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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des W in Wien, vertreten durch Dr. Ilse Heimerl-Wagner, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Stiftgasse 15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. Februar 1996, Zl. SD 60/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 7. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein philippinischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe am 1. Februar 1993 in seiner Heimat eine in Österreich lebende philippinische Staatsangehörige geheiratet. In der Folge habe er einen bis 28. Mai 1993 gültig gewesenen Touristensichtvermerk erwirkt, um seine Ehegattin, die einer Beschäftigung in einem Krankenpflegeheim nachgehe, besuchen zu können. Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Touristensichtvermerkes sei der Beschwerdeführer illegal in Österreich geblieben.
Erst ein Jahr später, am 30. Juni 1994, habe der Beschwerdeführer im Wege der österreichischen Botschaft in Preßburg einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Die Stellung dieses Erstantrages habe ihm freilich auch keine (vorläufige) Aufenthaltsberechtigung verschaffen können. Die Einreise wäre erst nach erhaltener Aufenthaltsbewilligung zulässig gewesen. Tatsächlich hätte der Beschwerdeführer schon seinerzeit vor seiner Einreise um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ansuchen müssen. Im Anschluß an einen Touristensichtvermerk sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung jedenfalls gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG iVm § 5 des Aufenthaltsgesetzes unzulässig.
Es sei unbestritten, daß sich der Beschwerdeführer rechtswidrig in Österreich aufhalte. In einem solchen Fall sei die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht § 19 FrG entgegenstehe.
Mit der Ausweisung sei zweifellos ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 19 FrG verbunden, weil es dem Beschwerdeführer dadurch zumindest vorübergehend - bis zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - unmöglich werde, im Bundesgebiet bei seiner Ehefrau zu leben. Damit habe der Beschwerdeführer jedoch schon bei seiner Eheschließung vor seiner Einreise rechnen müssen, weil er ohne Aufenthaltsbewilligung einen Wohnsitz in Österreich nicht begründen hätte dürfen. Die Ausweisung sei daher zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, somit also zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, dringend geboten. Einem geordneten Fremdenwesen unter Einhaltung der für die Begründung eines Wohnsitzes und die Familienzusammenführung erforderlichen Bestimmungen komme ein hoher Stellenwert zu. Der Beschwerdeführer halte sich seit Ablauf des Touristensichtvermerkes, d.h. also schon seit sehr langer Zeit, illegal im Bundesgebiet auf und es sei gegen ihn auch bereits zweimal eine Strafe wegen unerlaubten Aufenthaltes ausgesprochen worden. Der Beschwerdeführer sei auch nicht - und zwar auch nicht nach den Bestimmungen "der AufG.-Nov. 1995" - in der Lage, im Inland eine Aufenthaltsbewilligung beantragen zu können. Die vorliegende Ausweisung verfolge lediglich den Zweck, den Beschwerdeführer zu verhalten, den rechtswidrigen Aufenthalt zu beenden und das Bundesgebiet zu verlassen. Einer legalen Einreise, sobald er die für den Wohnsitz erforderliche Aufenthaltsbewilligung erhalte, stehe nichts im Wege.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof trat diese - nach Ablehnung ihrer Behandlung - dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 6. März 1996, B 762/96).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren machte die Beschwerde der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde läßt die Auffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte und somit die vorliegende Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Prüfung nach § 19 FrG - geboten sei, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Feststellungen, daß der Beschwerdeführer mit einem (lediglich) bis 28. Mai 1993 gültig gewesenen Touristensichtvermerk nach Österreich gekommen und hier geblieben sei und weiters am 30. Juni 1994 (im Wege der österreichischen Botschaft in Preßburg) einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt habe, besteht gegen diese rechtliche Beurteilung kein Einwand, zumal - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt - die (bloße) Stellung eines derartigen Antrags dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsbewilligung verschaffen konnte und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Anschluß an einen Touristensichtvermerk nicht zulässig ist.
2.1. Die Beschwerde wendet indes gegen den angefochtenen Bescheid - unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - ein, die belangte Behörde habe im Lichte des § 19 FrG den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und den angefochtenen Bescheid nicht hinreichend begründet. Diese Rügen sind nicht berechtigt.
2.2. Die belangte Behörde hat vorliegend zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Weiters hat die Behörde die von ihr nach § 19 FrG vorgenommene Abwägung der für die Ausweisung gegebenen öffentlichen Interessen und der gegenläufigen privaten Interessen hinreichend nachvollziehbar dargestellt. Die Beschwerde übersieht, daß die belangte Behörde bei dieser Abwägung auf die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten privaten Interessen (nämlich den Umstand, daß er seit seiner Einreise ständig, und somit schon längere Zeit, in Österreich bei seiner Ehefrau lebt) ohnehin Bedacht genommen hat. Wenn die Behörde im Fall des Beschwerdeführers das an der Ausweisung bestehende öffentliche Interesse als gewichtiger einstufte als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich, ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Der Beschwerdeführer hat nämlich das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen (Art. 8 Abs. 2 MRK), dem nach der hg. Rechtsprechung ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH), durch seinen mehr als zweieinhalb Jahre dauernden rechtswidrigen Aufenthalt in Österreich, den er (wie sich dem vorgelegten Verwaltungsakt entnehmen läßt) trotz Abweisung seines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und (was die Beschwerde nicht bestreitet) trotz wiederholter Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes nicht beendet hat, gravierend verletzt. Diesem maßgeblichen öffentlichen Interesse gegenüber treten die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten privaten Interessen in den Hintergrund. Daß der Beschwerdeführer Österreich als sein nunmehriges Heimatland bezeichnet, kann an dieser Beurteilung nichts ändern, wird doch das damit behauptete Naheverhältnis schon durch sein beschriebenes rechtswidriges Verhalten erheblich relativiert. Der Beschwerdehinweis, die Ehefrau des Beschwerdeführers habe um die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft angesucht, ist ebenfalls nicht zielführend, zumal dieser Umstand die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Zusammenleben mit seiner Ehefrau nicht maßgeblich verstärken kann. Ebensowenig kann das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich in Österreich wohlverhalten, an diesem Abwägungsergebnis etwas ändern, da dieser Umstand weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung des die Ausweisung gebietenden öffentlichen Interesses zur Folge hat (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 22. Mai 1997, Zl. 95/18/0451). Was den behaupteten "völligen Mangel" sozialer Beziehungen zu seinem Heimatland betrifft, entbehrt dieser Umstand im gegebenen Zusammenhang der Relevanz, weil - zum einen - mit der Ausweisung keine Aussage verbunden ist, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder daß er (allenfalls) abgeschoben wird und - zum anderen - sich § 19 FrG lediglich auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1997, Zl. 97/18/0532, mwH).
Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen sind daher auch die Verfahrensrügen, die Behörde hätte den Sachverhalt eingehender zu ermitteln und den Bescheid ausführlicher zu begründen gehabt, nicht zielführend.
3. Schließlich ist festzuhalten, daß die Bezugnahme der Beschwerde auf § 18 und § 20 FrG deswegen ins Leere geht, weil diese Regelungen im vorliegenden Fall einer Ausweisung von der belangten Behörde weder anzuwenden waren noch angewendet wurden.
4. Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996180122.X00Im RIS seit
20.11.2000