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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des ZO in W, vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausplatz 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. Jänner 1995, Zl. 15-90/1149/03, betreffend Einkommensteuer 1984 bis 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist strittig, ob dem Beschwerdeführer bei der O.-GmbH (insbesondere infolge von Erlösverkürzungen) festgestellte verdeckte Gewinnausschüttungen zuzurechnen sind. Das Finanzamt nahm einen Zufluß an den Beschwerdeführer im Verhältnis seiner Beteiligung am Stammkapital der O.-GmbH (S 375.000,-- von S 500.000,--) an. Der Beschwerdeführer bestritt diesen Zufluß; eine Zurechnung wäre allenfalls an den weiteren (mit S 125.000,-- am Stammkapital beteiligten) Gesellschafter B. vorzunehmen.
Die belangte Behörde folgte der Ansicht des Beschwerdeführers nicht und führte im angefochtenen Bescheid aus, die von der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 30. September 1994 (verspätet) beantragte mündliche Berufungsverhandlung sei über Anordnung des Vorsitzenden durchgeführt worden, um in dessen Rahmen den Mitgesellschafter B. als Zeugen einzuvernehmen und auch dem Beschwerdeführer gegenüberzustellen. Das Nichterscheinen des Beschwerdeführers trotz ausgewiesener Ladung habe die beantragte Gegenüberstellung verhindert. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe dazu in der mündlichen Verhandlung bekanntgegeben, die Notwendigkeit des Erscheinens des Beschwerdeführers sei aus der Vorladung nicht ersichtlich gewesen und darüber hinaus sei auch in einem zwischen "der steuerlichen Vertreterin und der Berichterstatterin geführten Telefonat" nicht zu entnehmen gewesen, daß dem Antrag auf Zeugeneinvernahme des B. entsprochen werde. Diesem Vorbringen sei entgegenzuhalten - so die weitere Begründung im angefochtenen Bescheid -, daß die mündliche Berufungsverhandlung dem Zweck der Erörterung und Klärung von Sachverhalts- und Rechtsfragen diene und zur Gewährung des Parteiengehörs bestimmt sei. Das Nichterscheinen des Beschwerdeführers zur mündlichen Berufungsverhandlung, die auch die letzte Möglichkeit darstelle, beantragte Beweise aufzunehmen, stehe mit diesem Zweck der Berufungsverhandlung im Widerspruch. Den Ausführungen des Beschwerdeführers, keine verdeckten Ausschüttungen von der O.-GmbH erhalten zu haben, habe sich die belangte Behörde nicht anschließen können. Dazu wird im angefochtenen Bescheid näher ausgeführt, daß der Beschwerdeführer entgegen seinen Behauptungen "sehr wohl Einflußmöglichkeiten auf die Geschäfte der Ges.m.b.H." gehabt habe. So habe er gleichzeitig mit der Zurücklegung seiner Prokura per 1. Juli 1985 einen Geschäftsführer namhaft gemacht, der nach seinen eigenen Aussagen mit der Branche der GmbH nicht vertraut gewesen sei. Auch der im Abtretungsvertrag vom 27. Mai 1986 (mit dem der Beschwerdeführer seinen Geschäftsanteil an den Gesellschafter B. um einen Preis von S 250.000,-- abtrat) enthaltene "Passus über die Buchhaltung" (wonach der Beschwerdeführer dafür hafte, daß diese - "soweit der Übergeber dafür verantwortlich war" - in formeller und materieller Hinsicht bis zum Übergabsstichpunkt ordnungsgemäß geführt worden sei) lasse den Schluß gerechtfertigt erscheinen, daß zwar keine alleinige Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für die Buchhaltung bestanden habe, daß der Beschwerdeführer aber auch in diesem Bereich Verantwortung übernommen "hat, da er anderenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine derartige - wenn auch eingeschränkte - Klausel im Abtretungsvertrag als eigenberechtigte Person nicht akzeptiert hätte". Diese bereits von der Betriebsprüfung vertretene Auffassung sei auch durch die Zeugenaussage des B. in der mündlichen Berufungsverhandlung erhärtet worden. Auch die Tatsache der strafgerichtlichen Verurteilung des B. (Anm.: wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung) stehe dieser Ansicht nicht entgegen, zumal es im Strafverfahren nicht darum gegangen sei, wem der Erlös aus den Abgabenverkürzungen zugeflossen sei. Auch wenn die strafrechtlichen Tathandlungen von B. gesetzt worden seien, sei damit noch keine Aussage über den Zufluß der daraus resultierenden Beträge getroffen worden. Außerdem sei der belangten Behörde die vom Zeugen B. gemachte Aussage nicht unglaubwürdig, daß der Beschwerdeführer die Geschäftsführertätigkeit bei Gründung der O.-GmbH "aus wohl überlegten - vom Zeugen bei seiner Einvernahme näher beschriebenen - Gründen nicht selbst übernommen hatte". Der Zeuge habe nämlich angegeben, daß der Beschwerdeführer beim Verein R.S. die Funktion eines Geschäftsführers inne gehabt habe, wobei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Dies sei auch indirekt durch die Aussage des Rechtsanwaltes (wonach der Beschwerdeführer alle Verpflichtungen gegenüber diesem Verein erfüllt habe) bestätigt worden. Auch aus diesem Grund sei die Glaubwürdigkeit der Angabe, keine verdeckten Gewinnausschüttungen erhalten zu haben, in Frage zu stellen gewesen. Ein weiteres Indiz für den Zufluß der verdeckten Gewinnausschüttungen sei die Aussage des Zeugen B. hinsichtlich der Zeichnungsberechtigung auf dem Bankkonto. Vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers befragt, habe der Zeuge angegeben, sowohl der Beschwerdeführer als auch er selbst seien jeder für sich zeichnungsberechtigt gewesen. Diese in der mündlichen Berufungsverhandlung getätigte Aussage habe die belangte Behörde als glaubwürdig gewertet, zumal ihr weder widersprochen noch sonst ein Beweis des Gegenteils angeboten worden sei. Die als solche erkannten Widersprüche in der Argumentationslinie des Beschwerdeführers hätten die belangte Behörde im Zusammenhalt mit den sonstigen Ergebnissen des Beweisverfahrens und dem Nichtaufgreifen der Möglichkeit durch den Beschwerdeführer, im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung persönlich zu den Aussagen des Zeugen Stellung zu nehmen, zur Überzeugung gelangen lassen, daß die Zurechnung der festgestellten verdeckten Gewinnausschüttung an den Beschwerdeführer entsprechend seiner Beteiligung an der O.-GmbH "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tatsächlich erfolgt ist".
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat zur Gegenschrift eine Replik erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde bringt vor, bei "richtiger rechtlicher Würdigung" wäre der Zufluß einer verdeckten Gewinnausschüttung und sohin eine steuerliche Verpflichtung des Beschwerdeführers zu verneinen gewesen.
Zu diesem Vorbringen ist grundsätzlich zu sagen, daß die bei der Gewinnermittlung einer Kapitalgesellschaft unter dem Titel verdeckte Gewinnausschüttung zugerechneten Mehrgewinne, die im Betriebsvermögen der Gesellschaft keinen Niederschlag gefunden haben, in der Regel nach Maßgabe der Beteiligungsverhältnisse als den Gesellschaftern zugeflossen zu werten sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 1995, 93/15/0060, m.w.N.). Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht im Sinne des § 119 BAO.
Der Beschwerdeführer stützt sich zur Begründung seines Standpunktes insbesondere auf die finanzstrafrechtliche Verurteilung des Mitgesellschafters (und Geschäftsführers) B. durch das Landesgericht für Strafsachen Wien (zu Zl. 6a Vr 14246/86, Hv 8428/92), wobei die Verwaltungsbehörde grundsätzlich an die Feststellungen und "Urteilsergebnisse" des Gerichtes gebunden sei. Abgesehen davon, daß das in den vorgelegten Verwaltungsakten befindliche Strafurteil vom 23. März 1993 schon wegen mangelnder Parteienidentität keine Bindungswirkung entfalten konnte (worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend hinweist), kann der belangten Behörde nicht in ihrer Ansicht entgegengetreten werden, daß dieses Urteil kein maßgebendes Beweismittel für die im beschwerdegegenständlichen Streit entscheidende Frage, ob die (teilweise hinterzogenen) Einkünfte dem Beschwerdeführer (oder dem Mitgesellschafter B.) tatsächlich zugeflossen sind, darstellt. So sprach das Urteil des Strafgerichtes nur über die finanzstrafrechtliche Verantwortung des B. für die Abgabenverkürzungen bei der O.-GmbH ab, wobei das Gericht diese Verantwortung für den gesamten strittigen Zeitraum deshalb als gegeben ansah, weil B. faktisch die Funktion eines Geschäftsführers ausgeübt habe (auch zu Zeiten als die "Proforma-Geschäftsführer" Z. und S. eingetragen gewesen seien). Nach den Ausführungen im erwähnten Urteil habe B. die ihm zur Last gelegten Delikte nach dem Finanzstrafgesetz (nach § 33 Abs. 1 sowie nach § 33 Abs. 2 lit. a und 33 Abs. 2 lit. b) sowohl in subjektiver als auch in objektiver Richtung erfüllt, zumal er als Geschäftsführer für die inhaltliche Richtigkeit und die Vollständigkeit der dem Finanzamt gegenüber abzugebenden Erklärungen hafte (vgl. S. 14 f des Gerichtsurteils).
Aus dieser finanzstrafrechtlichen, laut Beschwerdeausführungen erwiesenen "Verantwortlichkeit des Angeklagten" B. ist aber kein entscheidungswesentliches Indiz dafür zu gewinnen, daß die verdeckten Gewinnausschüttungen abweichend vom Regelfall nicht nach Maßgabe der Beteiligungsverhältnisse den Gesellschaftern zugeflossen wären (im Punkt 3. des zwischen dem Beschwerdeführer und B. abgeschlossenen "Treuhändervertrages" vom 1. Oktober 1984 ist im übrigen ausdrücklich davon die Rede, daß sich der - Treuhänder - B. verpflichte, alle ihm aus seinem Gesellschaftsverhältnis zu der O.-GmbH zukommenden Einkünfte, Liquidationserlöse und Ähnliches hinsichtlich der - für den Beschwerdeführer gehaltenen - treuhändigen Geschäftsanteile vorbehaltlos an den Beschwerdeführer abzuführen).
Da es grundsätzlich Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen wäre, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht die erforderlichen Nachweise für einen vom Beteiligtungsverhältnis abweichenden Zufluß der verdeckten Gewinnausschüttungen zu erbringen, wird allein mit der in der Beschwerde weiters erfolgten Bestreitung der im angefochtenen Bescheid für den Standpunkt der belangten Behörde angeführten Indizien (ohne für den Beschwerdeführer sprechende Beweisergebnisse ins Treffen zu führen) eine Rechtswidrigkeit der Einkünftezurechnung nicht dargetan. Damit kann es schließlich auch dahingestellt bleiben, ob der im Abtretungsvertrag vom 27. Mai 1986 enthaltene "Passus über die Buchhaltung" nur - wie dies der Beschwerdeführer behauptet - eine "Schimmel-Bestimmung" sei (die in der Beschwerde gerügte unterbliebene Einvernahme des schriftenverfassenden Notars konnte damit ebenfalls keinen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel darstellen).
Zur Frage der Zeichnungsberechtigung auf den Bankkonten der O.-GmbH hat der Zeuge B. im Rahmen der mündlichen Verhandlung über Befragen des Rechtsanwaltes des Beschwerdeführers ausdrücklich erklärt, daß auch der Beschwerdeführer für sich zeichnungsberechtigt gewesen sei (das Konto bei der S. etwa habe der Abwicklung der Schwarzgeschäfte der O.-GmbH gedient). Auch aus dem Beschwerdevorbringen ist nicht erkennbar, warum die belangte Behörde an dieser Aussage betreffend die Zeichnungsberechtigung, die im Zuge der mündlichen Verhandlung auch auf keinen Widerspruch seitens der Vertretung des Beschwerdeführers stieß, Zweifel dahingehend hätte hegen müssen, entsprechende "Beweisergänzungen" durch Erhebungen bei den jeweiligen Banken vorzunehmen. Die belangte Behörde konnte daher, ohne gegen Verfahrensvorschriften zu verstoßen, von der von ihr angenommenen Zeichnungsberechtigung des Beschwerdeführers ausgehen.
Wenn der Beschwerdeführer in der Replik moniert, es sei ihm "im Rahmen der bescheidmäßigen Feststellungen" betreffend die O.-GmbH keine Parteistellung eingeräumt worden (wobei dies auch im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1995, 92/13/0112, bestätigt worden sei), ist darauf hinzuweisen, daß dem Beschwerdeführer mit Vorhalt vom 23. Juni 1994 seitens der belangten Behörde die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den Betriebprüfungsergebnissen eingeräumt worden war, und dem Beschwerdeführer im Verfahren auch ansonsten (so auch in der von ihm nicht besuchten mündlichen Berufungsverhandlung) Gelegenheit geboten war, seinen Standpunkt darzustellen.
Der Beschwerde gelingt es daher insgesamt nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995130069.X00Im RIS seit
19.02.2002