TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W208 2228108-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

BDG 1979 §112 Abs1 Z3
BDG 1979 §112 Abs3
BDG 1979 §43
BDG 1979 §43a
BDG 1979 §44
BDG 1979 §48
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W208 2228108-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Dr. RAGOSSNIG & PARTNER Rechtsanwalts GmbH, 8010 GRAZ, Friedrichgasse 6/IX/37 gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim BMVRDJ (numehr BMJ) vom 26.11.2019, GZ 101 Ds 3/19s-6, mit dem die Suspendierung ausgesprochen wurde, nach Durchführung einer Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 112 Abs 3 Z 3 BDG als unbegründet abgewiesen und die Suspendierung bestätigt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Geschäftsabteilungsleiter (Kanzleileiter) der Exekutionsabteilung des Bezirksgericht XXXX (im Folgenden: BG). Er hat zwei Mitarbeiter. Fr. XXXX (im Folgenden: H) die allerdings nur 2 Stunden pro Woche am BG arbeitet und einen Lehrling, Frau XXXX (im Folgenden: RE). Sein unmittelbarer Vorgesetzter ist seit April 2019 der Vorsteher der Geschäftsstelle XXXX (im Folgenden: Z) und seit Ende 2016 der Vorsteher des BG Mag. XXXX (im Folgenden: K).

2. Mit Bescheid vom 29.10.2019 verfügte die Dienstbehörde (Präsident des OLG XXXX ) die vorläufige Suspendierung (ON 1)

3. Am 07.11.2019 erfolgte eine Disziplinaranzeige (ON 2) und eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft XXXX (StA) der Dienstbehörde gegen den BF. Die Anzeige wurde dem BF nach seinen Angaben in der Verhandlung vor dem BVwG (VHS, 4) zugestellt. Ein Zustellnachweis an ihn bzw die StA findet sich nicht im Akt.

4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wurde der BF von der Disziplinarkommission (DK) suspendiert und gleichzeitig ein Disziplinarverfahren eingeleitet (ON 6). Der Spruch lautet, soweit die Suspendierung betroffen ist (Anonymisierung durch BVwG):

" [...] [Dem BF] wird zur Last gelegt, er habe

1./ entgegen den Bestimmungen des geltenden Gleitzeiterlasses

a./ am 9. September 2019 erst um 19:50 Uhr ausgestochen, obwohl er zwischen 17:00 und 19:50 Uhr nicht an seinem Arbeitsplatz anwesend war;

b./ am 11. März 2019, am 8. April 2019 und am 3. Juni 2019 Gleitzeiten ohne dienstliche Notwendigkeit aufgebaut;

c./ erst im Nachhinein für Freitag, den 13. September 2019, einen Erholungsurlaubstag über das ESS-Programm beantragt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass ein Gleittag nicht mehr möglich war;

2./ in nachstehenden Akten des Bezirksgerichts [...] Verfügungen der Entscheidungsorgane nicht bzw nicht korrekt durchgeführt bzw Beschlüsse eigenmächtig abgeändert und abgefertigt und unrichtige Eintragungen im VJ-Register vorgenommen und zwar

a./ in den nachstehend angeführten Richterakten

? AZ 1 1 E 4/16t: Entgegen der richterlichen Verfügung Nichtabfertigung des Versteigerungsedikts vom 18. März 2019;

? AZ 1 1 E 9/18f: Vom Richter nicht genehmigte Streichungen in der Zustellverfügung des Beschlusses vom 16. April 2019;

? AZ 1 1 E 16/17h: ?Beanstandung' einer Anordnung des Richters auf Herstellung der Grundbuchsordnung;

? AZ 6 S 10/16h: Änderung des Beschlusses des Richters vom 17. Juni 2019 und unvollständige Wiedergabe in der Ediktsdatei;

b./ in den nachstehend angeführten Rechtspflegerakten

? AZ 5 E 1446/18k: Eigenmächtige Korrektur eines falsch eingegebenen Beschlusses im System;

? AZ 5 E 443/19m: Nichtabfertigung des Beschlusses vom 19. April 2019, obwohl ein Abfertigungsvermerk angebracht wurde;

? AZ 5 E 1478/18s: Nichterledigung der Zustellverfügung zum Beschluss ON 6 weshalb am 1. März 2019 nach Intervention einer Rechtsanwaltskanzlei die Zustellung neuerlich verfügt werden musste;

? AZ 5 E 123/19b: Nichtabfertigung der Aufforderung zur Äußerung zu einem Antrag vom 17. Juni 2019;

? AZ 5 E 388/19y: Nichtabfertigung der Aufforderung zur Äußerung zu einem Antrag vom 17. Juni 2019;

? AZ 5 E 400/19p: Nichtabfertigung der Aufforderung zur Äußerung zu einem Antrag vom 17. Juni 2019;

? AZ 6 S 3/17f: Nichtabfertigung der Verfügung vom 18. Juni 2019;

? AZ 6 S 1/18p: Nichtabfertigung der Verfügung vom 15. Oktober 2019,

c./in den Akten AZ 5 E 905/19b, 5 E 13/17y, 6 S 9/18i und 6 S 3/19h vom Entscheidungsorgan nicht verfügte oder geänderte Texte abgefertigt;

d./ die Akten AZ 5 E 871/19b und 5 E 739/19s trotz Zustellanständen nicht bzw nicht rechtzeitig dem Entscheidungsorgan vorgelegt;

e./ den Akt AZ 5 E 771/19x der getroffenen Verfügung zuwider nicht zum Kalender-Termin ?15. August' dem Entscheidungsorgan vorgelegt und darüber hinaus unrichtige Eintragungen im VJ-Register vorgenommen;

f./ im Akt AZ 5 E 419/19g die Abfertigungsstampiglie mit dem Datum ?15. April 2019' gesetzt, diesen Bearbeitungsschritt aber erst am 6. Mai 2019 um 14:24 Uhr im VJ-Register erfasst;

g./ im Akt AZ 6 S 2/19m ein Datum unrichtig eingegeben;

h./ im Akt AZ 5 E 436/19g den Beschluss vom 19. März 2019 an die verpflichtete Partei, statt richtig an den Rechtsvertreter der betreibenden Partei übermittelte;

