Entscheidungsdatum
11.05.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §45 Abs1 Z3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. Pichler über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat … für die Bezirke ..., vom 15. Dezember 2019, Zl. VStV/..., betreffend Übertretungen des Sicherheitspolizeigesetzes und des Wiener Landessicherheitsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2020,
zu Recht:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes 2. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis insoweit aufgehoben und das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer insoweit gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Straferkenntnisses insoweit Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe von € 200,00 auf € 150,00 und die Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen und14 Stunden auf 4 Tage und 4 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses die Wortfolge „mit angespannten Körper sowie geballten Fäusten“ durch die Wortfolge „gestikulierend, mit erhobenen Armen“ ersetzt wird, die Strafsanktionsnorm zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses „§ 82 Abs. 1 erster Satz SPG“ zu lauten hat und in der Verfügung der Vorhaftanrechnung die Wortfolge „Punkt 2.“ durch „Punkt 3.“ ersetzt wird.
III. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens beträgt gemäß § 64 VStG € 35,00 (das ist zu den Spruchpunkt 1. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses jeweils 10% der verhängten Geldstrafe). Der zu zahlende Gesamtbetrag für das erstinstanzliche Strafverfahren lautet: € 355,78.
IV. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 40,00 zu leisten (das sind zu Spruchpunkt 3. des angefochtenen Straferkenntnisses 20% der verhängten Geldstrafe).
V. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG durch die vor dem Verwaltungsgericht Wien belangte Behörde unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:
„Straferkenntnis
Spruch
[…]
In Kenntnis des Akteninhaltes und nach Erörterung des Sachverhaltes sowie der Rechtslage wird dem/der Beschuldigten folgendes STRAFERKENNTNIS verkündet:
[…]
1. Datum/Zeit: 15.12.2019, 02:50 Uhr
Ort: Wien, C.
Sie haben am 15.12.2019 um 02:50 Uhr in Wien, C. sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrgenommen hat, aggressiv verhalten, indem Sie weiterhin nahe und mit angespannten Körper sowie geballten Fäusten an die
einschreitenden Polizisten herangetreten sind.
2. Datum/Zeit: 15.12.2019, 02:50 Uhr
Ort: Wien, C.
Sie haben am 15.12.2019 um 02:50 Uhr in Wien, C. den öffentlichen Anstand verletzt, indem Sie die einschreitenden Polizisten unter anderem mit den Worten „Ihr Lutscher, ihr Schwanzlutscher … ihr Schwuchteln“ beschimpft haben.
3. Datum/Zeit: 15.12.2019, 02:50 Uhr
Ort: Wien, C., Neben Lokal „D.“
Sie haben am 15.12.2019 um 02:50 Uhr in Wien, C. lautstark geschrien und dadurch in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
1. § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. 566/91 i.d.g.F.
2. § 1 Abs. 1 Z. 1 WLSG
3. § 1 Abs. 1 Z. 2 WLSG
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Freiheitsstrafe von
Gemäß
1. € 200,00
5 Tage(n) 14 Stunde(n) 0 Minute(n)
§ 82 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz
2. € 200,00
1 Tage(n) 23 Stunde(n) 0 Minute(n)
§ 1 Abs. 1 WLSG
3. € 200,00
1 Tage(n) 23 Stunde(n) 0 Minute(n)
§ 1 Abs. 1 WLSG
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Gem. § 19a VStG wird Ihnen die erlittene Vorhaft am 15.12.2019 um 02:53 Uhr bis 9:45 Uhr, das sind € 29,22 auf das unter Punkt 2. verhängte Strafe angerechnet[.]
Ferner hat der/die Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 60,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 630,78.“
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sich die Bestrafung auf die Anzeige vom 15. Dezember 2019 stütze. Der Beschwerdeführer habe sich nicht äußern wollen. Es habe kein Grund bestanden, an den Angaben des Meldungslegers zu zweifeln, diese Angaben in der Anzeige seien detailgetreu und widerspruchsfrei. Die Strafhöhe sei in Ansehung der Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers angemessen, es seien weder erschwerende Umstände noch Milderungsgründe hervorgekommen.
