TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/11 I405 2229061-1

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Veröffentlicht am 11.03.2020
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Entscheidungsdatum

11.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2229061-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Senegal, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2020, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein senegalesischer Staatangehöriger, gelangte am 29.12.2019 mit dem Flixbus von Frankreich kommend über Deutschland illegal in das österreichische Bundesgebiet und wurde bei seiner Rückreise am 05.01.2020 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes kontrolliert. Da sich der BF lediglich mit einem verfälschten griechischen Reisepass ausweisen konnte, wurde er festgenommen.

2. Im Rahmen seiner Einvernahme vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 06.01.2020 gab der BF im Wesentlichen an, er habe lediglich eine Freundin in Wien besucht und sei anschließend wieder auf dem Weg nach Frankreich gewesen. Er sei in Frankreich aufrechten Wohnsitzes gemeldet und würden dort außerdem seine Frau mit seinen zwei Söhnen wohnen. Er habe weder in einem Mitgliedstaat der EU einen Asylantrag gestellt noch sei er in Besitz eines aufrechten Aufenthaltstitels, wobei ein portugiesischer Aufenthaltstitel bereits in Arbeit sei.

3. Mit Schreiben vom 09.01.2020 beantragte das Bundesministerium für Inneres beim Bundespolizeipräsidium Deutschland die Rückübernahme des BF aufgrund des deutsch-österreichischen Rückübernahmeabkommens vom 16.12.1997.

4. Mit Schreiben vom 16.01.2020 teilte das Bundespolizeipräsidium Deutschland die Zustimmung zur Rücküberstellung des BF mit. Da eine Rücküberstellung in weiterer Folge nicht möglich war, ging die weitere Zuständigkeit auf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) über.

5. Am 16.01.2020 stellte das BFA eine Anfrage an das Gemeinsame Zentrum der deutsch-französischen Polizei- und Zollzusammenarbeit, woraufhin am selben Tag die Antwort einging, der BF habe in der französischen Ausländerdatei keinen Bestand und liege kein Fahndungsvermerk zur Person des BF in Frankreich vor.

6. Am 16.01.2020 erging seitens des BFA ein Mandatsbescheid, Zl. XXXX, mit welchem über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde.

7. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid des BFA vom 23.01.2020, Zl. XXXX, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass seine Abschiebung in den Senegal zulässig sei (Spruchpunkt II.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunk III.) und gewährte dem BF keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.).

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 14.02.2020 mit der Begründung, die belangte Behörde hätte unter anderem Ermittlungen tätigen müssen, ob der BF über einen Aufenthaltstitel in der EU verfügt. Darüber hinaus hätte das BFA die Gründe des BF für das Verlassen seines Heimatstaates sowie seine sozialen Anbindungen und die Situation im Senegal eruieren müssen.

9. Mit Schriftsatz vom 26.02.2020 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Teilen des Verwaltungsaktes vor.

10. Mit Schreiben vom 09.03.2020 wurde der belangten Behörde aufgetragen, den Verwaltungsakt vollständig vorzulegen.

11. Die belangte Behörde kam der Bitte des Bundesverwaltungsgerichtes am selben Tag nach und legte ein Flixbus-Ticket, ein Protokoll der niederschriftlichen Befragung des BF vor der LPD XXXX sowie ein Anhalteprotokoll vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Die im Verfahrensgang geschilderten - unstrittigen - Ausführungen werden zu Feststellungen erhoben.

1.2. Zur Person der BF:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger des Senegal und bekennt sich zum Islam. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankung und ist arbeitsfähig.

Der BF geht einer Beschäftigung als Druckereiarbeiter nach und hat aufgrund seiner Arbeitserfahrung eine Chance, auch am Arbeitsmarkt im Herkunftsstaat unterzukommen.

Es konnte nicht festgestellt werden, ob der BF in Österreich oder einem anderen Mitgliedsstaat der EU familiäre Anknüpfungspunkte aufweist.

