TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/7 G306 2215693-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.04.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs3
FPG §70 Abs3

Spruch

G306 2215693-2/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA.: Kroatien, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 18.07.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.01.2020, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 03.01.2019, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) anlässlich seiner wiederholten Verurteilung über den in Aussicht genommenen Ausspruch eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde der BF zur Stellungnahem binnen 14 Tagen aufgefordert.

Mit am 12.02.2019 beim BFA eingelangtem Schreiben gab der BF eine Stellungnahme ab.

2. Mit Bescheid des BFA, Zl.: XXXX, vom 11.02.2019, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 AB. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. (Spruchpunkt III.)

3. Mit anlässlich einer vom BF erhobenen Beschwerde gegen den unter I.2. genannten Bescheid ergangenem Beschluss des BVwG, GZ.: G310 2215693-1/2E, vom 13.03.2019, wurde der besagte Bescheid aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

4. Am 15.04.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF durch das BFA statt.

5. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 25.07.2019, wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

6. Mit per E-Mail am 19.08.2018 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob der BF durch seine ehemalige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), Diakonie und Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurden neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung jeweils in eventu, die ersatzlose Behebung des Bescheides, die Herabsetzung der Befristung des Aufenthaltsverbotes, die Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes, sowie die Zurückverweisung der Rechtsache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde, beantragt.

7. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt, wo sie am 23.08.2019 einlangten.

8. Am 14.01.20120 fand in der Grazer Außenstelle des BVwG eine mündliche Verhandlung statt, an jener der BF sowie sein aktueller RV, RA Mag. Dr. Helmut BLUM, persönlich teilnahmen und die Ehefrau des BF, XXXX, geb. XXXX, als Zeugin einvernommen wurde.

Die belangte Behörde wurde geladen, blieb der Verhandlung jedoch fern.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Kroatien, verheiratet, und Vater von zwei minderjährigen Kindern.

Der BF wurde in Bosnien und Herzegowina geboren und hält sich seit dem Jahr 1991 in Österreich auf, und weist seit 1992 durchgehende Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf.

Dem BF wurde beginnend mit 09.01.2008 ein Dauerauftenthaltstitel, zuletzt "Daueraufenthalt EU" erteilt.

Die minderjährigen Kinder des BF, XXXXund XXXX, jeweils geb. am XXXX, allesamt StA: Bosnien und Herzegowina, leben mit ihrer Mutter, XXXX, in Österreich im gemeinsamen Haushalt. Der BF pflegte vor seiner letzten Inhaftierung regelmäßigen Kontakt zu diesen.

Am XXXX ehelichte der BF die österreichische Staatsbürgerin, XXXX, ge.XXXX, welche aktuell mit dem Kind des BF schwanger ist, und den BF regelmäßig in seiner Strafhaft besucht. Der voraussichtliche Geburtstermin ist der XXXX2020.

Der BF hat noch nie in Kroatien gelebt und verfügt dort auch über keine familiären Anknüpfungspunkte. Vielmehr lebt die ganze Familie des BF im Bundesgebiet.

Der Lebensmittelpunkt des BF liegt in Österreich.

Der BF besuchte die Schule in Österreich und ist der deutschen Sprache mächtig, spricht jedoch die kroatische Sprache kaum.

Der BF ging von XXXX2003 bis XXXX2004 einer Lehre nach, welche er jedoch ohne positiven Abschluss abbrach, war im Zeitraum 16.08.2006 bis 07.02.2014 bei 8 Arbeitgebern für insgesamt 3 Jahre und 10 Tage erwerbstätig, und bezog in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2015, und 2016 wiederholt Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung.

Seit 17.02.2014 geht der BF keiner Erwerbstätigkeit in Österreich mehr nach. Der BF ist jedoch gesund und im Besitz einer Einstellungszusage.

Der aktuelle Strafvollzug des BF verlief bisher Vorfallfrei und wurde dem BF eine bedingte Entlassung bei weiterer positiver Bewährung für Anfang 2021 in Aussicht gestellt.