2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte darin zusammengefasst vor, er habe die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht begangen. Dem Beschwerdeführer sei nicht entsprechend die Möglichkeit geboten worden, sich vor der belangten Behörde zu äußern. An der Tatörtlichkeit sei im Tatzeitpunkt ein Polizeieinsatz wegen eines Raufhandels abgewickelt worden, es habe eine aufgebrachte Stimmung geherrscht und sei zur angegebenen Tatzeit eine Menschenmenge anwesend gewesen, die aufgebracht gegen den Polizeieinsatz protestiert habe. Es sei durch allfällige Äußerungen des Beschwerdeführers jedenfalls zu keiner Lärmerregung gekommen, ebensowenig habe der Beschwerdeführer selbst beleidigende Äußerungen gegenüber den einschreitenden Beamten getätigt. Auch werde bestritten, dass gegenüber dem Beschwerdeführer eine Abmahnung ausgesprochen worden sei, ein aggressives Verhalten des Beschwerdeführers sei nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer habe auch zu keinem Zeitpunkt störenden Lärm erregt.
3. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor.
4. Das Verwaltungsgericht Wien führte am 7. Mai 2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen der Beschwerdeführer als Partei sowie Insp. E. F., Insp. G. H. und Insp. I. J. als Zeugen einvernommen wurden. Ebenso wurde ein vom Beschwerdeführer vorgelegtes einundzwanzig Sekunden langes Video zur Gänze und Teile von drei von Seiten des Gerichtes auf Grundlage des § 13a SPG bei der Landespolizeidirektion Wien angeforderten Videos in Augenschein genommen. Am Ende der mündlichen Verhandlung erklärten sich der Beschwerdeführer und sein rechtsfreundlicher Vertreter mit einer schriftlichen Erledigung der Beschwerde einverstanden.
II. Sachverhalt:
Das Verwaltungsgericht Wien geht von folgendem entscheidungswesentlichem Sachverhalt aus:
1. Der Beschwerdeführer hat sich am 19. Dezember 2019, 2:50 Uhr, in Wien, C., in unmittelbarer Nähe des Nachtlokals „D.“ aufgehalten.
2. An dieser Örtlichkeit wurde von Seiten mehrerer Polizeibeamte eine Amtshandlung (Verhaftung einer dritten Person) durchgeführt. Der Beschwerdeführer hat die Amtshandlung derart gestört, als er wiederholt versuchte, zu der festgenommenen Person zu gelangen, während einige der anwesenden Beamten – unter ihnen auch der als Zeuge einvernommene Exekutivbeamte Insp. F. – versuchten, den Beschwerdeführer hiervon abzuhalten. Der Beschwerdeführer hat bei seinen Versuchen, zu der festgenommenen Person zu gelangen, vor den Gesichtern der einschreitenden beamten, jedenfalls des Zeugen Insp. F., mit seinen Händen gestikuliert und hat diesen berührt. Er wurde von dem Zeugen Insp. F. abgemahnt und aufgefordert, sein Verhalten einzustellen. Dies in etwa mit den Worten: „Beruhigen Sie sich, lassen Sie die Kollegen in Ruhe arbeiten“. Der Beschwerdeführer hat seine zuvor geschilderte Verhaltensweise gegenüber den anwesenden Polizeibeamten – jedenfalls gegenüber dem Zeugen Insp. F. – trotz der erfolgten Abmahnung fortgesetzt.
3. An der oben beschriebenen Tatörtlichkeit herrschte während des Polizeieinsatzes ein hoher Lärmpegel, etliche der anwesenden Personen protestierten gegen das Vorgehen der Polizeibeamten (etwa durch Zwischenrufe wie „Polizeigewalt“). Der Beschwerdeführer selbst hat die einschreitenden Beamten, die versuchten den Beschwerdeführer davon abzuhalten, zu der zuvor festgenommenen Person zu gelangen, als „Lutscher“ und „Hurensöhne“ beschimpft. Dies erfolgte in einer Lautstärke, dass trotz des hohen Grundlärmpegels auch bis zu diesem Zeitpunkt unbeteiligte Passanten auf den Beschwerdeführer aufmerksam wurden. Die von Seiten des Beschwerdeführers gegenüber den einschreitenden Beamten – insbesondere Insp. F. – getätigten Beschimpfungen konnten infolge der Lautstärke von einem größeren Personenkreis – jedenfalls von mehr als zehn Personen – wahrgenommen werden. Diese Konsequenzen wurden vom Beschwerdeführer billigend in Kauf genommen.
