Entscheidungsdatum
05.05.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I416 2230584-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Ungarn, vertreten durch RA MMag. Peter SCHWEIGER, Baumannstraße 9/6, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.12.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf zweieinhalb (2,5) Jahre herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ein Staatsangehöriger von Ungarn wurde am 27.06.2018 im Bundesgebiet betreten und wegen des Verdachts der Geldfälschung festgenommen. Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 1. Juli 2018 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt.
2. Am 25.7.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme führte er aus, dass er gesund sei, keine Medikamente nehme oder in ärztlicher Behandlung stehen würde, in seiner Heimat würde er von seiner Mutter unterstützt werden, im Sommer würde er als Ferialarbeiter arbeiten. Er gab weiters an, dass er zuletzt am 27.6.2018 für eine Bewerbung für eine Arbeitsstelle ins Bundesgebiet eingereist sei, wobei er während dieses Aufenthaltes keine Unterkunft genommen und nicht behördlich gemeldet gewesen wäre. In Österreich habe er keine Verwandten oder Familienangehörigen, habe keine Sorgepflichten, in Ungarn würde noch seine Mutter leben, Geschwister habe er keine. Auf Vorhalt das ihm das Verbrechen der Geldfälschung nach § 232 Abs. 1 StGB unter Weitergabe und des Besitzes nachgemachten oder verfälschten Geldes nach 233 Abs. 1 Z. 1 StGB zur Last gelegt werde führte er wörtlich aus: "Ja das stimmt." Er führte weiters auf Vorhalt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbots beabsichtigt sei, wörtlich aus: "Ich kann dazu nichts sagen." Gefragt, ob er noch etwas vorbringen möchte, führte er wörtlich an: "Ich möchte so schnell möglich wieder nach Hause."
3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 5. Dezember 2018, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten rechtskräftig verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Hinsichtlich der Strafbemessungsgründe wurde mildernd das Alter unter 21 Jahren, ein reumütiges Geständnis, der bisherige ordentliche Lebenswandel und die Konfiskation der falschen Geldscheine gewertet, als erschwerend wurden die wiederholten Tathandlungen gesehen. Der Beschwerdeführer wurde am 05.12.2018 bedingt entlassen.
4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 21.12.2018 wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz wurde ihm kein Durchführungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer am 05.12.2018 in Österreich zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon 14 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt worden war. Berücksichtigt wurde zudem, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet während seines Aufenthaltes keine Unterkunft genommen hat bzw. über keine Familienbeziehungen in Österreich verfügt und weder beruflich noch sozial verankert ist. Die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers sei daher im öffentlichen Interesse notwendig.
5. Mit Schriftsatz vom 17.7.2019 wurde seitens des nunmehrigen Rechtsvertreters die Vollmacht bekannt gegeben und der Antrag auf Übersendung des Bescheides über die Verhängung des Einreiseverbotes gestellt. Mit weiterem Schriftsatz vom 01.10.2019 wurde der Antrag auf neuerliche Zustellung, in eventu ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, gestellt und gleichzeitig die Beschwerde übermittelt.
6. Mit E-Mail vom 2. April 2020 wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Bescheid vom 21.12.2018 versehen mit einer Amtssignatur datiert vom 02.04.2020 übermittelt und bestätigte dieser den Erhalt mit Schreiben vom 02.04.2020.
7. Mit Schriftsatz vom 27.04.2020 erhob der Beschwerdeführer durch seinen gewillkürten Rechtsvertreter Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Begründend wurden zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt ein junger Erwachsener gewesen sei und dass weiters als mildernd, sein reumütiges Geständnis und sein bisher ordentlicher Lebenswandel gewertet worden seien. Unter Berücksichtigung dieser Milderungsgründe sei bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren lediglich eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten verhängt worden, wovon 14 Monate bedingt nachgesehen worden seien, es könne sohin nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde, zudem habe er sich seit seiner Haftentlassung nicht mehr auffällig verhalten. Letztlich wurde ausgeführt, dass die verhängte Dauer des Aufenthaltsverbots von acht Jahren nicht angemessen sei, da die belangte Behörde bei der Festsetzung des Aufenthaltsverbots nicht auf die im Strafurteil bereits angeführten mildernden Umstände und das Faktum des jugendlichen Alters Bedacht genommen hätte. Unter Zugrundelegung der dargestellten Grundsätze, sei daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung davon auszugehen, dass die gegenüber dem Beschwerdeführer verhängte Dauer des Aufenthaltsverbots als viel zu hoch und nicht angemessen sei, es werde daher beantragt das Bundesverwaltungsgericht möge gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG einstellen, in eventu die Dauer des auf Aufenthaltsverbotes auf eine angemessene Zeit, jedenfalls aber unter drei Jahre, herabzusetzen.
8. Die gegenständliche Beschwerde samt dem dazugehörigen Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 29.04.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist ungarischer Staatsangehöriger und somit EWR-Bürger bzw. Unionsbürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.
Der Beschwerdeführer reiste am 27.6.2018 ins Bundesgebiet ein und wurde am selben Tag festgenommen. Der Beschwerdeführer befand sich vom 27.06.2018 bis 05.12.2018 in Untersuchungshaft.
Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keine aufrechte Meldeadresse.
Der Beschwerdeführer ist ledig, gesund und hat keine Sorgepflichten. Der Beschwerdeführer weist in Österreich weder familiäre noch soziale Bezugspunkte auf.
In seiner Heimat wohnt die Mutter des Beschwerdeführers und wird der Beschwerdeführer von dieser finanziell unterstützt.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 05. Dezember 2018, Zl. XXXX zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs. 2 StGB, iVm §§ 19 Abs. 1, 5 Ziffer 4 JGG rechtskräftig verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Der Verurteilung liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Beschwerdeführer nachgemachtes Geld, nämlich insgesamt 24 Stück 50 Euroscheine, aus dem "DarkNet" von Fälschern bestellt und diese mit dem Vorsatz sie als echt und unverfälscht auszugeben, aus Ungarn aus- und nach Österreich eingeführt hat, um diese in weiterer Folge in Lebensmittelgeschäften in Verkehr zu setzten, wobei es zweimal beim Versuch geblieben ist. Bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren nach dem JGG, wurde dabei als mildernd sein Alter unter 21 Jahren sein reumütiges Geständnis sein bisheriger ordentlicher Lebenswandel und die Konfiguration gewertet, als erschwerend die wiederholten Tathandlungen.
Der Beschwerdeführer hat die besagten Straftaten begangen und das beschriebene Verhalten gesetzt.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Insbesondere wurden auch Auszüge aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister (woraus sich ergibt, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Inhaftierung nie im Bundesgebiet gemeldet war) und dem Strafregister eingeholt. Ergänzend wurde Einsicht in das Strafurteil erster Instanz genommen.
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines vorgelegten ungarischen Identitätsnachweises fest.
Dass der Beschwerdeführer gesund ist und in Österreich über keine Familie verfügt, ergibt sich einerseits aus der niederschriftliche Einvernahme vom 25.07.2018 und andererseits aus der Tatsache, dass er nach seiner Haftentlassung das Bundesgebiet verlassen hat, sowie aus dem Umstand, dass die entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde nicht bestritten wurden.
Dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall nach Österreich reiste um die gefälschten Banknoten in Verkehr zu bringen und somit eine Straftat zu begehen, ergibt sich einerseits daraus, dass die entsprechenden Feststellungen des Bescheides unwidersprochen blieben, andererseits aus dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 05.12.2018, Zl. XXXX, in dem zur subjektiven Tatseite festgehalten wurde, dass der Angeklagte die falschen Banknoten günstig ankaufen wollte, um sich in weiterer Folge das echte Wechselgeld zuzueignen und sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.1.1. Als Staatsangehöriger von Ungarn ist der BF EWR-Bürger iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
Gemäß § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.
Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Gemäß § 67 Abs. 4 FPG ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK sind insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und die Frage ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.
Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, Zl. 2013/22/0309).
Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Zl. Ra 2016/21/0075).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:
Der BF hat sich weder seit zehn Jahren im Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes aufgehalten, noch konnte ein durchgehendender und rechtmäßiger Aufenthalt von fünf Jahren des BF im Bundesgebiet im Sinne des § 53a NAG festgestellt werden. Daher ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") maßgeblich.
Im Mittelpunkt der zu erstellenden Gefährdungsprognose steht die strafgerichtliche Verurteilung des BF durch das Landesgericht XXXX vom 05.12.2018. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der BF nachgemachtes Geld, nämlich falsche ? 50 Banknoten, im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann mit dem Vorsatz übernommen hatte, diese als echt und unverfälscht in österreichischen Geschäften und Restaurants in Verkehr zu bringen. Dazu hat der Beschwerdeführer die nachgemachten Geldscheine beim Darknet-Marktplatz "XXXX" bestellt. Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass es sich bei den erworbenen Banknoten um Falschgeld handelt und wollte er die gegenständlichen Banknoten günstig ankaufen und sich das echte Wechselgeld zueignen, um sich unrechtmäßig zu bereichern.
Des Weiteren war zu berücksichtigen, dass der BF die gegenständlichen Tathandlungen über einen zumindest längeren Zeitraum (vier Wochen) gesetzt hat und zur Begehung dieser Tathandlungen wiederholt ins Bundesgebiet eingereist ist.
Der BF hat durch seine Tathandlung, nämlich bewusst Falschgeld in Verkehr zu bringen, deutlich seine Bereitschaft gezeigt, rechtswidrig in fremdes Eigentum einzugreifen, um sich zu bereichern. Er hat diese Tathandlungen auch mehrfach, nämlich erwiesenermaßen 5-mal, wobei es zweimal beim Versuch geblieben ist, vorgenommen.
Diese beschriebenen Umstände weisen zusammen mit der Tatsache, dass er sich die gefälschten Banknoten in Ungarn beschafft hat und der darauffolgenden Einreise ins Bundesgebiet, mit dem Vorsatz dies Banknoten in Verkehr zu setzen, insgesamt auf eine erhebliche kriminelle Energie und auf ein mehrfaches und schwerwiegendes persönliches Fehlverhalten des BF hin. Davon ausgehend, ergibt sich jedenfalls aufgrund der Delinquenz des BF die Gefahr, dass der BF geneigt ist, oben beschriebenes Verhalten in Österreich neuerlich fortzusetzen.
Damit ergibt sich eine vom BF ausgehende tatsächliche Gefahr für die Grundinteressen der Gesellschaft an der Verhinderung von Betrugskriminalität (VwGH 28.06.2017, 2007/21/0161). Im Zusammenhang mit der fortgesetzten Tathandlung und der grundsätzlichen Schwere der Tat (Qualifizierung als Verbrechen im Sinne des § 17 StGB) ist von einer Erheblichkeit dieser Gefahr auszugehen.
Zu beurteilen ist weiters die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinn des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Tatsächlichkeit und Erheblichkeit vorliegen muss. Ein allfälliger Gesinnungswandel kann nicht am Verhalten in der Strafhaft, sondern nur daran geprüft werden, wie lange sich der BF in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 13.02.2007, 2006/18/0497 mwN; 28.01.2016, Ra 2016/21/0013; 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Der BF wurde am 05.12.2018 aus der Haft entlassen. Die vom BF seit dem Vollzug der Freiheitsstrafe in Freiheit verbrachte Zeit ist zu kurz, um eine Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG gänzlich ausschließen zu können, daran kann auch die in der Beschwerde unsubstantiiert gebliebene Behauptung, er habe sich seitdem wohlverhalten, nicht entscheidungsmaßgebliches ändern.
Bei Gesamtbetrachtung liegt daher eine tatsächliche, erhebliche und auch gegenwärtige Gefahr vor, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 FPG sind somit gegeben.
Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen.
Der BF verfügt nach eigenen Angaben in Österreich über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte.
Zudem hatte der BF zu keinem Zeitpunkt einen Wohnsitz in Österreich oder Bestrebungen gezeigt, einen solchen im Bundesgebiet zu begründen, weshalb davon auszugehen ist, dass der Lebensmittelpunkt des BF in Ungarn liegt, dies spiegelt sich auch in seiner Aussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wieder wo er wörtlich ausführte: "Ich möchte so schnell wie möglich wieder nach Hause." Der BF ist ein gesunder, junger Mann und hat im Herkunftsstaat eine Schulausbildung absolviert, weshalb er in der Lage ist, sich in Ungarn am Erwerbsleben zu beteiligen und sich dort eine Lebensgrundlage zu erwirtschaften. Allein die von ihm angegebene relativ kurze Aufenthaltsdauer in Wien im Jahr 2017 (täglich zwischen Wien und Ungarn gependelt) kann kein schützenswertes Privatleben begründen.
Angesichts des mit der strafgerichtlichen Verurteilung zu Tage getretenen und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF verstößt das Aufenthaltsverbot nicht gegen Art 8 EMRK, ist es doch zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten.
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als allfällige gegenläufige private Interessen des BF.
Daher ist die belangte Behörde somit zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf den Beschwerdeführer als erforderlich, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.
Das von der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 1 FPG angeordnete Aufenthaltsverbot erweist sich somit dem Grunde nach als zulässig, weshalb eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht in Betracht kam und die Beschwerde insoweit als unbegründet abzuweisen war.
Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Aufenthaltsverbotes von acht Jahren als nicht angemessen. Dies aus folgenden Erwägungen:
In Anbetracht der vom BF begangenen Straftaten nach dem Strafgesetzbuch ist festzuhalten, dass der für die Bestimmung des Strafrahmens maßgebliche § 232 Abs. 1 StGB ("Strafbare Handlungen gegen die Sicherheit des Verkehrs mit Geld, Wertpapieren, Wertzeichen und unbaren Zahlungsmitteln - Geldfälschung") einen Strafrahmen von bis zu zehn Jahren, im Falle der Anwendung des JGG einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Das Strafgericht hat den BF rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon 14 Monate bedingt, auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Der mögliche Strafrahmen wurde vom Strafgericht demnach bei weitem nicht zur Gänze ausgeschöpft. Die Strafe wurde vielmehr in der unteren Hälfte des Strafrahmens angesetzt. Zudem fällt dabei auch ins Gewicht, dass der BF bis zu dieser Verurteilung in Österreich unbescholten war.
Die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Aufenthaltsverbotes von acht Jahren steht im Vergleich zu der im gegenständlichen Fall tatsächlich verhängten Freiheitsstrafe und dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründen demnach außer Relation.
Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Aufenthaltsverbotes daher spruchgemäß in angemessener Weise auf zweieinhalb (2,5) Jahre herabzusetzen und der Beschwerde insoweit Folge zu geben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides:
Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid (Spruchpunkte II. und III.) gemäß § 70 Abs. 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub erteilt und gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgen, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass gesondert zu begründen ist, inwieweit die sofortige Ausreise eines BF geboten sein soll. Die auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen (VwGH 21.11.2006, Zl. 2006/21/0171 mwN).
Wie bereits oben zur Gefährlichkeit des BF und dessen negativen Zukunftsprognose ausgeführt wurde, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet. So kann aufgrund der tristen finanziellen Lage des BF vor dem Hintergrund seines gezeigten Verhaltens ein Rückfall nicht ausgeschlossen werden.
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortigen Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte naheliegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist sohin nicht erkennbar.
Zudem ist im gegenständlichen Verfahren die Beschwerde am 29.04.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangt und konnte ein gesonderter Abspruch über die aufschiebenden Wirkung unterbleiben bzw. erübrigte sich ein solcher aufgrund der am 05.05.2020 getroffenen Entscheidung in der Sache selbst, da die Entscheidung demnach innerhalb der in § 18 Abs. 5 BFA-VG genannten Frist von einer Woche ab Vorlage der Beschwerde ergeht, sodass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren auch nicht in seinen Rechten verletzt sein kann.
Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden und wurden diese in der Beschwerde auch nicht moniert, sodass die Beschwerde in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen war.
Der Vollständigkeit halber ist im gegenständlichen Verfahren im Hinblick auf die Beschwerdevorlage und die seitens der belangten Behörde gemachten Bemerkungen zum Verfahren insbesondere jene, dass das Verfahren hieramts als rechtskräftig eingetragen sei, da eine ganz offensichtliche Fristversäumung vorliegt, auszuführen, dass die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf neuerliche Zustellung des Bescheides vom 01.10.2019 entsprochen hat, wodurch der in eventu gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand keiner weiteren Beurteilung seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bedarf. Sohin ist für den erkennenden Richter nicht ersichtlich worin die von der belangten Behörde aufgeworfene offensichtliche Fristversäumnis liegen soll, da die belangte Behörde durch die neuerliche Zustellung selbst von einer ursprünglich nicht ordnungsgemäßen Zustellung des bekämpften Bescheides an den Beschwerdeführer ausgegangen sein muss widrigenfalls sich diese mit dem Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers inhaltlich auseinandersetzen hätte müssen.
4. Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Der maßgebende Sachverhalt wurde vom BFA abschließend ermittelt. Die wesentlichen Feststellungen, insbesondere zu der vom Beschwerdeführer in Österreich begangenen Straftat blieben unbestritten. Tatsächlich blieben alle im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen (so auch, dass der Beschwerdeführer in Österreich kein Familienleben führt, dass der Beschwerdeführer gesund ist, dass er nie einen Wohnsitz in Österreich hatte) unwidersprochen. Unter diesen Umständen hätte selbst ein positiver persönlicher Eindruck zu keinem anderen Ergebnis geführt. Somit lag kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/002).
Da für das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben sind und sich insbesondere aus den Ausführungen der Beschwerde kein Hinweis auf die Notwendigkeit ergab, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern, wurde von einer Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.
Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2020:I416.2230584.1.00Im RIS seit
10.09.2020Zuletzt aktualisiert am
10.09.2020