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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AltstadterhaltungsG Graz 1980 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des D, vertreten durch D, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 27. April 1995, Zl. A 17-K-7.904/1991-4, betreffend Nachbareinwendungen im Widmungsverfahren (mitbeteiligte Partei: U in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes .583, KG I (S-Straße 8). Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin des benachbarten Grundstückes Nr. .582/1, KG I (S-Straße 6). Das Grundstück der mitbeteiligten Partei ist ebenso wie das Grundstück des Beschwerdeführers bebaut; an der nordwestlichen Grenze des Grundstückes Nr. .582/1 (zum Grundstück des Beschwerdeführers zu) ist in etwa 23 m Abstand von der öffentlichen Straße ab dem zweiten Obergeschoß ein Lichthof ausgebildet. Das Grundstück ist in diesem Bereich nur im Erdgeschoß und im ersten Stock bebaut. Vor 1988 befand sich als Abschluß dieses Gebäudeteiles ein Glasdach mit der Traufenhöhe von 7,30 m an der Grundstücksgrenze und einem Wandanschluß auf der Höhe von 7,77 m.
Mit Antrag vom 23. April 1991 suchte die mitbeteiligte Partei um eine Widmungsbewilligung für das Grundstück Nr. .582/1, KG I, an. Ursprünglich war als Verwendungszweck der vorgesehenen Bauten "Geschäftshaus" angegeben und unter der Rubrik "Die beantragte Widmungsänderung umfaßt" angegeben:
"Bestandswidmung und Errichtung einer Brüstungsmauer und Markise".
Hintergrund des Ansuchens waren von der mitbeteiligten Partei bereits durchgeführte Baumaßnahmen im Bereich des Lichthofes. Das ursprünglich vorhandene Glasdach war abgetragen und an seiner Stelle ein Flachdach in einer Höhe von 7,2 m errichtet worden. Darüber hinaus war eine Brüstungsmauer errichtet worden. Hinsichtlich der Brüstungsmauer und der auch im Widmungsansuchen erwähnten Markise wurden auch Bauverfahren eingeleitet (hinsichtlich der diesbezüglich eingebrachten Beschwerden wurden die Verfahren zu den hg. Zahlen 96/06/0287 und 96/06/0288 geführt, die mit den Erkenntnissen vom 18. Dezember 1997 und vom heutigen Tage abgeschlossen wurden).
Im Zuge des hier gegenständlichen Widmungsverfahrens kam es am 14. März 1994 zu einer mündlichen Verhandlung. In derem Verlauf zog die mitbeteiligte Partei ein schon früher (am 30. Juni 1987) eingebrachtes Ansuchen zur Bewilligung der Widmung für den "Verbau" des Lichthofes ausdrücklich zurück. Der Antrag vom 23. April 1991 wurde von der mitbeteiligten Partei nach der Niederschrift über die Verhandlung dahingehend geändert, daß der Verwendungszweck mit sämtlichen Nutzungen gemäß § 23 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974 idgF. für "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" beantragt wurde. Diese Änderung wurde mit Datum vom selben Tag auch im Antrag der Mitbeteiligten vermerkt.
Mit Bescheid vom 6. Mai 1994 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 2 und 3 Steiermärkische Bauordnung 1968 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1992 iVm. dem
2.0 Flächenwidmungsplan 1992 der Landeshauptstadt Graz aufgrund der Verordnung des Gemeinderates vom 9. April, 9. Oktober und 26. November 1992 und den §§ 3 und 7 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1980 (GAEG) in der Fassung LGBl. Nr. 48/1993 sowie § 32 Abs. 1 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 (ROG) in der für den Flächenwidmungsplan 1992 maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 41/1991 sowie § 28 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 in der Fassung LGBl. Nr. 55/1989 iVm § 4 Abs. 4 der Steiermärkischen Garagenordnung die Widmung des Grundstückes Nr. .582/1 unter Festsetzung näherer Bebauungsgrundlagen und Auflagen bewilligt.
Unter Punkt 2. der Bebauungsgrundlagen wurde dabei festgelegt:
"2. Bebauungsweise:
Geschlossene Bebauung, ausgenommen der Lichthof an der nordwestlichen Bauplatzgrenze im Ausmaß von 7,90 x 2,65/2,90 m ab dem zweiten Obergeschoß (baubehördlich konsentierter Bestand)."
