TE Lvwg Beschluss 2020/7/29 LVwG-M-37/002-2019

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Veröffentlicht am 29.07.2020
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Entscheidungsdatum

29.07.2020

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Ing. Mag. Andreas Ferschner als Einzelrichter über die Maßnahmenbeschwerde der A, ***, *** (RUMÄNIEN), betreffend Einvernahme der Beschwerdeführerin am 28. Dezember 2019 in der Polizeiinspektion ***, den

BESCHLUSS

gefasst:

1.   Die Beschwerde, Frau A sei durch die Modalitäten der Durchführung der Einvernahme ihren Rechten verletzt worden, wird gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG zurückgewiesen.

2.   Die Beschwerdeführerin wird zum Ersatz der Barauslagen in der Höhe von € 239,70 und der Eingabegebühr von € 30,00 verpflichtet.

3.   Gegen die Beschlüsse ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig (§ 25a VwGG).

Begründung:

I.   

Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2019 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass sie am 28. November 2019 in der Polizeiinspektion *** einvernommen wurde. Dies zum Verfahren *** vor dem Landesgericht ***. Bei dieser Einvernahme habe der Beamte gewaltsame Gesten, wie das Drohen mit der Faust, gezeigt und den Versuch des Schlagens unternommen. Weites habe der Beamte einen Betrug zu Gunsten der Staatsanwaltschaft *** begangen. Es sei ihr auch verweigert worden mit der Botschaft zu telefonieren. Weiter habe er € 50,-- aus einer schwarzen Tasche genommen. Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf Verfahrenshilfe.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 12. März 2020 eine mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Beschwerdeführerin durch, in der die Zeugen B, C und D einvernommen wurden.

Die Zeugen B, C und D gaben an, dass sie die Einvernahme der Beschwerdeführerin im Auftrag der Staatsanwaltschaft *** durchführten. Dies unter der von der Beschwerdeführerin genannten Aktenzahl. Daher bestand für die Beschwerdeführerin nach der einschlägigen ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung die Möglichkeit, gegen die Amtshandlungen Einspruch nach § 106 StPO zu erheben. Darüber hinaus sei die Einvernahme friedlich abgelaufen und sei der Beschwerdeführerin zu keiner Zeit gedroht worden. Alle drei Zeugen hätten auch gleichlautend angegeben, dass es zu keinem Exzess gekommen wäre. Der Zeuge B sei niemals alleine mit der Beschwerdeführerin gewesen und habe diese einen Verteidiger (E) in der ganzen Zeit bei sich gehabt.

II. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus dem Gesagten:

Gegenstand der Beschwerden nach Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG können bloß solche Amtshandlungen sein, die einer Verwaltungsbehörde zuzurechnen sind. Nicht der Verwaltung zuzurechnen sind Amtshandlungen von Sicherheitsorganen im Dienste der Strafjustiz, wenn diese über Anordnung der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts erfolgen und durch diese Anordnungen gedeckt sind. Folglich steht in derartigen Fällen ein Rechtszug an die Verwaltungsgerichte nur bei Vorliegen eines sog. Exzesses offen (VwGH 22.4.2015, Ra 2014/04/0046). Findet die Amtshandlung an sich hingegen in einem solchen Auftrag Deckung, sind auch die Modalitäten, unter denen sie gesetzt wird, einer gesonderten Bekämpfung nicht zugänglich (VwGH 12.09.2013, 2013/04/0005; 21.01.2015, Ro 2014/04/0063).

Im konkreten Fall vermag ein die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte begründender Exzess nicht erkannt zu werden. Vielmehr vermeint die Beschwerdeführerin im Ergebnis, dass die Amtshandlungen unverhältnismäßig gewesen seien bzw. ihre Einvernahme zu dem vorgeworfenen Diebstahl rechtswidrig erfolgt sei. Zumal es sich aber bei der Frage der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen um bloße Modalitäten der Amtshandlungen handelt, wäre es Sache der Beschwerdeführerin gewesen, dies im Wege des Einspruchs nach § 106 StPO zu bekämpfen (vgl. zur Bekämpfbarkeit der Unverhältnismäßigkeit von Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen im gerichtlichen Strafverfahren vgl. RIS-Justiz RS0098696). Zumal der Rechtsbehelf des Einspruchs nicht nur der Beschuldigten, sondern jeder von einer Maßnahme betroffenen Person zukommt (Pilnacek/Stricker in Fuchs/Ratz [Hrsg], WK StPO [Stand 13.11.2017, rdb.at] § 106 Rz 10 m.w.N.), hätte die Beschwerdeführerin in diesem Verfahren vollen Rechtsschutz erlangen können. Eine allfällige Rechtsschutzlücke vermag nicht erkannt zu werden.

Die Beschwerde erweist sich daher im Ergebnis mangels Vorliegens von Akten unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt als unzulässig und war folglich zurückzuweisen.

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführerin die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei (Abs.2). Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder von der Beschwerdeführerin vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführerin die unterlegene Partei (Abs.3).

Gemäß § 35 Abs. 6 VwGVG gelten die §§ 52 bis 54 VwGG auch für den Aufwandersatz nach Abs. 1.

Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin als unterlegene Partei zu betrachten und zur Kostentragung zu verpflichten ist. Aufwandsersatz ist nur auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solcher Antrag wurde nicht gestellt und war daher kein Aufwandsersatz zu leisten. Die Barauslagen in der Höhe von € 239,70 sind durch die Bestellung einer Dolmetscherin entstanden.

Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Beigebung eines Verfahrenshelfers war keine Folge zu geben, da die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hatte und die Beschwerdeführerin in der Verhandlung ihre finanzielle Situation nicht darlegen konnte.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; staatsanwaltschaftliche Anordnung; Exzess;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.M.37.002.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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