Entscheidungsdatum
09.10.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W2682188664-3/2E
W2682188652-3/3E
W2682188662-3/2E
W2682188656-3/2E
W268 2188659-3/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , 2.) XXXX , geboren am XXXX , 3.) XXXX , geboren am XXXX , 4.) XXXX , geboren am XXXX , 5.) XXXX , geboren am XXXX , alle Sta. Mongolei, vertreten durch den Rechtsanwalt Edward W. Daigneault, gegen die Bescheide des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 03.10.2019, XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 nicht rechtmäßig. Die mündlich verkündeten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2019, XXXX werden aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF), ein Ehepaar und ihre drei minderjährigen Kinder im Alter von 11, 9 und 2 Jahren, sind alle Staatsangehörige der Mongolei und gehören der Volksgruppe der XXXX an. Die Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3), die ältere Tochter, ist Katholikin, die übrigen BF sind konfessionslos. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) reisten mit ihrer älteren Tochter und ihrem Sohn, dem Viertbeschwerdeführer (im Folgenden: BF4) im Juni 2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 30.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Mai 2017 wurde die Fünftbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF5) im Bundesgebiet geboren und wurde für sie in weiterer Folge ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Diese Anträge wurden mit den Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 31.01.2018 als unbegründet abgewiesen, der Status des Asylberechtigten und der Status des Subsidiär Schutzberechtigten wurden nicht zuerkannt und die Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei wurde verfügt.
Gegen diese Bescheide des BFA brachten die BF Beschwerde ein, welche mit Erkenntnissen des BVwG vom 24.07.2018 als unbegründet abgewiesen wurden und die Verfahren in weiterer Folge in Rechtskraft erwuchsen.
Den ersten Antrag auf internationalen Schutz begründeten die BF im Wesentlichen damit, dass in der Mongolei ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen den BF1 bestünde.
2. Am 16.01.2019 stellten die BF einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Im Rahmen dieses Verfahrens gaben die BF zu ihren Fluchtgründen an, dass der BF1 nicht in die Mongolei zurückkönne, da er eine Lungenkrankheit habe. In der Mongolei sei die Luft sehr verschmutzt. Wenn er dorthin gehe, würde er zwischen 6 Monaten und einem Jahr mit Sicherheit an Lungenkrebs erkranken. Seine beiden Lungenflügel seien schwer erkrankt. Des Weiteren würden die Fluchtgründe seines ersten Ansuchens weiterhin bestehen. Zudem habe er auch den Hepatitis C Virus in sich, wenn er sich nicht ausgewogen und gesund ernähre, breche dieser Virus aus.
Im Rahmen einer Einvernahme vor dem BFA 21.02.2019 gab der BF1 ua weiters an, dass er alle sechs Monate zu einer medizinischen Kontrolle gehen müsse, da seine Lungen schlecht seien. Vorher hatte er lediglich eine jährliche Kontrolle. Im Rahmen der Einvernahme legte der BF auch mehrere medizinische Befunde vor, aus welchen ua hervorgeht, dass er zum Ausschluss einer relevanten Veränderung im Hinblick auf seine Lungenfunktionen in sechs Monaten eine nochmalige CT-Kontrolle durchführen soll.
Mit Bescheiden des BFA vom 14.03.2019 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückverwiesen (Spruchpunkte I. und II.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurden keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte III. und IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in ihren Herkunftsstaat zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG idgF wurde gegen die BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Gemäß §15b Abs. 1 AsylG wurde den BF die Unterkunftnahme in einem bestimmten Quartier aufgetragen (Spruchpunkt VIII.).
Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das BVwG mit Erkenntnissen vom 15.04.2019 als unbegründet ab. Begründend wurde ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass eine wesentliche Änderung der Sach- bzw. Rechtslage seit dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens eingetreten sei. Im Hinblick auf die gesundheitlichen Beschwerden des BF1 wurde weiters ausgeführt, dass den vorgelegten medizinischen Befunden nicht entnommen werden könne, dass sich der Gesundheitszustand des BF1 seit dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens geändert habe. Weiters wurde ausgeführt, dass der BF, abgesehen von den vorgebrachten Beschwerden, gesund und arbeitsfähig sei.
Gegen die Erkenntnisse des BVwG wurden außerordentliche Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, welche dieser mit Beschluss vom 01.07.2019 zurückverwies. Begründend wurde ua ausgeführt, dass der BF keine Befunde oder sonstige Unterlagen vorlegen konnte, aus denen sich eine tatsächliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ableiten lasse. Zudem habe er auch angegeben, dass er sich nicht in laufender ärztlicher Behandlung befinde und auch keine Medikamente benötige, weshalb es fallbezogen nicht als fehlerhaft erkannt werden könne, dass sich das BVwG bei dieser Sachlage nicht veranlasst sah, von Amts wegen eine Begutachtung des Gesundheitszustandes des Revisionswerbers vorzunehmen.
3. Am 14.08.2019 stellten die BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Zu ihren Fluchtgründen befragt gaben die BF an, dass der BF1 am 28.05.2019 wegen einer neuen Diagnose ins Spital musste und dann etwa 30 Tage lang im Spital in Behandlung gewesen sei. Nachdem er das Spital verlassen habe, habe er 11 Stück Tabletten sechs verschiedener Arten täglich nehmen müssen. Dann hätte sich seine Leber aufgrund der Medikamenteneinnahme entzündet und er habe zwei verschiedene Tabletten pausieren müssen. Jetzt nehme er fünf Stück von vier verschiedenen Tabletten. Einige davon seien gegen TBC und einige für den Magenschutz. Diese Behandlungen hätten auch schlechten Einfluss auf seine Augen und er müsse auch zur ärztlichen Kontrolle wegen seiner Augen. Er wolle seine Behandlungen nicht unterbrechen.
Der BF legte diverse medizinische Befunde vor. In diesen wurde ua folgendes angeführt: "Einleitung der 4-fach tuberkulostat. Therapie am 06.06.2019, Pausierung der INH-Therapie seit 22.06.2019 bei arzneimittelind. Hepatitis, Pausierung Pyrafat seit 09.07.2019, aktuell: Leberwerte rückläufig" (siehe Befund des Klinikum Klagenfurt vom 15.07.2019). In einem weiteren Befund des SMZ Otto-Wagner-Spital vom 02.10.2019 wird folgendes ausgeführt: "aktueller Besuch wegen Schwäche und Gewichtsverlust, - 6 kg seit Mitte August, wenig Husten, keine Hämoptysen, rechtsthorakale Schmerzen, kein Fieber, aber Arthralgien der Extremitäten, kein Nachtschweiß. FK: chron. Hep. C (Z.n. Therapie), chron. Hep. B, Z.n. HP Eradikation. Med.: Eremfat 600mg 1-0-0 für mind. 12 Monate (bis 6.6.2020), Etibi 500 mg 1-0-0 für 4 Monate (bis 6.10.2019), Pantoloc 40 mg 1-0-0, Urosin 300 mg 1-0-0. Kontrolle zur Befundbesprechung und Therapieentscheidung in einer Woche h.o."
Am 03.10.2019 erfolgte eine Einvernahme der BF vor der belangten Behörde, in welcher der BF1 angab, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in die Mongolei zurückkehren könnten. In Folge zählte er die Medikamente auf, welche er derzeit einnehmen müsse. Befragt, weshalb er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gab er an, dass er nach der Entscheidung seines Asylantrags eine neue Krankheit habe, welche behandelt werden müsse. Er habe nun zweistufige Behandlungen. Seit dem 06.06.2019 habe er sechs Kilo abgenommen. Es gehe ihm gesundheitlich schlecht und er sei sehr müde. Durch die Behandlungen sei sein Immunsystem schlecht geworden. Auch die BF2 bezog sich in ihrem Vorbringen auf die Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Mannes und führte weiters auch gesundheitliche Probleme ihrer Tochter an.
4. In der Folge wurde gegenüber den BF mit mündlich verkündeten Bescheiden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Es wurde festgestellt, dass der BF1 nicht unter einer akut lebensbedrohlichen Krankheit leide. Den vorgelegten medizinischen Befunden könne nicht entnommen werden, dass sich der allgemeine gesundheitliche Zustand des BF1 seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Erst- bzw. Zweitverfahrens entscheidungsrelevant geändert habe. Beim BF1 handle es sich, abgesehen von den vorgebrachten Beschwerden, um einen gesunden, jungen und arbeitsfähigen, volljährigen Mann.
Die nunmehrigen Anträge auf internationalen Schutz seien voraussichtlich zurückzuweisen, da die BF keinen neuen Sachverhalt, welcher nach Rechtskraft des letzten Asylverfahrens neu entstanden sei, vorgebracht haben.
Da sich die allgemeine Lage im Herkunftsland, der körperliche Zustand und die persönlichen Verhältnisse nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung zu keiner Bedrohung der Menschenrechte führe. Eine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben, könne nicht angenommen werden.
5. Am 04.10.2019 wurde der Akt der Gerichtsabteilung W268 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Identität der BF steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest. Die BF sind Staatsangehörige der Mongolei.
Zu ihren Fluchtgründen führten die BF kurz zusammengefasst an, dass in der Mongolei ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen den BF1 bestünde. Über dieses Vorbringen wurde schon im Rahmen der zwei ersten Verfahren auf internationalen Schutz abgesprochen und ergab sich diesbezüglich im nunmehrigen dritten Verfahren auf internationalen Schutz kein neuer Sachverhalt.
Die BF sind unbescholten.
1.2. Es steht nicht fest, dass der BF1 gesund und arbeitsfähig ist. Der BF1 leidet an diversen Krankheiten wie etwa Hepatitis B und C, einer geschlossenen Tuberkulose sowie Lungenproblemen. Er ist seit 06.06.2019 in medizinischer Behandlung (4-fach Therapie) und nimmt vier verschiedene Tabletten (Eremfat 600mg 1-0-0 für mind. 12 Monate (bis 6.6.2020), Etibi 500 mg 1-0-0 für 4 Monate (bis 6.10.2019), Pantoloc 40 mg 1-0-0, Urosin 300 mg 1-0-0.) täglich ein. Er ist bis mindestens einschließlich November 2019 behandlungsbedürftig. Er leidet derzeit unter Schwäche und Gewichtsverlust und hat seit Mitte August schon etwa sechs Kilo verloren.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Identität der BF und ihren vorhergehenden Asylverfahren wurden den vorgelegten Akten der belangten Behörde sowie den Erkenntnissen des BVwG vom 24.07.2018 und 15.04.2019 entnommen.
2.2. Die Feststellung hinsichtlich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit der BF erfolgte auf Grund einer Einsichtnahme in die aktuellen Strafregisterauszüge.
2.3. Zwar hat die belangte Behörde im bekämpften Bescheid ausdrücklich festgestellt, dass es sich beim BF1, abgesehen von den vorgebrachten Beschwerden, um einen gesunden, jungen und arbeitsfähigen volljährigen Mann handle und dass den vorgelegten medizinischen Befunden nicht entnommen werden könne, dass sich der allgemeine gesundheitliche Zustand des BF1 seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Erst- bzw. Zweitverfahrens entscheidungsrelevant geändert habe.
Wie die belangte Behörde jedoch zu diesen Feststellungen gelangt, wird in der Beweiswürdigung nicht näher dargelegt. Vielmehr wurde das Vorbringen des BF in der Erstbefragung, wonach er am 28.05.2019 wegen einer neuen Diagnose ins Spital musste und dann etwa 30 Tage lang im Spital in Behandlung gewesen sei und nunmehr täglich fünf Stück von vier verschiedenen Tabletten einnehmen müsse, zwar wiederholt, jedoch in Folge weiters ausgeführt, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des letzten Asylverfahrens nicht geändert habe.
Im Gegensatz dazu geht jedoch aus den vorgelegten medizinischen Befunden hervor, dass der BF seit 06.06.2019 eine 4-fach-Therapie hat und seit Mitte August 6 kg verloren hat. Zudem wurde ihm eine Medikation mit vier verschiedenen Medikamenten bis Juni 2020 verschrieben. Da das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts mit 15.04.2019 datiert ist und die nunmehr angeführten Tatbestandsmerkmale nach diesem Zeitpunkt hervorgekommen sind, lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass sich der Sachverhalt entscheidungswesentlich geändert hat. Ein näheres Eingehen auf die vom BF1 vorgelegten medizinischen Befunde sowie eine nähere Auseinandersetzung, ob und inwieweit die nunmehr begonnene Therapie auch im Herkunftsstaat des BF1 fortgesetzt werden könnte, erfolgte nicht im Bescheid.
Es kann daher letztendlich nicht festgestellt werden, dass der BF1 zum aktuellen Zeitpunkt gesund und arbeitsfähig ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.
3.2. Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
3.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§12a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 2005 idgF:
(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1.gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
3.2.2. Die Verfahren über die zweiten Anträge der BF auf internationalen Schutz vom 16.01.2019 wurde mit Erkenntnissen des BVwG vom 15.04.2019 rechtskräftig abgeschlossen. Bei den Anträgen der BF auf internationalen Schutz vom 14.08.2019 handelt es sich somit um Folgeanträge iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.
Die ex-lege automatisch vorgesehene Beschwerde durch Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 12a AsylG 2005 zu prüfen. Gründe für ein Nichtvorliegen des faktischen Abschiebeschutzes im Sinne des § 12a Abs.1 sind nicht hervorgekommen.
Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005. Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt.
Mit Erkenntnissen des BVwG vom 15.04.2019 wurden die Beschwerden rechtskräftig zurückgewiesen und die Rückkehrentscheidungen bestätigt.
Gegenständlich liegen daher durchsetzbare Rückkehrentscheidungen vor.
Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") verweist der VwGH in seiner Entscheidung vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, auf die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) und führt aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat.
Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.
Der BF hat im gegenständlichen Folgeantrag erstmals geltend gemacht, dass er seit dem 06.06.2019 eine 4-fach Therapie bekommt und er seit Mitte August 6 kg verloren hat und generell sehr geschwächt ist. Auch aus dem Akteninhalt geht hervor, dass er seit Mai 2019 wieder regelmäßig in medizinischer Behandlung steht, seit 06.06.2019 eine Therapie hat und ihm eine mehrmonatige Einnahme diverser Medikamente aufgetragen wurde.
Diese gesundheitlichen Probleme sind erst nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Zweitverfahren dokumentiert, decken sich jedoch insofern mit diesem, als aus dem im Zweitverfahren vorgelegten medizinischen Befund vom 07.01.2019 hervorgeht, dass dem BF zum Ausschluss einer relevanten Veränderung im Hinblick auf seine Lungenfunktionen in sechs Monaten eine nochmalige CT-Kontrolle aufgetragen wurde (AS 171).
Zudem geht aus den Angaben des BF1 im Zweitverfahren hervor, dass er anfänglich nur eine jährliche Kontrolle seiner Lungen hatte und ihm danach eine halbjährliche Kontrolle empfohlen wurde (AS 149). Angesichts der Tatsache, dass der BF1 nunmehr generell in Therapie steht und ihm eine Medikamenteneinnahme über einen Zeitraum mehrerer Monate empfohlen wurde, lässt sich das Argument, wonach sich der Gesundheitszustand des BF im Wesentlichen nicht geändert und hierbei insbesondere nicht verschlechtert habe, nicht mehr halten.
Ein wesentliches Element der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.04.2019, betreffend die Vorverfahren ist in Beachtung der Judikatur der Höchstgerichte die die BF individuell betreffende Rückkehrsituation in ihrem Herkunftsland. Auf Grund der Angaben der BF wurde in den angeführten Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts die Feststellung getroffen, dass der BF1 sowie die BF2 gegenwärtig akut nicht lebensbedrohlich schwer erkrankt bzw. auch arbeitsfähig seien. Laut eigener Angaben befinde sich insbesondere der BF1 derzeit nicht in einer durchgehenden ärztlichen bzw. stationären Behandlung und benötige auch keine Medikamente.
Das nunmehrige Vorbringen und die im Akt befindlichen Unterlagen weisen darauf hin, dass ein geänderter Sachverhalt betreffend die persönliche Situation der BF vorliegen könnte, die Auswirkungen auf die Situation im Falle der Rückkehr der BF haben könnte.
Das Bundesamt hat jedoch erneut die Feststellung getroffen, dass es sich beim BF1, abgesehen von den vorgebrachten Beschwerden, um einen gesunden, jungen und arbeitsfähigen volljährigen Mann handle und dass den vorgelegten medizinischen Befunden nicht entnommen werden könne, dass sich der allgemeine gesundheitliche Zustand des BF1 seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Erst- bzw. Zweitverfahrens entscheidungsrelevant geändert habe, ohne darzulegen, worauf sich diese Einschätzung stützt.
Im Lichte der aufgezeigten Erwägungen liegt nicht schon im Rahmen einer Grobprüfung auf der Hand, dass der vorliegende Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird. Somit ist jedenfalls eine der drei Voraussetzungen, unter denen der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben werden darf, derzeit nicht erfüllt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Mit Aufhebung des vorliegenden Bescheides kommt den BF faktischer Abschiebeschutz iSd § 12 Abs. 1 AsylG 2005 zu.
3.2.3. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.
Schlagworte
faktischer Abschiebeschutz Familienverfahren mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W268.2188659.3.00Im RIS seit
12.08.2020Zuletzt aktualisiert am
12.08.2020