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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Gutenberg-Werbering Gesellschaft mbH in Linz, vertreten durch Dr. Ludwig Pramer und Dr. Peter Lindinger, Rechtsanwälte in Linz, Graben 32/1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. Oktober 1997, Zl. BauR - 012063/1 - 1997/BA/Lg, betreffend Untersagung der Errichtung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen gemäß § 27 O.Ö. Bauordnung 1994 (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 24. März 1997 zeigte die Beschwerdeführerin bei der Baubehörde erster Instanz gemäß § 27 O.Ö. Bauordnung 1994 die beabsichtigte Errichtung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen von mehr als 4 m2 Werbe- und Anzeigefläche an. Demnach beabsichtigt die Beschwerdeführerin auf dem an der Hamerlingstraße in Linz liegenden Grundstück Nr. 241/19 Plakattafeln als geschlossene Werbeanlagen derart zu errichten, daß entlang des Straßenzuges Hamerlingstraße im Abstand von ca. 8 m zur Fahrbahn senkrecht 2,40 m hohe Tafeln über 47,6 lfm auf 60 cm hohe Stützen gestellt werden sollen, sodaß die Gesamthöhe der Konstruktion 3 m beträgt. Die übrigen Tafeln sollen in einer Länge von rd. 34 m entlang der Grundgrenze zum Grundstück Nr. 241/10 errichtet werden, welches an der Rilkestraße und an der Hamerlingstraße liegt; beide vorgenannten Straßen bilden eine Kreuzung.
Im gemeindebehördlichen Instanzenzug wurde die beantragte Errichtung der Werbe- und Ankündigungseinrichtungen wegen Störung des Orts- und Landschaftsbildes im Grunde des § 27 Abs. 6 O.Ö. Bauordnung 1994 untersagt. Der von der Berufungsbehörde beigezogene Sachverständige erstattete ein Ortsbildgutachten, welches Grundlage des Berufungsbescheides vom 18. September 1997 war. Dieses hat folgenden entscheidungswesentlichen Inhalt:
"Als Grundlage für die ortsbildmäßige Begutachtung wird der Straßenzug Hamerlingstraße zwischen den Objekten Nr. 19 und der Einmündung der Lastenstraße herangezogen. Der Bereich wurde wie beschrieben begrenzt, da in diesem Straßenabschnitt auf jeden Fall eine Sichtbarkeit der gegenständlichen Werbeanlage gegeben ist.
Nördlich des Straßenzuges Hamerlingstraße wird das Ortsbild charakterisiert durch fünfgeschossige Wohnhäuser in geschlossener Bauweise, welche schlichte Fassadengestaltungen aufweisen. Diese Bebauung reicht bis zum Straßenzug Rilkestraße. Die Bebauung setzt sich nach der Rilkestraße durch ein dreistöckiges freistehendes Gebäude fort, welches eine straßenseitige Länge von ca. 50 m aufweist und mit einem tonnenförmigen Dach abschließt. Im Anschluß daran befindet sich ein eingeschossiges Gebäude mit Flachdach, welches gegenüber dem vorhergehenden Gebäude leicht zurückspringt. Danach folgt eine freie Fläche, welche sich bis zum Straßenzug Lastenstraße erstreckt und als Parkplatz genutzt wird.
Das Ortsbild am südlichen Fahrbahnrand wird bis hin zum Straßenzug Rilkestraße ebenfalls charakterisiert durch eine geschlossene mehrgeschossige Wohnbebauung. Nach der Rilkestraße folgt eine unbebaute Fläche, welche entlang der Hamerlingstraße eine Länge von ca. 200 m aufweist und zur Zeit als Parkplatz genutzt wird.
Die Fläche ist vom öffentlichen Gut durch einen Zaun getrennt und weist einen geringen Bestand an Büschen auf. Im Anschluß daran befindet sich ein viergeschossiges Betriebsgebäude, welches bis auf 50 m an den Straßenzug Lastenstraße heranreicht.
Die Werbeanlagen im für die Begutachtung herangezogenen Bereich sind Frontalanlagen und Steckschilder, wobei die maximale Seitenkante ca. 3 m beträgt. Werbeanlagen, welche größer sind, wurden in Einzelbuchstaben gegliedert, wodurch eine Abminderung der durch die Größe gegebene Auffälligkeit gegeben ist.
