Entscheidungsdatum
09.04.2020Norm
AlVG §1 Abs1 litaSpruch
W145 2179468-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , SVNR XXXX , gegen den Bescheid der (vormals:) Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 07.11.2017, Zeichen XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 07.11.2017 festgestellt, dass Herr XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) aufgrund seiner Beschäftigung als Sachbearbeiter bei der Dienstgeberin XXXX in der Zeit vom 01.02.2017 bis 31.05.2017 der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm § 4 Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege.
Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 01.11.2016 bis 30.06.2017 bei der Dienstgeberin in einem Dienstverhältnis beschäftigt gewesen sei und zunächst für den gesamten Zeitraum aufgrund der Geringfügigkeit der Beschäftigung lediglich zur Teilversicherung in der Unfallversicherung gemeldet gewesen wäre. Nachträglich erfolgte seitens der Dienstgeberin eine Berichtigung, indem der Beschwerdeführer für den Zeitraum 01.02.2017 bis 31.05.2017 zur Vollversicherung, wegen des Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze von 425,70 Euro (Wert 2017), gemeldet worden sei. Der Beschwerdeführer habe Arbeitsaufzeichnungen geführt und nachweislich und unbestreitbar für die Kalendermonate Februar 2017 bis Mai 2017 Mehrarbeitsstunden geltend gemacht. Diese 41 Mehrarbeitsstunden seien im Rahmen der Endabrechnung in den entsprechenden Kalendermonaten abgerechnet bzw. aufgerollt worden. Daraus resultiere, dass die Voraussetzungen für den Eintritt und Bestand der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherung auf die Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der XXXX im Zeitraum vom 01.02.2017 bis 31.05.2017 vollinhaltlich zutreffe.
2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 05.12.2017 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Darin wurde beantragt, die Vollversicherungspflicht für den Zeitraum vom 01.02.2017 bis 31.05.2017 aufzuheben und die Versicherungspflicht entsprechend einer geringfügigen Beschäftigung umzuwandeln.
Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im Zeitraum November 2016 bis 30.06.2017 bei der XXXX für 8 Wochenstunden geringfügig als Sachbearbeiter beschäftigt gewesen. Die XXXX hätte im Zeitraum März 2017 bis Mai 2017 die von ihm abgeleistete Arbeitszeit laut Dienstvertrag als Mehrstundenarbeit abgerechnet, obwohl es keine schriftliche Aufforderung oder Vereinbarung mit ihm als Dienstnehmer gegeben habe. Für den Zeitraum Februar 2017 habe der Beschwerdeführer zusätzlich bei einem freiwilligen Projekt der XXXX unentgeltlich in seiner Kapazität als Teilnehmer an den Universitätsprogrammen teilgenommen. Nun sei ihm am Ende seines Dienstverhältnisses als Sachbearbeiter, welches mit dem Projekt in keinerlei Zusammenhang gestanden habe, Mehrstunden für die Mitarbeit an diesem Projekt ausbezahlt worden. Es habe jedoch weder einen schriftlichen noch einen mündlichen Auftrag an den Beschwerdeführer gegeben, dieses Projekt im Zuge seines Dienstverhältnisses abzuwickeln.
Die belangte Behörde argumentiere die Anmeldung zur Vollversicherung damit, dass Mehrstunden aus den geführten und vom Beschwerdeführer vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen, hervorgehen würden. Die Arbeitszeitaufzeichnungen seien von der XXXX niemals auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt seiner Leistung überprüft kontrolliert worden und sei dem Beschwerdeführer bei Dienstantritt mitgeteilt worden, dass diese Arbeitszeitaufzeichnungen nur pro forma zu betrachten seien, also ohne rechtliche Wirkung. Es seien daher vom Beschwerdeführer auch Stunden auf den Protokollen abgefasst worden, die er nicht wie in der verschriftlichen Form geleistet habe (also auch weniger) und sein Vorgesetzter als Argumentationshilfe für zukünftige Marketing-Aktivitäten und Budgeterwägungen bezeichnet habe. Die Arbeitsaufzeichnungen seitens der XXXX seien nach der Aushändigung zu seinen Ungunsten verändert worden.
3. Mit Schreiben der XXXX als Dienstgeberin, eingelangt bei der belangten Behörde am 10.11.2017, führte sie aus, dass der Beschwerdeführer für 8 Wochenstunden ab 01.11.2016 bei ihr beschäftigt gewesen sei. Aufgrund des Bezuges unter der Geringfügigkeitsgrenze ergab sich eine geringfügige Beschäftigung. Die Mitarbeit des Beschwerdeführers an dem Projekt sei eindeutig im Rahmen seiner Anstellung geschehen. Der Beschwerdeführer habe die handschriftlichen Zeitaufzeichnungen bei der Dienstgeberin inkl. Mehrstunden abgegeben. Von einer irrtümlichen Abrechnung der angeführten Mehrstunden könne keine Rede sein. Aufgrund der handschriftliche erstellten Zeitaufzeichnung des Beschwerdeführers seien bei seiner Endabrechnung die 41 Mehrstunden in den entsprechend anfallenden Monaten abgerechnet worden. Somit sei eine ordnungsgemäße Aufrollung bis zum Februar 2017 getätigt worden, mit der Auswirkung, dass seine monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten gewesen sei und ein Änderungsmeldung bei der belangten Behörde ab Februar 2017 bis Mai 2017 von geringfügig beschäftigt auf vollversichert durchgeführt worden sei.
4. Die Beschwerdesache wurde am 11.12.2017 von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
5. Am 04.11.2019 wurde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung (W145) zur Erledigung zugewiesen.
6. Mit Schreiben vom 02.12.2019 wurde dem Beschwerdeführer die ergänzende Stellungnahme der XXXX , eingelangt bei der belangten Behörde (nach Bescheiderlassung) am 10.11.2017, übermittelt und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Das Schreiben wurde am 04.12.2019 an der Zustelladresse des Beschwerdeführers hinterlegt und vom Beschwerdeführer nicht behoben.
7. Ebenfalls mit Schreiben vom 02.12.2019 wurde der XXXX im Rahmen des Parteiengehörs die verfahrensgegenständliche Beschwerdeschrift übermittelt und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
8. Mit Schriftsatz vom 18.12.2019 gab die Dienstgeberin, die XXXX , als mitbeteiligte Partei ihre rechtsfreundliche Vertretung bekannt und führte in der angeschlossenen Stellungnahme aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 01.11.2016 bis 30.06.2017 als Sachbearbeiter bei ihr für acht Wochenstunden angestellt werden sei. Der Beschwerdeführer habe seine Dienstleistungen in persönlicher Abhängigkeit erbracht und sei den fachlichen und persönlichen Weisungen der Dienstgeberin unterlegen. Hinsichtlich der Einteilung der Arbeitszeit wurde dem Beschwerdeführer ein gewisser Gestaltungsspielraum eingeräumt. Die vom Beschwerdeführer verzeichneten Mehrstunden seien im Zusammenhang mit einem Projekt entstanden, das von der Dienstgeberin beauftragt worden und in dessen Rahmen der Beschwerdeführer auch an die persönlichen und fachlichen Weisungen der Dienstgeberin gebunden gewesen sei. Es habe keine Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Dienstgeberin gegeben, dass der Beschwerdeführer im Rahmen dieses Projektes unentgeltlich tätig werde. Die Behauptung einer unentgeltlichen Tätigkeit sei vom Beschwerdeführer erst nachträglich vorgebracht worden. Die Auszahlung der Mehrstunden erfolgte aufgrund der vom Beschwerdeführer verzeichneten Arbeitszeiten. Auf Basis dieser Auszeichnungen sei es zur Auszahlung von 41 Mehrstunden sowie zur ordnungsgemäßen Aufrollung in der Lohnverrechnung der Dienstgeberin gekommen. Die Dienstgeberin sei von einem echten Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG ausgegangen, zumal der Beschwerdeführer in den Betrieb der Dienstgeberin eingegliedert gewesen sei und in fachlicher und persönlicher Hinsicht den Weisungen der Dienstgeberin unterlegen habe. Die vom Beschwerdeführer verzeichneten Arbeitsleistungen seien von der Dienstgeberin entgegengenommen und ausbezahlt worden.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Dienstgeberin habe die Zeitaufzeichnungen zu Ungunsten des Beschwerdeführers nachträglich abgeändert, entbehre jeder Grundlage und werde als falsch zurückgewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war im Zeitraum von 01.11.2016 bis 30.06.2017 als Sachbearbeiter bei der mitbeteiligten Dienstgeberin XXXX tätig; bis 31.01.2017 und im Juni 2017 lag das Entgelt des Beschwerdeführers unter der Geringfügigkeitsgrenze.
In den Monaten Februar bis inklusive Mai 2017 erbrachte der Beschwerdeführer laut seinen eigenen Arbeitsaufzeichnungen folgende Mehrstunden, die zu einem monatlichen Entgelt (Grundentgelt plus Mehrstundenentgelt) wie folgt geführt haben:
Monate 2017
Mehrstunden
Entgelt
Februar
21
709,70 EUR
März
2
432,68 EUR
April
8
520,16 EUR
Mai
10
549,32 EUR
Die monatliche Geringfügigkeitsgrenze lag im Jahr 2017 bei einem EUR-Wert von 425,70. Das monatliche Entgelt lag somit in den Monaten Februar bis einschließlich Mai 2017 darüber.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Bestehen eines Dienstverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und der mitbeteiligen Dienstgeberin gründen sich auf den im Akt befindlichen Dienstvertag vom 23.10.2016 und wird dieses von beiden Parteien nicht bestritten.
Die Feststellung der Mehrstunden im Zeitraum von 01.02.2017 bis 31.05.2017 stützt sich auf die vom Beschwerdeführer handschriftlich geführten Stundenaufzeichnungen.
An der Richtigkeit der vorgelegten Stundenaufzeichnungen gibt es keine Zweifel. Die Stundenaufzeichnungen wurden vom Beschwerdeführer handschriftlich geführt und auch in dieser Form abgegeben. Die Behauptung, die Stundenaufzeichnungen würden nicht die wirkliche Arbeitsleistung aufzeigen, sondern seien nur pro forma geführt worden und er habe auch mehr Stunden aufgezeichnet, als er erbracht habe, wird als Schutzbehauptung gewertet. Zumal sich die Frage stellt, weshalb der Beschwerdeführer Stunden aufzeichnen sollte, die er tatsächlich nicht geleistet hat.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Dienstgeberin hätte im Nachhinein seine Stundenlisten zu seinen Ungunsten manipuliert, ist nicht nachvollziehbar. Auf den Kopien der Stundenlisten, die sich im Akt befinden, sind keine nachträglichen Änderungen bei den Stundenzahlen ersichtlich. Im Gegenteil scheinen die Stunden immer in derselben Handschrift geschrieben und nachträglich weder ausgebessert noch dazu gefügt worden zu sein. Desweitern trifft den Beschwerdeführer die Beweispflicht, dass die Stundenaufzeichnungen manipuliert worden seien. Dieser ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.
Der Beweis der Behauptung des Beschwerdeführers, er sei bei der Mitwirkung am Projekt unentgeltlich tätig zu geworden, liegt beim Beschwerdeführer. Lediglich die Behauptung, er habe diese Tätigkeit unentgeltlich verrichtet, reicht nicht aus. Zumal die mitbeteiligte Dienstnehmerin dieser Behauptung auch insofern wiederspricht, als dass die anderen Mitbeteiligten an diesem Projekt sehr wohl entlohnt worden sind. Es erscheint auch nicht lebensnah, im Rahmen seines Dienstverhältnisses in einem Bereich für den Dienstgeber entgeltlich, in einem anderen unentgeltlich tätig zu sein. Den Beweis unentgeltlich tätig geworden zu sein, hat der Beschwerdeführer nicht erbracht.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, welche verfahrensgegenständlich nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, weil sich im gegenständlichen Fall klar aus der Aktenlage ergab, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war und sich der Sachverhalt zu Beurteilung der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen sozialversicherungsrechtlichen Frage bezüglich des Vorliegens eines vollversicherungspflichtigen oder teilversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt darstellte (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017). Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig und wurde im Verfahren nicht substantiiert bestritten. Es wurden keine Rechts- oder Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. ua VfGH 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen, liegen, wie dargestellt, im gegenständlichen Fall derart außergewöhnliche im Sinne der EMGR Judikatur vor, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen. Zudem hat der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht von seinem Recht auf Parteiengehör in keiner Weise Gebrauch gemacht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 414 Abs 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch Senat. In der vorliegenden Angelegenheit wurde kein derartiger Antrag gestellt. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.
Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I. 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anders bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinnvoll anzuwenden, da die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Dagegen erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1), oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen ist, oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Geringfügig beschäftigt sind gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichstellte Personen sowie die im § 4 Abs. 1 Z 6 genannten Personen- unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung - von der Vollversicherung nach § 4 ausgenommen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt.
Der Beschwerdeführer bezog ein monatliches Grundentgelt in Höhe von ? 403,52. In den Monaten Februar bis inklusive Mai 2017 leitete der Beschwerdeführer insgesamt 41 Mehrstunden. Aufgrund der geleisteten und vom Beschwerdeführer selbst aufgezeichneten Stunden, wurde dem Beschwerdeführer (zu seinem monatlichen Grundentgelt) ein Mehrstundenentgelt ausgezahlt. Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG (in der Fassung BGBl. II. Nr. 391/2016) gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als ? 425,70 (Wert 2017) gebührt. Aufgrund dieser Abgeltung der Mehrstunden überstieg das Entgelt des Beschwerdeführers den für die Geringfügigkeit im Jahr 2017 maßgebenden Höchstbetrag von ? 425,70. Der Beschwerdeführer war somit in den Monaten Februar bis inklusive Mai 2017 nicht im Rahmen einer Geringfügigkeit beschäftigt.
Zu prüfen ist, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers in diesem Zeitraum Februar bis inklusive Mai 2017 im Rahmen des bestehenden Dienstvertrages erfolgt ist.
Vorliegend steht unstrittig fest, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 01.11.2016 bis 30.06.2017 in einem Dienstverhältnis mit der mitbeteiligten Dienstgeberin stand. Vorliegend ist zu beurteilen, ob das Dienstverhältnis durchgehend auf Basis "Geringfügigkeit" erfolgte oder im Zeitraum 01.02.2017 bis 31.05.2017 Vollversicherungspflicht auslöste.
Der Beschwerdeführer wurde aufgrund des Dienstvertrages vom 23.10.2016 bei der mitbeteiligten Dienstgeberin tätig. Seine Tätigkeit war als Sachbearbeiter bezeichnet. Zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer bei der Mitarbeit an genanntem Projekt im Rahmen seines Dienstvertrages tätig wurde und, ob eine Erweiterung des Dienstvertrages vorliegt, dadurch, dass der Beschwerdeführer mehr Stunden geleistet hat und die mitbeteiligte Dienstgeberin diese Mehrstunden bezahlt hat.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Anhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Anhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffs - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung - nur beschränkt ist.
Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG und damit eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist stets die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor.
Der Beschwerdeführer unterlag bei seiner Tätigkeit im Rahmen des Projektes einer persönlichen Arbeitspflicht. Er war auch hinsichtlich seines Arbeitsortes, seiner Arbeitszeit und seines arbeitsbezogenen Verhaltens an die Ordnungsvorschriften gebunden und somit in den Betrieb eingeordnet. Des Weiteren unterlag er der Weisungs- und Kontrollunterworfenheit bzw. -möglichkeit seines Dienstgebers. Das zeigte sich in der Aufzeichnung und Abgabe der Arbeitszeitlisten, welche der Kontrolle seines Dienstgebers unterlag. Hierbei unterscheidet sich das Tätigwerden bei der Mitarbeit im Rahmen des Projektes auch nicht vom Tätigwerden als Sachbearbeiter. Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, den Beweis zu erbringen, dass seine Tätigkeit an der Mitwirkung des Projektes unentgeltlich war, zu erbringen. Der Beschwerdeführer bewegte sich daher im Rahmen seines Dienstvertrages.
Die Merkmale für das Bestehen persönlicher Abhängigkeit sind sohin im gegenständlichen Fall als gegeben anzusehen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel finde, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.
Der Beschwerdeführer überschritt durch die Leistung von 41 Mehrstunden in den Monaten Februar bis inkl. Mai 2017 die monatliche Geringfügigkeitsgrenze. Demnach war der Beschwerdeführer in dem von der belangten Behörde festgestellten Zeitraum (01.02.2017 bis 31.05.2017) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit a AlVG bei der Dienstgeberin XXXX beschäftigt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das vorliegende Erkenntnis bewegt sich im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Judikatur der Höchstgerichte.
Schlagworte
Dienstverhältnis Geringfügigkeitsgrenze Mehrdienstleistung persönliche Abhängigkeit Versicherungspflicht Vollversicherung wirtschaftliche AbhängigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W145.2179468.1.00Im RIS seit
06.08.2020Zuletzt aktualisiert am
06.08.2020