Zudem wurde der BF in folgenden Zeiträumen in Justizanstalten angehalten:

* XXXX2003 bis XXXX2003

* XXXX2005 bis XXXX2005

* XXXX2006 bis XXXX2006

* XXXX2007 bis XXXX2007

* XXXX2008 bis XXXX2009

* XXXX2009 bis XXXX2010

* XXXX2013 bis XXXX2015

* Seit XXXX2016

Der BF weist zudem folgende Verurteilungen in Österreich auf:

1. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2004, RK XXXX2004, wegen § 142/1 StGB:

Freiheitsstrafe von 18 Monaten bedingt nachgesehen. (Jugendstraftat)

2. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2005, RK XXXX2005, wegen § 84/2 StGB:

Freiheitsstrafe von 9 1/2 Monaten. (Jugendstraftat)

3. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2006, RK XXXX2006, wegen §§ 105/1, 15, 83/1 StGB: Freiheitsstrafe von 7 Monaten (Junger Erwachsener)

4. BG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2007, RK XXXX2007, wegen § 83/1 StGB:

Freiheitsstrafe von 3 Monaten bedingt nachgesehen (Junger Erwachsener)

5. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2008, RK XXXX2008, wegen §§ 83/1, 84 Abs. 2/2 StGB: Zusatz-Freiheitsstrafe von 12 Monaten zu BG XXXX, Zl. XXXX (Junger Erwachsener)

6. BG XXXX, Zl.XXXX, vom XXXX2010, RK XXXX2010, wegen § 125 StGB:

Freiheitsstrafe von 5 Monaten bedingt nachgesehen.

7. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2013, RKXXXX2013, wegen §§ 15, 105 (1) StGB, § 83 (1) StGB, § 107 (1) StGB: Freiheitsstrafe von 8 Monaten.

Der Verurteilung liegt der Umstand zugrunde, dass der BF am XXXX2013

I. in Wien 3 Personen mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht hat, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ein Klappmesser gegen die Genannten richtete und äußerte, er werde sie alle abschlachten bzw. sie alle umbringen;

II. eines seiner drei Opfer vorsätzlich am Körper verletzt hat, indem er ihm mit dem Klappmesser einen Stich gegen den linken Handrücken versetzte sowie einen Faustschlag in das Gesicht versetzte, wodurch sein Opfer eine keine Stichwunde am Grundgelenk des linken Kleinfingers sowie eine Kopfprellung mit Verletzung der Mundschleimhaut an der Oberlippe erlitt;

III. das besagte Opfer mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich Abstandnahme von der telefonischen Verständigung der Polizei nach dem zu Punkt I. geschilderten Vorfall zu nötigen versucht hat indem er diesem einen Faustschlag in das Gesicht versetzte und sinngemäß äußerte "Wen rufst du an, ich bring dich um, weißt du nicht, wer ich bin".

Mildernd wurde dabei kein Umstand, erschwerend jedoch 5 auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende, rückfallbegründende Vorstrafen, die Tatbegehung während offener Probezeit sowie das Zusammentreffen dreier Vergehen, gewertet.

8. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2013, RK XXXX2013, wegen §§ 12 2. Fall, 288 StGB, § 107 (1) StGB, §§ 15, 105 (1) StGB: Freiheitsstrafe von 1 Jahr

9. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX2018, RK XXXX2018, wegen §§ 145 (1) Z 1 Abs. 2 Z 2, 15 StGB, § 127 StGB, § 278 StGB, § 84 (2) Z 2 StGB, § 142 (1) StGB, § 83 (1) StGB, §§ 106 (1) Z 1, 15, 12 2. Fall StGB, § 105 (1) StGB: Freiheitsstrafe von 6 Jahren.

Der Verurteilung liegt der Umstand zugrunde, dass der BF mit weiteren Tätern in Wien und anderen Orten im Bundesgebiet

A. In einverständlichem Zusammenwirken mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, andere Personen durch auf längere Zeit fortgesetzte Gewaltanwendungen und durch Drohungen mit dem Tod und der Vernichtung wirtschaftlicher Existenz, zu Handlungen, die diese am Vermögen schädigten oder schädigen sollte

I. Genötigt hat, und zwar

1. Der BF mit 5 Mittätern von 05.März 2015 bis Anfang Jänner 2016 die Inhaber eines Lokals dadurch, dass sie ab Jahresende 2013 in wechselnder Beteiligung wiederholt massive Gewalt gegen Gäste ausübten und sie Gelder forderten und vereinnahmten,

im oben angeführten Zeitraum zur Zahlung von insgesamt rund 46.800,- Euro an die Gruppierung;