4. Dem Beschwerdeführer war während des gesamten Zeitraums bewusst, dass es sich bei den anwesenden Personen um Polizisten handelt und von diesen eine Amtshandlung durchgeführt wird.
5. Der Beschwerdeführer ist in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht unbescholten, er ist Eigentümer einer Liegenschaft in Oberösterreich, die mit Hypotheken in Höhe von etwa € 260.000,00 belastet ist. Der Beschwerdeführer ist Student und verfügt über kein eigenes Einkommen.
III. Beweiswürdigung:
Zu diesen Feststellungen gelangt das Verwaltungsgericht Wien aufgrund der folgenden Beweiswürdigung:
1. Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Würdigung des Beschwerdevorbringens und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2020, in deren Rahmen der Beschwerdeführer als Partei sowie Insp. E. F., Insp. G. H. und Insp. I. J. als Zeugen einvernommen wurden. Überdies wurden von Seiten des Gerichtes insgesamt vier Videos zur Gänze oder zum Teil in Augenschein genommen.
2. Zu den in Augenschein genommenen Videos ist einleitend Folgendes auszuführen:
Im Hinblick auf das von Seiten des Beschwerdeführers und die ersten beiden vom Gericht angeforderten und in Augenschein genommenen Videos ist festzuhalten, dass diese die Festnahme des Beschwerdeführers bzw. den Zeitraum nach der erfolgten Festnahme zeigen (auf dem beschwerdeführerseitig vorgelegten Video ist lediglich die Festnahme des Beschwerdeführers ersichtlich, auf den beiden anderen Videos ist der Beschwerdeführer bereits zu Boden gebracht und ist auf diesen das Anlegen der Handfesseln bzw. die Fixierung des Beschwerdeführers am Boden ersichtlich).
Lediglich das dritte durch das Gericht angeforderte Video umfasst auch jenen Zeitraum vor der Festnahme, in welchem der Beschwerdeführer sein Verhalten gegenüber den Polizeibeamten gesetzt hat. Diesbezüglich ist aber auszuführen, dass der Beschwerdeführer wiederholt lediglich für kurze Zeiträume und aus einer größeren Distanz auf dem Video zu erkennen ist, zumal dieses Video offenbar von einer Kamera eines Beamten aufgenommen wurde, der nicht unmittelbar an etwaigen Amtshandlungen betreffend den Beschwerdeführer beteiligt war. Insoweit ist das Video zwar tauglich, die allgemeine (hohe) Umgebungsgeräuschkulisse und die Anwesenheit einer größeren Menschenmenge im Tatzeitpunkt am Tatort zu belegen, dem Video sind aber, zumal der Beschwerdeführer nicht ständig gezeigt wird, keine Anhaltspunkte zu entnehmen, ob dieser Beschimpfungen gegenüber den einschreitenden Beamten getätigt hat und in welcher Lautstärke dies erfolgt ist.
Insoweit hat sich das Verwaltungsgericht folglich vorrangig von den Aussagen der befragten Zeugen und des Beschwerdeführers im Rahmen ihrer Einvernahme im Zuge der mündlichen Verhandlung leiten lassen (siehe dazu sogleich Punkt III.3.)
3. Die Feststellungen zum Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber den einschreitenden Beamten – insbesondere gegenüber dem Zeugen Insp. F. – beruhen auf folgenden beweiswürdigenden Erwägungen: Der Beschwerdeführer selbst hat angegeben, dass er wiederholt versucht hat, an den anwesenden Beamten vorbeizukommen, um zu einem Freund von ihm zu gelangen sowie, dass er bei diesen Versuchen vor den Beamten auch gestikuliert hat. Dies steht in Einklang mit den Angaben des Zeugen Insp. F. und konnte folglich den Feststellungen des Gerichtes zu Grunde gelegt werden. Der Zeuge Insp. F. hat überdies angegeben, er sei vom Beschwerdeführer berührt worden, was angesichts der Versuche des Beschwerdeführers an den Polizisten vorbei zu kommen, auch der Lebenserfahrung entspricht.
