung und der Freiheitsentziehung zu einer ausschließlich unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechseinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt.

Die vom BF verübten strafbaren Handlungen, darunter vorrangig Suchtgiftdelikte, aber auch strafbare Handlungen gegen Leib und Leben und gegen die Freiheit, sowie die vom Strafgericht ausschließlich unbedingt verhängte Freiheitsstrafe zeigen, dass das persönliche Verhalten des BF eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt. Auch die Art und Schwere der vom BF begangenen Straftaten, nämlich die wohl geplante und organisierte Vorgehensweise bei der Durchführung des Suchtgifthandels im Rahmen einer kriminellen Vereinigung mit anderen ebenso verurteilten Mittätern, insbesondere durch die mehrmalige, teilweise beim Versuch gebliebene, Ein- und Ausfuhr von Kokain, dem Versuch Suchtgift zu erwerben, dass es in Verkehr gesetzt werde, die Überlassung von Suchtgift an eine Vielzahl an Abnehmern in einer die Grenzmenge gemäß § 28b SMG übersteigenden Menge, aber auch die mit besonderer Grausamkeit und Skrupellosigkeit erfolgte Beteiligung des BF bei der Freiheitsentziehung eines als „Bodypacker“ fungierenden Mannes, welcher gegen seinen Willen festgehalten und unter Beifügung fürchterlichen Qualen und Schmerzen über mehrere Tage hindurch malträtiert wurde, indem ihm auch die erforderliche medizinische Hilfe verweigert wurde und der BF den äußerst geschwächten und hilflosen „Bodypacker“ schließlich unter der Vorgabe ihn in ein Krankenhaus zu bringen, mit dem Auto nach Tschechien brachte und ihn dort sich selbst überließ sowie die Verurteilung zu einer ausschließlich unbedingten Freiheitsstrafe weisen auf eine weiterhin vom BF ausgehende Gefahr hin, zumal der seit Begehung dieser Straftaten verstrichene Zeitraum immer noch als zu kurz anzusehen ist, um gänzlich von einem Wegfall der Gefährdung zu sprechen, insbesondere da der Vollzug der Freiheitsstrafe noch andauert. Letztlich können all diese Umstände unzweifelhaft auch eine Erheblichkeit der Gefahr annehmen lassen.

Die Einfuhr und das Überlassen von Suchtgiften, im Zusammenwirken mit anderen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, und auch die Höhe der daraus allenfalls lukrierten oder noch zu erwartenden Einkünfte, die letztlich darauf ausgerichtet sind, sich eine (fortlaufende) Einnahmequelle zu verschaffen, sowie der Umstand, dass der BF Suchtgift in bestimmten Mengen einer Vielzahl an Abnehmern überließ und verkaufte, lässt eine Prognose für eine Tatwiederholungsgefahr jedenfalls nicht als unbegründet erscheinen, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der BF in Österreich weder über einen Wohnsitz noch über ein geregeltes Einkommen verfügt hat, weshalb eine erneute Rückfälligkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Daran vermag auch sein Vorbringen in der Beschwerde, wonach er in Zukunft einer Beschäftigung nachgehen möchte und auch durch seine in Luxemburg lebende Familie unterstützt werde, nichts zu ändern.

Gerade die bereits im Detail dargelegte Art der Begehung dieser Straftaten und die massive Gefährdung der Gesundheit von Menschen durch das Überlassen und den Verkauf von Drogen stellt nach Ansicht des erkennenden Gerichts jedenfalls eine hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, dass der BF die Taten zutiefst bereue und nunmehr keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, kann schon vor dem Hintergrund der bereits aufgezeigten Schwere des Fehlverhaltens und dem Umstand, dass sich der BF nach wie vor in Haft befindet, nicht beigetreten werden. Einer allenfalls bekundeten Reue kommt aber schon deshalb auch keine entscheidende Bedeutung zu, zumal der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Die in Haft verbrachte Zeit hat bei der Berechnung des Zeitraumes eines behaupteten Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben (VwGH 21.01.2010, Zl. 2009/18/0485).