3./ nachstehend angeführte unkollegiale und pflichtwidrige Verhaltensweisen gesetzt, nämlich

a./ durch Versenden eines E-Mails vom 27. März 2019 entgegen der nach wie vor gültigen Verfügung der früheren Vorsteherin des Bezirksgerichts [...], wonach er [der BF] auch ?Kurzkrankenstände' zu rechtfertigen habe;

b./ irreführende Angaben über eine angebliche Zustimmung der früheren Vorsteherin der Geschäftsstelle des Bezirksgerichts [...], ADir XXXX [im Folgenden: GR], gegenüber dem Vorsteher dieses Gerichts in Bezug auf die Anschaffung eines ?Airfryers';

c./ Versuch der Erzwingung eines gesetzwidrigen Sonderurlaubstages für die Nichtteilnahme am Betriebsausflug am 4. Oktober 2019;

d./ eigenmächtiger Versuch der Delegierung der Aktenaufteilung an die Gerichtsvollzieher;

e./ Nichtverrichtung der Vertretung in der Einlaufstelle und des Telefondienstes am 25. September 2019 bis 15:30 Uhr trotz Einteilung sowie die Bezeichnung seiner Bürokollegin OK XXXX (im Folgenden: RO] als ?bissig';

4./ am 22. Oktober 2019 anlässlich eines vom Vorsteher des Bezirksgerichts [...] mit ihm geführten Gesprächs, bei dem der Gerichtsvorsteher [den BF] mit den Vorwürfen bzw mutmaßlichen Pflichtverletzungen konfrontierte, [der BF] gegenüber dem Gerichtsvorsteher angriffig, distanzlos und verbal aggressiv auftrat und gegenüber dem ebenfalls anwesenden Vorsteher der Geschäftsstelle des Bezirksgerichts [...], ORev [Z], wörtlich erklärte, er [der BF] werde jede einzelne Verfügung des Vorstehers in dessen Akten ?zerpflücken'

5./ am 23. Oktober 2019 in Abwesenheit der Betroffenen die Büroschreibtische der Grundbuchsrechtspflegerin ADir XXXX [im Folgenden: ST] und der Bediensteten OK [RO] sowie auch den Schreibtisch des ihm vorgesetzten Vorstehers des Bezirksgerichts [...] nach angeblich belastendem Material durchsucht;

6./ den Verwaltungsassistenzlehrling [RE] zu bestimmen versucht, zur Arbeitsauslastung der für Exekutionssachen zuständigen Gerichtskanzlei (EKanzlei) unrichtige Angaben zu machen.

[Der BF] steht daher im Verdacht, hiedurch gegen seine Dienstpflichten nach § 43 Abs 1 und 2 BDG 1979, nämlich seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen und in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Erfassung von ausschließlich tatsächlich erbrachten Arbeitszeiten im Gleitzeiterfassungssystem, gegen die Pflicht zur Einhaltung der Dienstzeit gemäß § 48 Abs 1 BDG 1979 wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist; gegen die Pflicht zum achtungsvollen Umgang mit Vorgesetzten und Kollegen gemäß § 43a BDG 1979 gegen die Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten, nämlich diese zu unterstützen und ihre Weisungen zu befolgen (§ 44 Abs 1 BDG 1979), verstoßen und dadurch schuldhaft Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen zu haben.

II.

[Der BF] wird gemäß § 112 Abs 1 Z 3 BDG 1979 vom Dienst suspendiert. [...]"

Zur rechtlichen Begründung der Suspendierung wurde im Wesentlichen im Bescheid das Folgende festgestellt (Kürzung auf das Wesentliche und Anonymisierung durch BVwG):

"[...] Gemäß § 112 Abs 1 BDG 1979 hat die Disziplinarbehörde, bei Anhängigkeit eines Disziplinarverfahrens - wie hier - nach § 112 Abs 3 letzter Satz BDG 1979 jedoch die Disziplinarkommission die Suspendierung zu verfügen, wenn ua durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden. Nach ständiger Rechtsprechung liegt die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung allein im funktionellen Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens von Dienstpflichtverletzungen und der abschließenden Entscheidung über eine angemessene Disziplinarstrafe eine möglichst rasche, den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherheitsmaßnahme zu setzen. Für die Suspendierung ist der Nachweis von Dienstpflichtverletzungen nicht relevant, vielmehr reicht der bloße Verdacht des Vorliegens einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung aus. Auch auf das Verschulden für ein angelastetes Vergehen kommt es nicht an. Von einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung ist dann zu sprechen, wenn sie nach ihrer Art geeignet ist, das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes zu gefährden (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten 4 , 507 ff).

Zwar können im Hinblick auf die Funktion der Suspendierung an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss (an den ebenfalls Rechtsfolgen geknüpft sind) muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (VwGH, 25. Jänner 2013, 2012/09/0154).