Zu der erfolgten Abmahnung bzw. der Aufforderung von Seiten des Insp. F. an den Beschwerdeführer sein Verhalten einzustellen, liegen dem Gericht insoweit auch übereinstimmende Aussagen des Beschwerdeführers, der angegeben hat, er könne sich erinnern, dass ihn die Beamten aufgefordert hätten, sein Verhalten einzustellen (vgl. Seite 3 des Verhandlungsprotokolls) als auch des Zeugen Insp. F. vor (vgl. Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Die erfolgte Abmahnung sowie der Umstand, dass diese dem Beschwerdeführer zur Kenntnis kam, sind daher als erwiesen anzunehmen. Auch hat der Beschwerdeführer angegeben, es sei ihm klar gewesen, dass von Seiten der Polizei ein Einsatz durchgeführt werde (vgl. Seite 3 des Verhandlungsprotokolls) und korrespondiert dies insoweit mit den Aussagen der Zeugen Insp. F. und Insp. J. (vgl. Seite 6 und Seite 9 des Verhandlungsprotokolls) und kann somit auch diese Tatsache als erwiesen festgestellt werden.
Zu den gegenüber den anwesenden Polizeibeamten getätigten Beschimpfungen ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer selbst angegeben hat, gegenüber den anwesenden Beamten diverse Kraftausdrücke verwendet zu haben. Dies haben auch die einvernommenen Zeugen einhellig bestätigt.
Im Hinblick auf die im Tatzeitpunkt – also kurz vor der erfolgten Festnahme des Beschwerdeführers – am Tatort herrschenden Lärmverhältnisse und dem festgestellten hohen Lärmpegel ist zunächst auf das dritte durch das Gericht angeforderte und in Augenschein genommene Video zu verweisen, auf welchem eine hohe Geräuschkulisse wahrzunehmen ist. Dass im Tatzeitpunkt an der Tatörtlichkeit ein hoher „Grundlärmpegel‘“ geherrscht hat, der insbesondere durch aufgebrachte Passanten, die den Polizeieinsatz beobachteten und filmten, ausgelöst wurde, haben auch der Beschwerdeführer und die anwesenden Polizisten im Zuge ihrer Einvernahme angegeben. Aus der zuvor erwähnten Videosequenz ist auch ersichtlich, dass sich etliche Passanten in unmittelbarer Umgebung des Polizeieinsatzes aufgehalten haben. Es ist in jenen kurzen Phasen, in denen der Beschwerdeführer auf dem Video zu sehen ist, auch zu erkennen, dass sich etliche Passanten in unmittelbarerer Nähe des Beschwerdeführers und der dort befindlichen Polizeibeamten aufhielten.
Die Feststellung, wonach durch die vom Beschwerdeführer gegenüber den Beamten – insbesondere dem einvernommenen Zeugen Insp. F. – getätigten Beschimpfungen aber trotz der vorherrschenden Geräuschkulisse für weitere – unbeteiligte – Personen wahrnehmbar waren, bzw. bis dato unbeteiligte Passanten hierdurch auf den Beschwerdeführer aufmerksam wurden, beruhen auf den glaubwürdigen Angaben des unter Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen Insp. F.. Dieser machte auf das Gericht einen glaubwürdigen Eindruck, er konnte die Geschehnisse dem erkennenden Richter widerspruchsfrei schildern und war dieser Beamte jener, der hinsichtlich des Beschwerdeführers die Amtshandlungen federführend durchgeführt und sich in unmittelbarerer Nähe des Beschwerdeführers aufgehalten hat. Auch ist kein Grund ersichtlich, aus dem der Zeuge Insp. F. den Beschwerdeführer wahrheitswidrig belasten sollte, zumal der Zeuge im Falle von wahrheitswidrigen Angaben neben strafrechtlichen auch dienstrechtliche Konsequenzen zu erwarten hätte.
4. Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers beruhen auf dessen Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung, die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht unbescholten ist, aus der Aktenlage.
IV. Rechtsgrundlagen:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes – WLSG, LGBl. 51/1993, lauten:
„Artikel I
1. Abschnitt
Anstandsverletzung und Lärmerregung
§ 1. (1) Wer
1. den öffentlichen Anstand verletzt oder
2. ungebührlicherweise störenden Lärm erregt oder
3.eine Person an einem öffentlichen Ort zu einer Handlung oder Duldung auffordert, die deren sexuelle Sphäre betrifft und von dieser Person unerwünscht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 700 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen.