Festgelegt wurden weiters die Bebauungsdichte und der Bebauungsgrad sowie die Straßenfluchtlinien.
Unter 6. wurde festgelegt:
"6. Zulässige Bauten (Verwendungszweck):
Sämtliche Nutzungen gemäß § 23 Stmk. ROG 1974 idgF. für "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet"."
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung. In der Berufung wird unter anderem die Unklarheit des Verwendungszweckes moniert. Das Ansuchen vom 23. April 1991 habe sich "immer auf den konkreten Verwendungszweck als Buchhandlung ("Geschäftshaus")" bezogen und es sei "Bestandswidmung und Errichtung einer Brüstungsmauer und einer Markise" angegeben gewesen. In einem Aktenvermerk in der Verhandlungsschrift vom 14. März 1994 habe die Verhandlungsleiterin Dr. UK "mitten in das Gutachten des Amtssachverständigen" "Antragsänderung auf "sämtliche Nutzungen gemäß § 23 Stmk. ROG 1974 idgF. für Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" hiemit vor der Behörde UK eh" vermerkt. Tatsächlich hätte der Bewilligungswerber einen solchen Antrag in der Verhandlung und auch später nicht gestellt. Der Aktenvermerk sei "mysteriös, der Antrag jedenfalls nicht existent". Im übrigen sei ein derartiger Antrag aber auch nicht bewilligungsfähig, weil nicht die ganze Wandbreite gesetzlich möglicher Widmungen ermöglicht werden könne, somit immer nur der einzelne, konkret angestrebte Verwendungszweck. Da im Widmungsbewilligungsverfahren nicht bekannt gewesen sei, daß der Bewilligungswerber einen anderen Verwendungszweck als den einer Buchhandlung angestrebt hätte, sei der einzige überhaupt bewilligungsfähige konkrete Verwendungszweck der des konsensmäßigen Bestandes. Erst im Zusammenhang mit der Verständigung von einem anderen Verfahren (nach Schluß des Widmungsverfahrens) hätten die Nachbarn vermuten können, welchen Verwendungszweck der Bewilligungswerber im Rahmen seines Antrages in einem Widmungsverfahren "allenfalls anstreben hätte müssen, nämlich den eines Kaffeehauses". Ein derartiger Antrag auf Widmung bzw. Widmungsänderung sei aber bisher nicht gestellt worden, sodaß im vorliegenden Widmungsverfahren auf die mit der offenbar anzustrebenden Widmung einhergehenden Belästigungen und rechtlichen Konsequenzen gar nicht eingegangen hätte werden können. Der Beschwerdeführer bezog sich in seiner Berufung weiters auf die nicht bewilligte Errichtung eines Verbindungsganges anstelle des Glasdaches und die Inbetriebnahme eines Kaffeehausbetriebes im Gebäude der mitbeteiligten Partei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nur insoweit statt, als die im erstinstanzlichen Bescheid mit mindestens 1,5, höchstens 3,84 festgesetzte Bebauungsdichte mit mindestens 1,5, höchstens 2,5 festgesetzt wurde.
Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes des § 61 Abs. 2 Steiermärkische Bauordnung 1968 und der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde sowie der Grundlagen für die Erteilung von Widmungsbewilligungen gemäß §§ 2 und 3 Steiermärkische Bauordnung 1968 aus, daß die Widmungsbewilligung zu erteilen sei, wenn die Voraussetzungen nach § 1 Steiermärkische Bauordnung 1968 sowie die im Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127, in der jeweils geltenden Fassung genannten Voraussetzungen für eine Widmung vorlägen. Das Wort "Festsetzung" könne auch eine bloß feststellende Bedeutung haben, "wie etwa bei der von der Widmung erfaßten Grundlage, aber auch dort, wo die bereits in einer generellen Norm festgesetzten Bebauungsgrundlagen nur mehr wiedergegeben werden können". Seien hingegen mangels genereller Normen (Flächenwidmungsplan bzw. Bebauungsplan) diese Grundlagen nicht vorgegeben, erfolge eine konstitutive "Festsetzung" durch die Baubehörde im Widmungsbescheid. § 3 Abs. 3 zweiter Satz Steiermärkische Bauordnung 1968 reduziere sich "auf einen an die Behörde gerichteten Auftrag, die darin genannten Angaben in die Widmungsbewilligung aufzunehmen, gleichgültig, ob ihnen nur feststellender Charakter zukommt, oder ob es sich um die eigentlichen Festsetzungen im Rahmen oder anstelle von Flächenwidmungs- oder Bebauungsplänen handelt". Zur Festsetzung des Verwendungszweckes unter Punkt 6 der Bebauungsgrundlagen wird ausgeführt, daß gemäß § 23 Abs. 5 lit. c ROG 1974 Kern-, Büro- und Geschäftsgebiete Flächen seien, die vornehmlich für Verwaltungsgebäude, Büro- und Kaufhäuser, Hotels, Theater, Kirchen, Versammlungsräume, Gast- und Vergnügungsstätten udgl. bestimmt seien. Durch die Festsetzung des Verwendungszweckes für alle nach der Widmungskategorie "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" vorgesehenen Nutzungen werde der Nachbar in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, da infolge der bindenden Vorschrift des Flächenwidmungsplanes die Nachbarn Nutzungen, die dem Flächenwidmungsplan entsprechen, ohne Rücksicht auf die sich allenfalls dadurch ergebenden größeren oder geringeren Immissionen zu dulden hätten und im Widmungsbewilligungsverfahren hinsichtlich der Zulässigkeit eines bestimmten Verwendungszweckes nicht von Details einer angestrebten Bauführung auszugehen sei. Es sei vielmehr davon auszugehen, ob eine Verwirklichung des Verwendungszweckes an sich mit der Flächenwidmung vereinbar sei. Die Details des Bauprojektes seien Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens.
Im übrigen wird begründet, weshalb die Festsetzung der Bebauungsdichte zu korrigieren gewesen war.
Zur Festsetzung der Bebauungsweise wird ausgeführt, der Beschwerdeführer bringe vor, daß gerade in Anbetracht der umstrittenen Brüstungsmauer infolge richtiger Handhabung des Planungsermessens durch genau definierte Höhenbegrenzungen von 7,22 m im Innenhof klargestellt hätte werden müssen, daß ein ab dem zweiten Obergeschoß freibleibender Lichthof das Verbot einschließe, auf der Terrasse des Lichthofes noch Mauern, Markisen etc. zu errichten bzw. begehbare Flächen zu ermöglichen. Mit der von der Unterbehörde getroffenen Formulierung "geschlossene Bebauung, ausgenommen der Lichthof ab dem zweiten Obergeschoß" sei nach Ansicht der belangten Behörde auch ausreichend sichergestellt, daß es zu keiner Vergrößerung des Gebäudes durch unmittelbaren Anbau an die Bauplatzgrenze kommen könne. Abgesehen davon bestehe für einen Nachbarn kein Rechtsanspruch auf Freihaltung von Freiflächen (hier: eines Lichthofes) auf dem Nachbargrundstück, soferne die Bebauungsgrundlagen eine solche Bebauung ermöglichten. Ob dies der Fall sei oder nicht sei jedoch wiederum Gegenstand eines Bauverfahrens und nicht des Widmungsverfahrens.
Die restlichen im Bescheid der Behörde erster Instanz festgesetzten Bebauungsgrundlagen wie Bauplatzgröße, Bebauungsgrad, Straßenfluchtlinien und Gebäudehöhen würden vom Beschwerdeführer nicht bekämpft.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im "nachbarlichen Recht auf Einhaltung bzw. Beibehaltung innerer Bauflucht- und Baugrenzlinien sowie der bisherigen Bauhöhe, auf Erhaltung mittelalterlicher Hof- und Lichtgemeinschaften, auf gesetzmäßige Handhabung des Planungsermessens und auf Festlegung des Verwendungszweckes eines Baues sowie auf Einhaltung eines gesetzmäßigen Verfahrens" geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren (bzw. auch im Widmungsbewilligungsverfahren, siehe 2.) in zweifacher Weise beschränkt. Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.).
2. Gemäß § 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 bedarf die Widmung von Grund zu einem oder mehreren Bauplätzen der Bewilligung der Baubehörde. Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz der Steiermärkischen Bauordnung 1968 sind im Widmungsverfahren die Bestimmungen über die Bauverhandlung (§ 61) sinngemäß anzuwenden. Für die Parteistellung und die subjektiven Rechte der Nachbarn im Widmungsverfahren gilt daher das gleiche wie im Baubewilligungsverfahren.
3. Gemäß § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung (Widmungsbewilligung) Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen; diese sind in dieser Bestimmung taxativ aufgezählt.
4. Der Beschwerdeführer hat rechtzeitig vor der am 14. März 1994 durchgeführten mündlichen Verhandlungen schriftliche Einwendungen erhoben. In dieser Stellungnahme wird unter anderem ausgeführt, daß nicht ersichtlich sei, "welches Bauansuchen nun hinter der beantragten Widmung" stehe. Es müsse diesbezüglich eine Klarstellung erfolgen, wobei insbesondere der beabsichtigte Verwendungszweck anzuführen sei. Gegen die beantragte Widmung wurde insbesondere vorgebracht, daß kein Lageplan nach § 2 Abs. 2 lit. d Steiermärkische Bauordnung 1968 vorgelegt worden sei, daß der zulässige Bebauungsgrad überschritten werde, daß bei Ausübung des Planungsermessens die Sicherung einer ausreichenden Licht- und Luftzufuhr durch die Festlegung innerer Baufluchtlinien zu erfolgen habe, daß nach § 3 Abs. 2 Steiermärkische Bauordnung 1968 das Grazer Altstadterhaltungsgesetz dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz und der Bebauungsdichteverordnung 1993 vorgehe und gemäß § 3 Abs. 1 GAEG das Erscheinungsbild und die innere Baustruktur (Gebäudehöhe, Fenster, Durchgänge, Höfe etc.) zu bewahren seien. Die vorliegenden Gutachten der Grazer Altstadtsachverständigenkommission kämen alle zu dem Schluß, daß es sich bei dem Gebäude S-Straße 6 um ein besonders schutzwürdiges handle und der Hofraum ein wesentlicher Bestandteil für die Gebäudecharakteristik sei. Das historische Gesamtkonzept sei bereits durch die bisherigen Um- und Zubauten (durch die Baubewilligungen vom 24. Juni 1927 und vom 11. Jänner 1929 betreffend die Verbauung des Hofes) gestört worden und die nunmehrigen Baumaßnahmen sollten "ihm den letzten Garaus machen".
Die Möglichkeit, über die sonst nach dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz zulässige Bebauungsdichte hinauszugehen, bestehe nur zum Schutz des historischen Stadtbildes. § 3 Abs. 1 Bebauungsdichteverordnung 1993 statuiere dies allgemein für bereits verbaute Gebiete, § 3 Abs. 2 Steiermärkische Bauordnung speziell für die Grazer Altstadt. Auf die Einhaltung der Bestimmungen über das Planungsermessen hätte der Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 2 lit. c Steiermärkische Bauordnung 1968 ein subjektives öffentliches Recht. In der Folge setzt sich die Stellungnahme näher mit der Frage der Notwendigkeit einer Überschreitung der Dichte auseinander (insoweit wurde dem Berufungsvorbringen mit dem angefochtenen Bescheid durch Änderung der höchstzulässigen Bebauungsdichte entsprochen).
Sollte es tatsächlich zu einer Widmung kommen, die die vom Mitbeteiligten angestrebte Terrasse mit Brüstungsmauer zulasse, so müsse in analoger Anwendung des § 4 Abs. 1 Steiermärkische Bauordnung 1968 auch für das Grundstück des Beschwerdeführers eine gleichartige Terrasse mit Brüstungsmauer in einer vorzunehmenden Widmung bewilligt werden.
Gegen den beabsichtigten Verwendungszweck "Geschäftshaus" wurde eingewandt, daß gemäß § 4 Abs. 1 GAEG für Gebäude der Zone I, die - wie das vorliegende - als Wohn- und Geschäftsbauten errichtet worden seien, eine Nutzungsänderung für Büro- und Geschäftszwecke höchstens bis zur Hälfte der Gesamtnutzfläche zu bewilligen sei. Auf die Einhaltung dieser Bestimmung habe der Beschwerdeführer ein subjektives Recht.
Im übrigen enthielt das Schreiben Einwendungen gegen die Baubewilligung hinsichtlich der Decke, der Türen und der Brüstungsmauer bzw. einer Markise. Diese Bauverfahren sind Gegenstand der hg. Beschwerdeverfahren zu den Zlen. 96/06/0287 und 0288.