Da der im Sinne des § 109 Abs 1 BDG 1979 in objektiver und subjektiver Hinsicht begründete Verdacht besteht, [der BF] habe als Kanzleibediensteter bewusst wahrheitswidrig von ihm gar nicht erbrachte Dienststunden im Gleitzeitprogramm erfasst und Gleitzeitguthaben - vorschriftswidrig - ohne dienstliche Rechtfertigung ?aufgebaut', Kollegen und Vorgesetzte über eine angebliche Zustimmung der früheren Vorsteherin der Geschäftsstelle über die Anschaffung eines "Airfryers" in die Irre zu führen versucht, seine Weigerung, am 25. September 2019 bis 15:30 Uhr vertretungsweise den Dienst in der Einlaufstelle des Bezirksgerichts [...] sowie den Telefondienst zu verrichten, sein mutmaßlich grob unkollegiales Verhalten gegenüber Arbeitskolleginnen sowie auch gegenüber dem ihm dienstvorgesetzten Vorsteher des Bezirksgerichts insbesondere auch durch das Durchsuchen der Schreibtische dieser Personen und letztlich auch die versuchte Bestimmung eines Verwaltungsassistenenlehrlings, zur Arbeitsauslastung vorsätzlich unwahre Angaben zu machen, ist seine Suspendierung geboten, um ihn von der Begehung weiterer derartiger Pflichtverstöße abzuhalten und weitere schwerwiegende Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs des Bezirksgerichts [...] zu verhindern. Die weitere Belassung des - auch - des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB Verdächtigen im Dienst würde das Ansehen des Amtes und der Justiz im Allgemeinen sowie wesentliche Interessen des Dienstes massiv gefährden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs liegt eine Verletzung wesentlicher dienstlicher Interessen zB vor, wenn bei weiterer Dienstausübung eine besondere Gefahr von Beispielsfolgen und einer Disziplinarunterhöhlung unter den anderen Bediensteten gegeben und das Betriebsklima gefährdet wäre (VwGH vom 24. April 2006, 2003/09/0002). Das in Rede stehende Verhalten des [BF] (Unzuverlässigkeit in Kombination mit Vertrauensbruch und grob unleidlichem Verhalten gegenüber Arbeitskollegen und Vorgesetzten) indiziert eine massive Belastung des Betriebsklimas, der durch die Suspendierung vom Dienst zu begegnen ist."

5. Mit Schriftsatz vom 27.12.2019 erhob der nunmehr rechtsfreundlich vertretene BF Beschwerde gegen den am 29.11.2019 zugestellten Suspendierungsbescheid der DK und beantragte seine Aufhebung, in eventu ua die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

6. Die oa. Beschwerde wurde mit Schreiben vom 27.01.2020 dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt (am 29.01.2020 eingelangt) und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

7. Mit Ladungen vom 04.02.2020 wurde eine Verhandlung vor dem BVwG am 27.02.2020 anberaumt und diese durchgeführt. Bei der Verhandlung wurde neben dem BF, der Vorsteher des BG als Zeuge einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer

Die im Punkt I.1. angeführten Umstände werden festgestellt. Darüber hinaus wird festgestellt, dass er seit 13 Jahren am BG ist und dort neben seiner Hauptaufgabe als Geschäftsabteilungsleiter weitere Aufgaben als Leitbediener, Brandschutzwart und Liftwart ausübt. Da er 70 km (eine Strecke) anreist, trachtet er danach den Gleitzeitrahmen, wenn er im Dienst ist auszuschöpfen und die aufgebauten Gleitzeitguthaben in ganzen Tagen abzubauen. Aufgrund seiner dadurch bedingten langen Anwesenheiten, ist er ein Ansprechpartner zB auch für Handwerker gewesen und war bemüht Nützliches für die soziale Infrastrukur im Gericht zu organisieren.

Er weist keine strafrechtlichen oder disziplinären Vorstrafen auf.

1.2. Zum Sachverhalt

Die Vorwürfe im Verdachtsbereich (vgl oben I.4.) werden durch den BF teilweise eingestanden teilweise bestritten.

Zu 1) Zur unerlaubten Abwesenheit am 09.09.2019 zwischen 17:00 und 19:50 Uhr liegen widersprüchliche Aussagen einerseits des Vorstehers des BG, Mag. K (das Auto des BF war von 17:00 bis 19:48 Uhr nicht da und hat er den BF um 19:48 auf den Parkplatz fahren sehen - AS 135) und des BF vor, der angab, das Auto habe sich ein Freund ausgeborgt und mit Flohmarktware zum Gericht zurückgebracht, wo es der BF um 19:48 geholt habe um die Sachen in der Garage zu deponieren (Entschuldigungs-Mail 23.10.2019 - AS 27), was wiederum im Widerspruch zu seiner Aussage beim "Mitarbeitergespräch" vom 22.20.2019 steht, wo er dies nicht erwähnt hat bzw sagte, er hätte womöglich seinen Schlafsack vom Auto geholt (AS 32). Es existiert auch eine Aufnahme einer Überwachungskamera die das Auto bei der Einfahrt zeigt und dass es nicht bei der Garage des BF hält, sondern die im Innenhof liegenden Parkplätze ansteuert (AS 165). Der BF gab bei der Verhandlung vor dem BVwG an, dass er aufgrund seiner Nebentätigkeiten und auch in seiner Hauptaufgabe im Gebäude unterwegs und nicht immer in seinem Büro sei, sodass aus seiner dortigen Abwesenheit, kein Schluss auf eine Verlassen des BG gezogen werden könne. Er sei auch Raucher und gehe ab und zu auf den Balkon (VHS, 12). Der Sachverhalt ist daher nicht abschließend geklärt, und wird der Freund auszuforschen und als Zeuge einzuvernehmen sein.

Zum nichtnotwendigen Aufbau von Gleitzeitguthaben, liegen ebenfalls unterschiedliche Aussagen vor. Einerseits gab der BF an, es gäbe immer etwas zu tun, auch wenn keine Richter und Rechtspfleger im Haus seien (zB Rückstände aufarbeiten, Fluchtwegkontrollen) und mache seine Vertretung Frau H (nur 2-Stunden täglich am Gericht) nicht das was er mache (VHS, 5). Andererseits behauptet sein Vorgesetzter Z in einem Aktenvermerk (ohne Datum; Beilage ./19 zur Anzeige, AS 29), dass an den vorgeworfenen Tagen keine dienstliche Notwendigkeit für eine längere Anwesenheit bestanden habe. Sowie sagte der Vorsteher des BG aus, dass das BG keinesfalls überlastet gewesen sei (VHS, 8). Dazu ist anzumerken, dass der Gleitzeiterlass des BG dem Akt nicht beiliegt. Aus § 48 Abs 3 BDG ergibt sich jedoch, dass ein Bediensteter innerhalb des Gleitzeitrahmens (hier nach Aussage des K, 06:00-20:00 Uhr, VHS, 8) seine Dienstzeit selbst bestimmen kann. Eine Dienstpflichtverletzung läge daher nur vor, wenn der BF in dieser Zeit nachweislich keine Dienstleistung erbracht hat. Dazu reicht der Aktenvermerk des Z nicht aus. Der Sachverhalt ist daher nicht geklärt und werden dazu weitere Zeugen einzuvernehmen oder andere Beweismittel vorzulegen sein.

Zur Genehmigung des Gleittages am Freitag den 13.09.2019 liegen ebenfalls unterschiedliche Aussagen vor. Der BF gab an, der Gleittag sei genehmigt gewesen (VHS, 5), sein Vorgesetzter Z in einem Aktenvermerk vom 13.09.2019, dass das nicht der Fall gewesen sei (Beilage ./2 zur Anzeige, AS 131). Der Sachverhalt ist daher nicht geklärt.

Zu 2) liegen 21 Akten in Auszügen der Anzeige bei. Einzige Ausnahme der Akt 5 E 771/19x (Unterspruchpunkt e./) dazu gibt es aber im Protokoll des Mitarbeitergespräches von 22.10.2019, Punkt 2.9. einen Vorhalt und der BF hat eingeräumt, dass irrtümlich übersehen zu haben bzw könne es sein, dass der Lehrling RE das übersehen habe. Der BF hat ganz allgemein in der Verhandlung vor dem BVwG eingeräumt sicher Fehler gemacht zu haben (VHS, 5). Bei rund 2500 Akten (VHS, 10) pro Jahr könne nicht von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit gesprochen werden (VHS, 12). Er wolle sich dazu, aber erst im Detail äußern, wenn ihm die kompletten Akten vorliegen. Der Vorsteher hat dazu angeführt die Vorgänge seien von der Revision geprüft worden (VHS, 10). Bereits davor haben es Aufzeichnungen von Frau G über Fehler des BF gegeben (gemeint die handschriftliche Liste - Beilage ./24 zur Anzeige, AS 19), die ihm aber erst im Oktober 2019 übergeben worden sei, es aber diesbezüglich keine Anzeige gegeben habe. Es sei auch jetzt noch ein weiterer Akt aufgetaucht der "schlecht oder gar nicht" bearbeitet worden sei, eine Anzeige sei nicht beabsichtigt, weil dieser nicht den Ausschlag geben werde.

Diesbezüglich steht der Sachverhalt auf der objektiven Tatseite im Wesentlichen fest, die subjektive Tatseite ist zu klären. Feststeht dazu, dass einiges dafürspricht, dass in einzelnen Punkten tatsächlich bloß Versehen vorliegen (zB Unterspruchpunkt e./ oder g./), jedoch die Nichtabfertigung von gerichtlichen Schriftstücken gleich in mehreren Fällen (Unterspruchpunkt a./ und b./) eine bloß leichte Fahrlässigkeit unwahrscheinlich erscheinen lässt. Schwer vorstellbar ist, dass die Änderung von Verfügungstexten oder Beschlüssen (Unterspruchpunkt a./: 1 E 4/16t, Unterspruchpunkt b./ 5 E 1446/18k Unterspruchpunkt c./: 5 E 13/17y, 6 S 9/18i) aus bloßer Unachtsamkeit erfolgt ist.

Zu 3) Unkollegiale und pflichtwidrige Verhaltensweisen

Zu a./ Hinsichtlich der Gültigkeit einer schon länger zurückliegenden Weisung der ehemaligen Vorsteherin des BG (die im Akt nicht einliegt und deren Datum und genauer Inhalt daher nicht festgestellt werden kann) an den BF, auch bei "Ein-Tages-Krankenstände" jedes Mal eine ärztliche Bestätigung vorzulegen, ist dem BF zuzustimmen, dass diese Weisung nicht unbegrenzt Gültigkeit haben kann. Dennoch war sie, sofern sie nicht aufgehoben wurde eine - allenfalls rechtswidrige - Weisung, die zu befolgen war, sofern das Mail des BF vom 27.03.2019 (Beilage .11/ zur Anzeige, AS 63) nicht als Remonstration gem § 44 Abs 3 BDG zu werten ist oder dem BF - wie von ihm behauptet (VHS, 6) - der Gang zum Arzt am 21.03.2019 tatsächlich unzumutbar war. All das steht nicht fest und wird im Verfahren zu klären sein.

Zu b./ Zur Beschaffung des "Airfryers" steht nach dem Spruch eine Täuschung des Vorgesetzten im Raum, wonach die ehemalige Geschäftsstellenleiterin, GR, dies genehmigt hätte, was diese aber nach Aussage des K bestritten habe (AS 61). Mit seinen Ausführungen in der Verhandlung vor dem BVwG, konnte der BF diesen Verdacht nicht ausräumen und wird dazu eine Zeugenbefragung der GR und des K erforderlich sein.

Zu c./ Zum Journaldienst am Tag des Betriebsausfluges (04.10.2019) iZm der Forderung nach Sonderurlaub, gibt es einen Auszug aus einem Jetprotokoll mit einer Kollegin des BF ( XXXX ), der so gedeutet werden kann, dass der BF sie dazu bringen wollte, ihre Zusage den Journaldienst zu machen, zurückzuziehen, damit der BF herangezogen werden müsste, der wiederum einen Tag Sonderurlaub dafür haben wollte (AS 15), weil seinen Informationen nach, dies in andern Gerichten für die Zurückbleibenden auch gewährt würde. Er habe niemanden nötigen wollen (VHS, 6). Aus einem Aktenvermerk seines Vorgesetzten Z ergibt sich, dass der BF gleich zweimal einen Sonderurlaubstag gefordert hat (AS 55). Hier geht es neben dem Inhalt der Aussagen des BF auch um den Ton und kann dies erst nach Einvernahme des Z geklärt werden. Ein Potential zur Vertrauensschädigung bei der wechselseitigen Zusammenarbeit ist nicht offensichtlich auszuschließen.

Zu d./ Zur Aufteilung der Akten der Gerichtsvollzieher durch diese selbst und nicht durch den BF, hat dieser nachvollziehbare Gründe für seine Vorgangsweise in der Verhandlung vor dem BVwG angeführt. Er sei ortsunkundig und habe Verzögerungen durch Falschzuteilungen vermeiden wollen. Wenn es allerdings eine Weisung gab (die im Akt nicht einliegt und was daher nicht festgestellt werden kann) wonach er die Akten zuzuteilen hat, darf er - auch aus Zweckmäßigkeitserwägungen - nicht davon abweichen, ohne seine Vorgesetzten vorher einzubinden.

Zu e./ Zur Nichtverrichtung des Dienstes in der Einlaufstelle am 25.09.2019 hat der BF in der Verhandlung vor dem BVwG angeführt vergessen zu haben und auch eingestanden seine Kollegin RO als "bissig" bezeichnet zu haben (VHS, 6).

Zu 4) Das distanzlose Verhalten gegenüber seinen Vorgesetzten beim Mitarbeitergespräch am 22.10.2019, hat der BF eingeräumt und sich entschuldigt (Entschuldigungs-Mail 23.10.2019 - AS 27). Er hat es mit seinen Emotionen anlässlich der Anschuldigungen gerechtfertigt (VHS, 6).

Zu 5) Hier liegen zwei Aktenvermerke von Kolleginnen des BF vom 23.10.2019 vor, die von "Unordnung" am Schreibtisch bzw. persönlichen Unterlagen die normalerweise unter der Schreibtischunterlage liegen würden und nun durcheinander danebengelegen seien, sprechen. Der BF sei an diesem Tag ungewöhnlicher Weise zeitig in der Früh anwesend gewesen und habe das Licht im ganzen Haus gebrannt (AS 21-25). Weiters hat auch der Vorsteher des BG in seinem ergänzenden Schreiben vom 28.10.2019 (AS 157) zu seinem Bericht vom 16.10.2019 (AS 151) darauf hingewiesen, dass er Verdachtsgründe habe, dass der BF auch in seinem Büro auf "Datensuche" gegangen sei. Das ergebe sich daraus, dass Inhalte aus einem Aktenvermerk (AV), den er auf dem Tisch habe liegen lassen, im Entschuldigungsmail des BF verarbeitet worden seien. Darunter auch eine irrtümlich angeführte falsche Tatsache, die der BF nur aus diesem AV habe haben können, ebenso wie weitere dort gemachte Angaben (AS 161).

Diese Durchsuchungen bestritt der BF vehement (VHS, 6) und wies darauf hin, dass man sich ja die Bilder der Überwachungskameras auf den Gängen ansehen könne (VHS, 12).

Es stehen daher drei Aussagen, gegen jene des BF, die als Indizien zumindest geeignet sind, einen Verdacht zu begründen. Eine Auswertung der Kameras ist dem Akt nicht zu entnehmen und wird sofern möglich durchzuführen sein.

Zu 6) Die Aussage des Vorstehers, zur Bestimmung des Lehrlings RE, wurde durch diesen in der Verhandlung vor dem BVwG bestätigt. RE habe ihm gesagt, dass der BF ihr gesagt habe, wenn sie gefragt werde, solle sie sagen, dass es viel Arbeit in der Exekutionsabteilung gebe (VHS, 10). Der BF räumte dazu ein, dass er zwar gesagt habe, dass es immer viel Arbeit gebe, nicht jedoch, dass sie das sagen soll. Klärung wird hier erst die Befragung der RE als Zeugin bringen.

Zusammengefasst steht fest, dass zu einigen Punkten die Taten noch nicht abzugrenzen sind und es weiterer Erhebungen bedarf (Zeugenbefragungen, Kameraauswertung etc) die aber dem Verfahren vor der DK vorbehalten sind.

Der Vorsteher des BG hat angegeben, dass von den zwölf Mitarbeitern des BG, sieben ein Problem hätten, wenn der BF wieder zurückkomme (VHS, 10) und ergibt sich die Zerrüttung des Betriebsklimas auch aus seinen Eingaben vom 16.10.2019 (AS 151) und 28.10.2019 (AS 157).

Wenn er daher in der Verhandlung auf die Suggestivfrage des Rechtsvertreters des BF antwortete, er würde eine Rückkehr befürworten und auf die Mitarbeiter einwirken, ist dies vor dem Hintergrund zu sehen, dass er selbst gedenkt die Dienststelle zu wechseln (VHS, 10) und er relativierend später anführte, es müssten in diesem Fall viele sehr ausführliche Gespräche geführt werden, um das Vertrauen wiederherzustellen (VHS, 11).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Verhandlung vor dem BVwG, der Disziplinaranzeige und den Beilagen (jeweils mit AS bzw Beilage bezeichnet), sowie den Schreiben des Vorstehers des BG vom 16.10.2019 (AS 151), 28.10.2019 (AS 157) und hinsichtlich der Kameraaufzeichnungen vom 09.09 und 26.09.2019 vom 02.11.2019 (AS 134). Eine Kameraaufzeichnungsauswertung vom 23.10.2019 (Durchsuchungen) liegt derzeit nicht vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG innerhalb der Frist von vier Wochen bei der Behörde eingebracht. Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht hervorgekommen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 135a BDG sieht bei Entscheidungen über (vorläufige) Suspendierungen keine Senatszuständigkeit vor. Gegenständlich besteht somit Einzelrichterzuständigkeit.

Gemäß § 28 Abs 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß einer Entscheidung des VwGH vom 13.12.2018, Ra 2018/09/0156 ist dem Disziplinarbeschuldigten vor dem Hintergrund des Art 6 EMRK " ... auch im Suspendierungsverfahren grundsätzlich ein Recht darauf zuzuerkennen, dass seine Angelegenheit in einer mündlichen Verhandlung vor dem in der Sache entscheidenden Gericht erörtert wird."

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur

Die auf den vorliegenden Fall anzuwendende Normen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):

. Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 44 (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.

[...]

Dienstplan

§ 48. (1) Der Beamte hat die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist. Die tatsächlich erbrachte Dienstzeit ist, sofern nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen, mit Hilfe automatisierter Verfahren zu erfassen.

[...]

(3) Soweit nicht wichtige dienstliche oder sonstige öffentliche Interessen entgegenstehen, ist die gleitende Dienstzeit einzuführen. Gleitende Dienstzeit ist jene Form der Dienstzeit, bei der der Beamte den Beginn und das Ende seiner täglichen Dienstzeit innerhalb festgesetzter Grenzen (Gleitzeitrahmen) selbst bestimmen kann. Während der innerhalb des Gleitzeitrahmens festzulegenden Blockzeit hat der Beamte jedenfalls Dienst zu versehen. Der fiktive Normaldienstplan dient als Berechnungsbasis für die Feststellung der anrechenbaren Dienstzeit bei Abwesenheit vom Dienst. Die Erfüllung der regelmäßigen Wochendienstzeit ist im Durchschnitt der Wochen des Kalenderjahres zu gewährleisten. Der zur Erreichung der durchschnittlichen Wochendienstzeit erforderliche Verbrauch von Zeitguthaben aus der gleitenden Dienstzeit kann, soweit nicht dienstliche Interessen entgegenstehen, vom unmittelbaren Dienstvorgesetzten auch während der Blockzeit gestattet werden. Im Gleitzeitdienstplan sind

1. die zeitliche Lage und Dauer der Blockzeit, des Gleitzeitrahmens und des fiktiven Normaldienstplans sowie

2. eine Obergrenze für die jeweils in den Folgezeitraum, der ein Jahr nicht übersteigen darf, übertragbaren Zeitguthaben bzw. Zeitschulden festzulegen. [...]

Achtungsvoller Umgang (Mobbingverbot)

§ 43a. Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.

Suspendierung

§ 112. (1) Die Dienstbehörde hat die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen,

----------

1.-wenn über sie oder ihn die Untersuchungshaft verhängt wird oder

2.-wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 1. Jänner 2013 bezieht oder

3.-wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

Die Staatsanwaltschaft hat die zuständige Dienstbehörde umgehend vom Vorliegen einer rechtswirksamen Anklage gegen eine Beamtin oder einen Beamten wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts zu verständigen.

(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 210/2013)

(3) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Disziplinarkommission oder des Bundesverwaltungsgerichts über die Suspendierung. Ab dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission hat diese bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

(3a) Der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt steht gegen die Entscheidung der Disziplinarkommission, gemäß Abs. 3 keine Suspendierung zu verfügen, und gegen die Aufhebung einer Suspendierung durch die Disziplinarkommission das Recht der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu.

(4) Jede Suspendierung, auch eine vorläufige, hat die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Die Dienstbehörde, ab Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission diese, hat auf Antrag der Beamtin oder des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung zu vermindern oder aufzuheben, wenn und soweit das monatliche Gesamteinkommen der Beamtin oder des Beamten und ihrer oder seiner Familienangehörigen, für die sie oder er sorgepflichtig ist, die Höhe des Mindestsatzes im Sinne des § 26 Abs. 5 PG 1965 nicht erreicht.

(4a) Nimmt die Beamtin oder der Beamte während der Suspendierung eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung auf oder weitet eine solche aus oder übt sie oder er während der Suspendierung eine unzulässige Nebenbeschäftigung aus, erhöht sich die Kürzung des Monatsbezugs gemäß Abs. 4 um jenen Teil, um den ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung ein Drittel ihres oder seines Monatsbezugs übersteigen. Zu diesem Zweck hat die Beamtin oder der Beamte unverzüglich ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung bekannt zu geben. Kommt sie oder er dieser Pflicht nicht nach, so gilt der ihrer oder seiner besoldungsrechtlichen Stellung entsprechende Monatsbezug als monatliches Einkommen aus der Nebenbeschäftigung.

(5) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung der Beamtin oder des Beamten maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Disziplinarkommission unverzüglich aufzuheben.

(6) Die Beschwerde gegen eine (vorläufige) Suspendierung oder gegen eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung hat keine aufschiebende Wirkung.

(7) Wird die Bezugskürzung auf Antrag des Beamten vermindert oder aufgehoben, so wird diese Verfügung mit dem Tage der Antragstellung wirksam.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu unter anderem festgestellt:

Allgemeine Voraussetzung für eine Suspendierung im Sinne des BDG ist, dass dem BF schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt werden. Es genügt im Sinne der Rechtsprechung des VwGH ein entsprechend konkreter Verdacht ("begründeter Verdacht" iSd § 109 Abs. 1 BDG); die Dienstpflichtverletzung muss zum Zeitpunkt der Suspendierung auch noch nicht nachgewiesen sein (VwGH 20.11.2001, 2000/09/0133; 29.11.2002, 95/09/0039; 04.09.2003, 2000/09/0202).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei einem konkreten Verdacht um "hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte", aus denen nach der Lebenserfahrung mit Wahrscheinlichkeit auf ein Vergehen geschlossen werden kann (VwGH 27.06.2002, 2001/09/0012; 29.4.2004, 2001/09/0086; 16.09.2009, 2009/09/0121).

Der Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen (VwGH 16.9.2009, 2009/09/0121) und somit können für die Schöpfung eines rechtsrelevanten Verdachtes weder bloße Gerüchte noch vage Vermutungen ausreichen (vgl. VwGH 27.6.2002, 2001/09/0012; 09.11.2009, 2008/09/0298).

Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten, eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst aufgrund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, und dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern. Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss (an den ebenfalls Rechtsfolgen geknüpft sind) muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtete wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (VwGH, 27.06.2002, 2000/09/0053 und 27.02.2003, 2001/09/0226, und die jeweils darin angegebene Judikatur).

Verschulden bzw. die Strafbemessung sind - anders als im nachfolgenden Disziplinarverfahren - im Suspendierungsverfahren nicht zu beurteilen (VwGH 30.06.2004, 2001/09/0133).

Dass die Disziplinarbehörden erst nach einem Zeitraum von mehr als viereinhalb Monaten (dem Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme [des Beamten] und der vorläufigen Suspendierung) und nicht schon früher eine Suspendierung verfügten, ändert nichts daran, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Suspendierung auch später verfügt werden durfte. Diese Vorgangsweise allein verletzt den Beamten nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht (Hinweis E 16. Dezember 1997, Zl. 96/09/0266; VwGH 18.09.2008, 2007/09/0383).

Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung (etwa als Exekutivbeamten) oblag (Hinweis E 21.02.2001, Zl. 99/09/0133, und E 20.11.2001, Zl. 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat sich auch durch das E VS vom 14.11.2007, Zl. 2005/09/0115, nichts Grundsätzliches geändert (VwGH 15.05.2008, 2006/09/0073).

3.3. Rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts

3.3.1. Allgemein

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum hier einschlägigen § 112 Abs 1 Z 3 BDG ist die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern.

Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, muss nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist aber darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt.

Jene Behörde, welche über die Suspendierung entscheidet, hat aber zu beurteilen, ob dem Beamten ausreichend schwere Dienstpflichtverletzungen zur Last liegen, um ihn vorläufig an der Ausübung seines weiteren Dienstes zu hindern. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen "ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwer wiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwer wiegend zu vermuten ist. Auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z.B. bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas. Dagegen liegt das dienstliche Interesse, und zwar sowohl vor wie auch nach Aufklärung, bei Verfehlungen auf der Hand, die in der Regel zur Disziplinarstrafe der Entlassung führen. Denn darin kommt eine so erhebliche Unzuverlässigkeit zum Ausdruck, dass der Verwaltung und der Allgemeinheit bis zur Klärung und zum Abschluss des Falles eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

Es ist eine Suspendierung anderseits insbesondere dann unzulässig, wenn etwa bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens nach § 118 Abs 1 BDG vorliegen. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung der Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive als auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die von § 112 Abs 1 BDG geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt.

3.3.2. Zur Schwere der Dienstpflichtverletzung

Der Verstoß gegen Weisungen stellt niemals ein Bagatelldelikt (VwGH 12.11.2013, 2013/09/0044; VwGH 11.10.2006 2003/12/0177) da und ist im vorliegenden Fall der Verdacht begründet, dass nicht bloß einmal sondern mehrmals, gegen Weisungen verstoßen wurde. Dass die Behörde mit der Suspendierung bzw mit der Anzeige zugewartet hat, macht bei einer Gesamtbetrachtung aller Vorwürfe, die Beurteilung als schwere Dienstpflichtverletzung nicht unvertretbar (VwGH 18.09.2008, 2007/09/0383). Die DK hat in ihrer ausführlichen Begründung im Wesentlichen nachvollziehbar und schlüssig dargestellt, dass der BF im Verdacht stehe schwere Dienstpflichtverletzungen nach §§ 43 Abs 1 und Abs 2, § 44 und § 48 BDG (Abwesenheit von der Dienststelle über mehrere Stunden) begangen zu haben.

Der Tatverdacht zum Spruchpunkt 2./ betrifft den Kernbereich der Dienstpflichten des BF, zu denen die ordnungsgemäße Abfertigung und Abarbeitung von Zustellverfügungen gehört und Beschlüsse der rechtssprechenden Organe von der Justizverwaltung keinesfalls ohne Rücksprache geändert oder die Zustellung verzögert bzw unterlassen werden darf.

Bereits der Verdacht einer derartigen Dienstpflichtverletzung ist als gravierend anzusehen und neben dem Ungehorsam durchaus geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit aber auch des Dienstgebers in die Dienstausübung des BF nachhaltig zu erschüttern. Dazu kommen der Verdacht weiterer gravierende Dienstpflichtverletzungen wie der Verdacht der unberechtigten Abwesenheit von der Dienststelle oder die Durchsuchung der Büros von Kollegen (im gegebenen Kontext).

Im Gegenstand wurde der Tatverdacht durch die in den Feststellungen angeführten Beweismittel hinreichend konkretisiert. Die Ansicht das Ergebnis des Mitarbeitergespräches (das eine Einvernahme war) dürfe nicht verwertet werden, ist verfehlt.

Die DK kann alles als Beweismittel heranzuziehen, was Verdachtsmomente beinhalten könnte und geeignet und nach Lage des Falles zweckdienlich ist (VwGH 26.06.2003, 2002/09/0197; 24.06.2015, Ra 2015/09/0012). Dem BF ist es im Beschwerdeverfahren - in Kenntnis der Vorwürfe - nicht gelungen durch seine angeführten Argumente die Verdachtsmomente in den für die Suspendierung wesentlichen Punkten zu entkräften.

Die Tathandlungen sind in einigen Punkten - nicht zuletzt durch die festgestellten Widersprüchlichkeiten der Aussagen - noch nicht klar abgrenzbar und ist die Aufklärung des tatsächlichen Sachverhaltes dem eigentlichen Disziplinarverfahren ebenso vorbehalten, wie die Aufklärung des Motives bzw des Verschuldensgrades des BF. Ein allfälliges Mitverschulden der Vorgesetzten ist erst im Disziplinarverfahren zu berücksichtigen.

Mit der bloßen Bestreitung der Tathandlungen und dem Hinweis auf Entschuldigungen, kann der im Raum stehende Tatverdacht der angeführten gravierenden Dienstpflichtverletzungen nicht aus der Welt geschafft werden.

Der Umstand, dass die Dienstbehörde (bzw die Vorgesetzten) belastendes Material gesammelt hätten, anstatt den BF anzuleiten und erst zu einem späteren Zeitpunkt die Anzeige und vorläufige Suspendierung veranlassten, steht dessen Suspendierung in Ansehung der Schwere des ihm angelasteten Tatvorwürfe nicht entgegen, weil diese zulässig ist, solange die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Unabhängig vom Ausgang der strafrechtlichen Prüfung bleibt der Verdacht mehrerer schwerer Dienstpflichtverletzung bestehen, weil auf der Hand liegt, dass das unerlaubte Verlassen der Dienststelle über mehrere Stunden und die Nichteinhaltung von Zustellverfügungen bzw die Abänderungen von Verfügungen von Rechtspflegern und Richtern, neben einem Weisungsverstoß jedenfalls keine treue und gewissenhafte Erfüllung der dienstlichen Aufgaben ist und einen massiven Vertrauensschaden sowohl gegenüber dem Dienstgeber als auch gegenüber seinen Kolleginnen und Kollegen als auch der Allgemeinheit darstellt.

3.3.3. Gefährdung wesentlicher dienstlicher Interessen

Die Begründung der belangten Behörde - Beispielsfolgen, Beeinträchtigung des Dienstbetriebes, Disziplinunterhöhlung und Belastung des Betriebsklimas, Gefährdung des Ansehens auf Grund der Anzeige nach § 302 StGB - ist in ihrer Gesamtheit ausreichend und schlüssig. Beamte die im Verdacht stehen, ihren Arbeitsplatz unerlaubt zu verlassen, mehrfach Weisungen nicht einzuhalten, ihre dienstlichen Aufgaben nicht nachzukommen ihre Kompetenzen zu überschreiten, ihre Kollegen zu falschen Angaben zu verleiten zu versuchen, deren Schreibtische abzusuchen und ihre Vorgesetzten zu täuschen und dadurch das Betriebsklima belasten, gefährden sowohl wesentliche dienstliche Interessen als auch das Ansehen des Amtes. Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, dass die Kolleginnen und Kollegen des BF noch Zeugen in der Verhandlung vor der DK und allenfalls auch bei der StA sein werden und eine (allenfalls auch implizite) Beeinflussung in der kleinen Dienststelle durch den BF nicht ausgeschlossen werden kann. Der Vorstand des BG hat angeführt das sieben von zwölf Mitarbeitern ein Problem mit ihm hätten, daran ändert auch nichts, dass manche der Mitarbeiter für den BF aussagen würden.

Bei der Prüfung der Frage, ob die verfügte Suspendierung aufrechtzuerhalten ist, hat die Disziplinaroberkommission ausschließlich zu prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 112 Abs 1 BDG 1979 gegeben waren und noch sind. § 112 Abs 1 BDG 1979 sieht nicht vor, daß dabei auf allfällige andere Möglichkeiten (hier: Versetzung) Bedacht zu nehmen ist, die allenfalls geeignet sein könnten, den Anlass für die Suspendierung zu beseitigen. Dazu kommt noch, daß für die Verfügung der Versetzung, nur die Dienstbehörde, nicht aber die Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) zuständig ist und der Beamte keinen Rechtsanspruch auf Versetzung hat; hier hat darüber hinaus die Dienstbehörde durch ihre Vorgangsweise zu erkennen gegeben, von dieser Möglichkeit (zumindest derzeit) nicht Gebrauch zu machen. Eine andere Frage ist es, ob eine von der Dienstbehörde verfügte Versetzung - allenfalls unter bestimmten Voraussetzungen - dazu führen kann, daß die Gefährdung wesentlicher Interessen des Dienstes iSd § 112 Abs 1 BDG 1979 nicht oder nicht mehr gegeben ist (vgl. VwGH 24.05.1995, 94/09/0105).

3.3.4. Keine offenkundigen Einstellungsgründe

Eine Suspendierung ist unzulässig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig ist, das heißt auf der Hand liegt, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen. Dies wäre etwa bei inzwischen eingetretener Verjährung, bei bloßem Bagatellcharakter der zur Last gelegten Tat oder bereits diagnostizierter Schuldunfähigkeit des Beschuldigten der Fall (VwGH 24.04.2014, 2013/09/0195). Diese Offenkundigkeit liegt im Gegenstand nicht vor.

Die disziplinäre Verantwortlichkeit ist von der strafrechtlichen zu trennen. Das Disziplinarverfahren stellt ein eigenes, vom gerichtlichen Strafverfahren getrenntes Verfahren dar, das von den Disziplinarbehörden selbst zu führen ist, wenn das gerichtliche Strafverfahren eingestellt werden sollte.

Die angeführte lange Dienstzeit, die Unbescholtenheit, die Rechtfertigung etc. betreffen das Ausmaß der Schuld und die Strafbemessung und bleiben der Beurteilung im noch zu führenden Verfahren vorbehalten (VwGH 30.06.2004, 2001/09/0133).

Die Beschwerde des BF war vor diesem Hintergrund nicht ausreichend substantiiert, um den Verdacht einer schweren Dienstpflichtverletzung und eine Schädigung des Ansehens des Amtes und wesentlicher dienstlicher Interessen auszuräumen.

Die Voraussetzungen des § 112 Abs 1 Z 3 BDG liegen vor.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Betriebsklima Bezirksgericht Dienstpflichtverletzung Disziplinarverfahren Gefährdung wesentlicher dienstlicher Interessen Schwere der Dienstpflichtverletzung sichernde Maßnahme Suspendierung treue Dienste Verdacht Verhalten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2228108.1.00

Im RIS seit

20.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten