TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/13 I407 2190509-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.12.2019
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Entscheidungsdatum

13.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 2190509-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx und Diakonie und Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019, Zl. 1092234401-180816480 EAST Ost, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Anlässlich seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.10.2015 gab der Beschwerdeführer an, XXXX zu heißen und am XXXX in XXXX in Nigeria geboren, Staatsangehöriger von Nigeria und christlichen Glaubens zu sein, sowie der Volksgruppe der Benin anzugehören. Seine Eltern und seine Geschwister (1 Bruder und 2 Schwestern) seien am 18.03.2015 von Boko Haram getötet worden. Den Entschluss sein Heimatland zu verlassen habe er im Juni 2015 gefasst und führte er zu seiner Fluchtroute aus, dass er am 08.09.2015 von Abuja nach Lagos gefahren sei und von dort mit dem Schiff nach Istanbul und weiter mit dem Schlauchboot nach Griechenland. Von dort sei er über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich weitergereist. Gekostet habe die Reise ca. € 2.100,- die Kontaktperson sei ein Freund von ihm gewesen der "XXXX" geheißen habe, dessen Familiennamen er aber nicht kennen würde. Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass er sein Heimatland verlassen habe, da seine Familie von Boko Haram getötet worden sei und er in Nigeria nicht sicher sei und Angst um sein Leben habe. Er führte weiters aus, dass er nach Europa habe wollen, da es hier sicher sei. In Griechenland habe er nicht bleiben wollen, da die Wirtschaft dort sehr schlecht sei und er dort nicht arbeiten könne, in Mazedonien habe er nicht bleiben wollen, weil er das Land nicht möge, er habe vorher noch nie etwas von diesem Land gehört, auch habe dort niemand mit ihm geredet, ebenso in Serbien. Er habe auch nicht in Kroatien, oder Slowenien bleiben wollen, da auch dort niemand mit ihm geredet habe. Gefragt, warum er nicht in ein anderes afrikanisches Land, in dem z.B.: hauptsächlich Christen wohnen würden, geflohen sei, gab er wörtlich an: "Auch diese ganzen Leute sind auf der Flucht. Die meisten Menschen in Afrika sind auf der Flucht." Im Falle einer Rückkehr habe er Angst getötet zu werden. Gefragt, ob es Hinweise gebe, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschlichen Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würden oder er mit Sanktionen zu rechnen habe, antwortete er wörtlich: "Für mich besteht einfach in ganz Afrika eine große Gefahr. Ich bin Christ und es sind in Afrika einfach viel mehr Moslems."

3. Am 06.12.2016 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen. Ergänzend zu seiner Erstbefragung führte er zu seinen persönlichen Verhältnissen in Nigeria aus, dass er in Benin geboren sei und dann nach XXXX gezogen sei, wo er aufgewachsen sei und bis zu seiner Ausreise gelebt habe. Er sei ledig, habe keine Kinder und habe in XXXX die Grundschule von 1989-1995 besucht und die Sekundarschule in Benin von 1995-2001. Er habe als Mechaniker in Delta State gearbeitet und sei von 2010-2012 in Delta State auf das "XXXX" gegangen. Gefragt, wer sich von seiner Familie zum Zeitpunkt seiner Ausreise noch in Nigeria aufgehalten habe, antwortete er wörtlich: "Ich habe keine mehr. Sie wurden alle bei dem Vorfall am 18.03.2015 getötet. Wir waren die einzige christliche Familie in der Umgebung und uns wurde immer gesagt, wir sollten schnellstens konvertieren, sonst würde etwas Schlimmes geschehen. An diesem Tag um Mitternacht hörte ich ein Geräusch, ging zur Tür und sah mehrere Menschen. Dann gab es eine Explosion und ich rannte weg." Im Haus seien zu diesem Zeitpunkt seine ganze Familie gewesen. Er führte weiters aus, dass er nachdem er weggerannt sei, am 19.03.2015 noch versucht habe zu Hause anzurufen, telefoniert habe er mit seinem Onkel, der geweint habe. In Nigeria habe er nach der Uni 2012 eine Autowerkstatt gehabt, wo er Autogetriebe repariert habe und habe er damit seinen Lebensunterhalt bestritten. In Nigeria würde noch das Haus seiner Familie und das Haus seines Großvaters in Benin stehen. Auf die Frage, wann er beschlossen habe sein Land zu verlassen, gab er an: "Ich habe mein Land verlassen als es härter und härter wurde. Am 10.08.2015 hat mir jemand gesagt, dass ich noch später ausreisen soll. Nachgefragt gebe ich an, dass es ein Kunde von mir war, der mit zur Ausreise geraten hat und der ein Monat brauchte, um das Geld für meine Ausreise zu kriegen. Er heißt Mr. XXXX und er finanzierte meine Ausreise." Verlassen habe er sein Land am 09.08.2015, bezahlt habe er nichts. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, dass er sein Heimatland wegen der Unsicherheit und dann wegen der Bedrohung durch Boko Haram verlassen habe. Er sei von einer unbekannten Nummer angerufen worden und hätte ihm diese gesagt, dass sie seine Familie getötet hätten und auch ihn umbringen würden. Drittens wegen seines Gesundheitszustandes, der ihn aufgrund des hohen Blutdruckes in einen Schockversetzen würde, wenn er jemanden sehe, der direkt auf ihn zukommen würde. Er führte weiters aus, dass er seit 2010 Mitglied der PDP gewesen sei und im Wahlkampf den ehemaligen Präsidenten Jonathan Goodluck unterstützt habe, deshalb und weil er Christ sei, würde ihn Boko Haram auch verfolgen. Zur Partei führte er aus, dass der Vorsitzende ein Moslem gewesen sei, dass das Wappen der PDP ein Regenschirm in den Farben Rot und Blau, manchmal auf dem Regenschirm, manchmal unter dem Regenschirm, gewesen sei, er könne sich aber nicht gut erinnern. In der Partei sei er stellvertretender PR-Mann gewesen, er habe über E- Mail und SMS Informationen an die Mitglieder verschickt. Probleme habe er aufgrund seiner politischen Aktivitäten mit der Boko Haram Sekte gehabt, die gesagt habe, dass er seine Partei verlassen und zu ihnen gehen solle. Er habe auf seinem Haus ein Plakat der PDP hängen gehabt, welches diese verärgert habe. Gefragt, ob er jemals Probleme mit Behörden seines Heimatlandes gehabt habe, antwortete er wörtlich: "Nein, nur mit der Boko Haram Sekte." Auf die Frage, ob er in Nigeria jemals Probleme aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit gehabt habe, antwortet er:

"Ja, sehr stark. Es gibt sehr viel Korruption. Wenn man zum Beispiel in der Armee einen höheren Rang bekleiden will, gibt es Leute die einen Hausa Namen zulegen." Auf Vorhalt was dies mit seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu tun habe gab er an: "Eigentlich hat es nichts mit meiner Geschichte zu tun. Es hat nur mit meiner Religion und meiner politischen Einstellung zu tun. Ich wollte nicht den Kandidaten der APC unterstützen, weil er ein Moslem ist, und unser Kandidat ein Christ ist." Auf die Frage ob er in Nigeria jemals Probleme aufgrund seiner Religion gehabt habe, antworte er: "Ja und wegen meiner politischen Zugehörigkeit." Er gab weiters an, dass er sehr oft, an seinem Arbeitsplatz oder vor seinem Haus bedroht worden sei, auf Nachfrage gab er an, dies seien 3 manchmal 4 Personen gewesen, die ihm gesagt hätten, er solle die Partei und seine Religion wechseln. Gefragt, wer Boko Haram sei, antwortet er: "Es ist eine islamische Sekte, die alle zum Islam führen wollen. Wir nennen Sie Terroristen sie kämpfen für eine islamische Erziehung und wollen das ganze Land islamisch machen." Persönlichen Kontakt mit Boko Haram habe er nie gehabt, diese hätten Leute geschickt, um ihn zu überzeugen. Er würde aufgrund dessen, wie sie sprechen und wie sie einem erklären wie man seinen Glauben ändern solle, wissen, dass diese Boko Haram angehören. Nigeria habe im Gesetz die Religionsfreiheit, du kannst Moslem sein und Christ sein. Keiner dürfe dich zu einer Religion zwingen und die würden es aber machen. Nachgefragt, warum gerade er von Boko Haram aufgesucht worden sei, gab er an, dass dies nicht nur gegen ihn gewesen sei, sondern gegen seine ganze Familie, da sie Christen seien, in die Kirche gehen, das Wort Gottes predigen und Broschüren verteilen würden, um die Leute in der Gegend zu bekehren, was sehr schlecht für die Boko Harm Anhänger sei. Gefragt, wie diese Männer angezogen gewesen seien, gab er an, dass dies ganz normal ausgesehen haben, aber wie Moslems mit langen Kleidern angezogen gewesen seien. Nachgefragt, was diese Männer zu ihm gesagt hätten, gab er an: "Sie haben mir gesagt, ich soll zum Islam konvertieren und wenn ich das nicht tue, dann werden sie mir etwas Schreckliches antun." Auf Nachfrage wann dies Bedrohung gewesen sei, antwortete er: "Das war September-Oktober 2014 und es war pausenlos. Es hat nicht aufgehört." Gekannt habe er keine dieser Personen. Gefragt, ob er die Möglichkeit habe, außerhalb seiner Heimatstadt in einem anderen Teil von Nigeria zu leben, gab er an: "Nein, ganz Afrika ist nicht sicher." Auf die Möglichkeit zu den Länderfeststellungen eine Stellungnahme abzugeben und dies ausgehändigt zu bekommen, antwortete er: "Ich kenne die Parteien, die Systeme, das Militär und wie alles funktioniert. Ich kenne die Situation dort. Ich bin ein gebildeter Mann." Im Rahmen der Niederschrift legte der Beschwerdeführer die Zeitung "The Nigerian OBSERVER" vom Freitag den 20. März 2015 vor, die auf Seite 9 einen Zeitungsartikel über ihn enthält

4. 16.08.2017 erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme, wobei der Beschwerdeführer angab, gesund zu sein, keine Medikamente zu nehmen und nicht in ärztlicher Behandlung zu sein. Nach seiner Ausbildung als Schweißer sei er 2012 nach Abuja gezogen und habe dort eine Mechanikerwerkstatt eröffnet. In Nigeria habe er noch Kontakt mit seinem Onkel XXXX, seit einem Jahr sei dessen Handy aber angeschaltet. Auf die Frage, ob er sonst noch Verwandte in seinem Heimatland habe, gab er an: "Nein. Denn ich habe meinen Heimatstaat schon früh verlassen und mit Ausnahme der Mittelschulzeit hauptsächlich in XXXX gelebt." Er führte zu seinen persönlichen Verhältnissen weiters an, dass seine Freundin in Spanien vor zwei Monaten ein Kind bekommen habe und auch Nachfrage, dass diese in Spanien leben würde. Er führte weiters aus, dass er ein sehr enges freundschaftliches Verhältnis zu seiner Pastorin haben würde, er könne sich immer an sie wenden, er würde von der Grundversorgung leben, keiner Beschäftigung nachgehen und er würde in keiner Lebensgemeinschaft leben. Er führte letztlich an, dass er in seiner Heimat nie in Haft gewesen oder strafrechtlich verurteilt worden sei und dass er nie Probleme mit staatlichen Einrichtungen oder Behörden gehabt habe. Hinsichtlich der Länderfeststellungen verzichtete der Beschwerdeführer auf die Abgabe einer Stellungnahme.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.10.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs.1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III., erster Teil). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt III., zweiter Teil). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III., dritter Teil). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

6. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 23.03.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend führte er im Wesentlichen unsubstantiiert aus, dass die Feststellung der belangten Behörde, wonach sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft sei, auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung und mangelhaften Sachverhaltsermittlung beruhen würde. So seien die im Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig und teilweise unrichtig und würden sich nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers auseinandersetzen. Dazu wurde ua. aus den Länderberichten zitiert und weitere Quellen zur Schutzfähigkeit und Rückkehr angeführt. Die belangte Behörde habe sich mit den der Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen überhaupt nicht auseinandergesetzt, dies würde nämlich die Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens in Bezug auf die Verfolgung aus religiösen Gründen und der politischen Gesinnung durch Mitglieder von Boko Haram in seinem Heimatstaat Borno untermauern. Weiters wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen sehr detailliert und lebensnah gestaltet und über die Bedrohung frei gesprochen habe. So führte er ua. an, dass es sich beim Datum seiner Ausreise um ein Missverständnis gehandelt habe, da er nicht am 08.09.2015, sondern am 18.09.2015 ausgereist wäre, es sei ihm leider nicht aufgefallen. Im Beschwerdeschriftsatz wurde weiters ausgeführt, dass ihm keine innerstaatliche Fluchtalternative offen stehen würde, da die die APC in der lokalen Regierung sitzen würde und es nicht zu erwarten sei, dass sie ihre eigenen Anhänger verfolgen würde, weshalb im Asyl zu gewähren sei bzw. aufgrund der Ermordung seiner Familie und der Tatsache, dass wenn er gefunden werden würde, getötet werden würde, zumindest subsidiärer Schutz zu gewähren. Zu seinem Privatleben wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer seit zwei Jahren in Österreich befinde und stetig bemüht sei, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Er würde derzeit einen Deutschkurs besuchen und sei aktives Mitglied der christlichen Gemeinde "XXXX", wo er ehrenamtlich tätig sei. Letztlich wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nie straffällig geworden sei und sich an die Gesetze halten würde. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge mündliche Verhandlung anberaumen, den angefochtenen Bescheid beheben und dem Beschwerdeführer Asyl zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid bezüglich Spruchpunkt II. beheben und ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria zuerkennen; in eventu den spruchpunkt III. aufheben und dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben, die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt wird; in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde I. Instanz zurückverweisen.

7. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 14.08.2018 zu GZ I416 2190509-1/5E (r.k. am 16.08.2018) die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes III. wie folgt lautet: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt." Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass sich im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit keine Anhaltspunkte in Bezug auf eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers in seinem Heimatstaat ergeben hätten.

8. Der Beschwerdeführer stellte am 29.08.2018 den verfahrensgegenständlichen Asylantrag. Zu seinen Asylgründen befragt, gab er Folgendes an: "Meine Gründe, welche ich bei meinem Erstantrag gemacht habe, bleiben aufrecht und ich möchte dazu folgendes hinzufügen.

Im Mai 2018 erhielt ich einen Anruf, von der Ehegattin meines guten Freundes Namens XXXX. Über XXXX habe ich bei meinem ersten Verfahren Angaben gemacht.

Seine Gattin teilte mir mit, dass XXXX von den Boko Haram im April 2018 in Madiguru getötet worden ist.

Aus diesem Grund, haben sie auch nun die Absicht, Nigeria zu verlassen. Weiters bin ich aktives Mitglied der PDP. Auch dies habe ich in meinem ersten Verfahren erwähnt.

Der jetzige Präsident hat seine Sicherheitskräfte aufgefordert, alle Mitglieder dieser Oppositionspartei zu beseitigen.

Das ist mein zweiter Grund und somit meine Ergänzung. Ich bin gefährdet, da der Präsident der Oppositionspartei den Kampf angesagt hat. Die Mitglieder werden der Reihe nach festgenommen, die führenden Mitglieder unserer Oppositionspartei befinden sich bereits im Gefängnis."

9. Am 17.10.2018 wurde der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und führte im Wesentlichen wie folgt aus: Er habe seit Dezember 2015 eine feste Freundin in Spanien, die ein Kind von ihm habe. Das Kind habe er noch nie gesehen, es sei ein Jahr und drei Monate alt. In Österreich habe er keine Verwandten. Auf die Frage, was sich nach der Entscheidung über seinen ersten Asylantrag geändert habe, antwortete er, dass der Mann, der ihm geholfen habe, sein Heimatland zu verlassen, im Mai oder Juni 2018 getötet wurde. Seine Frau habe ihn angerufen und er habe sie gefragt, ob er wirklich tot sei und sie habe dies bejaht. Die Leute, die ihn damals schon verfolgt hätten, wären immer noch hinter ihm her. Er habe im Internet nachgesehen und gesehen, dass es zu Tötungen gekommen sei. Der Hauptgrund betreffe seinen politischen Status und seine Religion, dies habe er auch im Erstverfahren bereits erzählt. Über die Bedrohungssituation könne man alles im Internet lesen. Befragt, was der Mann, der ihm geholfen habe hierher zu kommen, mit seinen Fluchtgründen zu tun habe, antwortete der Beschwerdeführer, dass ihn die Boko Haram getötet hätten, weil dieser Mann ihm geholfen habe. Er sei zuvor bereits bedroht worden. Sie hätten von ihm verlangt, dass er ihn aufspüre. Der Mann habe aber gesagt, dass er ihn nicht finden könne, worauf hin sie ihn mit dem Tode bedrohten. Über Vorhalt, dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Drohungen gegen diesen Mann nach der Ausreise des Beschwerdeführers aus Nigeria passiert seien und der Frage, woher er diese Informationen habe, gab der Beschwerdeführer an, dass ihn der Mann, bevor er gestorben sei, ihn manchmal angerufen habe. Nachgefragt gab er an, dass er XXXX geheißen habe und er zuletzt mit ihm im Jänner 2018 telefoniert habe. Auf den Vorhalt, dass zu diesem Zeitpunkt das Erstverfahren noch nicht rechtskräftig gewesen sei und die Frage, ob er dies damals dem BFA auch schon berichtet habe, antwortete er: "Nein. Ich wusste nicht wie ich davon hätte erzählen sollen. Ich wusste nicht wie." Auf die Frage, wann genau die Frau dieses Mannes ihn angerufen habe, antwortete er, dass er sich an das genaue Datum kann nicht erinnern könne, aber es war im Mai oder Juni. Die Frage, ob er von dem Mann bereits im Erstverfahren berichtet habe, bejahte er. Auf die Frage, ob er auch berichtet habe, dass dieser Mann wegen ihm bedroht worden sei, antwortete er:

"Nein, ich bin im Jahr 2015 hergekommen, mein erstes Verfahren war aber erst 2016 und dann habe ich von dem nichts mehr erzählt. Damals hat er mir auch nicht von diesen Bedrohungen erzählt. Das muss um den März 2016 herum gewesen sein, als er mir davon erzählt hat." Auf den Vorhalt, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung berichtet habe, dass der jetzige Präsident seine Sicherheitskräfte aufgefordert hat alle Mitglieder einer Oppositionspartei zu beseitigen und warum er jetzt noch nichts davon berichtet habe, antwortete der Beschwerdeführer: "Am letzten Samstag hat der Präsident eine Presseaussendung gemacht. Er hat 50 Namen von Mitgliedern der PDP (Oppositionspartei) aufgelistet und viele Mitglieder wurden eingesperrt. Er sagte auch, dass diese 50 Leute derzeit Nigeria nicht verlassen dürfen. Wenn man zur dieser Partei gehört, will er einen töten, vernichten zerstören. Nachgefragt gebe ich an, dass ich auch noch Mitglied dieser Partei bin. Ich bin ein Public Relation Officer der PDP (= People Democratic Party)."

Nachgefragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er das alles im Internet erfahren habe. Der PRO (Public Relation Officer) für die gesamte Partei sei derzeit im Gefängnis. Der Präsident habe unterschrieben, dass diese 50 PDP Mitglieder Nigeria nicht verlassen dürfen bzw. hat er das angeordnet.

10. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 28.02.2019, Zl 1092234401-180816480 EAST Ost wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zugleich erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.) und festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VII.).

11. Gegen diesen Bescheid legte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung rechtzeitig und zulässig Beschwerde ein. Der Bescheid werde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze bekämpft. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens maßgeblich geändert, weil eine neue Sachlage entstanden, weil der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme am 17.10.2018 vorgebracht habe, dass er im Mai 2018 einen Anruf der Ehegattin seines Freundes XXXX erhielt. XXXX, der dem Beschwerdeführer bei der Flucht aus seinem Heimatland geholfen hatte, wurde von den Boko Haram, welche den Beschwerdeführernach wie vor verfolgen, im April 2018 ermordet. Die Erlassung des Einreiseverbotes für den gesamten Schengen-Raum sei im gegenständlichen Fall unverhältnismäßig. Der Sohn des Beschwerdeführers lebe in Spanien.

12. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden am 15.03.2019 (einlangend am 19.03.2019) dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2018 wurde über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.10.2015 inhaltlich

abweisend abgesprochen. Dieser Bescheid ist zweitinstanzlich am 16.08.2018 in Rechtskraft erwachsen.

1.2. Im gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz brachte der Beschwerdeführer keine neuen Fluchtgründe vor, sondern stützte seinen Antrag auf jene Fluchtgründe, die er bereits im Zuge des Verfahrens betreffend seinen Asylantrag vom 24.10.2015 vorgebracht hatte bzw. die zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewesen waren. Der Beschwerdeführer behauptete auch nicht, dass es nach dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens zu weiteren Vorfällen im Herkunftsstaat gekommen ist, die im Zusammenhang mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführer stehen. Das Vorbringen des Asylwerbers in seinem zweiten Asylantrag enthält keinen "glaubhaften Kern", der geeignet ist, eine maßgebliche Sachverhaltsänderung gegenüber dem ersten Asylverfahren darzustellen.

1.3. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich in Österreich unbescholten.

1.5. Der Beschwerdeführer leidet an keiner Krankheit, die lebensbedrohend ist noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist daher auch erwerbsfähig. Er bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist mittellos.

1.6. Aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.7. Der Beschwerdeführer ist ledig, hat ein Kind in Spanien und verfügt über keine maßgebliche Integrationsverfestigung in Österreich. Er bezieht Mittel aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer weist eine zwölfjährige Schulbildung auf und hat für zwei Jahre ein Polytechnikum besucht und hat seinen Lebensunterhalt als Automechaniker mit eigener Werkstatt bestritten.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht genommen wurde in das Strafregister der Republik Österreich, in das Zentrale Melderegister, in das Auskunftssystem der Grundversorgung sowie in das Zentrale Fremdenregister.

2.2. Grundsätzlich ist im gegenständlichen Fall anzuführen, dass das BFA ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat.

2.3. Die in der Beschwerde vorgebrachte Darstellung der Fluchtgründe des Beschwerdeführers ist nicht dazu geeignet, eine wesentliche Änderung des Sachverhalts aufzuzeigen. Die in der Beschwerde genannten Umstände wurden vielmehr bereits im Vorverfahren vorgebracht und dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2018 zugrunde gelegt bzw. waren zu diesem Zeitpunkt jedenfalls bereits eingetreten und bekannt.

2.4. Vom Bundesverwaltungsgericht ist nicht die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung zu prüfen, sondern nur, ob eine entschiedene Sache vorgelegen hat oder ob zwischen der Rechtskraft des vorangegangenen abweisenden Bescheides und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 28.02.2019 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist. Eine solche ist nicht erkennbar; es wurden keine neuen Fluchtgründe vorgebracht.

Der Beschwerdeführer legte in der Erstbefragung zum Folgeantrag vom 29.08.2018 dar, dass seine Asylgründe aufrecht blieben. Er ergänzte, dass er einen Anruf der Gattin seines Freundes XXXX erhalten habe, der zwischenzeitlich von der Boko Haram getötet worden sei. Auch sei er Mitglied der People's Democratic Party (PDP), die vom Präsidenten verfolgt werde. Dies habe er im ersten Verfahren bereits vorgebracht.

In der niederschriftlichen Einvernahme vom 17.10.2018 führte er aus, dass er im Mai 2018 von der Frau des Freundes, der ihm zur Flucht aus Nigeria verholfen hat, angerufen worden sei. Dieser Freund sei von der Boko Haram getötet worden, die auch ihn suche. Er habe dieses Faktum aber nicht dem BFA gemeldet, zumal sein erstes Asylverfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war. Der Beschwerdeführer konnte bereits in seinem Vorverfahren nicht glaubhaft machen, dass eine Person namens XXXX existiert und er diese kenne. Er konnte den Nachnamen dieser Person nicht nennen. Darüber hinaus wurde sein gesamtes früheres Vorbringen als unglaubhaft und konstruiert erkannt. Er konnte in seinem gegenständlichen Verfahren nicht beweisen, dass diese Person existiert. Er bewies nicht, dass der vermeintliche Telefonanruf tatsächlich stattfand.

Außerdem konnte er nicht erklären, warum die vermeintliche Witwe dieser Person gerade ihn angerufen haben soll. Hinsichtlich der angeblichen vorgebrachten Bedrohung durch eine Mitgliedschaft bei der PDP ist daraufhin zu verweisen, dass dies laut den Angaben des Beschwerdeführers selbst bereits Gegenstand des Vorverfahrens war, wo sie als nicht glaubhaft erkannt wurde. Im nunmehrigen Asylantrag hat der Beschwerdeführer offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt. In diesem Zusammenhang ist vom Beschwerdeführer kein neuer Sachverhalt glaubhaft gemacht worden, der nicht bereits beim ersten Asylantrag bekannt war.

2.5. Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Doch aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides ergibt sich in Gegenüberstellung mit den Länderfeststellungen des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2019, dass keine wesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers eingetreten ist. Eine solche ist dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht bekannt bzw. wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet. Es sind auch keine Umstände amtsbekannt, dass in ganz Nigeria gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefahr im Sinn der Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt ist, und es besteht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet von Marokko ein innerstaatlicher oder internationaler Konflikt, durch den mit einem Aufenthalt in Nigeria für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. An dieser Einschätzung hat sich nach wie vor nichts geändert, wie auch aus der jüngeren Rechtsprechung des BVwG ersichtlich ist.

2.6. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen sich auf die Aussagen des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vom 17.10.2018 und den der belangten Behörde vorgelegten Laborbericht. Es sind auch sonst keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa dass eine schwere Erkrankung, die in der Heimat nicht behandelbar wäre oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand vorliege, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen lassen würde.

2.7. Auch hinsichtlich einer möglichen Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers, welche geeignet wäre, eine Änderung der Sachlage herbeizuführen, findet sich weder Anzeichen in den Einvernahmen noch in der Beschwerde. Der Beschwerdeführer spricht die in seinem Heimatland gesprochenen Sprachen besser als Deutsch, was sich schon allein daraus ergibt, dass die Einvernahmen bzw. Befragungen im gegenständlichen Asylverfahren nur unter Beiziehung von geeigneten Dolmetschern möglich war. Deutschprüfungszeugnisse konnte er nicht vorlegen.

2.8. Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem eingeholten Strafregister vom 13.12.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensbestimmungen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, hat sich der VwGH mit der Verhandlungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts auseinandergesetzt. Im Wesentlichen wurde diesbezüglich ausgeführt:

Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren enthält § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 eigene Regelungen, wann - auch trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich "im Übrigen" sollen die Regelungen des § 24 VwGVG anwendbar bleiben. Somit ist bei der Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, neben § 24 Abs 1 bis 3 und 5 VwGVG in seinem Anwendungsbereich allein die Bestimmung des § 21 Abs 7 BFA-VG 2014, nicht aber die bloß als subsidiär anwendbar ausgestaltete Norm des § 24 Abs 4 VwGVG, als maßgeblich heranzuziehen.

Mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schaffung des § 21 Abs 7 BFA-VG vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:

* Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen.

* Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.

* In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG 2014 festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt: Das Bundesamt hat im vorliegenden Verfahren den Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Verfahren erhoben. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung an und in der Beschwerde wurde kein entgegenstehender Sachverhalt vorgebracht, sondern der bereits der Entscheidung des Bundesamtes zugrundeliegende Sachverhalt aufrechterhalten. Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.

Nach Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierten Rechte und Freiheiten verletzt worden sind - wozu u.a. das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 7), das Asylrecht (Artikel 18) sowie der Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung (Artikel 19) zählen -, ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Überdies gilt die Charta auch für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Jedoch ist das in Artikel 47 Absatz 2 der Charta gewährleistete Recht - wie sich aus deren Artikel 52 ergibt - nicht schrankenlos garantiert und ist die in § 24 Abs. 4 VwGVG vorgesehene Einschränkung der Verhandlungspflicht im Sinne des Artikel 52 Absatz 1 der Charta zulässig, zumal sie gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt des in Artikel 47 Absatz 2 der Charta verbürgten Rechtes achtet. In diesem Zusammenhang ist zudem ferner auf die jüngsten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18; 14.03.2012, U 1836/11-13) zu verweisen, in welchen dieser ausführte: "Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde." Die diesbezüglichen Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall gegeben.

Zudem bestimmt § 24 Abs. 2 VwGVG, dass eine mündliche Verhandlung entfallen kann, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.

3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde

Zur anzuwendenden Rechtslage:

1. § 10 Abs. 1 Ziffer 3 sowie § 57 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 70/2015, lauten:

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. ...

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) ...

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) ... ".

2. § 50, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:

"Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

(4) ...

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) ...

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. ...

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ...

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) ...

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) ...

3.3.1. Zu Spruchpunkt I. und II.: Zurückweisung wegen entschiedener Sache

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet (VfSlg. 10.240/1984; 19.269/2010). Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

Eine "entschiedene Sache" ("res iudicata") iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen (d.h. abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind) mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Eine Modifizierung des Vorbringens oder der Sachlage, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (VwGH 22.11.2004, Zl. 2001/10/0035). Bei nach Erlassung des Bescheides hervorgekommenen Umständen, welche die Unrichtigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides dartun, handelt es sich nicht um eine Änderung des Sachverhaltes, sondern sind von der Rechtskraft des Bescheides umfasst und bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 24.09.1992, Zl. 91/06/0113; 24.06.2003, Zl. 2001/11/0317; 06.09.2005, Zl. 2005/03/0065).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564). "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

Für das Verfahren vor dem BVwG ist Gegenstand ("Sache") ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht zurückgewiesen hat (vgl. VfGH 11.06.2015, Zl. E 1286/2014-17).

Das Verwaltungsgericht hat in jenem Falle, dass der Sachentscheidung "res iudicata" entgegenstand oder eine sonstige Prozessvoraussetzung fehlte, keine prozessuale, sondern eine meritorische und (grundsätzlich auch) reformatorische Entscheidung in Form eines Erkenntnisses zu treffen. Diese Kompetenz zur Sachentscheidung ergibt sich unmittelbar aus der - mit Art. 130 Abs. 4 B-VG übereinstimmenden - Bestimmung des § 28 VwGVG, der bezüglich des Inhalts der vom Verwaltungsgericht zu treffenden Sachentscheidung keine Einschränkungen macht. Inhalt einer solchen Sachentscheidung kann es daher auch sein, dass der verfahrenseinleitende Antrag wegen entschiedener Sache oder wegen Fehlens einer sonstigen Prozessvoraussetzung zurückgewiesen wird (VfGH 18.06.2014, VfSlg. 19.882/2014; 11.06.2015, Zl. E 1286/2014-17).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit der Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung (Beschwerde) nicht neu geltend gemacht werden (VwGH 06.10.1961, VwSlg. 5642 A; 28.11.1968, Zl. 0571/68; 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens siehe VwSlg. 12.799 A). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, die in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A; VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen, von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 24.02.2000, Zl. 99/20/0173; grundlegend VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, mit der Glaubhaftigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" (VwGH 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556) auseinander zu setzen (VwGH 15.03.2006, Zl. 2006/17/0020).

Auf Grund des Umfanges des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ist in der gegenständlichen Rechtssache der Umstand relevant, ob vor der belangten Behörde neue, mit einem glaubwürdigen Kern versehene Tatsachen vorgebracht wurden, die eine andere Entscheidung sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten indizieren können.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass in der gegenständlichen Rechtssache eine entschiedene Sache vorliegt. Dies aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer brachte im vorangegangenen Asylverfahren, das bereits ebenfalls auf einem Folgeantrag beruhte, keine glaubhaften neuen Asylgründe vor. Insofern erging am 05.11.2018 eine negative Asylentscheidung durch die belangte Behörde, welche in Rechtskraft erwuchs.

Im Zuge des jetzigen, nunmehr dritten Verfahrens (zweiter Folgeantrag) brachte der Beschwerdeführer keine glaubhaften Fluchtgründe bzw. auch keine maßgebliche Änderungen in seinem Privat- oder Familienleben vor und es war ihm - wie oben ausgeführt - die persönliche Glaubwürdigkeit zu versagen. Zudem ist festzustellen, dass er diesen zweiten Folgeantrag in offensichtlicher Verschleppungsabsicht stellte.

Bezüglich der Furcht wegen einer Verfolgung wegen seiner Homosexualität, muss darauf hingewiesen werden, dass diese hypothetischen Umstände schon bei den Asylantragstellungen am 06.12.2017 und am 16.01.2019 bekannt waren, ansonsten wären die vorgeblichen Verfolgungshandlungen in Nigeria ja nicht gesetzt worden. Ebenso verhält es sich mit den Rückkehrbefürchtungen.

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467). Bei hypothetischem Zutreffen dieser Angaben wären dies jedenfalls Umstän

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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