Entscheidungsdatum
18.06.2020Norm
AuslBG §4Spruch
W209 2226041-1/8E
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes PFLUG und Philipp KUHLMANN als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX GmbH, XXXX , XXXX , vertreten durch Mag. Michaela KRÖMER, Rechtsanwältin in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Oberwart vom 25.09.2019, GZ: 08114/ABB-Nr. 4015764, betreffend Abweisung eines Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den am XXXX geborenen pakistanischen Staatsangehörigen XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die XXXX GmbH mit Sitz in XXXX , XXXX , (im Folgenden: Beschwerdeführerin) beantragte am 04.09.2019 eine Beschäftigungsbewilligung für den am XXXX geborenen pakistanischen Staatsangehöriger XXXX (im Folgenden: Mitbeteiligter) für die berufliche Tätigkeit als Spengler (Lehrling/Auszubildende/r). Der Mitbeteiligte stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 10.01.2018 abgewiesen wurde. Die Beschwerde dagegen ist seit 09.02.2018 beim Bundesverwaltungsgericht zur GZ L516 2185724-1 anhängig.
2. Mit Schreiben vom 04.09.2019 ersuchte die belangte Behörde (im Folgenden: AMS) die Beschwerdeführerin, Angaben zu der in Aussicht gestellten Entlohnung des Mitbeteiligten zu machen. Daraufhin teilte die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf den im Jahr 2019 geltenden Kollektivvertrag mit, dass die Entlohnung im ersten Lehrjahr ? 675,00 betragen werde. Darüber hinaus übermittelte die Beschwerdeführerin dem AMS in Entsprechung eines mit gesondertem Schreiben vom selben Tag ergangenen Auftrages einen Vermittlungsauftrag.
3. Mit angefochtenem Bescheid vom 25.09.2019 wies das AMS den verfahrensgegenständlichen Antrag mit der Begründung ab, dass gemäß Erlass des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12.09.2018 Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen gemäß § 4 Abs. 3 Z. 1 AuslBG einer einhelligen Befürwortung durch den Regionalbeirat bedürften und dieser mit Beschluss vom 16.09.2019 dem Antrag nicht einhellig zugestimmt habe.
4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreterin binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Zustimmung des Regionalbeirat gemäß Österreichischer Stellungnahme an die Europäische Kommission gemäß Art. 28 zur Umsetzung der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahme-RL) kein zwingendes Erteilungskriterium sei. Zwar lasse Art. 15 Abs. 2 Aufnahme-RL den Mitgliedstaaten offen, EWR Bürgern oder sonstigen Drittstaatsangehörigen Vorrang einzuräumen. Der dort normierte "effektive Zugang zum Arbeitsmarkt" müsse aber "spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz" jedenfalls gewährleistet sein. So das Recht auf einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß Art. 15 Aufnahme-RL vorliege, müsse nach Art. 16 Abs. 2 Aufnahme-RL auch der Zugang zur beruflichen Bildung gegeben sein. Die Abweisung des verfahrensgegenständlichen Antrags stehe somit im Widerspruch zu Unionsrecht. Bereits aus dem Wortlaut des Art. 15 Aufnahme-RL gehe unmissverständlich hervor, dass Art. 15 Aufnahme-RL immer dann zur Anwendung komme, wenn ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden sei und dieser Antrag nicht binnen 9 Monaten, ohne Verschulden des Antragstellers, in der ersten Instanz entschieden worden sei. Werde der Antrag binnen neun Monaten entschieden, stehe dem Antragsteller und Asylwerber kein Recht auf einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt zu. Da explizit und ausschließlich auf das erstinstanzliche Verfahren Bezug genommen werde, bleibe das Recht auf effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt aufrecht, wenn die Behörde nach neun Monaten im erstinstanzlichen Verfahren eine negative Entscheidung fälle. Weiters spreche Art. 15 Aufnahme-RL bewusst vom Zeitpunkt der Antragstellung und nicht vom Zeitpunkt der Entscheidung. Art. 15 Abs. 3 Aufnahme-RL bekräftige darüber hinaus, dass im Falle der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung diese im Falle einer negativen erstinstanzlichen Entscheidung nicht entzogen werden dürfe, sondern für die Dauer des gesamten Verfahrens gelte. Art. 15 der Aufnahme-RL könne - im Einklang mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) - somit nur dahingehend verstanden werden, dass sämtliche gewährte Rechte für die Dauer eines gesamten (Rechtsmittel)verfahrens gewährt werden müssten, da anderenfalls Art. 15 Aufnahme-RL im Widerspruch zu Art. 47 GRC stünde. Schließlich wurde die Vorlage der Frage, ob die Einschränkung der Beschäftigung von AsylwerberInnen auf Saisonbeschäftigungen zulässig ist, an den Europäischen Gerichtshof angeregt.
5. Am 03.12.2019 einlangend legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
6. Mit Beschluss vom 24.03.2020 setzte das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in einem der zu den Zahlen Ro 2019/09/0011 und Ro 2019/09/0014 anhängigen Verfahren, denen ebenfalls die Rechtsfrage zugrunde lag, ob eine Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen mit der Begründung, dass keine der im § 4 Abs. 3 AuslBG genannten Voraussetzungen vorliegt, abgelehnt werden dürfe, obwohl Art. 15 Aufnahme-RL Asylwerbern spätestens 9 Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz das Recht auf einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt einräumt, aus.
7. Mit Erkenntnis vom 28.04.2020, Ro 2019/09/0011, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2019, GZ L517 2217964-1/5E und L517 2217631-1/5E, mit dem es feststellte, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 1, 2 und 3 AuslBG vorlägen, mit der Begründung auf, dass unter Berücksichtigung des eindeutigen, keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlautes des Art. 15 Aufnahme-RL die Verpflichtung der Einräumung eines "effektiven" Arbeitsmarktzuganges nur bis zur Erlassung einer erstinstanzlichen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz vorsehe und somit in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall der unmittelbaren Anwendung des Art. 15 Aufnahme-RL schon der Umstand entgegenstehe, dass der Antrag auf Beschäftigungsbewilligung erst nach der ablehnenden Entscheidung im erstinstanzlichen Asylverfahren gestellt worden sei.
8. Mit Schreiben vom 15.05.2020 teilte die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin mit, dass der in der Bescheidbeschwerde angeregte Vorabentscheidungsantrag gemäß Art. 267 AEUV aufrecht erhalten werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der mitbeteiligte Ausländer stellte am 02.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 10.01.2018 abgewiesen wurde. Die Beschwerde dagegen ist seit 09.02.2018 beim Bundesverwaltungsgericht zur GZ L516 2185724-1 anhängig.
Am 04.09.2019 beantragte die Beschwerdeführerin die verfahrensgegenständliche Beschäftigungsbewilligung für den Mitbeteiligten für die berufliche Tätigkeit als Spengler (Lehrling/Auszubildende/r).
Der Regionalbeirat des AMS Oberwart lehnte die Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung mit Beschluss vom 16.09.2019 ab und stützte seine Entscheidung auf den Erlass des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12.09.2018, GZ BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, demzufolge alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11.05.2004, GZ 435.006/6-II/7/2004, zu prüfen und zu erledigen sind.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.
Die Gründe für die nicht einhellige Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat ergehen aus der Stellungnahme des AMS, die es anlässlich der Beschwerdevorlage abgab.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Die im vorliegenden Fall anzuwendenden maßgebenden Rechtsvorschriften lauten:
§ 4 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018:
"Beschäftigungsbewilligung
Voraussetzungen
§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und
1. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß § 46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß § 1 Abs. 2 lit. a vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war,
2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,
3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,
4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,
5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,
6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,
7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,
8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt,
9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung
a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder
b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,
es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist,
10. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländern eine nicht ortsübliche Unterkunft zur Verfügung gestellt hat und
11. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 bestätigt, dass dem Ausländer für die beabsichtigte Dauer der Beschäftigung eine ortsübliche Unterkunft zur Verfügung stehen wird und, sofern die Unterkunft vom oder über den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, die Miete nicht automatisch vom Lohn abgezogen wird.
(2) ...
(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 und 2 nur erteilt werden, wenn
1. der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet oder
(Anm.: Z 2 bis 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)
5. der Ausländer gemäß § 5 befristet beschäftigt werden soll oder
6. der Ausländer über eine Aufenthaltsbewilligung als Schüler (§ 63 NAG) oder Student (§ 64 Abs. 1 und 4 NAG) verfügt oder Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels "Student" eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ist und im Rahmen eines Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen einen Teil des Studiums in einer inländischen Hochschuleinrichtung absolviert oder
7. der Ausländer Betriebsentsandter ist (§ 18) oder
(Anm.: Z 8 aufgehoben durch Art. 1 Z 8, BGBl. I Nr. 66/2017)
9. der Ausländer gemäß § 57 AsylG 2005 besonderen Schutz genießt oder
10. für den Ausländer eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß § 16 Abs. 4 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 des Landarbeitsgesetzes 1984 vorliegt oder, sofern eine solche Bewilligung gemäß § 16a AÜG bzw. § 40a Abs. 6 des Landarbeitsgesetzes 1984 nicht erforderlich ist, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 Z 1 bis 3 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 Z 1 bis 3 des Landarbeitsgesetzes 1984 sinngemäß vorliegen oder
11. der Ausländer auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu einer Beschäftigung zuzulassen ist oder
12. der Ausländer Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609, hat oder
13. der Ausländer nicht länger als sechs Monate als Künstler (§14) beschäftigt werden soll oder
14. der Ausländer einer Personengruppe gemäß einer Verordnung nach Abs. 4 angehört.
