TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/24 I401 2170077-2

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Veröffentlicht am 24.04.2020
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Entscheidungsdatum

24.04.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I401 2170077-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 24.04.2019, Zl. XXXX, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, der in Österreich mittlerweile zwei Verurteilungen wegen mehrerer Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz aufweist, beantragte im September 2015 internationalen Schutz in Österreich.

1.2. Mit Bescheid vom 21.08.2017 wurde nach Abweisung dieses Antrags seitens des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria festgestellt und eine Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt. Das Beschwerdeverfahren ist beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

2.1. Mit Bescheid vom 24.04.2019, zugestellt am 22.05.2019, erließ das Bundesamt ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG für eine bestimmte Dauer (Spruchpunkt I.), ohne jedoch eine Rückkehrentscheidung zu treffen.

2.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde vom 14.06.2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Bescheid, die Beschwerde und der Sachverhalt ergeben sich unzweifelhaft aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gestützt auf § 53 FPG ein Einreiseverbot für die Dauer von sieben Jahren verhängt, ohne dass im angefochtenen Bescheid gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde.

§ 53 Abs. 1 FPG normiert, dass "mit" einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden kann.

Das Bundesamt knüpfte das gegenständliche Einreiseverbot an die bereits mit Bescheid vom 21.08.2017 erlassene, allerdings noch nicht rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Durch den Entfall der in der früheren Fassung des Gesetzes enthaltenen Wortfolge "unter einem" wurde deutlich, dass es sich bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und einem Einreiseverbot um trennbare Spruchbestandteile handeln kann, sodass es dem Bundesamt möglich ist, eine Rückkehrentscheidung auch ohne Einreiseverbot zu erlassen (vgl. ErläutRV 2144 BlgNR 24. GP 23f). Auch unter Bedachtnahme auf die Vorgaben in Art. 11 der Rückführungs-Richtlinie, die davon ausgehen, dass eine "Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergeht", setzt die Erlassung eines Einreiseverbotes voraus, dass es "mit" einer Rückkehrentscheidung erlassen, also mit ihr verbunden wird (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0146, mwN). Daher setzt ein Einreiseverbot die gleichzeitig zu erlassende Rückkehrentscheidung voraus.

In Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Judikatur teilt auch Filzwieser et al., Asyl- und Fremdenrecht (Stand 15.01.2016) zu § 53 FPG, K 4, die Ansicht, dass das Einreiseverbot mit der Rückkehrentscheidung innerhalb desselben Bescheides zu erfolgen habe. Eine nachträgliche Ergänzung einer bereits bestehenden (im konkreten Fall jedoch nicht rechtskräftigen) Rückkehrentscheidung um ein Einreiseverbot erscheine auf aufgrund des Gesetzeswortlautes (arg. "Mit einer Rückkehrentscheidung ... .") nicht zulässig.

Da es gegenständlich nicht zulässig war, ein Einreiseverbot gemäß § 53 FPG ohne eine gleichzeitig zu treffende Rückkehrentscheidung zu erlassen, war der Bescheid ersatzlos aufzuheben.

3.2. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid auch zu beheben gewesen wäre, wenn eine Rückkehrentscheidung und ein darauf gestütztes Einreiseverbot erlassen worden wäre. Denn vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht zulässig. Nach § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist die Rückkehrentscheidung mit der negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz "zu verbinden", nach § 52 Abs. 2 FrPolG 2005 hat sie "unter einem" zu ergehen; sie setzt also die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz voraus. Auch dann, wenn ein Verfahren betreffend die Rückkehr - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, darf die Rückkehrentscheidung (unbeschadet eines allenfalls weiter bestehenden unrechtmäßigen Aufenthalts des Fremden) grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung ist nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 zu treffen, dass die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, vorwegzunehmen (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162).

Solange das Beschwerdeverfahren über den Antrag der auf internationalen Schutz beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist, ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot nicht zulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Da gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint bzw. nach § 24 Abs. 2 VwGVG bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu nochmals VwGH Ra 2016/21/0289), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asylantragstellung Behebung der Entscheidung Einreiseverbot ersatzlose Behebung Kassation Rückkehrentscheidung Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I401.2170077.2.00

Im RIS seit

03.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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