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556; 20.12.2012, Zl. 2011/23/0554).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere am Schutz des gesundheitlichen Wohls der Menschen und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Verhinderung der organisierten Drogenkriminalität) als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074).

Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall durch das dargestellte persönliche Fehlverhalten von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Aufenthaltsverbotes erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Schwere des Verstoßes gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten erscheint.

Letztlich waren im Lichte der nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK gebotenen Abwägung allenfalls vorhandene familiäre oder private Bindungen des BF in Österreich zu berücksichtigen:

Insoweit der BF in der Beschwerde vorbrachte, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, sich mit seiner persönlichen Situation auseinanderzusetzen, ist entgegenzuhalten, dass im Bescheid der belangten Behörde sehr wohl Feststellungen zu seinem Privat- und Familienleben getroffen wurden und festgestellt wurde, dass der BF für ein in Österreich lebendes Kind sorgepflichtig ist und auch begründet wurde, weshalb dennoch das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit dem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiege. Weiters ist dem BF vorzuwerfen, dass er im Verfahren vor dem BFA keine näheren Angaben zu seinem Privat- und Familienleben tätigte und die diesbezügliche Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme binnen einer bestimmten Frist ungenutzt verstreichen ließ. Auch in der Beschwerde wurde lediglich vorgebracht, dass sein Sohn in Österreich lebe und er nach seiner Entlassung die Möglichkeit haben wolle, sein Kind zu besuchen. Darüber hinaus wurden keine näheren Angaben und auch keine Umstände dargelegt, denen zufolge das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK anzunehmen gewesen wäre. So befindet sich der BF seit XXXX – also bereits vor der Geburt seines Sohnes – durchgehend in Haft und erfolgten auch durch die Kindesmutter keine Besuche des BF in der Justizanstalt, weshalb auch das Vorliegen einer besonderen Intensität der Beziehung zwischen dem BF und seinem bei der Kindesmutter lebenden minderjährigen Sohns, die allenfalls über eine emotionale Bindung zwischen Vater und Kind hinausginge, etwa in Gestalt eines persönlichen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Abhängigkeitsverhältnisses nicht anzunehmen war, zumal die Obsorge des Kindes ausschließlich von der Kindesmutter sichergestellt wird.

Unbeschadet dessen ist festzuhalten, dass gerade im Hinblick auf das dargestellte massive Fehlverhalten des BF und die daraus resultierende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, dass ein Verbleib des BF im Bundesgebiet jedenfalls zur Wahrung des Kindeswohls notwendig sein sollte. Auch wenn bei allen Entscheidungen, in denen Kinder betroffen sind, das Kindeswohl zu berücksichtigen ist, betrifft die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen straffällig gewordenen Fremden primär diesen selbst (vgl. EGMR 01.12.2016, Salem, Zl. 77036/11). Im vorliegenden Fall war aus den dargelegten Erwägungen eine allfällige Gefährdung des Kindeswohls durch eine Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet jedenfalls nicht anzunehmen.

Letztlich sind auch keine Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht hervorgekommen. Seine bislang in Österreich bestehenden Kontakte zu seinen Freunden und Bekannten und zu seinem minderjährigen Sohn können sowohl über diverse allgemein verfügbare Kommunikationsmittel (wie Telefon oder Internet) als auch durch fallweise Besuche in Luxemburg aufrechterhalten werden, zumal auch keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen sind, wonach dies überhaupt nicht möglich oder nicht zumutbar sein sollte, insbesondere wenn man die Erreichbarkeit sowohl mit privaten als auch mit verfügbaren öffentlichen Verkehrsmitteln berücksichtigt.

Der BF hat eine durch das Aufenthaltsverbot bewirkte Trennung von Familienangehörigen im öffentlichen Interesse jedenfalls hinzunehmen, gerade vor dem Hintergrund seines massiven strafrechtlichen Fehlverhaltens. Angesichts dessen sind letztlich auch Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat auftreten können, im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und insgesamt an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2015/21/0180).

Bei Abwägung aller relevanten Umstände überwiegt somit hier das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung das persönliche Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich.

Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist somit dem Grunde nach rechtmäßig und die Beschwerde insoweit unbegründet.

Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte unbefristete Dauer des Aufenthaltsverbotes als nicht angemessen:

Gemäß § 67 Abs. 3 FPG kann ein Aufenthaltsverbot unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere der EWR-Bürger, Schweizer Bürger, oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.

Das dargestellte persönliche Fehlverhalten des BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität, aber auch an der Verhinderung strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben und gegen die Freiheit massiv zuwidergelaufen.

Betrachtet man nun die vom BF begangenen Straftaten nach dem Suchtmittelgesetz für die er verurteilt wurde, so sieht der für die Bestimmung des Strafrahmens maßgebliche § 28a Abs. 4 SMG („Suchtgifthandel“) einen Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe vor. Vom Strafgericht wurde der angewandte Strafrahmen allerdings nicht zur Gänze ausgeschöpft, sondern hat es den BF zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt und damit die Strafe im mittleren Bereich des Strafrahmens angesetzt.

Das von der belangten Behörde verhängte unbefristete Aufenthaltsverbotes steht jedoch im Vergleich zu der im gegenständlichen Fall tatsächlich verhängten Freiheitsstrafe und dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten (unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe) außer Relation.

Allerdings erweist sich im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des bereits dargestellten Gesamtfehlverhaltens des BF und des sich daraus weiterhin ergebenden Gefährdungspotenzials eine Herabsetzung des Aufenthaltsverbotes auf weniger als zehn Jahre als nicht angemessen, zumal das persönliche Fehlverhalten des BF in schweren und als Verbrechen qualifizierten Straftaten bestand, welche nicht nur im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen wurden, sondern mit besonderer Skrupellosigkeit. Die dargestellte Vorgangsweise des BF zeigt unmissverständlich, dass die Straftaten nicht aufgrund einer sich plötzlich bietenden Gelegenheit spontan, sondern in überlegter, wohl geplanter und tatsächlich umgesetzter Weise begangen wurden. Dass sich der BF in einer besonderen Notlage befunden hätte, als er diese Taten beging, hat sich nicht ergeben und wurde auch nicht behauptet.

Eine weitere Reduktion war somit auch bei Berücksichtigung familiärer und privater Interessen in Österreich nicht möglich. Die mit dem Aufenthaltsverbot einhergehende zeitweilige Unmöglichkeit des BF seinen minderjährigen Sohn in Österreich zu besuchen ist im öffentlichen Interesse an der Verhinderung von schweren Suchtgiftdelikten in Kauf zu nehmen, zumal – wie bereits oben dargelegt wurde – auch keine berücksichtigungswürdigen familiären Bindungen in Österreich vorliegen. Überdies erscheint dieser Zeitraum auch insoweit als angemessen, als der BF diesen Zeitraum zur nachhaltigen Besserung seines Verhaltens nutzen kann.

Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände des BF getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Aufenthaltsverbotes daher spruchgemäß in angemessener Weise auf zehn Jahre herabzusetzen und der Beschwerde insoweit Folge zu geben.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 70 Abs. 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub erteilt und gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG der Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Über die Beschwerde gegen den Spruchpunkt III. betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde bereits mit Teilerkenntnis vom 07.08.2019 abgesprochen, indem die Beschwerde dagegen als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung auch nicht von Amts wegen zuerkannt wurde.

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgen, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Der BF beantragte in der Beschwerde, ihm zur Vorbereitung und Organisation der Ausreise einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu gewähren, da die sofortige Ausreise auch im Interesse der Republik Österreich nicht erforderlich sei. Falls dennoch ein Sicherungsbedürfnis zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten erscheine, könne diesem auch mit den in § 71 FPG angeführten Mitteln Rechnung getragen werden.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat und wie sich aus den bereits zum Aufenthaltsverbot dargelegten Erwägungen ergibt, erweist sich die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich. Der BF hat durch sein Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung, insbesondere an die Strafgesetze, zu halten. Die Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes ist somit zu Recht erfolgt.

Die Beschwerde war somit auch gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG – trotz eines entsprechenden Antrages in der Beschwerde – eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Herabsetzung Milderungsgründe Privat- und Familienleben strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G301.2220829.1.00

Im RIS seit

21.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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