TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/27 W231 2212247-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.2020
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Entscheidungsdatum

27.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W231 2212247-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Birgit HAVRANEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG stattgegeben. Die Spruchpunkte I., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.

II. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom 18.10.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für zwei Jahre verlängert wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.1. Verfahrensgang:

I.1.1. Der Beschwerdeführer (künftig BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 02.05.2015 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz in Österreich.

I.1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 01.12.2015 wurde dieser Antrag gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 01.12.2016 erteilt (Spruchpunkt III.). Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde mit Bescheid des BFA vom 01.12.2016 bis 01.12.2018 verlängert, weil das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als glaubwürdig erachtet wurden.

I.1.3. Am 18.10.2018 brachte der BF bei der belangten Behörde den gegenständlichen Antrag auf Verlängerung des befristeten subsidiären Schutzes ein.

I.1.4. Daraufhin wurde von der belangten Behörde am 03.12.2018 eine Einvernahme des BF durchgeführt. Der BF legte Unterlagen zum Nachweis seiner Integration vor. Dem BF wurde vorgehalten, dass sich seine Lage im Vergleich zum Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiärem Schutz geändert habe und ihm eine Rückkehr nach Afghanistan (insb. Herat und Mazar-e-Sharif) zumutbar sei. Der BF gab eine Stellungnahme dazu ab, dass er als schiitischer Hazara nirgendwo in Afghanistan leben könne.

I.1.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2018 erkannte die belangte Behörde den mit Bescheid vom 01.12.2015 zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen ab (Spruchpunkt I.) und wies den Antrag vom 18.10.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Die Behörde erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen bemessen (Spruchpunkt VI.).

Die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten lägen nicht mehr vor. Die subjektive Lage des BF habe sich geändert. Es bestehe eine taugliche IFA für den BF. Der BF könne seinen Lebensunterhalt in Herat oder Mazar-e-Sharif bestreiten (angefochtener Bescheid, Seite 8f). Der BF könne dort auf eine Vielzahl an internationalen Einrichtungen zurückgreifen, die Rückkehrer unterstützen würden und es könne auch Rückkehrhilfe (auch gem. § 52a BFA-VG) gewährt werden. Der BF könne seinen Lebensunterhalt in Herat oder Mazar-e-Sharif bestreiten, der BF habe glaubhaft gemacht, dass er über Schulbildung und Arbeitserfahrung verfüge. Zudem seien Herat oder Mazar-e-Sharif gefahrlos über den Luftweg zu erreichen (angefochtener Bescheid, Seite 115f). Aus der allgemeinen Lage in Afghanistan alleine ergebe sich keine Gefährdungslage iSd § 8 AsylG 2005. Die Sicherheitslage in Herat und Mazar-e-Sharif sei ausreichend stabil. Der BF könne im Rahmen seiner Volksgruppenzugehörigkeit Unterstützung erfahren, Loyalität und Unterstützungswille herrsche gemäß Anmerkungen UNHCR vom Dezember 2016 innerhalb der Volksgruppen, auch gemäß RÜTTNIG, 12.4.2017, würde man innerhalb einer Ethnie aufeinander schauen, eine solche Unterstützung sei in Herat und Mazar-e-Sharif auch zu erwarten, der BF würde so auch ohne (nahe) Verwandte dort in keine ausweglose Lage geraten. Eine etwaige Ortsunkenntnis schade nicht, dabei wird auf die rezente Rechtsprechung des VwGH verwiesen. Ebenso sei gemäß Rechtsprechung des VwGH kein soziales oder familiäres Netz vor Ort gefordert. Zusammengefasst lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht mehr vor.

I.1.6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht die zulässige, verfahrensgegenständliche Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtswidrig erfolgt sei, da sich die Lage in Afghanistan und insbesondere auch die persönliche Situation des BF seit Zuerkennung des Schutzstatus nicht wesentlich geändert (bzw. verbessert) habe. Im Falle der Rückkehr des BF nach Afghanistan wäre er der realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt.

I.1.7. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 07.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Anlässlich der Beschwerdevorlage verzichtete das BFA auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Auf Grundlage des Asylaktes (Verwaltungs- und Gerichtsakt) und des Aktes zum Aberkennungsverfahren einschließlich der Niederschrift über die Einvernahme des BF durch die belangte Behörde am 03.12.2018, sowie des verfahrensgegenständlichen Bescheides und der Beschwerde dagegen werden folgende Feststellungen getroffen:

II.1.1. Der BF führt den im Spruch genannten Namen, ist am XXXX geboren, Staatsangehöriger Afghanistans, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari.

Der BF wurde in Maidan Wardak, Afghanistan, geboren und lebte mit seinen Angehörigen vor seiner Ausreise in Kabul. Er hat 7 Jahre eine Schulbildung absolviert und als Autowäscher gearbeitet. Der BF hat Afghanistan verlassen, weil seine Eltern drogenabhängig waren und sein Onkel, bei dem der BF zuletzt in Kabul gelebt hat, sich in einer wirtschaftlich prekären Situation befand.