2. der BF mit einem Mittäter im Zeitraum XXXX2015 bis zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt im Juni 2015 eine Person zur Bezahlung von 10.000 Euro, indem der Mittäter am XXXX2015 äußerte, er werde sein Opfer umbringen, und dieses anwies, den angeführten Betrag bereit zu halten, er werde am Freitag zum Übergabeort kommen und das Geld abholen, und indem der BF und sein Mittäter am XXXX2015 am Übergabeort erschienen, um den genannten Betrag zu vereinnahmen, wobei der Mittäter aufgrund der Abwesenheit des Opfers im Geschäftslokal randalierte, eine Vitrine, einen Bildschirm, einen Drucker und eine Glasscheibe zertrümmerte sowie schließlich mehrfach telefonisch gegenüber dem Opfer äußerte, dass das Geschäft geschlossen bleibe, solange er nicht bezahle und drohte, ihn, seine Familie und seine Kinder umzubringen, woraufhin schließlich die Zahlung erfolgte;

II. zu nötigen versucht hat und zwar ein Opfer zur Übergabe von EUR 10.000,-, nämlich

1. Der BF und drei Mittäter, von XXXX2015 bis XXXX2015, indem der BF am XXXX2015 mit eine Mittäter sein Opfer aufsuchte, wobei der Mittäter eine Faustfeuerwaffe sichtbar im Hosenbund trug und der BF die Bezahlung von 10.000 Euro forderte, sowie indem der BF und die drei Mittäter, am XXXX2015 an einem Treffen neuerlich die Bezahlung von 10.000 Euro forderte und ankündigte, dass er im Fall der Nichtzahlung mit Messern zur Familie des Opfers schicken werde;

B. Andere durch gefährliche Drohungen zu Handlungen oder Unterlassungen

I. Genötigt hat, und zwar

1. Der BF in einverständlichem Zusammenwirken mit einem gesondert verfolgten Mittäter am XXXX2015 im Anschluss die zu A.II.1 angeführten Tat das besagte Opfer durch die vom Mittäter in Begleitung des BF getätigte Äußerung, dass es keine Polizei rufen solle, da es sonst wirklich große Probleme haben werde, sie würden dann am nächsten Tag kommen und es werde keine Zähne mehr haben, außerdem würden sie sein Geschäft kaputt machen und ihm alles wegnehmen, wobei er auf eine in seinem Hosenbund steckende Faustfeuerwaffe zeigte, somit durch Drohung mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz, zur Abstandnahme von der Verständigung der Polizei bez. Der Erstattung einer Strafanzeige wegen des Verbrechens der Erpressung;

C. Andere am Körper

I. Verletzt hat, nämlich

1. der BF und ein Mittäter

1.1. im Sommer 2015 in verabredeter Verbindung mit einem unbekannt gebliebenen Täter einen unbekannt gebliebenen kroatischen Gast eines Cafes durch Versetzen von Schlägen und Fußtritten, wodurch das Opfer zumindest eine Blutung aus den Ohren erlitt;

1.2. amXXXX2015 in einverständlichem Zusammenwirken mit mehreren unbekannten Mittätern durch versetzen von Faustschlägen und Fußtritten gegen Körper und Kopf

a. ein Opfer, wodurch diese seine Prellung am linken Auge, eine Rissquetschwunde an der linken Augenbraue, Hämatome an beiden Augen, eine beidseitige Bindehautblutung, eine Rissquetschwunde am Hinterkopf, Kratzspuren am Rücken, ein Hämatom am Oberarm und Rückenschmerzen erlitt:

b. ein weiteres Opfer, wodurch dieses eine Rissquetschwunde am rechten Auge und eine Schwellung an der Stirn erlitt:

D. der BF am XXXX2015 in XXXX einem anderen durch gewaltbereites Auftreten, indem er sich vor ihm bedrohlich positionierte und in aggressivem Ton wiederholte die Übergabe der Kellnerbrieftasche forderte, somit durch gefährliche Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben eine fremde bewegliche Sachen, nämlich 250 Euro, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

E. sich an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied beteiligt, und zwar

I. der BF durch die Begehung der mit Ausnahme von zu D. oben angeführten Straftaten sowie dadurch, dass er die Anweisungen der ihm übergeordneten Mitglieder der Gruppierung umsetzte, Geld für die Gruppierung vereinnahmte und Kontakt zu einer namentlich genannten Person hielt;

Es wird festgestellt, dass der BF die beschriebenen Straftaten begangen hat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zur Vaterschaft, zum durchgehenden Aufenthalt im Bundesgebiet, zum Fehlen familiärer Anknüpfungspunkte in Kroatien sowie zum Vorhandensein solcher in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, jenen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten wurde. Vielmehr bekräftigte der BF die besagten Sachverhalte und betonte die Dauer seines durchgehenden Aufenthaltes sowie den Bestand familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich und das Fehlen solcher in Kroatien besonders.