Aufgrund der Kleinteiligkeit der einzelnen Werbeanlagen, sowie dem homogenen Erscheinungsbild der Baukörper ist das Ortsbild im als Grundlage für die ortsbildmäßige Begutachtung herangezogenen Bereich als einheitlich zu bezeichnen.
Gutachten:
Die beabsichtigte Werbeanlage würde im einheitlichen Erscheinungsbild des für die ortsbildmäßige Begutachtung festgelegten Bereiches, aufgrund der zu erwartenden überaus auffälligen Farbgebung, welche Plakattafeln dieser Art üblicherweise aufweisen, sowie durch die übermäßige Größe der Anlage und deren ungünstige Situierung im Straßenraum, durch die sich sämtliche Werbeflächen im unmittelbaren Sichtbereich des öffentlichen Gutes befinden, einen Fremdkörper darstellen.
Die Wirkung als Fremdkörper wird noch dadurch verstärkt, daß die Tafeln als geschlossene Wand über Eck geführt werden, wodurch die Werbeanlage als dreidimensionaler, eingeschossiger Baukörper in Erscheinung tritt.
Die beschriebenen bereits vorhandenen Werbeanlagen aller Art im als Grundlage für die Begutachtung herangezogenen Bereich stellen ein für das Ortsbild gerade noch verträgliches Maß an Werbeanlagen dar, wodurch die Errichtung der gegenständlichen Werbeanlage zudem noch eine Überlastung des Stadtteiles an Werbeeinrichtungen bewirken würde.
...
Da durch die beabsichtigten Baumaßnahmen eine massive Störung des Orts- und Landschaftsbildes gegeben wäre, ist es unumgänglich, auf die Errichtung der gesamten Werbeanlage zu verzichten."
In ihrer Stellungnahme hiezu führte die Beschwerdeführerin aus, daß das Beurteilungsgebiet kein homogenes Erscheinungsbild der Baukörper biete und das Ortsbild nicht als einheitlich zu betrachten sei; insbesondere werde im Gutachten nicht ein vorhandener Gebrauchtwagenplatz, ein Großmarkt und der in Blickrichtung befindliche Bahnhof sowie der große Komplex der Voest-Stahlhandels AG beschrieben. Das Beurteilungsgebiet liege in einer "Industriegegend". Eine genaue Spezifikation bzw. Quantifizierung der bereits vorhandenen Werbeanlagen sei nicht erfolgt.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 18. September 1997 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Gestützt auf das eingeholte Ortsbildgutachten und die dem Akt beigeschlossenen Fotos führte die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aus, daß es keines ausführlichen schriftlichen Befundes über die konkrete örtliche Situation deshalb bedurft habe, weil die örtlichen Gegebenheiten durch Fotos, aus welchen der Gebrauchtwagenparkplatz, der Großmarkt, der Frachtenbahnhof und auch der große Komplex der Voest-Stahlhandels AG ersichtlich seien, hinreichend geklärt seien. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das Ortsbild könne im fraglichen Bereich nicht als einheitlich betrachtet werden, könne schon deshalb nichts gewonnen werden, weil für die Schutzwürdigkeit eines Ortsbildes lediglich ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik, nicht aber eine vollständige Einheitlichkeit gefordert sei. Selbst in einer verwahrlost wirkenden Gegend könne eine Plakatwand das Ortsbild stören.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der
O.Ö. Landesregierung vom 20. Oktober 1997 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch den genannten Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werde. Das Gutachten des Amtssachverständigen für Ortsbildfragen habe das maßgebliche Gebiet mit dem Sichtbereich, in dem die gegenständliche Werbeanlage auf jeden Fall optisch wahrnehmbar sei, zutreffend eingegrenzt. Die in diesem Bereich prägenden (baulichen) Anlagen sowie die sonstigen für das Ortsbild charakteristischen Merkmale (bereits vorhandene Werbeanlagen) seien in diesem Gutachten beschrieben. Anhand der dem erstinstanzlichen Gutachten angeschlossenen großformatigen Farbfotos könne sich die Vorstellungsbehörde ein ausreichendes Bild über die beschriebene Örtlichkeit machen, die Schlüssigkeit des Amtsgutachtens überprüfen und die inhaltliche Aussage des Gutachtens einer rechtlichen Würdigung unterziehen. Das ausreichende und schlüssige Gutachten hätte nur durch ein Gegengutachten entkräftet werden können. Ein solches habe aber die Beschwerdeführerin bis jetzt nicht vorgelegt. Die gesonderte Betrachtungsweise eines ganz bestimmten Grundstückes (gemeint ist der bestehende Parkplatz), das im fraglichen Bereich liege, sei nicht von entscheidender Bedeutung. Ein Ortsbild sei nämlich nicht allein von einem einzigen Bestand bzw. Grundstück geprägt, sondern habe die umliegende Bebauung und Landschaft zu berücksichtigen. Eine rein punktuelle Betrachtung könne nicht im Sinne der Definition eines Ortsbildes verstanden werden, da in jedem Fall die Lage des Objektes (Werbeanlage) im Verband zur umliegenden Bebauung begutachtet werden müsse, da es letztlich auf das Gesamtbild eines zu beurteilenden Bereiches ankomme. Nach der Beschreibung des hier maßgeblichen Ortsbildes sowie der im Akt aufliegenden Fotos könne daher nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, daß der hier beschriebene Straßenzug, der im wesentlichen durch Betriebsbauten mit kleinteiligen Werbeanlagen gekennzeichnet sei, ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik aufweise. Derartige Bedenken würden auch von der Beschwerdeführerin nicht geäußert. Eine Harmonie eines Ortsbildes sei nicht erforderlich, vielmehr reiche lediglich ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik aus. Dem hier zu beurteilenden Straßenzug könne aber ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik nicht abgesprochen werden. Daran vermöge auch der von der Beschwerdeführerin hervorgehobene Umstand, daß sich in der Umgebung der Plakattafeln mehrgeschossige Gebäude befänden, nichts zu ändern, weil die projektierte Werbeanlage schon aufgrund ihrer Dimension einen erheblichen Störfaktor darstelle. Eine derartige Belastung des Ortsbildes sei aber - wie die befundmäßige Beschreibung sowie die Fotos zeigten - in Ausmaß, Form und Umfang (z.B. geschlossene Anlage, 81 lfm, Gesamthöhe 3 m) derzeit nicht vorhanden, sodaß die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes nicht in Abrede gestellt werden könne. Es bedürfe wohl keiner näheren Erörterung und entspräche allgemeiner Lebenserfahrung, daß großflächige Werbeeinrichtungen, die allgemein sichtbar aufgestellt würden, von einem objektiven Durchschnittsbetrachter (also einer Person, die beim Aufstellen der Werbeanlagen weder ein wirtschaftliches noch sonstiges Interesse habe) als belastend im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes empfunden werde (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 14. September 1995, Zl. 94/05/0008). Dies ergebe sich auch aus dem Ausschußbericht zu § 27 O.Ö. Bauordnung 1994, wo als Grund für die Normierung einer Anzeige- bzw. Bewilligungspflicht für Werbe- und Ankündigungseinrichtungen ausgeführt werde, daß diese in der Praxis immer wieder durch falsche Standortwahl das Ortsbild beeinträchtigten. Das Amtssachverständigengutachten zeige, daß das Projekt aufgrund der zu erwartenden überaus auffälligen Farbgebung, die Plakattafeln dieser Art üblicherweise aufwiesen, sowie durch die übermäßige Größe und deren ungünstige Situierung im Straßenraum, durch die sich sämtliche Werbeflächen im unmittelbaren Sichtbereich des öffentlichen Gutes befänden, wegen der beschriebenen Merkmale in jedem Fall einen Fremdkörper darstellten. Ob die Wirkung als Fremdkörper durch die besondere Anordnung (Führung über Eck) noch verstärkt werde, sei aber für die Beurteilung der Frage, ob durch diese Anlage eine Störung des Ortsbildes eintrete, nicht mehr von entscheidender Bedeutung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Errichtung baulicher Anlagen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sowie in ihrem Recht auf Durchführung eines ordentlichen Verwaltungsverfahrens verletzt". Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen der O.Ö. Bauordnung 1994
haben folgenden Wortlaut:
"§ 27
Sonderbestimmungen für Werbe- und Ankündigungseinrichtungen
(1) Werbe- und Ankündigungseinrichtungen aller Art (Tafeln, Schaukästen, Anschlagsäulen, sonstige Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können, Bezeichnungen, Beschriftungen, Hinweise und dergleichen) und deren Beleuchtung dürfen
1. unabhängig von dem für den Aufstellungsort geltenden Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan, sofern dieser eine solche Errichtung nicht ausdrücklich ausschließt, sowie
2. unabhängig von der Dauer ihrer Aufstellung errichtet werden; sie müssen in Ausmaß, Form, Farbe und Werkstoff so beschaffen sein und so angebracht werden, daß sie die Sicherheit nicht gefährden und ihr Erscheinungsbild das Orts- und Landschaftsbild nicht stört.
