TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W221 2175662-2

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Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

AVG §73 Abs1
BDG 1979 §48b
BDG 1979 §49 Abs8
B-VG Art133 Abs4
GehG §13b
GehG §16 Abs1
GehG §16 Abs2 Z1

Spruch

W221 2175662-2/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Dr. Farhad Paya Rechtsanwalt GmbH, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Personalamtes Klagenfurt der Österreichischen Post AG betreffend den am 01.01.2013 gestellten Antrag auf Abgeltung von Mehrdienstleistungen, zu Recht:

A)

A) Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 13.10.2013 sowie vom 01.10.2014 bis 29.05.2016 230,5 Stunden an Mehrdienstleistungen erbracht hat, wofür ihm eine Überstundenvergütung gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 GehG 1956 gebührt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 02.08.2016 den Antrag auf Feststellung, wonach ihm die halbstündige Ruhepause ab 01.01.2013 gemäß § 48b auf seine Dienstzeit anzurechnen und als Mehrdienstleistung abzugelten sei.

Am 22.05.2017 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungsfrist gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG.

Mit Bescheid vom 18.09.2017 sprach die belangte Behörde über die Feststellungsanträge des Beschwerdeführers ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass die belangte Behörde zur Erlassung des Bescheides unzuständig gewesen sei, weil sie den Bescheid nicht innerhalb von drei Monaten iSd § 16 Abs. 1 VwGVG erlassen habe.

Die gegenständliche Säumnisbeschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 07.11.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Der gegen den Bescheid vom 18.09.2017 erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.12.2017, W221 2175662-1, stattgegeben und der Bescheid wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht seit 01.01.1995 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist gemäß § 17 Abs. 1 PTSG der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Er ist in die Verwendungsgruppe PT 8 ernannt und seit 31.01.2020 dienstfreigestellt.

Entsprechend seiner dienstrechtlichen Stellung wurde er vom 01.01.2013 bis 13.10.2013 in der Briefzustellung verwendet. Vom 14.10.2013 bis 20.10.2013 wurde er im "Vorverteildienst" Code 0812 verwendet und vom 21.10.2013 bis 30.09.2014 im "Fachlichen Hilfsdienst/Logistik", Code 0841, sowie vom 01.10.2014 bis 29.05.2016 abermals in der Briefzustellung eingesetzt. Ab 30.05.2016 wurde der Beschwerdeführer im "Fachlichen Hilfsdienst/Distribution", Code 0840, verwendet.

In der Zeit vom 01.01.2013 bis 13.10.2013 sowie vom 01.10.2014 bis 29.05.2016 hatte der Beschwerdeführer in einem fixen Dienstplan eine tägliche Dienstzeit von 8,5 Stunden zu leisten. Die 30-minütige Mittagspause war weder in der Sollzeit noch in der Darstellung der geleisteten Arbeitszeit (IST-Zeit) berücksichtigt. Die sich aus der fixen Dienstzeit ergebende Zeit wurde um die Zeit der Ruhepause von 30 Minuten reduziert. In diesem Zeitraum hat der Beschwerdeführer an 461 Tagen Dienst verrichtet.

Der Beschwerdeführer wurde regelmäßig aufgrund der dienstlichen Erfordernisse zumindest konkludent angewiesen, Mehrleistungen zu erbringen, indem die Mittagspause nicht in die Dienstzeit eingerechnet wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Die Tage der tatsächlichen Dienstverrichtung ergeben sich aus der von der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Auswertung der Stundenaufzeichnung des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zur Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde:

Der Beschwerdeführer hat am 02.08.2016 gegenständlichen Antrag auf Feststellung, wonach ihm die halbstündige Ruhepause ab 01.01.2013 gemäß § 48b auf seine Dienstzeit anzurechnen und als Mehrdienstleistung abzugelten sei, gestellt. Am 14.05.2017 erhob er eine Säumnisbeschwerde. Die sechsmonatige Entscheidungsfrist des Personalamtes Klagenfurt der Österreichischen Post AG gemäß § 73 Abs. 1 AVG ist somit am 02.02.2017 abgelaufen.

Wie sich aus den Verwaltungsakten und aus dem oben dargestellten Verfahrensgang ergibt, hat die belangte Behörde in dieser Zeit als Ermittlungsschritte die Durchführung eines Parteiengehörs gesetzt und nach Erhebung der Säumnisbeschwerde einen Bescheid erlassen, der vom Bundesverwaltungsgericht vom 01.12.2017, W221 2175662-1, wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben wurde, weil er nicht nicht innerhalb von drei Monaten iSd § 16 Abs. 1 VwGVG erlassen worden war.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 73 Abs. 2 AVG nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern "objektiv" zu verstehen, als ein solches "Verschulden" dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war (vgl. VwGH 21.09.2007, 2006/05/0145). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ein überwiegendes Verschulden der Behörde darin angenommen, dass diese die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (vgl. VwGH 06.07.2010, 2009/05/0306). Die Behörden haben dafür Sorge zu tragen, dass durch organisatorische Vorkehrungen eine rasche Entscheidung möglich ist (VwGH 26.01.2012, 2008/07/0036).

In diesem Zusammenhang ist daher festzuhalten, dass es sich aus dem Akteninhalt nicht ergibt, dass die Ermittlungsverzögerung durch ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers oder durch unüberwindliche Hindernisse verursacht war. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher von einer durch die Behörde zu verantwortenden Untätigkeit aus, die die Kriterien des "überwiegenden Verschuldens" erfüllt.

Daraus folgt, dass die Säumnisbeschwerde - nach Behebung des zu spät erlassenen Bescheides - zulässig ist und die Zuständigkeit hinsichtlich des Antrages auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen ist.

Zu A)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) lauten:

"Dienstplan

§ 48. (1) Der Beamte hat die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist. Die tatsächlich erbrachte Dienstzeit ist, sofern nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen, automationsunterstützt zu erfassen.

(2) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten beträgt 40 Stunden. Sie kann in den einzelnen Wochen über- oder unterschritten werden, hat aber im Kalenderjahr im Durchschnitt 40 Stunden je Woche zu betragen. Das Ausmaß der zulässigen Über- und Unterschreitung der regelmäßigen Wochendienstzeit in einzelnen Wochen des Durchrechnungszeitraumes ist im Dienstplan festzulegen.

[...]

Ruhepausen

§ 48b. Beträgt die Gesamtdauer der Tagesdienstzeit mehr als sechs Stunden, so ist eine Ruhepause von einer halben Stunde einzuräumen. Wenn es im Interesse der Bediensteten der Dienststelle gelegen oder dienstlich notwendig ist, können anstelle einer halbstündigen Ruhepause zwei Ruhepausen von je einer Viertelstunde oder drei Ruhepausen von je zehn Minuten eingeräumt werden."

In der Zeit vom 01.01.2013 bis 13.10.2013 sowie vom 01.10.2014 bis 29.05.2016 hatte der Beschwerdeführer in einem fixen Dienstplan als Zusteller eine tägliche Dienstzeit von 8,5 Stunden zu leisten. Die 30-minütige Mittagspause war weder in der Sollzeit noch in der Darstellung der geleisteten Arbeitszeit (IST-Zeit) berücksichtigt. Die sich aus der fixen Dienstzeit ergebende Zeit wurde um die Zeit der Ruhepause von 30 Minuten reduziert.

Der Beschwerdeführer wurde regelmäßig aufgrund der dienstlichen Erfordernisse zumindest konkludent angewiesen, Mehrleistungen zu erbringen, indem die Mittagspause - egal ob sie konsumiert wurde oder nicht - nicht in die Dienstzeit eingerechnet wurde.

Die gegenständliche Dienstanweisung vom 13.12.2012 lautet auszugsweise:

"1. [...] An Tagen, an denen die tatsächliche Tagesdienstzeit sechs Stunden überschreitet, ist nach spätestens sechs Stunden Dienstzeit eine Ruhepause im Gesamtausmaß von mindestens 30 Minuten einzuhalten.

[...]

2. Die Ruhepause zählt nicht zur bezahlten Dienstzeit und wird daher außerhalb der tatsächlichen Tagesdienstzeit konsumiert."

Der Verwaltungsgerichtshof bejahte die Gebührlichkeit der Mittagspause während der 40-stündigen Wochendienstzeit (bzw. 8-stündigen Tagesdienstzeit) (vgl. VwGH 21.01.2016, Ra 2015/12/0051).

Die Dienstanweisung vom 13.12.2012 weckte keinerlei Zweifel daran, dass mit der darin angesprochenen 30-minütigen Pause, die bei einem mindestens 6-stündigen Dienst zusteht, die Mittagspause gemäß § 48b BDG 1979 angesprochen ist. Der Wortlaut des § 48b BDG 1979 deckt sich in den wesentlichen Passagen mit jenem der Weisung, welche nach Angaben der Behörde lediglich eine DA-Pause und nicht eine BDG-Pause wäre.

Die somit vom Beschwerdeführer erbrachten Dienstleistungen waren daher im gesetzlichen Ausmaß von 30 Minuten pro Tag anzurechnen.

Da der Beschwerdeführer - wie sich aus den Feststellungen ergibt - im Zeitraum von 01.01.2013 bis 13.10.2013 sowie vom 01.10.2014 bis 29.05.2016 an insgesamt 461 Tagen Dienst verrichtet hat, ergibt das 230,5 Stunden an Mehrdienstleistungen.

Gemäß § 16 Abs. 1 GehG 1956 gebührt dem Beamten für Überstunden, die nicht in Freizeit ausgeglichen werden, eine Überstundenvergütung. Diese umfasst gemäß Abs. 2 die Grundvergütung und den Überstundenzuschlag, soweit die Werktagsüberstunden nicht in Freizeit abgegolten werden.

Ein Freizeitausgleich kommt beim Beschwerdeführer im vorliegenden Fall vor dem Hintergrund seiner Dienstfreistellung und gemäß § 49 Abs. 8 BDG 1979 nicht mehr in Betracht kommt.

Ihm gebührt daher gemäß 16 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1 GehG 1956 eine Überstundenvergütung, welche die Grundvergütung und den Überstundenzuschlag umfasst.

Der Vollständigkeit halber ist noch auf die im Akt enthaltenen Bedenken der belangten Behörde hinsichtlich der Verjährung einzugehen, auch wenn dies in der mündlichen Verhandlung nicht mehr geltend gemacht wurde: Wie der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 14.12.2017 zutreffend darlegte, stellte er bereits in seinem Schreiben vom 29.10.2013 einen Antrag auf bescheidmäßige Feststellung, dass die Dienstanweisung vom 13.12.2012, wonach die Ruhepause nicht zur bezahlten Dienstzeit zähle, rechtswidrig sei, woraus sich in weiterer Folge ein Anspruch auf Gebührlichkeit ableiten lässt. Die Verjährung nach § 13b GehG 1956 ist somit nicht eingetreten.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Wortlaut der angewendeten Bestimmungen ist eindeutig.

Schlagworte

Dienstfreistellung Dienstzeit Einrechnung Mehrdienstleistung Postbeamter Ruhepause Säumnis Säumnisbeschwerde Überstundenvergütung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2175662.2.00

Im RIS seit

20.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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