Der BF ist gesund und leidet nicht an lebensbedrohenden Krankheiten.

II.1.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.12.2015 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm jedoch zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Dieser Bescheid ist rechtskräftig.

Zur Person des BF stellte die belangte Behörde fest, dass der BF afghanischer Staatsbürger sei, der Volksgruppe der Hazara angehöre und sich zum islamischen Glauben schiitischer Richtung bekenne. Er leide an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen, habe 7 Jahre Grund- und Mittelschule absolviert, sei ledig und habe keine Kinder (Bescheid vom 01.12.2015, Seite 7).

Der BF habe sein Herkunftsland aufgrund des dort herrschenden Bürgerkrieges und der damit verbundenen prekären Sicherheitslage verlassen (Bescheid vom 01.12.2015, Seite 7):

Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stützte sich auf folgende Feststellungen zur Rückkehrsituation des BF (Bescheid vom 01.12.2015, Seite 8):

"In Ihrem Fall liegt ein Abschiebehindernis vor, fußend auf der aktuell instabilen Sicherheitslage in Afghanistan. Aufgrund des derzeit herrschenden innerstaatlichen Konflikts in Ihrem Herkunftsstaat kann für Sie als Zivilperson im Fall einer Rückkehr eine ernsthafte Bedrohung Ihres Lebens oder der Unversehrtheit nicht ausgeschlossen werden. Es kann seitens der erkennenden Behörde nicht ausgeschlossen werden, dass Sie im Falle einer Rückkehr in eine aussichtslose, Ihre Existenz bedrohende Lage kommen würden."

Korrespondierend dazu findet sich in der Beweiswürdigung, dass die Gründe für die Asyl-Antragstellung, nämlich, dass der BF aufgrund der Drogenabhängigkeit seiner Eltern und der wirtschaftlich schlechten Situation seines Onkels, der den BF und seine Geschwister an seiner Eltern statt versorgt habe, Afghanistan verlassen habe, glaubhaft seien. Die Feststellungen zur Rückkehrsituation seien auf Basis der zugrunde gelegten Länderberichte der Staatendokumentation sowie der aktuellen Medienberichte zu treffen (Bescheid vom 01.12.2015, Seite 47f).

Rechtlich schloss die belangte Behörde zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes daraus, dass von der realen Gefahr einer Bedrohung des BF in seinen Rechen gem. Art. 2, 3 EMRK auszugehen sei, da aus den Länderberichten der Staatendokumentation eine aktuell instabile Sicherheitslage in Afghanistan zu erkennen sei. Wegen des momentanen innerstaatlichen Konflikts in Afghanistan sei dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, zumal für ihn als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens nicht ausreichend ausgeschlossen werden könne. Ebenso sei zu beurteilen, on er in eine ausweglose Situation geraten könne, die seine Existenz an sich gefährden könne. Im Fall des BF werde dies insoweit festgestellt, als es nicht mit Sicherheit feststellbar sei, dass er bei einer eventuellen Rückkehr im sozialen Netz der Familie, also seiner Eltern bzw. seines Onkels, aufgefangen werden könne (Bescheid vom 01.12.2015, Seite 50f).

Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde dem BF bis 01.12.2018 verlängert, weil die Voraussetzungen weiter vorlägen. Am 18.10.2018 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf weitere Verlängerung des subsidiären Schutzes.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde (u.a.) die Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigen sowie der Entzug der befristeten Aufenthaltsberechtigung ausgesprochen.

II.1.3. Der BF hat in Österreich Deutschkurse besucht, an einem Werte- und Orientierungskurs sowie dem Modul "Polizei- und Sicherheit" teilgenommen und die Integrationserklärung unterzeichnet. Er hat sich in Österreich ehrenamtlich betätigt und arbeitet aktuell als Leiharbeiter.

Er ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung strafrechtlich unbescholten.

II.1.4. Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des BF und der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan (einschließlich der urbanen Gebiete, insbesondere Herat und Mazar-e-Sharif) wird festgestellt, dass sich die Umstände, die zur Gewährung subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.12.2015 nicht wesentlich und nachhaltig verändert bzw. verbessert haben.

II.1.5. Zur Lage in Afghanistan

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 13.11.2019 - LIB)

Allgemeine Sicherheitslage

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern leben ca. 32 Millionen Menschen (LIB, Kapitel 2).

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen anderen gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren (LIB, Kapitel 3). Die Hauptlast einer unsicheren Sicherheitslage in der jeweiligen Region trägt die Zivilbevölkerung (UNHCR, Kapitel II. B).

