TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/18 I416 2230947-1

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Veröffentlicht am 18.05.2020
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Entscheidungsdatum

18.05.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

TEILERKENNTNIS

I416 2230947-1/7Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, rumänischer Staatsangehöriger, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.04.2020, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.04.2020, Zl. XXXX kommt gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG aufschiebende Wirkung zu.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist rumänischer Staatsangehöriger, der sich laut eigenen Angaben seit Jänner 2009 im Bundesgebiet aufhält. Ab März 2010 erfolgten wiederholt Amtshandlungen von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gegen den Beschwerdeführer. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, GZ. XXXX vom 24.01.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des versuchten Diebstahls und Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX, GZ XXXX vom 06.04.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagen zu je 4 Euro rechtskräftig verurteilt. Am 06.07.2019 wurde über dem Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt und wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 13.11.2019, GZ. XXXX wegen des Verbrechens nach § 85 Abs. 2 iVm Abs. 1 Z 3 StGB und § 85 Abs. 2 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Mit Parteiengehör vom 03.03.2020, bezeichnet als "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme", wurde dem Beschwerdeführer eine Frist von 7 Tagen, zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme bezüglich der Beweisaufnahme in der Angelegenheit "Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, Erlassung der Schubhaft, der Abschiebung), verbunden mit der Beantwortung eines umfassenden Fragenkataloges, gewährt. Dieses Parteiengehör wurde dem Beschwerdeführer in der JA Sonnberg am 04.03.2020 ausgehändigt. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 08.04.2020 erließ das BFA gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG 2005 (Spruchpunkt I.), erteilte gemäß § 70 Abs. 3 FPG 2005 keinen Durchsetzungsaufschub und erkannte einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass keine Aufenthaltsverfestigung im Bundesgebiet festgestellt werden konnte, dass drei rechtskräftige Verurteilungen vorliegen und der Beschwerdeführer durch sein gesetzliches Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Wegen der überwiegenden öffentlichen Interessen an Ordnung und Sicherheit sei damit kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden.

Mit Schriftsatz vom 08.05.2020 erhob der Beschwerdeführer durch seine gewillkürte Rechtsvertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigere Bescheid erzielt worden wäre. Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass das die Behörde ergänzende Ermittlungen hinsichtlich der Zukunftsprognose anstellen hätte müsse sowie dass keine Einvernahme erfolgt sei und der Beschwerdeführer daher in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei. Im gegenständlichen Fall stütze sich die belangte Behörde vor allem auf die Verurteilung des Beschwerdeführers sowie seine fehlenden familiären Anknüpfungspunkte in Österreich es wäre jedoch zur Erstellung einer Gefährlichkeitsprognose erforderlich gewesen dass sich die belangte Behörde ein persönliches Bild vom Beschwerdeführer mache diese leide zudem an Diabetes und habe ein Teil seines Fußes amputiert werden müssen und würde dieser auf eine neue Prothese warten. Durch das Aufenthaltsverbot in der Höhe von zehn Jahren werde in sein geschütztes Recht auf das Privatleben unfallmäßig eingegriffen sei dem Beschwerdeführer unzumutbar sich zehn Jahre nicht in Österreich aufhalten zu dürfen zumal der Beschwerdeführer auch über einen Freundeskreis in Österreich verfügen würde. Zudem sei dem gegenständlich angefochtenen Bescheid auch keine nachvollziehbare Begründung darüber zu entnehmen, warum im Falle des Beschwerdeführers ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot von der Behörde als notwendig erachtet werde da es nicht ausreichend sei, wenn sich die belangte Behörde den Einschätzungen des Strafgerichts inhaltlich voll und ganz anschließen würde. Es sei bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes darauf abzustellen ob der Betroffene weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Ruhe eifrig Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine öffentliche mündliche Verhandlung zu Klärung des maßgebenden Sachverhalts durchführen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu das Aufenthaltsverbot auf eine angemessene Dauer herabsetzen.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 14.05.2020 vorgelegt.

Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Rumänien. Der Beschwerdeführer hält sich laut eigenen Angaben seit zumindest 2009 im Bundesgebiet auf. Nicht festgestellt werden kann, ob der Beschwerdeführer durchgehend im Bundesgebiet aufhältig gewesen ist. Festgestellt wird das es zwischen 2009 und 2019 wiederkehrende Amtshandlungen seitens der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Bundesgebiet gegeben hat. Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Privat und Familienleben im Bundesgebiet können aufgrund der derzeitigen Aktenlage keine getroffen werden.

Der Beschwerdeführer weist nachstehende strafrechtliche Verurteilungen auf:

01) LG XXXX vom 24.01.2014 RK 28.01.2014

§ 15 StGB § 127 StGB

§ 83 (1) StGB

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX RK 28.01.2014

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG XXXX vom 06.04.2016

zu LG XXXXRK 28.01.2014

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

LG XXXX vom 12.09.2019

02) BG XXXX vom 06.04.2016 RK 03.05.2017

§ 83 (1) StGB

Geldstrafe von 90 Tags zu je 4,00 EUR (360,00 EUR) im NEF 45 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

03) LG XXXX vom 13.11.2019 RK 13.11.2019

§ 85 (2) iVm (1) Z 3 StGB

Freiheitsstrafe 3 Jahre 6 Monate

Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Strafhaft.

Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Zudem wurden am 15.05.2020 auch Auszüge aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister eingeholt.

Rechtliche Beurteilung:

Einer Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde normiert § 18 Abs. 5 BFA - VG: Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die zur Verfügung stehende Aktenlage ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ausreichend, um dies zu beurteilen. Insbesondere wird neben den Besucherlisten, auch die Einholung von Berichten der JA XXXX und der JA XXXX über den BF, für die vorzunehmende Gefährdungsprognose erforderlich sein und werden Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand (siehe auch AS 91) zu treffen sein und wird daher allenfalls, nach Einholung weiterer Unterlagen und Durchführung erforderlicher Ermittlungsschritte eine mündliche Verhandlung, durchgeführt werden. Der Beschwerdeführer befindet sich zudem derzeit in Strafhaft und scheint als Entlassungszeitpunkt der 19.02.2023 (Strafende) auf. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutung der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hinzuweisen (siehe dazu etwa VwGH, 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 12, mwN) und ist es seitens des erkennenden Richters auch nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde, dem Beschwerdeführer nicht niederschriftlich einvernommen hat, wenn man berücksichtigt, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits am 09.07.2019 eingeleitet worden ist (AS 29). Dahingehend kann auch die aufgrund der Corona Pandemie bedingte Schließung der Justizanstalten, die eine niederschriftliche Einvernahme zum Zeitpunkt des Parteiengehörs wesentlich erschwert, bzw. unmöglich gemacht hat, nicht als Begründung seitens der belangten Behörde herangezogen werden. Da sohin der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt von der belangten Behörde nicht abschließend erhoben wurde und die aufgezählten Ermittlungsschritte innerhalb der normierten Frist (eine Woche ab Vorlage der Beschwerde) nicht durchführbar sind, war der Beschwerde die auf aufschiebende Wirkung zu zuerkennen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung Durchsetzungsaufschub Gefährdungsprognose Gesundheitszustand Menschenrechtsverletzungen real risk reale Gefahr strafrechtliche Verurteilung Straftat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I416.2230947.1.00

Im RIS seit

13.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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