Es liegt somit hinsichtlich des im folgenden näher zu behandelnden Beschwerdevorbringens keine Präklusion vor.
5. Zur Festlegung des Verwendungszweckes:
Der Beschwerdeführer wendet sich in der Beschwerde - wie schon auf Verwaltungsebene - dagegen, daß die in der Verhandlung am 14. März 1994 vorgenommene Antragsänderung "völlig unsubstantiiert" sei und "mit keinerlei faßbaren und damit beurteilbaren Bauvorhaben" im Zusammenhang stehe. Die Behörde habe den Antrag gesetzwidrigerweise bewilligt, obwohl immer nur der einzelne, konkret angestrebte Verwendungszweck, gegen den dann auch konkrete Einwendungen insbesondere im Hinblick auf § 4 Abs. 3 Steiermärkische Bauordnung möglich wären, bewilligt werden dürfte.
Zunächst ist zu den vom Beschwerdeführer vorgetragenen Zweifeln hinsichtlich der Existenz der Antragsänderung festzuhalten, daß die Niederschrift über die Verhandlung vom 14. März 1994 gemäß § 15 AVG über den Verlauf der Verhandlung vollen Beweis liefert. Wohl hat der Beschwerdeführer auch in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid die Behauptung aufgestellt, daß in dieser Verhandlung (und auch später) eine derartige Antragsänderung nicht vorgenommen worden sei; dieses Vorbringen stellt aber eine durch keinerlei konkrete Angabe präzisierte Behauptung dar. Der Beschwerdeführer hat diese Behauptung auf Verwaltungsebene auch nicht dahingehend weiterverfolgt, daß er die Unrichtigkeit der Niederschrift über die Verhandlung vom 14. März 1994 formell behauptet hätte und Beweise angeboten hätte, aus denen sich die Unrichtigkeit der Niederschrift ergeben hätte können. Es bestand für die belangte Behörde sohin kein Anlaß, von sich aus Erhebungen hinsichtlich der Frage, ob die Niederschrift über die Verhandlung am 14. März 1994 unzutreffend gewesen wäre, durchzuführen.
Soweit der Beschwerdeführer vermeint, daß im Widmungsverfahren gemäß §§ 2 und 3 Steiermärkische Bauordnung 1968 nicht eine Widmung für "sämtliche Nutzungen gemäß § 23 Stmk ROG 1974 idgF. für Kern- Büro- und Geschäftsgebiet" vorgenommen werden dürfe, ist darauf hinzuweisen, daß nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Erteilung einer Widmungsbewilligung gemäß § 2 Steiermärkische Bauordnung 1968 noch kein konkretes Bauprojekt dem Verfahren zugrundegelegt werden muß (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 12. Oktober 1995, Zl. 93/06/0094, oder vom 22. Februar 1996, Zl. 93/06/0024). Die Erteilung der Widmungsbewilligung kann generell für bestimmte Arten von Verwendungen, insbesondere auch für jene Nutzungen, wie sie den einzelnen Widmungskategorien des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes entsprechen, ausgesprochen werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 93/06/0123, 0124, für die Verwendung der verba legalia des § 25 Abs. 4 Stmk. ROG). Wie der Verwaltungsgerichtshof in verschiedenen Zusammenhängen ausgesprochen hat, steht dem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren die Erhebung jener Einwendungen gegen das Bauprojekt zu, welche im Widmungsverfahren im Hinblick darauf, daß noch kein konkretes Projekt beurteilt wurde und auch dementsprechend keine konkreten Festlegungen vorgenommen wurden, nicht erhoben werden konnten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1994, Zl. 92/06/0269, vom 20. Oktober 1994, Zl. 94/06/0118, oder vom 22. Februar 1996, Zl. 93/06/0024).
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß die Festsetzung des Verwendungszweckes durch Verweis auf § 23 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974 grundsätzlich zulässig war. Soweit der Beschwerdeführer - insbesondere im Hinblick auf bereits gesetzte Baumaßnahmen - die Befürchtung äußert, daß konkret geplante Maßnahmen nicht mit der Steiermärkischen Bauordnung 1968 bzw. dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz in Einklang zu bringen seien, ergibt sich aus dem Vorgesagten, daß die entsprechenden konkreten Einwendungen in dem jeweiligen Bauverfahren erhoben werden könnten. Soweit eine konkrete Maßnahme in dem im Bescheid genannten Verwendungszweck keine Deckung findet, wäre sie baurechtlich nicht bewilligungsfähig. Die vorgenommene Widmung bedeutet aber weiters nicht, daß jedes abstrakt unter § 23 Abs. 5 lit c ROG 1974 fallende Projekt damit auch baurechtlich zu genehmigen wäre. Die Widmung legt nur fest, welcher Verwendungszweck grundsätzlich in Betracht kommt. Daß insofern durch die Widmung hinsichtlich des Verwendungszweckes keine detailliertere Festlegung als sie bereits im Flächenwidmungsplan enthalten ist vorgenommen wurde, macht den Bescheid ebenfalls nicht rechtswidrig. Zur Frage, inwieweit mit der vorliegenden Widmungsbewilligung ein tatsächlich bestehender Bauzustand widmungsrechtlich genehmigt wurde, siehe sogleich unter Punkt 6.
6. Zur Problematik der sogenannten "Bestandswidmung":
Im Hinblick auf die Bedenken des Beschwerdeführers, die angefochtene Widmungsbewilligung könnte bereits gesetzte Baumaßnahmen oder Änderungen des Verwendungszweckes ungeachtet eines für diese erwirkten Konsenses widmungsrechtlich sanieren, und die Ausführungen in der Beschwerde zur vermeintlichen Unzulässigkeit einer "Bestandswidmung" ist auf folgendes hinzuweisen:
Mit der Festlegung der Bebauungsgrundlagen, insbesondere mit dem oben wörtlich wiedergegebenen Punkt 2, Bebauungsweise, wurde der derzeit konsentierte Bestand insoweit in der beschwerdegegenständlichen Widmung festgeschrieben, als die geschlossene Bebauung auf dem Grundstück der mitbeteiligten Partei im gegenständlichen Lichthof an der nordwestlichen Bauplatzgrenze lediglich im Ausmaß des behördlich konsentierten Bestandes widmungsrechtlich genehmigt wurde. Daraus folgt, daß nur der auf Seite 6 des Bescheides des Magistrates Graz vom 6. Mai 1994 dargestellte konsentierte Bestand von der Widmungsbewilligung erfaßt ist. Für bauliche Maßnahmen, die über diesen Bestand hinausgehen, hätte es einer neuerlichen Widmungs(Änderungs)bewilligung bedurft.
Zu den grundsätzlichen Einwänden des Beschwerdeführers gegen eine "Bestandswidmung" wäre darauf hinzuweisen, daß eine derartige Widmung nicht unzulässig ist. Sie ist insbesondere nicht als überflüssig anzusehen. Den §§ 2 und 3 Steiermärkische Bauordnung 1968 ist nichts zu entnehmen, was darauf hindeutete, daß eine Widmung derart, daß eine bestehende Bebauung aufrecht erhalten werden kann bzw. ein allfälliger Umbau innerhalb der Grenzen des Bestandes zulässig wäre, unzulässig sein sollte. So wäre etwa im Beschwerdefall bei einem Umbau des derzeitigen Gebäudeteiles im gegenständlichen Lichthof durch die verfahrensgegenständliche Widmungsbewilligung jedenfalls die Grenze für das Bauprojekt gezogen.
Was den Einwand in der Beschwerde anlangt, daß der Mitbeteiligte in Wahrheit eine Widmung anstrebe, die die Möglichkeit der Errichtung einer Brüstungsmauer und einer Markise umfasse, ist mit dem Vorgesagten darauf hinzuweisen, daß die vorliegende Widmungsbewilligung ein derartiges Vorhaben jedenfalls nicht decken würde. Der Beschwerdeführer kann daher durch den angefochtenen Bescheid insoweit auch nicht in Rechten verletzt sein. Auf das diesbezügliche Vorbringen ist daher nicht näher einzugehen.
7. Zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Verbauung des Lichthofes (in den derzeit bestehenden ersten beiden Geschoßen):
Der Beschwerdeführer wendet sich unter Hinweis auf die eingeholten Gutachten der Altstadterhaltungskommission auch insoweit gegen die vorgenommene Festsetzung der Bebauungsgrundlagen, als er die Zulässigkeit der Bebauung des Lichthofes (also auch nur im Umfang des derzeitigen konsentierten Bestandes) bestreitet.
In diesem Zusammenhang ist auszuführen, daß es das Ziel des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes ist, daß im Schutzgebiet jene Gebäude, die in ihrer baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung sind, in ihrem Erscheinungsbild nach Maßgabe der Schutzwürdigkeit ganz oder teilweise erhalten werden (§ 3 Abs. 1 Grazer Altstadterhaltungsgesetz). Zum Erscheinungsbild gehören gemäß § 3 Abs. 1 GAEG alle gestaltwirksamen Merkmale des Gebäudes, wie z.B. die Gebäudehöhe, die Geschoßhöhe, die Dachform, Dachneigung und Dachdeckung, die Fassaden einschließlich Gliederung, die Portale, Tore, Fenster, Fensterumrahmungen und Fensterteilungen, Gesimse, Balkone und Erker sowie die Durchgänge, Höfe und Einfriedungen. In der Zone I sind gemäß § 3 Abs. 2 GAEG bei Gebäuden, deren Baustruktur oder deren bauliche Innenanlagen, wie Stiegenaufgänge, Stiegenhäuser, Vorhäuser udgl., Auswirkungen auf das Erscheinungsbild haben, auch diese nach Maßgabe der Schutzwürdigkeit zu erhalten.
Aus einer derartigen Schutzvorschrift läßt sich nun nicht - wie in der Beschwerde versucht wird - ableiten, daß über die Erhaltung des (jedenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes) bestehenden Erscheinungsbildes hinaus eine Rückführung in einen früher bestandenen Zustand geboten wäre. Die vom Beschwerdeführer zitierten Ausführungen in den Gutachten mögen in Verfahren zur Bewilligung von Bauführungen nach § 3 Abs. 3 GAEG eine Rolle spielen; gerade die in § 3 Abs. 3 vorgesehene Möglichkeit der Bewilligung von Bauführungen zur Herstellung eines früheren Erscheinungsbildes zeigt jedoch, daß eine derartige Möglichkeit vom Gesetz zwar zugelassen, nicht aber als zwingend im Sinne einer Wiederherstellungspflicht normiert wurde. Wenngleich dem Beschwerdeführer dahingehend zu folgen ist, daß gemäß § 3 Abs. 2 zweiter Satz Steiermärkische Bauordnung 1968 in Schutzzonen die Erteilung der Widmungsbewilligung nur in Übereinstimmung mit dem Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980 erfolgen kann, wird in der Beschwerde somit nichts aufgezeigt, was eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dahingehend aufweisen würde, daß bei Erteilung der Widmungsbewilligung Vorschriften des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes nicht beachtet worden wären.
Es ist daher aus Anlaß des Beschwerdefalles auch nicht näher auf die Frage einzugehen, inwieweit der Beschwerdeführer (etwa aus § 61 Abs. 2 lit c Steiermärkische Bauordnung iVm anderen baurechtlichen Regelungen) ein subjektives Recht auf Einhaltung des § 3 Abs. 3 Steiermärkische Bauordnung 1968 hinsichtlich des GAEG besitzt, sodaß er durch einen allfälligen Verstoß gegen das GAEG in einem subjektiven Recht verletzt wäre.
Dies gilt auch für die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen in der Beschwerde betreffend die Herabsetzung des Bebauungsgrades bzw. betreffend die Festsetzung von Baugrenz- und Baufluchtlinien.
8. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang schließlich noch die vorgenommene "Teilung des Widmungsgrundes in der Höhe des zweiten Obergeschoßes" bekämpft, so liegt in der entsprechenden Festsetzung der Bebauungsgrundlagen keine Rechtswidrigkeit. Wenn der Beschwerdeführer die Präzisierung der entsprechenden Festlegung durch genaue Maßzahlen urgiert, so ist demgegenüber festzustellen, daß die Umschreibung des Inhaltes der Widmung durch Hinweis auf die (in der Begründung auch genannten) bestehenden rechtskräftigen Bescheide nicht unzulässig ist. Eine Unklarheit des Bescheidinhaltes kann durch die gewählte Rechtstechnik im vorliegenden Zusammenhang nicht erkannt werden.
9. Das Beschwerdevorbringen ist somit nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
10. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6 Planung Widmung BauRallg3 Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995060125.X00Im RIS seit
03.05.2001