(4) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann durch Verordnung festlegen, dass für weitere Personengruppen, an deren Beschäftigung öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen, Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden dürfen. Die Verordnung kann eine bestimmte Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen, einen Höchstrahmen für einzelne Gruppen und - sofern es die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zulässt - den Entfall der Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall vorsehen.
(5) bis (7) ..."
§ 32 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 72/2013:
"Übergangsbestimmungen
§ 32. (1) bis (9) ...
(10) Verordnungen, die vor In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 25/2011 aufgrund des § 12a Abs. 2 erlassen wurden, gelten als Verordnungen gemäß § 14 Abs. 3 weiter.
(11) ...
(12) Verordnungen, die vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 72/2013 aufgrund des § 14 Abs. 3 erlassen wurden, gelten als Verordnungen gemäß § 4 Abs. 4 weiter."
§ 1 BHZÜV in der Fassung BGBl. II Nr. 206/2011:
"§ 1. Über die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 14 Abs. 1 AuslBG hinaus dürfen Sicherungsbescheinigungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden für
1. Ausländer, deren Beschäftigung im Hinblick auf ihre fortgeschrittene Integration geboten erscheint;
2. bis 13. ..."
Art. 15 Richtlinie 2013/33/EU:
"Beschäftigung
(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Antragsteller spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat und diese Verzögerung nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden kann.
(2) Die Mitgliedstaaten beschließen nach Maßgabe ihres einzelstaatlichen Rechts, unter welchen Voraussetzungen dem Antragsteller Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird, wobei sie gleichzeitig für einen effektiven Arbeitsmarktzugang für Antragsteller sorgen.
Aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik können die Mitgliedstaaten Bürgern der Union, Angehörigen der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen Vorrang einräumen.
(3) Das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt darf während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung in einem Standardverfahren aufschiebende Wirkung haben, bis zum Zeitpunkt, zu dem die ablehnende Entscheidung zugestellt wird, nicht entzogen werden.
Art. 28 Richtlinie 2013/33/EU:
"System zur Lenkung, Überwachung und Steuerung
(1) Die Mitgliedstaaten führen im Einklang mit ihrer verfassungsrechtlichen Struktur Mechanismen ein, um eine geignete Lenkung, Überwachung und Steuerung des Niveaus der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile sicherzustellen.
(2) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission unter Verwendung des Vordrucks in Anhang I spätestens am 20. Juli 2016 die entsprechenden Informationen."
Die Österreichische Stellungnahme an die Europäische Kommission gemäß Art. 28 zur Umsetzung der RL 2013/33/EU lautet:
"In Entsprechung des Artikels 15 Abs. 1 der Aufnahme-RL haben Asylwerberinnen und Asylwerber Arbeitsmarktzugang im Wege eines Beschäftigungsbewilligungsverfahrens gemäß § 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG). Potentielle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben die Beschäftigungsbewilligung vor Arbeitsaufnahme der Asylwerberinnen und Asylwerber einzuholen. Die nach Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU zulässige Arbeitsmarktprüfung erfolgt nach Maßgabe des § 4b AuslBG, wonach Ausländerinnen und Ausländer mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürgerinnen und -Bürger, Schweizerinnen und Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmerinnen und-arbeitnehmer oder Ausländerinnen und Ausländer mit unbeschränkten Arbeitsmarktzugang Vorrang einzuräumen ist. Beschäftigungsbewilligungen sind für Asylwerber und Asylwerber zulässig, die seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind und einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz haben. Die übrigen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erforderlichen allgemeinen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG dienen insbesondere der Verhinderung illegaler Beschäftigung und der Sicherung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung unter Einhaltung der geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen."
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Der beantragte Ausländer verfügt aufgrund des derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens betreffend die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz über ein (vorläufiges) Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 und erfüllt somit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 AuslBG.
Gemäß Art. 15 Abs. 1 Aufnahme-RL haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass der Antragsteller spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat und diese Verzögerung nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden kann.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.04.2020, Ro 2019/09/0011, klar gestellt hat, sieht Art. 15 Aufnahme-RL die Verpflichtung der Einräumung eines "effektiven" Arbeitsmarktzuganges nur bis zur Erlassung einer erstinstanzlichen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz vor. Im vorliegenden Fall stand der unmittelbaren Anwendung des Art. 15 Aufnahme-RL daher schon der Umstand entgegen, dass der beschwerdegegenständliche Beschäftigungsbewilligungsantrag erst nach der ablehnenden Entscheidung im erstinstanzlichen Asylverfahren gestellt wurde.
Dementsprechend hatte die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung unter Außerachtlassung der Bestimmungen der Aufnahme-RL zu erfolgen.
§ 4 Abs. 3 AuslBG schränkt die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen auf bestimmte Fälle ein, in denen eine Beschäftigung aus arbeitsmarktpolitischen oder integrationspolitischen Gründen geboten ist (vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, AuslBG2 § 4 Rz 35).
Da im vorliegenden Fall die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Z. 5 bis 14 AuslBG weder behauptet wurde noch aufgrund der Aktenlage evident ist, käme die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nur in Betracht, wenn der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet hätte (§ 4 Abs. 3 Z. 1 AuslBG).
Im vorliegenden Fall lehnte der Regionalbeirat die Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung mit Beschluss vom 16.09.2019 ab und stützte seine Entscheidung auf den Erlass des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12.09.2018, GZ BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, demzufolge alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11.05.2004, GZ 435.006/6-II/7/2004, zu prüfen und zu erledigen sind. Der Erlass vom 11.05.2004 ordnet wiederum an, dass im Hinblick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation und auf Grund der künftig wesentlich rascher abgeschlossenen Asylverfahren für Asylwerber Beschäftigungsbewilligungen nur im Rahmen von Kontingenten gemäß § 5 zu erteilen (und somit entsprechende Anträge von den MitarbeiterInnen des AMS im Regionalbeirat nicht zu befürworten) sind.
Gemäß Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22.09.2017, E503/2016, hat das Bundesverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Befürwortung des Regionalbeirates zu prüfen.
Das Gesetz regelt nicht näher, wie der Regionalbeirat das ihm in § 4 Abs. 3 Z. 1 AuslBG eingeräumte Ermessen auszuüben hat. Da dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, dass er eine Norm geschaffen hätte, die es dem Gutdünken des Regionalbeirat überlässt, nach freier Wahl die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu befürworten oder nicht, obliegt es dem Regionalbeirat, sein Ermessen im Sinne des Gesetzes auszuüben.
Wie bereits oben dargelegt, schränkt § 4 Abs. 3 AuslBG die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen auf bestimmte Fälle ein, in denen eine Beschäftigung aus arbeitsmarktpolitischen oder integrationspolitischen Gründen geboten ist. Somit wäre die Ermessensausübung im Sinne des Gesetzes gelegen, wenn die Beschäftigung des beantragten Ausländers weder aus arbeitsmarktpolitischen noch aus integrationspolitischen Gründen geboten erschien.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass AsywerberInnen aufgrund ihrer ungesicherten aufenthaltsrechtlichen Position nicht als fortgeschritten integriert iSd § 1 Z. 1 der (gemäß § 32 Abs. 10 und 12 AuslBG im vorliegenden Fall sinngemäß anzuwendenden) Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV), BGBl. II Nr. 278/1995, gelten (vgl. VwGH 25.02.2004, 2003/09/0115). Demnach konnte der Regionalbeirat bei seiner Entscheidung davon ausgehen, dass an der Beschäftigung des mitbeteiligten Ausländers keine integrationspolitischen Interessen bestanden.
Da gegenständlich auch keine arbeitsmarktpolitischen Gründe ersichtlich sind, welche die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für die in Aussicht genommene Spenglerlehre als geboten erscheinen ließen, zumal bereits eine negative erstinstanzliche Asylentscheidung vorliegt und daher eine längerfristige Abdeckung der offenen Lehrstelle durch den beantragten Ausländer nicht zu erwarten ist, kann in der nicht einhelligen Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung keine willkürliche Ermessensausübung des Regionalbeirats erblickt werden.
Dementsprechend erfolgte die auf die nichteinhellige Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat gestützte Ablehnung des beschwerdegegenständlichen Antrags durch das AMS zu Recht, weswegen die Beschwerde dagegen gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.
Der Anregung, die Frage, ob die Einschränkung der Beschäftigung von AsylwerberInnen auf Saisonbeschäftigungen im Rahmen von Kontingenten gemäß § 5 AuslBG zulässig ist, gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen, war im Hinblick darauf, dass die Aufnahmerichtlinie im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangte, nicht zu folgen.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Beschwerdeführerin hat einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Der erkennende Senat erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedoch nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.
Da keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. u.a. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Arbeitsmarktzugang Asylwerber Beschäftigungsbewilligung Ermessensausübung Rechtsanschauung des VfGH Rechtsanschauung des VwGH Regionalbeirat RichtlinieEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2226041.1.01Im RIS seit
09.09.2020Zuletzt aktualisiert am
09.09.2020