[…].“
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl. 566/1991 – SPG, lauten:
„Aggressives Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber militärischen Organen im Wachdienst
§ 82. (1) Wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einem militärischen Organ im Wachdienst, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 500 Euro zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.
(2) Eine Bestrafung nach Abs. 1 schließt eine Bestrafung wegen derselben Tat nach § 81 aus.“
3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Strafgesetzbuches – StGB, BGBl. 60/1974, lauten:
„Öffentliche Begehung
§ 69. Eine Handlung wird nur dann öffentlich begangen, wenn sie unmittelbar von einem größeren Personenkreis wahrgenommen werden kann.
Beleidigung
§ 115. (1) Wer öffentlich oder vor mehreren Leuten einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper mißhandelt oder mit einer körperlichen Mißhandlung bedroht, ist, wenn er deswegen nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.
(2) Eine Handlung wird vor mehreren Leuten begangen, wenn sie in Gegenwart von mehr als zwei vom Täter und vom Angegriffenen verschiedenen Personen begangen wird und diese sie wahrnehmen können.
(3) Wer sich nur durch Entrüstung über das Verhalten eines anderen dazu hinreißen läßt, ihn in einer den Umständen nach entschuldbaren Weise zu beschimpfen, zu verspotten, zu mißhandeln oder mit Mißhandlungen zu bedrohen, ist entschuldigt, wenn seine Entrüstung, insbesondere auch im Hinblick auf die seit ihrem Anlaß verstrichene Zeit, allgemein begreiflich ist.“
4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes – VStG, BGBl. 52/1991, lauten:
„Zusammentreffen von strafbaren Handlungen
§ 22. (1) Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.“
V. Rechtliche Beurteilung:
1. Zu Spruchpunkt 3. des angefochtenen Straferkenntnisses:
1.1. Gemäß § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. 566/1991 in der im Beschwerdefall anwendbaren Fassung BGBl. I 61/2016, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 500,00 zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einem militärischen Organ im Wachdienst, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.
1.2. Unter aggressivem Verhalten im Sinne des § 82 Abs. 1 SPG ist ein Verhalten zu verstehen, durch das die jedermann gegen das Einschreiten eines behördlichen Organes zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, dass diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringens, der zur Schau gestellten Gestik (Bewegung) oder durch beides zusammen als aggressives Verhalten gedeutet werden muss (VwGH 25.1.1979, 2845/77; 20.12.1990, 90/10/0056). Die Beeinträchtigung einer Amtshandlung ist hingegen seit der Novelle des § 82 SPG durch BGBl. I 61/2016 keine Tatbestandsvorrausetzung mehr.
Die Strafbarkeit ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn sich ein Verhalten als (unverhältnismäßige) Reaktion auf die Art des Einschreitens eines behördlichen Organes darstellt (VfGH 22.6.1983, B 334/81). Es ist für die objektive Erfüllung des Tatbestandes unbeachtlich, ob das Verhalten durch eine vom Täter verschiedene Person hervorgerufen oder mitverursacht wurde (VwGH 20.12.1990, 90/10/0056).
Der Beschwerdeführer hat mit seinem Verhalten gegenüber dem Zeugen Insp. E. F. den objektiven Tatbestand des § 82 Abs. 1 erster Satz SPG erfüllt: Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer versucht hat, nach der erfolgten Festnahme zu dieser festgenommenen Person zu gelangen. Der Beschwerdeführer hat hierbei nahe und vor dem Zeugen Insp. F. gestikuliert und hat diesen auch berührt. Insoweit ist von einem aggressiven Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber einem Exekutivbeamten auszugehen, welches er auch nach erfolgter Abmahnung fortgesetzt hat (vgl. dazu, dass das „Herumfuchteln“ vor einem Sicherheitswachebeamten tatbestandsmäßig ist VwGH 16.1.1989, 87/10/0093). Die von Seiten des Zeugen F. erfolgte Abmahnung („Beruhigen Sie sich, lassen Sie die Kollegen in Ruhe arbeiten“) erfüllt jedenfalls die Vorgaben an eine dem Gesetz entsprechende Abmahnung (vgl. zu den Voraussetzungen an eine Abmahnung etwa VwGH 25.5.1983, 81/10/0112). Dieses Verhalten hat der Beschwerdeführer während einer von den einschreitenden Beamten durchgeführten Festnahme bzw. der Absicherung derselbigen gesetzt – sohin während die Beamten eine ihnen übertragene gesetzliche Aufgabe erfüllt haben und hat sein Verhalten auch nach erfolgter Abmahnung nicht eingestellt.