Für die Sicherheit in Afghanistan sind verschiedene Organisationseinheiten der afghanischen Regierungsbehörden verantwortlich. Die Afghan National Defense and Security Forces (ANDSF) umfassen militärische, polizeiliche und andere Sicherheitskräfte. Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan National Police (ANP) und die Afghan Local Police (ALP). Die Afghan National Army (ANA) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, dennoch besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Aufstand im Land zu bekämpfen. Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption sowie die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Die ALP wird durch die USA finanziert und schützt die Bevölkerung in Dörfern und ländlichen Gebieten vor Angriffen durch Aufständische (LIB, Kapitel 5).

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv, welche eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität in Afghanistan darstellen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und Angriffen auf staatliche Einrichtungen und gegen Gläubige und Kultstätten bzw. religiöse Minderheiten aus (LIB, Kapitel 3).

Balkh

Balkh liegt im Norden Afghanistans. Balkh ist eine ethnisch vielfältige Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird. Die Provinz hat 1.475.649 Einwohner (LIB, Kapitel 3.5).

Balkh zählt zu den relativ stabilen und ruhigen Provinzen Nordafghanistans, in welcher die Taliban in der Vergangenheit keinen Fuß fassen konnten. Die vergleichsweise ruhige Sicherheitslage war vor allem auf das Machtmonopol des ehemaligen Kriegsherrn und späteren Gouverneurs von Balkh, Atta Mohammed Noor, zurückzuführen. In den letzten Monaten versuchen Aufständische der Taliban die nördliche Provinz Balkh aus benachbarten Regionen zu infiltrieren. Drei Schlüsseldistrikte, Zari, Sholagara und Chahar Kant, zählen zu jenen Distrikten, die in den letzten Monaten von Sicherheitsbedrohungen betroffen waren. Die Taliban überrannten keines dieser Gebiete. Einem UN-Bericht zufolge, gibt es eine Gruppe von rund 50 Kämpfern in der Provinz Balkh, welche mit dem Islamischen Staat (IS) sympathisiert. Bei einer Militäroperation im Februar 2019 wurden unter anderem in Balkh IS-Kämpfer getötet (LIB, Kapitel 3.5)..

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 227 zivile Opfer (85 Tote und 142 Verletzte) in Balkh. Dies entspricht einer Steigerung von 76% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Bodenkämpfe, gefolgt von improvisierten Bomben (IEDS; ohne Selbstmordattentate) und gezielten Tötungen. UNAMA verzeichnete für das Jahr 2018 insgesamt 99 zivile Opfer durch Bodenkämpfe in der Provinz. Hinsichtlich der nördlichen Region, zu denen UNAMA auch die Provinz Balkh zählt, konnte in den ersten 6 Monaten ein allgemeiner Anstieg ziviler Opfer verzeichnet werden (LIB, Kapitel 3.5).

Die ANDSF führen weiterhin regelmäig Operationen in der Provinz unter anderem mit Unterstützung der US-amerikanischen Luftwaffe durch. Taliban-Kämpfer griffen Einheiten der ALP, Mitglieder regierungsfreundlicher Milizen und Sicherheitsposten beispielsweise in den Distrikten Chahrbulak, Chemtal, Dawlatabad und Nahri Shahi an (LIB, Kapitel 3.5).

Berichten zufolge, errichten die Taliban auf wichtigen Verbindungsstraßen, die unterschiedliche Provinzen miteinander verbinden, immer wieder Kontrollpunkte. Dadurch wird das Pendeln für Regierungsangestellte erschwert. Insbesondere der Abschnitt zwischen den Provinzen Balkh und Jawjzan ist von dieser Unsicherheit betroffen (LIB, Kapitel 3.5).

Herat (LIB Kapitel 4.13)

Herat liegt im Westen Afghanistans. Die wichtigsten ethnischen Gruppen in der Provinz sind Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Usbeken und Aimaqs, wobei Paschtunen in elf Grenzdistrikten die Mehrheit stellen. Die Provinz hat 2.095.117 Einwohner. Die Provinz ist über einen Flughafen in der Nähe von Herat-Stadt zu erreichen (LIB, Kapitel 3.13).

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten durchzuführen. Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban. Der Distrikt mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen ist der an Farah angrenzende Distrikt Shindand, in dem die Taliban zahlreiche Gebiete kontrollieren. In der Provinz Herat kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen. Unter anderem kam es dabei auch zu Luftangriffen durch die afghanischen Sicherheitskräfte. Im Jahr 2018 gab es 259 zivile Opfer (95 Tote und 164 Verletzte) in Herat. Dies entspricht einem Rückgang von 48% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren improvisierten Sprengkörper (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge), gefolgt von Kämpfen am Boden und gezielten Tötungen (LIB, Kapitel 3.13).

Auch im Vergleich zu Kabul gilt Herat-Stadt einem Mitarbeiter von IOM-Kabul zufolge zwar als sicherere Stadt, doch gleichzeitig wird ein Anstieg der Gesetzlosigkeit und Kriminalität verzeichnet: Raubüberfälle nahmen zu und ein Mitarbeiter der Vereinten Nationen wurde beispielsweise überfallen und ausgeraubt. Entführungen finden gelegentlich statt, wenn auch in Herat nicht in solch einem Ausmaß wie in Kabul (LIB, Kapitel 3.13).

Der Distrikt mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen ist der an Farah angrenzende Distrikt Shindand, wo die Taliban zahlreiche Gebiete kontrollieren. Wegen der großen US-Basis, die in Shindand noch immer operativ ist, kontrollieren die Taliban jedoch nicht den gesamten Distrikt. Aufgrund der ganz Afghanistan betreffenden territorialen Expansion der Taliban in den vergangenen Jahren sah sich jedoch auch die Provinz Herat zunehmend von Kampfhandlungen betroffen. Dennoch ist das Ausmaß der Gewalt im Vergleich zu einigen Gebieten des Ostens, Südostens, Südens und Nordens Afghanistans deutlich niedriger (LIB, Kapitel 3.13).

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 259 zivile Opfer (95 Tote und 164 Verletzte) in Herat. Dies entspricht einem Rückgang von 48% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren improvisierten Sprengkörper (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge), gefolgt von Kämpfen am Boden und gezielten Tötungen (LIB, Kapitel 3.13).

In der Provinz Herat kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen (LIB, Kapitel 3.13).

Auf der Autobahn zwischen Kabul und Herat sowie Herat und Farah werden Reisende immer wieder von Taliban angehalten; diese fordern von Händlern und anderen Reisenden Schutzgelder (LIB, Kapitel 3.13).

Kabul:

Die Provinz Kabul liegt im Zentrum Afghanistans. Kabul-Stadt ist die Hauptstadt Afghanistans und auch ein Distrikt in der Provinz Kabul. Die Stadt Kabul ist die bevölkerungsreichste Stadt Afghanistans, sie hat 5.029.850 Einwohner. Kabul ist Zielort für verschiedene ethnische, sprachliche und religiöse Gruppen, und jede von ihnen hat sich an bestimmten Orten angesiedelt (LIB, Kapitel 3.1). Die Stadt Kabul ist über Hauptstraßen mit den anderen Provinzen des Landes verbunden und verfügt über einen internationalen Flughafen (LIB Kapitel 3.1 und Kapitel 3.35).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul. Nichtsdestotrotz, führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele durch, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen. Die Hauptursache für zivile Opfer in der Provinz Kabul (596 Tote und 1.270 Verletzte im Jahr 2018) waren Selbstmord- und komplexe Angriffe, gefolgt von improvisierten Sprengkörpern (improvised explosive devices, IEDs) und gezielten Tötungen (LIB, Kapitel 3.1).

In Kabul leben 70.000 bis 80.000 Binnenvertriebene (LIB, Kapitel 3.1).

Afghanistans jährliche Wachstumsrate der städtischen Bevölkerung gehört zu den höchsten der Welt. Kabul war in den letzten Jahren das Zentrum dieses Wachstums. Schätzungsweise 70% der Bevölkerung Kabuls lebt in informellen Siedlungen (Slums), welche den meisten Einwohnern der Stadt preiswerte Wohnmöglichkeiten bieten. (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Kabul ist das wichtigste Handels- und Beschäftigungszentrum Afghanistans und hat ein größeres Einzugsgebiet in den Provinzen Parwan, Logar und Wardak. Es gibt eine dynamischere Wirtschaft mit einem geringeren Anteil an Arbeitssuchenden, Selbständigen und Familienarbeitern. Menschen aus kleinen Dörfern pendeln täglich oder wöchentlich nach Kabul, um landwirtschaftliche Produkte zu handeln oder als Wachen, Hausangestellte oder Lohnarbeiter zu arbeiten. Die besten (Arbeits-)Möglichkeiten für Junge existieren in Kabul. Trotz der niedrigeren Erwerbsquoten ist der Frauenanteil in hoch qualifizierten Berufen in Kabul (49,6 %) am größten (LIB, Kapitel 21).

In der Stadt Kabul besteht Zugang zu öffentlichen und privaten Gesundheitsdiensten. Nach verschiedenen Quellen gibt es in Kabul ein oder zwei öffentliche psychiatrische Kliniken (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Allgemeine Wirtschaftslage

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt und stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig. Dabei bleibt das Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans eklatant. Lebensgrundlage für rund 80% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (LIB, Kapitel 21).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Persönliche Kontakte, Empfehlungen sowie ein Netzwerk sind wichtig um einen Job zu finden. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Fähigkeiten, die sich Rückkehrer im Ausland angeeignet haben, können eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen. Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind. In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit (LIB, Kapitel 21).

Situation für Rückkehrer/innen

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 kehrten insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurück. Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück (LIB, Kapitel 23).

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert. Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z.B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken sowie politische Netzwerke usw. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer dar. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB, Kapitel 23).

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Es gibt jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt (LIB, Kapitel 23).

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Es sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann (LIB, Kapitel 23).

Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab. Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch (LIB, Kapitel 23).

Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen (LIB, Kapitel 23).

Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, können verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Rückkehrer erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) (LIB, Kapitel 23).

Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit in Afghanistan Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer. Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Es befinden sich viele Rückkehrer in Gebieten, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind (LIB, Kapitel 23).

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung, usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an. 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz. Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach Herat findet in der Regel auf dem Luftweg statt (LIB, Kapitel 23).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB, Kapitel 23).

Auszug aus der für den Fall des BF eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation AFGHANISTAN IOM-Reintegrationsprogramm RESTART III, 06.04.2020:

Als erstes Projekt des Integrationsprogrammes begann RESTART mit 1.7.2015 und lief bis 31.12.2016, während RESTART II im Zeitraum von 1.1.2017 - 31.12.2019 aktiv war.

Das Projekt RESTART III, welches ebenso wie RESTART II auf drei Jahre befristet ist (bis 31.12.2022), verfügt über eine Kapazität von 400 Personen und ist auf die Zielgruppe der freiwilligen RückkehrerInnen nach Afghanistan ausgerichtet. Für alle diese 400 Personen ist neben Beratung und Information, sowohl in Österreich, als auch Afghanistan, eine Bargeldunterstützung in der Höhe von 500 Euro, so wie auch die Unterstützung durch Sachleistungen in der Höhe von 2.800 Euro geplant.

RESTART und die beiden Folgeprojekte RESTART II und RESTART III unterscheiden sich nur minimal voneinander. So ist beispielsweise die Höhe der Barzahlung und auch die Unterstützung durch Sachleistungen gleichgeblieben, wobei im ersten RESTART Projekt und in der ersten Hälfte von RESTART II nur 2.500 Euro in Sachleistung investiert wurden und die restlichen 300 Euro für Wohnbedürfnisse, Kinderbetreuung oder zusätzlich für Bildung zur Verfügung standen. Dies wurde im Verlauf von RESTART II geändert und es ist nun auch in RESTART III der Fall, sodass die gesamte Summe für eine einkommensgenerierende Tätigkeit verwendet werden kann. Während das Projekt RESTART neben Afghanistan auch StaatsbürgerInnen aus Pakistan bzw. der Russischen Föderation (TschetschenInnen) und RESTART II auch RückkehrerInnen aus dem Iran zur Verfügung stand, so ist das aktuelle Projekt RESTART III ausschließlich auf afghanische StaatsbürgerInnen ausgerichtet.

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Die Identität des BF ergibt sich aus seinen im verwaltungsbehördlichen, wie auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren getätigten gleichbleibenden Angaben dazu, wobei mangels Vorlage von Identitätsdokumenten die Feststellungen zur Identität des BF ausschließlich für die Identifizierung seiner Person im Asylverfahren gelten. Sein Geburtsdatum wurde nach Einholung von medizinischen Gutachten im Asylverfahren festgelegt.

Die Feststellungen zu seiner Geburt in Maidan Wardak und Aufenthalt in Kabul bei seinen Angehörigen, sowie seiner Schulbildung und Berufserfahrung basieren auf den widerspruchsfreien und übereinstimmenden, sohin glaubwürdigen Angaben im gesamten Asyl- und Aberkennungsverfahren, und ging auch die belangte Behörde davon aus.

Dass der BF in Österreich verschiedene Bildungsmaßnahmen absolviert hat, und aktuell als Leiharbeiter arbeitet, ist durch entsprechende Unterlagen nachgewiesen.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des BF im Entscheidungszeitpunkt ergibt sich aus seiner Aussage in der Einvernahme am 03.12.2018.

Dass der BF sowohl zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten als auch zum Zeitpunkt der Aberkennung des Schutzstatus über Schulbildung und Berufserfahrung sowie Angehörige in Afghanistan (insb. auch Kabul) verfügte, ergibt sich aus allen seinen Einvernahmen vor der Behörde, zuletzt am 03.12.2018. Auch die belangte Behörde ging in ihren Feststellungen im Bescheid vom 01.12.2015 über die Zuerkennung des subsidiären Schutzes, davon aus, dass der BF eine 7-jährige Schulbildung in Afghanistan absolviert habe, und seine (drogensüchtigen) Eltern sowie sein Onkel, der den BF und seine Geschwister versorgt habe, sich dort (in Kabul) aufhalten.

Dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, zeigt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten aktuellen Auszug aus dem Strafregister.

II.2.2. Die Feststellungen über den Zeitpunkt der Asylantragstellung, den Gegenstand des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, den Eintritt der formellen und materiellen Rechtskraft dieses Bescheides, die Verlängerungen der befristeten Aufenthaltsberechtigung sowie den Gegenstand des angefochtenen Bescheides stützen sich auf den Inhalt des Verwaltungs- bzw. Gerichtsaktes.

Die Gründe, aus denen die belangte Behörde dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt hat, ergeben sich zweifelsfrei aus dem aktenkundigen Bescheid vom 01.12.2015.

II.2.3. Die Feststellungen zur aktuellen Lage in Afghanistan beruhen auf den oben angeführten Quellen. Das Bundesverwaltungsgericht bediente sich hierbei einer ausgewogenen Auswahl verschiedener - im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zitierter - Quellen staatlichen und nichtstaatlichen Ursprungs, um sich so ein möglichst umfassendes Bild über die Lage in Afghanistan machen zu können. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Den Verfahrensparteien ist das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, welches das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seinen Bescheiden regelmäßig zugrunde legt und auch im angefochtenen Bescheid (in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018, KI vom 23.11.2018) herangezogen bekannt. Mittlerweile liegt das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Fassung der Gesamtaktualisierung 13.11.2019 vor, jedoch haben sich in Bezug auf den entscheidungswesentlichen Sachverhalt keine Änderungen ergeben. Zur Unterstützungsmöglichkeit von Rückkehrern im Rahmen des Programmes RESTART von 2015 bis 2020 hat das Bundesverwaltungsgericht eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation eingeholt. Diese wurde den Parteien zur Stellungnahme übermittelt (OZ 11). Beide Parteien haben davon Abstand genommen, eine Stellungnahme einzubringen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

II.3.1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der §§ 8, 9 AsylG 2005 lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

...

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

..."

"Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen."

II.3.2. Vorauszuschicken ist, dass sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid explizit auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 bezog, und ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides zweifelsfrei, dass es sich um eine Anwendung des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 handelt.

Im zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, wird auf eine Änderung der Umstände abgestellt, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Die Heranziehung des Tatbestands des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 setzt nach der Judiaktur des VwGH voraus, dass sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 (die nur im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung erteilt werden darf) geändert hat (vgl. zB. VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0353, mwN). Nicht jede Änderung des Sachverhalts rechtfertigt allerdings die Aberkennung des subsidiären Schutzes. Eine maßgebliche Änderung liegt unter Bedachtnahme auf die unionsrechtlichen Vorgaben von Art. 19 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) vielmehr nur dann vor, wenn sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass ein Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht (zuletzt etwa VwGH 29.01.2020, Ra 2019/18/0262).

Diese Voraussetzungen liegen konkret nicht vor:

II.3.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.12.2015 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm jedoch zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dabei auf die Feststellung der belangten Behörde gestützt und damit begründet, dass in Afghanistan derzeit eine instabile Sicherheitslage aufgrund eines derzeit herrschenden innerstaatlichen Konflikts herrsche, sodass für den BF als Zivilperson im Fall einer Rückkehr eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder der Unversehrtheit nicht ausgeschlossen werden könne. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der BF in eine aussichtslose, seine Existenz bedrohende Lage kommen würde. Im Fall des BF sei festzustellen, dass nicht mit Sicherheit davon auszugehen sei, dass er bei einer Rückkehr im sozialen Netz der Familie, also seiner Eltern bzw. seines Onkels, aufgefangen werden könne. Dabei ging die belangte Behörde auf Basis der als glaubwürdig erachteten Angaben des BF davon aus, dass der BF in Afghanistan zwar Angehörige habe, die Eltern aber drogensüchtig seien und der Onkel, der den BF und seine Geschwister versorgte, sich in einer wirtschaftlich prekären Situation befindet. Dass sich die Angehörigen in Kabul aufhalten, geht unzweifelhaft aus allen Aussagen des BF hervor.

Im angefochtenen Bescheid geht die belangte Behörde nunmehr davon aus, dass sich die subjektive des BF geändert habe und es eine taugliche IFA für den BF gäbe. Der BF könne seinen Lebensunterhalt in Herat oder Mazar-e-Sharif bestreiten (angefochtener Bescheid, Seite 8f).

Im Hinblick auf die generelle Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan ist vorweg festzuhalten, dass sich die Umstände, die zur Gewährung subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.12.2015, bzw. seit Verlängerung des Schutzstatus am 01.12.2016 nicht wesentlich und nachhaltig verändert haben. Im Hinblick auf die Länderberichtssituation zur Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan ist festzuhalten, dass aus den getroffenen Länderfeststellungen zu dem zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten herangezogenen Länderberichtsmaterial jedenfalls keine entscheidungswesentliche Verbesserung der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan ersichtlich ist. Auch die belangte Behörde geht zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen von einer (nur) subjektiven Lageänderung des BF aus (angefochtener Bescheid, Seite 8).

Die belangte Behörde argumentiert zunächst damit, dass der BF über familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan verfüge; dies ergäbe sich aus der Einvernahme des BF am 03.12.2018 (angefochtener Bescheid, Seite 113). Dazu ist zu sagen, dass sich bereits aus allen früheren Einvernahmen des BF ergibt, dass er Angehörige in Afghanistan, konkret auch in Kabul hat (Erstbefragung, Seite 3; Einvernahme, Seite 5), sodass der Umstand, dass der BF über Angehörige in Afghanistan verfügt, die der BF allenfalls um Hilfe bitten kann, sich nicht neu ergeben hat.

Die belangte Behörde begründet die Möglichkeit einer Rückkehr im konkreten Fall weiter damit, dass der BF nunmehr auf eine Vielzahl an internationalen Einrichtungen zurückzugreifen könne, die Rückkehrer konkret und hinreichend unterstützen würden (angefochtener Bescheid, Seite 114 f).

.

Dazu ist festzuhalten, dass die belangte Behörde im Bescheid über die Zuerkennung von subsidiärem Schutz zu Möglichkeiten der Unterstützung von Rückkehrern keine Feststellungen triff und sich weder in der Beweiswürdigung noch in der rechtlichen Beurteilung damit auseinandersetzt, sodass weder aus dem Bescheid über die Zuerkennung von subsidiärem Schutz noch aus dem angefochtenen Bescheid erkennbar ist, ob bzw. inwiefern sich in Bezug auf Unterstützungsmöglichkeiten Umstände tatsächlich entscheidungswesentlich geändert hätten.

Die belangte Behörde legte im Bescheid über die Zuerkennung erkennbar die im Länderinformationsblatt Afghanistan 19.11.2014 enthaltenen Informationen zugrunde. Gemäß diesen Informationen waren schon damals Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer gegeben, in begrenztem Ausmaß durch die afghanische Regierung, durch IOM und UNHCR und in Form von Abkommen mit verschiedenen Ländern, die u.a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vorsahen (LIB Afghanistan, 19.11.2014, letzte KI 01.10.2015, Kapitel 24, Behandlung nach Rückkehr). Ebenso war zur Zeit der Verlängerung des subsidiären Schutzes am 01.12.2016 Unterstützung für Rückkehrer grundsätzlich vorhanden; die afghanische Regierung kooperierte auch weiterhin mit UNHCR, der Internationalen Organisation für Migration (IOM), sowie anderen humanitären Organisationen, um intern vertrieben Personen, Flüchtlingen, Rückkehrer/innen und andern Menschen Schutz und Unterstützung zur Verfügung zu stellen (LIB Afghanistan, 21.01.2016, letzte KI 29.07.2016, Kapitel 24, Behandlung nach Rückkehr).

Insbesondere holte die erkennende Richterin eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu den Projekten RESTART, RESTART II und RESTART III ein (OZ 10). Die Anfragebeantwortung wurde den Parteien zur Stellungnahme übermittelt (OZ 12), beide Parteien verzichteten auf die Abgabe einer Stellungnahme dazu. Dieser Anfragebeantwortung ist im Ergebnis zu entnehmen, dass sich diese Reintegrationsprogramme seit 2015 nur minimal unterscheiden, und daher schon ab 01.07.2015 Rückkehrunterstützung im Rahmen des Projektes RESART vorhanden war.

Dass sich an der Möglichkeit der Rückkehrunterstützung grundlegende, entscheidungswesentliche Änderungen seit Zuerkennung des subsidiären Schutzes, bzw. seit Verlängerung, ergeben hätten, kann vor diesem Hintergrund nicht erkannt werden.

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung weiter damit, dass auch Rückkehrhilfe (gem. § 52a BFA-VG) gewährt werden könne. Dazu ist zu sagen, dass die Möglichkeit der Gewährung von Rückkehrhilfe bereits bei Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bestand, und sich auch diesbezüglich die Umstände daher nicht entscheidungswesentlich geändert haben (vgl. § 52a BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015) (vgl. § 52a Abs. 4 leg.cit: "Entschließt sich der Fremde dazu, die ihm angebotene Rückkehrhilfe anzunehmen und auszureisen, kann ihm vor der Ausreise finanzielle Unterstützung gewährt werden (§ 12 GVG-B 2005). Der Rechtsberater (§ 49 BFA-VG) ist im Zulassungsverfahren dem abschließenden Gespräch über die Gewährung von Rückkehrhilfe beizuziehen."

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung weiter damit, dass der BF seinen Lebensunterhalt in Herat oder Mazar-e-Sharif bestreiten könne. Der BF habe glaubhaft gemacht, dass er über Schulbildung und Arbeitserfahrung verfüge. Zudem seien Herat oder Mazar-e-Sharif gefahrlos über den Luftweg zu erreichen (angefochtener Bescheid, Seite 115f). Aus der allgemeinen Lage in Afghanistan alleine ergebe sich keine Gefährdungslage iSd § 8 AsylG 2005. Die Sicherheitslage in Herat und Mazar-e-Sharif sei ausreichend stabil. Der BF könne im Rahmen seiner Volksgruppenzugehörigkeit Unterstützung erfahren, Loyalität und Unterstützungswille herrsche gemäß Anmerkungen UNHCR vom Dezember 2016 innerhalb der Volksgruppen, auch gemäß RÜTTNIG, 12.4.2017, würde man innerhalb einer Ethnie aufeinander schauen, eine solche Unterstützung sei in Herat und Mazar-e-Sharif auch zu erwarten, der BF würde so auch ohne (nahe) Verwandte dort in keine ausweglose Lage geraten. Eine etwaige Ortsunkenntnis schade nicht, dabei wird auf die rezente Rechtsprechung des VwGH verwiesen. Ebenso sei gemäß Rechtsprechung des VwGH kein soziales oder familiäres Netz vor Ort gefordert. Zusammengefasst lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht mehr vor.

Dazu ist zu sagen, dass die Umstände, dass der BF über Schulbildung und Arbeitserfahrung in Afghanistan verfügt, sich weder seit Zuerkennung des Schutzstatus, noch seit Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung neu ergeben haben. Wie sich aus den Einvernahmen des BF (Erstbefragung, Einvernahme) bereits 2015 ergibt, hat er in Maidan Wardak und Kabul jahrelang die Schule besucht und als Autowäscher gearbeitet und so auch seine Eltern versorgt.

Es mag zwar zutreffen, dass der BF mehr Lebenserfahrung gesammelt hat; doch verfügte der BF bereits 2015 über Schulbildung und Berufserfahrung, und hat mit seiner Erwerbstätigkeit in Kabul auch seine drogenabhängigen Eltern versorgt, sodass das "mehr" an Lebenserfahrung durch ehrenamtliche Tätigkeit und Besuch von Deutsch- und Integrationskursen in Österreich im konkreten Fall nicht entscheidungswesentlich ins Gewicht fällt.

Ebenso ist der BF seit Geburt an der Volksgruppe der Hazara zugehörig, dass sich die sich daraus ergebende Unterstützungsfähigkeit neu ergeben hätte, kann nicht erkannt werden. Ebenso wenig haben sich die Umstände, dass der BF in einer afghanischen Familie aufgewachsen ist, und die Sprache seines Heimatlandes einwandfrei spricht, und gesund ist, seit Zuerkennung des subsidiären Schutzes neu ergeben.

Auch sonst wurde eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation des BF von der belangten Behörde nicht hinreichend dargetan.

Soweit die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 begründet, dass der BF bei einer Rückkehr keinerlei realen Gefahr einer Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre, ist festzuhalten, dass den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan keine grundlegenden Veränderungen (Verbesserungen) - insbesondere in den als innerstaatliche Fluchtalternative in Betracht gezogenen Städten Mazar- e Sharif und Herat - seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen sind.

Somit ist die von der belangten Behörde verfügte Aberkennung des Schutzstatus nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 tatsächlich nicht das Resultat einer maßgeblichen Änderung des Sachverhalts (hinsichtlich der Person des BF oder der Lage im Herkunftsstaat).

Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass (lediglich) eine andere rechtliche Beurteilung oder Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts dem Wegfall oder (zumindest) der maßgeblichen Änderung jener Umstände, die zur rechtskräftigen Zuerkennung subsidiären Schutzes geführt haben, nicht gleichzuhalten ist, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass eine Bindung an die formal und materiell rechtskräftige Entscheidung über die Zuerkennung von subsidiärem Schutz besteht.

Somit ist die von der belangten Behörde verfügte Aberkennung des Schutzstatus nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 tatsächlich nicht das Resultat einer maßgeblichen Änderung des Sachverhalts (hinsichtlich der Person des BF oder der Lage im Herkunftsstaat).

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben. Dem BF kommt aufgrund der Behebung dieses Spruchpunktes weiterhin der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug den Herkunftsstaat Afghanistan zu. Da dem BF mit diesem Erkenntnis in Folge der Behebung von Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides weiterhin der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zukommt, verlieren die übrigen von der belangten Behörde getroffenen Aussprüche III. bis VI. ihre rechtliche Grundlage, weshalb diese (ebenfalls) ersatzlos aufzuheben sind.

Vor diesem Hintergrund ist Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides spruchgemäß dahingehend abzuändern, dass dem Antrag des BF auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und seine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter um zwei Jahre zu verlängern ist.

II.3.4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gem. § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gem. § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Es war im konkreten Verfahren insbesondere die Rechtsfrage zu lösen, ob eine durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verortete Änderung der Entscheidungspraxis der Höchstgerichte zu den Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 erfüllen. Der maßgebliche Sachverhalt ist auch aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG als geklärt anzusehen, weshalb insgesamt von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte. Im vorliegenden Fall hat auch die belangte Behörde auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu insbesondere die unter Pkt. II.3.4. zitierte Rechtsprechung), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich zudem als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 befristete Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung Berufserfahrung ersatzlose Teilbehebung familiäre Situation individuelle Verhältnisse Rückkehrentscheidung behoben Sicherheitslage Verlängerung Versorgungslage wesentliche Änderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W231.2212247.1.00

Im RIS seit

15.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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