...
(3) Die beabsichtigte Errichtung oder Änderung von Werbe- und Ankündigungseinrichtungen von insgesamt mehr als 4 m2 Werbe- und Anzeigefläche ist der Baubehörde anzuzeigen, sofern nicht eine Bewilligungspflicht (Abs. 2) besteht.
...
(6) Ergibt sich aus den der Baubehörde übergebenen Unterlagen die Unzulässigkeit des angezeigten Vorhabens (Abs. 1), hat sie binnen drei Monaten nach Einlangen der vollständigen Anzeige einen schriftlichen Untersagungsbescheid zu erlassen. Wird binnen dieser Frist ein Untersagungsbescheid nicht erlassen oder die Anzeige zustimmend zur Kenntnis genommen, darf mit der Bauausführung begonnen werden.
..."
In seinem Erkenntnis vom 30. Juni 1992, Zl. 89/05/0036, hat der Verwaltungsgerichtshof zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach der O.Ö. Bauordnung 1976, gestützt auf seine ständige Rechtsprechung zur Frage der Störung des Orts- und Landschaftsbildes ausgeführt, daß diese Frage nur durch ein begründetes Sachverständigengutachten geklärt werden kann, dessen Befund eine detaillierte Beschreibung der örtlichen Situation, möglichst untermauert durch Planskizzen oder Fotos, enthalten muß. Daraus müssen die charakteristischen Merkmale der für die Beurteilung einer allfälligen Störung in Betracht kommenden Teile des Orts- und Landschaftsbildes erkennbar sein, wobei es keineswegs darauf ankommt, ob einzelne störende Objekte schon vorhanden sind, weil allein das Vorhandensein derartiger Objekte noch keine weiteren Störungen erlaubt. Selbst in einer verwahrlosten Gegend kann eine rund 100 m lange Plakatwand als störend angesehen werden. Auch die Nähe von Hochhäusern schließt eine Störung des Ortsbilds durch Plakattafeln im Grünland nicht aus (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl. 92/05/0288). Auch das Vorhandensein anderer störender Plakattafeln führt nicht zu der Annahme, daß ein erhaltenswertes Orts- und Landschaftsbild nicht mehr gegeben sei (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 1993, Zl. 92/05/0242). Vorhandene störende Objekte schließen demnach nicht aus, daß weitere Eingriffe das Orts- und Landschaftsbild stören (vgl. hiezu nochmals das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1992, Zl. 89/05/0036).
Es kommt also bei der Störung des Ortsbildes nicht darauf an, wieviele andere Werbetafeln sich in der näheren Umgebung befinden, oder ob durch die verfahrensgegenständlichen Werbetafeln ein wenig schönes Gebäude oder eine störende bauliche Anlage abgedeckt ist. Zu beurteilen ist ausschließlich die von den konkreten Werbetafeln ausgehende Störung im Verhältnis zum Gesamteindruck des Orts- und Landschaftsbildes (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 93/06/0229, BauSlg. Nr. 1996/320).
Die belangte Behörde führt in ihrer rechtlichen Beurteilung zutreffend aus, daß es für die Schutzwürdigkeit des Ortsbildes auf eine völlige Einheitlichkeit nicht ankommt. Das Ortsbild ist aber jedenfalls anhand des konsentierten vorhandenen Bestandes zu beurteilen, insoweit ihm ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik (wenn auch nicht vollständige Einheitlichkeit) eigen ist, welche den (notwendigen) Maßstab dafür bildet, ob ein Bauvorhaben dieses Ortsbild erheblich beeinträchtigt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 9. April 1992, Slg. Nr. 13.612/A).
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes trägt die Beschwerdeführerin vor, daß auf die Frage, inwieweit das ohne die Werbetafeln gegebene Erscheinungsbild des Beurteilungsgebietes über ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik verfüge, nicht eingegangen worden sei; insbesondere werde in keiner Weise dargetan, inwieweit der ohne die Werbetafeln weithin sichtbare Parkplatz zur Einheitlichkeit des gegenständlichen Gebietes beitrage.
Im Ortsbildgutachten, welches Grundlage des auf § 27 Abs. 6 BO gestützten Untersagungsbescheides des Gemeinderates war, wird das Beurteilungsgebiet (Bereich der Sichtbarkeit der projektierten Werbeanlage) näher charakterisiert und beschrieben. Demnach umfaßt das Beurteilungsgebiet fünfgeschossige Wohnhäuser, ein dreistöckiges freistehendes Gebäude mit ca. 50 m Länge, ein einstöckiges Gebäude mit Flachdach, eine freie Fläche mit Parkplatz, eine geschlossene, mehrgeschossige Wohnbebauung und einen ca. 200 m langen Parkplatz sowie ein viergeschossiges Betriebsgebäude. Daraus schließt der Gutachter auf ein "homogenes Erscheinungsbild" mit einer Kleinteiligkeit einzelner Werbeanlagen. Demnach soll das Beurteilungsgebiet ein "einheitliches Erscheinungsbild" aufweisen. Worin die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes liegen soll, wird jedoch nicht näher erläutert und ist auch aufgrund der im Akt erliegenden Farbfotos - entgegen den von den Gemeindebehörden und der Vorstellungsbehörde nicht näher begründeten gegenteiligen Feststellungen - für den Verwaltungsgerichtshof in keiner Weise erkennbar. Der Verwaltungsgerichtshof vermag anhand der vorliegenden Farbfotos auch nicht nachzuvollziehen, wie die vorgesehene Werbewand im Zusammenhang mit den übrigen beschriebenen konsentierten baulichen Anlagen im Beurteilungsgebiet zusammenwirken wird. Aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse, insbesondere der Ausführungen im herangezogenen Sachverständigengutachten, fehlt es somit an einem geeigneten Beurteilungsmaßstab im Sinne eines erkennbaren Mindestmaßes einer gemeinsamen Charakteristik des beurteilten Gebietes (vgl. auch hiezu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 9. April 1992). Der Hinweis auf die "übermäßige Größe" der projektierten Plakatwand allein vermag nicht zu überzeugen, weil die beschriebenen Gebäude in ihrer flächenmäßigen Ausdehnung offensichtlich ebenfalls eine Größenordnung erreichen, die der Dimension der projektierten Plakatwand (bei Betrachtung als dreidimensionales, ca. eingeschossiges Objekt) entspricht. Daß die anderen Werbeeinrichtungen im hier zu beurteilenden Gebiet "kleinteilig" sind, ist - wie sich aus der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt - nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, vielmehr kommt es auf die Wirkung des hier gegenständlichen Projektes auf das bestehende Ortsbild an. Um gesichert beurteilen zu können, ob das Erscheinungsbild des im Gutachten beschriebenen Ortsbildes durch die Werbetafeln aufgrund ihrer Beschaffenheit in Ausmaß, Form, Farbe und Werkstoff gestört wird, ist Voraussetzung, daß das Charakteristische des Erscheinungsbildes des beschriebenen Gebietes in nachvollziehbarer Begründung herausgearbeitet wird, wobei gerade im vorliegenden Fall als Unterstützung der verbalen Umschreibung der Schlußfolgerung im Gutachten des Sachverständigen eine Fotomontage hilfreich sein könnte (vgl. nochmals das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl. 92/05/0288). Da das Ortsbild des gesamten Gebietes bei Beschreibung der Einheitlichkeit in Betracht zu ziehen ist, ist auch der in der Beschwerde angesprochene Parkplatz - sofern er nicht konsenslos als solcher benutzt wird - in die fachkundige Argumentation miteinzubeziehen. Ein solcher Parkplatz ist nämlich als bauliche Anlage im Sinne der BO zu qualifizieren, welche ebenfalls zur gemeinsamen Charakteristik des Ortsbildes beiträgt. Das der Entscheidung der Gemeindebehörden zugrunde gelegte Gutachten erweist sich somit aus den vorgenannten Gründen für eine abschließende Beurteilung der Beschwerdesache als ungeeignet. Da die belangte Behörde dies nicht erkannte, vielmehr zu Unrecht von einem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen ausgegangen ist, erweist sich der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1Anforderung an ein GutachtenSachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild LandschaftsbildEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997050318.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009