Zur subjektiven Tatseite ist Folgendes auszuführen: Für eine vorsätzliche Begehung einer Verwaltungsübertretung reicht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – sofern die jeweilige Verwaltungsvorschrift nicht eine besondere Vorsatzform vorsieht – bedingter Vorsatz („dolus eventualis“) aus (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren Band II², § 5 VStG E 30 zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Das Wesen des Vorsatzes liegt im Wissen und Wollen der im Tatbestand umschriebenen objektiven Merkmale, wobei sich der Vorsatz auf alle im Tatbestand umschriebenen Merkmale beziehen muss. Rückschlüsse dahingehend, ob eine vorsätzliche Tatbegehung vorliegt, kann in der Regel nur aus äußeren Umständen geschlossen werden (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren Band II², § 5 VStG E 26 zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Im vorliegenden Fall ist aufgrund des festgestellten Sachverhaltes anzunehmen, dass der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung des § 82 Abs. 1 SPG vorsätzlich begangen hat: Der Beschwerdeführer war sich darüber im Klaren, dass es sich bei den anwesenden Beamten um Polizisten handelt, die eine Festnahme durchführen bzw. durchgeführt hatten. Auch hat der Beschwerdeführer die aggressiven Handlungen nach der erfolgten Abmahnung weiter fortgesetzt, obgleich ihm nach der erfolgten Abmahnung bewusst gewesen sein muss, dass er sein Verhalten einzustellen hat.
Der Beschwerdeführer hat sohin im Hinblick auf die Verwaltungsübertretung des § 82 Abs. 1 SPG auch den subjektiven Tatbestand erfüllt. Die Korrektur der Strafsanktionsnorm dient der Präzisierung (vgl. VwGH 29.10.2014, Ra 2014/01/0113). Dies gilt auch hinsichtlich des Tatvorwurfes (vgl. dazu etwa VwGH 24.7.2019, Ra 2018/02/0163).
2. Zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses:
2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Wiener Landes-Sicherheitsgesetz – WLSG, LGBl. 51/1993 idF LGBl. 33/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 700,00, für den Fall deren Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen, wer den öffentlichen Anstand verletzt.
2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird der Tatbestand der Verletzung des öffentlichen Anstandes durch ein Verhalten erfüllt, das mit den allgemeinen Grundsätzen der Schicklichkeit nicht im Einklang steht und das einen groben Verstoß gegen diejenigen Pflichten darstellt, die jedermann in der Öffentlichkeit zu beachten hat. Bei der Beurteilung der Verletzung jener Formen des äußeren Verhaltens, die nach Auffassung gesitteter Menschen der Würde des Menschen als sittliche Person bei jedem Heraustreten aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit entsprechen, ist ein objektiver Maßstab anzulegen (VwGH 4.9.1995, 94/10/0166 mwN). Zum Tatbild der Anstandsverletzung gehört nicht, dass das Delikt an einem öffentlichen Ort begangen wird, jedoch muss die konkrete Möglichkeit der Kenntnisnahme über den Kreis der Beteiligten hinaus gegeben sein. Zeugen einer öffentlichen Anstandsverletzung sind dabei keineswegs als Beteiligte an derselben anzusehen (26.6.1995, 93/10/0201).
2.3. In diesem Zusammenhang ist aber auch auf die jüngere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 22 Abs. 1 VStG in der Fassung des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl I 33/2013, Bedacht zu nehmen. Nach dieser Judikatur ist eine verwaltungsbehördliche Strafbarkeit dann nicht gegeben, wenn die Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. § 22 Abs. 1 VStG stellt dabei ausschließlich auf die "Tat" ab. Dass die Verwaltungsstrafnorm gegebenenfalls eine andere Schutzrichtung aufweist als die gerichtliche Strafnorm (im vorliegenden Fall schützt § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG den öffentlichen Anstand und damit – unabhängig von einer eine einzelne Person konkret treffenden Beeinträchtigung – das geordnete Zusammenleben in der Gemeinschaft, während Schutzgut des § 115 StGB die persönliche Ehre des Betroffenen ist), ändert an der Subsidiarität nichts (vgl. VwGH 22.11.2016, Ra 2016/03/0095). Die Frage, ob dies den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ist dabei von der Verwaltungsstrafbehörde – im Falle einer Beschwerde vom Verwaltungsgericht – als Vorfrage zu beurteilen (VwGH 13.12.2019, Ra 2019/02/0020).