Der BF verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten, beruflichen, sprachlichen oder sonstigen sozialen Bindungen. Er bezieht auch keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig.

Der BF ist in Österreich unbescholten.

Der BF reiste illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und hält sich seit 29.12.2019 unrechtmäßig in Österreich auf. Er befindet sich derzeit in Schubhaft.

Der BF verfügt über keinen Aufenthaltstitel in einem Mitgliedsstaat der EU.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, wonach die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in seinen Heimatstaat Senegal unzulässig wäre.

1.3. Zum Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF wurde im angefochtenen Bescheid das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Senegal fast vollständig zitiert, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Eine in den Senegal zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang, dessen Ausführungen zu Feststellungen erhoben wurden, ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Schengener Informationssystem (ISI), der Grundversorgung (GVS) und dem Zentralen Melderegister (ZMR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person der BF:

Die Feststellungen zur Person des BF, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Glaubenszugehörigkeit, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit sowie seiner Arbeitserfahrung gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom 06.01.2020). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufgekommen. Sofern der BF angibt, er leide an Diabetes, benötige jedoch keine Medikamente zur Behandlung, steht dies der getroffenen Feststellung, wonach er an keiner lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankung leidet, nicht entgegen.

Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Insbesondere lässt der Umstand, dass der BF laut eigenen Angaben in Frankreich einen aufrechten Wohnsitz unterhält, jedoch laut Angaben des gemeinsamen Zentrums der deutsch-französischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in der französischen Ausländerdatei nicht aufscheint, auf eine mangelnde persönliche Glaubwürdigkeit des BF schließen. Diese Annahme wird durch sein Vorweisen eines verfälschten griechischen Reisepasses unterstützt. Der BF gab sich somit fälschlicherweise für einen griechischen Staatsbürger aus und täuschte bewusst österreichische Behörden.

Die Negativfeststellung hinsichtlich der familiären Situation des BF ergibt sich aus der zuvor ausgeführten mangelnden persönlichen Glaubwürdigkeit des BF, sodass seiner Aussage, wonach er familiäre Anknüpfungspunkte in Frankreich habe, nicht gefolgt werden konnte. Insbesondere legte der BF mit dem Beschwerdeschriftsatz weder Bescheinigungsmittel zur Unterstützung seiner diesbezüglichen Behauptung vor noch erstattete er detailliertes Vorbringen zu seiner familiären Situation in Frankreich.

Dass der BF in Österreich keinerlei sprachliche, soziale oder integrative Verfestigungen aufweist, ergibt sich aus dem Umstand seines kurzen Aufenthaltes in Österreich. Der vom BF behauptete Besuch einer Freundin in Wien genügt nicht für die Annahme eines berücksichtigungswürdigen maßgeblichen Privatlebens in Österreich, insbesondere da der BF weder die Personalien noch die Adresse seiner Bekannten nennen konnte.

Die Feststellung zum fehlenden Bezug der Grundversorgung ergibt sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 02.03.2020 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem GVS. Die mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit des BF ergibt sich daraus, dass er in Österreich lediglich auf Besuch war und somit in Österreich zu keiner Zeit erwerbstätig war. Dies ergibt sich auch aus dem diesbezüglichen Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 02.03.2020.

Die Feststellungen zu seiner Einreise und seinem unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich lassen sich seinen glaubhaften Ausführungen vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Zusammenschau mit den im Verwaltungsakt vorliegenden Kopien der Flixbus-Tickets sowie den aktuellen Auszügen aus dem ZMR und IZR entnehmen.