Die Personalien zu den Kindern des BF sowie dessen Vaterschaft sowie die Personalien zur Mutter derselben beruhen auf in Kopien in Vorlage gebrachten Geburtsurkunden (siehe AS 315 und 3018).

Der vorfallfreie Strafvollzug sowie die in Aussicht gestellte bedingte Entlassung beruht auf einer Ablichtung des Beschlusses des LG XXXX als Vollzugsgericht, Zl. XXXX, vom XXXX2019. (siehe Beilage zum Verhandlungsprotokoll)

Die Wohnsitzmeldungen sowie die Anhaltungen des BF in Justizanstalten in Österreich konnten durch Einsichtnahme ins Zentrale Melderegister (ZMR) ermittelt werden, welchem auch das genaue Hochzeitsdatum des BF entnommen werden kann.

Dem Zentralen Fremdenregister kann ferner der dem BF erteilte Daueraufenthaltstitel sowie die Geburt des BF in Bosnien und Herzegowina entnommen werden.

Die Schwangerschaft der Frau des BF sowie der voraussichtliche Geburtstermin wurde durch die Vorlage eines Mutter-Kind-Passes und einer ärztlichen Bestätigung belegt (siehe OZ 20) sowie die Vaterschaft des BF durch die jeweiligen Angaben des BF und seiner Frau untermauert.

Den konsistenten und glaubwürdigen Angaben des BF folgen zudem die Feststellungen zum Schulbesuch in Österreich, zum Aufenthalt seiner Kinder und dem Kontakthalten zu diesen, zu den fehlenden Kroatisch-Sprachkenntnissen, zu den Besuchen seiner Ehefrau während der Haft sowie zum fehlenden Bezug zu Kroatien. Zudem erschließt sich der Schulbesuch des BF in Österreich auch logisch aus dem Umstand, dass der BF seit seinem 4. Lebensjahr in Österreich aufhältig ist und in Österreich Schulpflicht vorherrscht. Auch der Aufenthalt seiner minderjährigen Kinder bei deren Mutter findet eine logische Untermauerung, zumal der BF aktuell in Strafhaft angehalten wird und er von der Mutter seiner Kinder getrennt lebt, was auch durch die aktuelle Ehe des BF bestätigt wird. Ferner bestätigte die Ehefrau des BF diesen in Haft zu besuchen und ist es nachvollziehbar, dass der in Bosnien geborene BF, nachdem er bereits im Alter von drei Jahren nach Österreich kam, nie in Kroatien gelebt und letztlich mit der deutschen Sprache als Muttersprache aufgewachsen ist, mangelhafte Kroatisch-Sprachkenntnisse aufweist. Letztlich vermittelte der BF in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck und war durchgehend in der Lage Fragen ohne Widersprüche konkret und ohne Umschweife zu beantworten, und wurden die Angaben des BF von seiner Frau zum Teil bestätigt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung konnte sich das erkennende Gericht auch von den Deutschsprachkenntnissen des BF überzeugen.

Vor dem Hintergrund, dass der BF sich seit nunmehr 29 Jahren in Österreich aufhält, eine Österreicherin geheiratet und zwei Kinder gezeugt hat, bestehen keine Zweifel daran, dass der Lebensmittelpunkt des BF in Österreich gelegen ist.

Einem Sozialversicherungsauszug können die oben aufgezählten Erwerbstätigkeiten und Bezüge von Leistungen der Arbeitslosenversicherung des BF in Österreich, sowie die aktuelle Erwerblosigkeit des BF entnommen werden. Ferner brachte der BF eine Einstellungszusage in Vorlage (siehe Beilage Verhandlungsprotokoll) und hat er seine Gesundheit in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF, die einzelnen näheren Ausführungen dazu sowie die Feststellung, dass der BF die Straftaten begangen hat, beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie auf jeweils einer Ausfertigung der Strafurteile des LG XXXX vom XXXX2013, XXXX2018 und xxx sowie einer Ausfertigung des Berufungsurteils des OGH, Zl. XXXX, vom XXXX2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF als Staatsangehöriger von Kroatien ist sohin EWR-Bürger iSd.