2.4. Hiervon ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien im Hinblick auf die dem Beschwerdeführer mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfene Verwaltungsübertretung auszugehen:
Durch die Verwendung des Ausdrucks "Lutscher" oder „Hurensöhne“ gegenüber einem oder auch mehreren Exekutivorganen – im konkreten Fall jedenfalls gegenüber dem Zeugen Insp. F. – wird nach Ansicht des Verwaltungsgerichts der Tatbestand der Beleidigung des § 115 Abs. 1 StGB erfüllt, weil dadurch eine grobe Missachtung des Beschimpften zum Ausdruck gebracht wird, die über eine Unhöflichkeit oder Grobheit hinausgeht (vgl. zu Beispielen von Beschimpfungen im Sinne dieser Bestimmung Rami in Höpfel/Ratz, StGB², § 115 Rz. 8 und Lambauer in Triffterer/Rosbaud/Hinterhofer, StGB, § 115 Rz. 14). Die Tat wurde auch öffentlich begangen, weil sie – infolge der Lautstärke, mit der sie getätigt wurden – vor einem größeren Personenkreis (jedenfalls mehr als zehn Personen) wahrgenommen werden konnte (vgl. dazu Rami in Höpfel/Ratz, StGB², § 115 Rz. 5 und die dort angeführte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes; vgl. zu Subsidiarität der Anstandsverletzung im Hinblick auf den Tatbestand der Beleidigung des § 115 StGB: VwGH 22.11.2016, Ra 2016/03/0095).
2.5. Da der Beschwerdeführer durch die von ihm gesetzten Tathandlungen der Beleidigung gemäß § 115 Abs. 1 StGB verwirklicht hat, liegt insoweit eine in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallende Tathandlung vor. Der Beschwerde war daher hinsichtlich des Spruchpunktes 2. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge zu geben und das verwaltungsstrafverfahren insoweit einzustellen.
3. Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses:
2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 WLSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu € 700,00, für den Fall deren Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.
2.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind unter „störendem Lärm“ wegen ihrer Lautstärke für das menschliche Empfindungsvermögen unangenehm in Erscheinung tretende Geräusche zu verstehen, mögen sie durch Betätigung der menschlichen Sprechorgane oder durch Anwendung von Werkzeugen und dergleichen unmittelbar oder mittelbar hervorgerufen werden. Nicht schon die Erregung von störendem Lärm ist aber strafbar, sondern es muss als zweites Tatbestandsmerkmal hinzukommen, dass dieser ungebührlicher Weise erregt wurde. Lärm ist dann ungebührlicher Weise erregt, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss, das heißt, es muss jene Rücksichten vermissen lassen, die die Umwelt verlangen kann (VwGH 29.01.2009, 2006/09/0202). In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits ausgeführt, dass das Schreien mit Polizeibeamten gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden kann (VwGH 17.2.1992, 91/10/0138). Auch lautes Schreien und Kreischen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als eine solche ungebührliche Lärmerregung zu qualifizieren (VwGH 6.9.2007, 2005/09/0168).
Die Strafbarkeit der ungebührlichen Erregung störenden Lärms ist bereits dann gegeben, wenn die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint, von anderen nichtbeteiligten Personen als ungebührlich und störend empfunden zu werden. Zur Feststellung, ob Lärm objektiv geeignet ist, von unbeteiligten Personen als ungebührlich oder störend empfunden zu werden, genügen die Erfahrungen des täglichen Lebens (VwGH 29.03.1993, 90/10/0153). In diesem Zusammenhang kommt es auf den Inhalt der geschrienen Worte nicht an, sondern ob der Lärm wegen seiner Art und/oder Intensität geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu stören. Auch sind in diesem Zusammenhang Feststellungen zu den vorherrschenden Lärm- und Geräuschverhältnissen – sohin den konkreten Begleitumständen – notwendig (VwGH 29.03.1993, 90/10/0153). Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung aber auch bereits klargestellt, dass insbesondere während der Nachtruhe – also im Zeitraum zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr – Tätigkeiten, die störenden und ungebührlichen Lärm bewirken, grundsätzlich zu unterlassen sind (VwGH 5.9.2018, Ra 2018/03/0027).
Die von Seiten des Beschwerdeführers getätigten Beschimpfungen waren – wie sich aus den Feststellungen ergibt – auch für andere unbeteiligte Passanten wahrnehmbar und angesichts der Uhrzeit (2:50 Uhr) sowie der Wahrnehmbarkeit trotz des bereits vorhandenen Lärmpegels auch als störend zu qualifizieren. Gemäß den getroffenen Feststellungen hat der Beschwerdeführer Polizeibeamte beschimpft, was jedenfalls eine ungebührliche Lärmerregung darstellt (vgl. auch VwGH 4.9.1995, 94/10/0166).
2.3. Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass dem Beschwerdeführer nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien auch hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung eine vorsätzliche Begehung anzulasten ist, als er die Beschimpfungen bewusst getätigt hat, sich darüber im Klaren war, dass es sich bei den beschimpften Personen um Exekutivbeamte gehandelt hat und der Beschwerdeführer es auch in Kauf genommen hat, dass unbeteiligte Personen die Beschimpfungen wahrnehmen.
4. Zu Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an. Die Strafbemessung setzt entsprechende Erhebungen dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht voraus, wobei allerdings in der Regel mit den Angaben des Beschuldigen das Auslangen zu finden sein wird (vgl. zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029 mwN).
Die vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretungen beeinträchtigten in nicht unerheblichem Ausmaß die durch die übertretenen Bestimmungen geschützten Interessen der Hintanhaltung von ungebührlicher Lärmerregung sowie an einem angemessenen Verhalten gegenüber Polizeibeamten, verbunden mit dem Ziel der Gewährleistung einer raschen Durchführung von Amtshandlungen.
Der Beschwerdeführer ist in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht unbescholten. Auch hat er – was von der belangten Behörde im Zuge der Strafbemessung noch nicht berücksichtigt wurde – die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen vorsätzlich begangen, obgleich für die Strafbarkeit eine fahrlässige Begehung ausreichend war, was gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Strafbemessung als erschwerend zu berücksichtigen ist (vgl. VwGH 7.8.2017, Ra 2016/08/0188).
Der Beschwerdeführer verfügt als Student über kein eigenes Einkommen, ist allerdings Eigentümer einer Liegenschaft in Oberösterreich, welche jedoch mit erheblichen Hypotheken belastet ist. Er hat keine Sorgepflichten.
Ausgehend von diesen Umständen erweist sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien eine Strafe in Höhe von etwa einem Drittel des bis € 700,00 bzw. € 500,00 reichenden Strafrahmens als jedenfalls tat- und schuldangemessen. Folglich war die über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 82 Abs. 1 erster Satz SPG verhängte Geldstrafe entsprechend zu reduzieren.
Die Anrechnung der Freiheitsstrafe beruht auf § 64 Abs. 2 VStG und wurde von der belangten Behörde korrekt vorgenommen. Allerdings war der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses insoweit abzuändern, als das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich des Spruchpunktes 2. des angefochtenen Straferkenntnisses einzustellen war und die Anrechnung der Freiheitsstrafe sohin auf die gemäß Spruchpunkt 3. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe zu erfolgen hatte.
5. Kostenentscheidung:
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die zitierte Gesetzesstelle.
6. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision durch die vor dem Verwaltungsgericht Wien belangte Behörde ist nicht zulässig. Im vorliegenden Fall waren vorrangig Fragen der Beweiswürdigung im Zusammenhang mit dem Verhalten des Beschwerdeführers zu beurteilen. Fragen betreffend die Beweiswürdigung stellen aber in der Regel keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung dar. Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht Wien bei der Beurteilung des gegenständlichen Beschwerdefalles an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und ist von dieser nicht abgewichen. Sonstige Anhaltspunkte, dass im vorliegenden Fall ein Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen wäre, sind nicht hervorgekommen. Für den Beschwerdeführer ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen dieses Erkenntnis gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig.
Schlagworte
Lärmerregung; ungebührlicher Lärm; störender Lärm; aggressives Verhalten; Zusammentreffen von strafbaren Handlungen; BeleidigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.019.641.2020Zuletzt aktualisiert am
04.09.2020