Dass der BF über keinen Aufenthaltstitel in einem Mitgliedstaat der EU verfügt, ergibt sich einerseits aus einer Abfrage des Schengener Informationssystems (SIS), andererseits aus den Angaben des BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme, wonach er derzeit über keinen aufrechten Aufenthaltstitel in der EU verfüge. Überdies habe er nach eigenen Angaben keinen Asylantrag in einem Mitgliedstaat der EU gestellt, was mit dem Ergebnis des im Verwaltungsakt vorliegenden Ergebnisberichtes zum EURODAC-Abgleich übereinstimmt. Informationen zu einem laufenden Verfahren betreffend einen Aufenthaltstitel in Portugal waren weder aus dem Verwaltungsakt noch aus dem IZR-Register ersichtlich. Der BF legte überdies keinerlei Bescheinigungsmittel vor.

Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat beruht darauf, dass der BF weder in seiner niederschriftlichen Einvernahme noch in der Beschwerde bzw. Stellungnahme substantiierte Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Senegal (Stand 23.05.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 26.03.2019) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Zusammenfassend ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass nicht davon auszugehen ist, dass jedem im Falle einer Rückkehr in den Senegal eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohen würde. Es herrscht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet des Senegal willkürliche Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts.

Hinsichtlich der länderkundlichen Feststellungen älteren Datums ist anzumerken, dass sich in Bezug auf das gegenständliche Beschwerdevorbringen keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage im Senegal in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt. Der von der rechtsfreundlichen Vertretung des BF verfasste Beschwerdeschriftsatz bemängelte oder ergänzte die dem bekämpften Bescheid zugrunde gelegten Länderberichte im Übrigen nicht, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht diesen Feststellungen vollinhaltlich anschließt. Dem Einwand, wonach die belangte Behörde zusätzliche Erhebungen zur Situation im Senegal durchführen hätte müssen, ist angesichts der glaubhaften und ausführlich zitierten Berichte nicht zu folgen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.1.2. Anwendung auf den gegenständlichen Beschwerdefall:

Da der BF weder über einen aufrechten Aufenthaltstitel in Österreich noch in einem Mitgliedstaat der EU verfügt, hält er sich von Beginn an nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Somit ist im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Im gegenständlichen Fall führt der BF - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt- kein Familienleben, keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Auch verfügt der BF, abgesehen vom nur vage behaupteten Kontakt mit einer Freundin in Wien, über kein Privatleben in Österreich. Entgegenstehendes Vorbringen wurde überdies im Beschwerdeschriftsatz nicht erstattet. Gleichzeitig hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und sozialisiert wurde, sprachliche und kulturelle Verbindungen.

Der BF gibt überdies selbst an, kein Interesse an einem Verbleib in Österreich zu haben. Einem derartigen Verbleib steht somit das öffentliche Interesse gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind, auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die allenfalls schwach ausgebildeten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Im konkreten Fall kommt dazu, dass der BF die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes über seine Identität zu täuschen versucht hat, indem er sich mit einem verfälschten Reisepass als griechischer Staatsangehöriger auswies.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG abzuweisen war.

3.2. Zum Ausspruch, dass die Ausweisung in den Senegal zulässig ist (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.2.2. Anwendung auf den gegenständlichen Beschwerdefall:

Im vorliegenden Beschwerdefall gibt es keinen Anhaltspunkt, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Senegal die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, 2003/01/0059). Der BF ist volljährig, gesund und arbeitsfähig. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der BF seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte.

Außerdem besteht ganz allgemein im Senegal derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.

3.3. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Da das erkennende Gericht innerhalb einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch das BFA die gegenständliche Entscheidung getroffen hat, erübrigen sich weitergehende Ausführungen zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 18 Abs 5 BFA-VG abzuweisen war.

3.4. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. Die belangte Behörde hat daher zu Recht § 55 Abs 4 FPG zur Anwendung gebracht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Dem Beschwerdevorbringen sind keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen. Es ist somit unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck von dem BF im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für den BF kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung aufschiebende Wirkung - Entfall freiwillige Ausreise Frist illegaler Aufenthalt Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrberatung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I405.2229061.1.00

Im RIS seit

13.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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