§ 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

§ 81 Abs. 29 NAG normiert, dass vor dem 1. Jänner 2014 ausgestellte Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" und "Daueraufenthalt - EG" innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" weitergelten.

Gemäß § 20 Abs. 3 NAG sind Inhaber eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45) in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesen Aufenthaltstiteln entsprechenden Dokuments - unbefristet niedergelassen. Dieses Dokument ist für einen Zeitraum von fünf Jahren auszustellen und, soweit keine Maßnahmen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 durchsetzbar sind, abweichend von § 24 auch nach Ablauf auf Antrag zu verlängern.

Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

3.1.3. Der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen stattzugeben:

3.1.3.1. Der BF hält sich seit seinem 3. Geburtstag in Österreich auf und wurde ihm beginnend mit 09.01.2008 ein Daueraufenthaltstitel für Österreich erteilt. Aufgrund der Aufnahme Kroatien in die EU am 01.07.2013 kommt dem BF, aktuell ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu. Da dem BF bereits vor diesem Datum ein Daueraufenthaltsrecht in Österreich erteilt wurde, und der BF vom Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung zurückgerechnet mehr als 10 Jahre im Bundesgebiet aufhältig ist (vgl. EuGH 16.01.2014, C-400/12), bzw. bereits vor seiner ersten Verurteilung im Jahr 2004 einen mehr als 10-jährigen durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich aufwies (vgl. EuGH 17.04.2018, C-316/16 und C-424/16, Rn. 71: hinsichtlich der Beachtlichkeit eines 10-jährigen Aufenthaltes vor der entscheidungsrelevanten Verurteilung), ist, selbst unter Berücksichtigung der in den letzten 10 Jahren gelegenen Verurteilungen und Inhaftierungen des BF vor dem Hintergrund seiner durch sein Aufwachsen im Bundesgebiet geprägten besonderen Verbundenheit zu Österreich, (vgl. EuGH 17.04.2018, C-316/16 und C-424/16, Rn. 72) davon auszugehen, dass gegenständlich der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG zur Anwendung gelangt. Die ausschließliche Berücksichtigung von Zeiten die der BF gemäß seiner unionsrechtlichen Freizügigkeiten in Österreich verbracht hat, würde zu einer - wohl nicht gewollten - Verschlechterung seiner aufenthaltsrechtlichen Stellung - und damit zu einer Benachteiligung von EWR-Bürgern gegenüber Drittstaatsangehörigen an sich - führen, zumal der BF demnach nur auf einen 7-jährigen berücksichtigungswürdigen Zeitraumzurückblicken könnte und ihm aufgrund seiner wiederholten Straftaten und Inhaftierungen in den Jahren 2013 und 2015, welche laut EuGH eine Unterbrechung und Neuberechnung der Aufenthaltszeiten im Hinblick auf ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrechtes bewirken (vgl. EuGH 16.01.2014, C-378/12) kein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht zukäme. Dies würde letztlich bedeuten, dass gegenständlich der normale Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 erster Satz FPG zur Anwendung gelänge. Demgegenüber jedoch Drittstaatsangehörigen bei der gleicher Sachlage außerhalb des unionsrechtlichen Regimes das Privileg eines erhöhten Gefährdungsmaßtabes gemäß § 52 Abs. 5 FPG zukäme. Im Lichte der Judikatur des EuGH, wonach der jeweilige Integrationsgrad eines EWR-Bürgers, welcher unter andrem mit der Aufenthaltsdauer im besagten Mitgliedsstaat korreliert, ein maßgeblicher Faktor bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung darstellt und sich letztlich im System der abgestuften Gefährdungsmaßstäbe widerspiegelt, (vgl. EuGH 17.04.2018, C-316/16 und C-424/16) kann es letztlich nicht darauf ankommen, ob die geforderte Integration in Zeiten eines unionsrechtlichen oder nationalstaatlichen (Fremden-) Rechtsregimes rechtmäßig und durchgehend erworben wurden.

Da vom BF, der aufgrund seiner kroatischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt somit die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit mehr als 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG für Unionsbürger zu Anwendung.

3.1.3.2. Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sohin gemäß § 67 Abs. 1 5. Satz FPG nur zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

"Mit § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG soll nämlich Art. 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2004/38 EG ("Freizügigkeitsrichtlinie" ; siehe § 2 Abs. 4 Z 18 FPG) umgesetzt werden, wozu der Gerichtshof der Europäischen Union bereits judizierte, dass hierauf gestützte Maßnahmen auf "außergewöhnliche Umstände" begrenzt sein sollten; es sei vorausgesetzt, dass die vom Betroffenen ausgehende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit einen "besonders hohen Schweregrad" aufweise, was etwa bei bandenmäßigem Handeln mit Betäubungsmitteln der Fall sein könne (siehe VwGH 24.1.2019, Ra 2018/21/0248, Rn 6, mit dem Hinweis auf EuGH (Große Kammer) 23.11.2010, Tsakouridis, C-145/09, insbesondere Rn. 40, 41 und 49 ff, und daran anknüpfend EuGH (Große Kammer) 22.5.2012, P.I., C-348/09, Rn. 19 und 20 sowie Rn. 28, wo überdies - im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch eines Kindes, der zu einer siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe geführt hatte - darauf hingewiesen wurde, dass es "besonders schwerwiegender Merkmale" bedarf)." (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091)

"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)." (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)

Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Die Bestimmungen der § 67 Abs. 1 und 2 FrPolG 2005 und § 66 Abs. 1 FrPolG 2005, beide idF FrÄG 2011, sind vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/38/EG - Freizügigkeitsrichtlinie, deren Umsetzung sie dienen, zu verstehen. Demnach sind sie in ihrem Zusammenspiel dahin auszulegen, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art. 28 Abs. 2 der genannten Richtlinie entspricht, heranzuziehen ist (Hinweis E 13. Dezember 2012, 2012/21/0181; E 12. März 2013, 2012/18/0228). Dieser Maßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011. (vgl. VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135)

3.1.3.3. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, insbesondere die gegenständlichen Rückkehrentscheidung, setzt nach § 9 Abs. 1 BFA-VG unter dem dort genannten Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben voraus, dass ihre Erlassung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

• die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

• das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

• die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

• den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

• die Bindungen zum Heimatstaat,

• die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

• auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).

"Bei Beurteilung der Frage, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privat- und/oder Familienlebens iSd Art. 8 MRK geboten ist bzw. ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 MRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. E 12. November 2015, Ra 2015/21/0101)." (vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120)

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 MRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2015/22/0025; E 19. November 2014, 2013/22/0270). Auch in Fällen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der VwGH eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert (vgl. E 16. Dezember 2014, 2012/22/0169; E 9. September 2014, 2013/22/0247; E 30. Juli 2014, 2013/22/0226). Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082). (Vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120

Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082). (Vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120

"Nach § 66 Abs. 2 FrPolG 2005 und § 9 BFA-VG 2014 ist bei Erlassung einer auf § 66 FrPolG 2005 gestützten Ausweisung eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des EWR-Bürgers mit dessen Interesse an einem Verbleib in Österreich vorzunehmen, bei der insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter, der Gesundheitszustand, die familiäre und wirtschaftliche Lage, die soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß der Bindungen zum Heimatstaat sowie die Frage der strafgerichtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen sind." (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0049)

"Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 8 MRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 1.2.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN)." (VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/0409)

"Zur Aufhebung des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 durch das FrÄG 2018 hielt der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien (RV 189 BlgNR 26. GP 27 f) ausdrücklich fest, dass sich § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 "lediglich als Konkretisierung bzw. Klarstellung dessen, was sich unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur ohnehin bereits aus Abs. 1 iVm Abs. 2 ergibt", erweist. Ungeachtet des Außerkrafttretens des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 sind die Wertungen dieser ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 weiter beachtlich (vgl. VwGH 16.5.2019, Ra 2019/21/0121; VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152), ohne dass es aber einer ins Detail gehenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 bedarf (siehe VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152). Es ist also weiterhin darauf Bedacht zu nehmen, dass für die Fälle des bisherigen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 allgemein unterstellt wurde, dass die Interessenabwägung - trotz einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung - regelmäßig zu seinen Gunsten auszugehen hat und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in diesen Konstellationen grundsätzlich nicht erlassen werden darf. Durch die Aufhebung dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber erkennbar nur bei Begehung besonders verwerflicher Straftaten und einer daraus abzuleitenden spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen einen fallbezogenen Spielraum einräumen (vgl. RV 189 BlgNR 26. GP 27, wo von "gravierender Straffälligkeit" bzw. "schwerer Straffälligkeit" gesprochen wird). Dazu zählen jedenfalls die schon bisher in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 normierten Ausnahmen bei Erfüllung der Einreiseverbotstatbestände nach § 53 Abs. 3 Z 6, 7 und 8 FrPolG 2005, aber auch andere Formen gravierender Straffälligkeit (siehe VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232, betreffend Vergewaltigung; VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0207, betreffend grenzüberschreitenden Kokainschmuggel)." (19.12.2019, Ra 2019/21/0238)

"Gemäß ihrem Einleitungssatz bezieht sich die Bestimmung des § 9 Abs 4 BFA-VG 2014 idF FrÄG 2015 lediglich auf Drittstaatsangehörige, also auf Fremde, die nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind (§ 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 2 BFA-VG 2014). Demzufolge wird dann auch als einzige aufenthaltsbeendende Maßnahme, die in den Fällen der Z 1 und 2 nicht erlassen werden darf, eine Rückkehrentscheidung angesprochen. Dessen ungeachtet kann es aber zur Vermeidung von sonst nicht auflösbaren Wertungswidersprüchen nicht zweifelhaft sein, dass § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 über seinen Wortlaut hinaus - entsprechend modifiziert verstanden - auch jenen Personenkreis umfasst, gegen den eine Ausweisung nach § 66 FrPolG 2005 oder ein Aufenthaltsverbot nach § 67 FrPolG 2005 in Betracht käme (also EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige; vgl. E 9. November 2011, 2011/22/0264). § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 normiert demnach allgemein, wann trotz einer von einem Fremden ausgehenden Gefährdung eine aufenthaltsbeendende Maßnahme keinesfalls erlassen werden darf. In der Fassung des FrÄG 2015 stellt diese Bestimmung den - vorläufigen - Schlusspunkt einer Entwicklung dar, die durch den Wechsel zwischen absolut und relativ gefassten Aufenthaltsverfestigungstatbeständen (relativ in dem Sinn, dass es ergänzend noch darauf ankommt, dass dem Fremden keine spezifische Gefährdungen anzulasten sind) gekennzeichnet ist." (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0050)

3.1.3.4. Der BF kam im Alter von 3 Jahren nach Österreich und hält sich seit 1991 in Österreich und somit seit nunmehr 29 Jahren durchgehend und rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der BF ist sohin iSd. § 9 Abs. 4 Z 2 BFA-VG idF. BGBl. I Nr. 70/2015 im Bundesgebiet aufgewachsen und langjährig rechtmäßig in Österreich niedergelassen (vgl. VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067)

Eine Aufenthaltsbeendigung in Bezug auf den BF erweist sich gegenständlich nur dann dem Grunde nach als zulässig, wenn eine außergewöhnliche Gefährdung iSd. der oben zitierten Judikatur vorliegt.

3.1.3.5. Der BF wurde unbestritten zuletzt wegen der Verbrechen der schweren Erpressung, der schweren Nötigung sowie des Raubes, und der Vergehen der schweren Körperverletzung, der Körperverletzung sowie der kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt.

Das vom BF gezeigte Verhalten lässt vor dem Hintergrund der wiederholt gezeigten Gewalt und dem Anschluss an eine kriminelle Vereinigung eine massive Herabsetzung der inneren Hemmschwelle und das Vorliegen einer hohen kriminelle Energie beim BF erkennen. So hat der BF als Mitglied einer kriminellen Vereinigung mittels Gewalt und gefährlichen Drohungen im organisieren Rahmen sich zu bereichern gesucht. Erschwerend kommt hinzu, dass der BF bereits 8 teils einschlägige Vorverurteilungen aufweist, und bislang trotz wiederholtem Erfahrenmüssens der Unbill der Haft, aber auch des Empfangs der Benefizien der bedingten Strafnachsichten, nicht von Rückfällen in kriminelle Verhaltensmuster abgehalten werden konnte.

Es steht völlig außer Zweifel, dass das vom BF gezeigte Verhalten ein Fehlen einer Verbundenheit zu rech

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten