TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/11 G308 2226095-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.03.2020
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Entscheidungsdatum

11.03.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
VwGVG §8a Abs1

Spruch

G308 2226095-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX,

Staatsangehörigkeit: Polen, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2019, Zahl XXXX, zu

Recht:

A) I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

aufgehoben.

II. Die beantragte Verfahrenshilfe wird im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr bewilligt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.10.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt. Begründend wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass sich aus dem kriminalpolizeilichen Aktenindex bereits sechs Anzeigen gegen den Beschwerdeführer entnehmen lassen. Er sei im EKIS weiters zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben und seien gegen den Beschwerdeführer bereits drei rechtskräftige Ausweisungen erlassen und der Beschwerdeführer, teilweise nach Verhängung der Schubhaft, aus dem Bundesgebiet abgeschoben worden. Er gefährde mit seinem rechtswidrigen Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Die Bestreitung des Lebensunterhalts durch die Begehung von Straftaten könne nicht im öffentlichen Interesse liegen.

In weiterer Folge wurde über den Beschwerdeführer mit Mandatsbescheid vom 07.10.2019 die Schubhaft verhängt und der Beschwerdeführer am 06.11.2019 auf dem Landweg (Bahn) aus dem Bundesgebiet nach Polen abgeschoben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 25.11.2019, beim Bundesamt am selben Tag per E-Mail einlangend, das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen, den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit gänzlich beheben; in eventu das Aufenthaltsverbot wesentlich verkürzen; in eventu den Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung an das Bundesamt zurückverweisen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers keinerlei strafgerichtliche Verurteilung vorliege und daher von einer vom Beschwerdeführer ausgehenden erheblichen, tatsächlichen und gegenwärtigen Gefahr nicht gesprochen werden könnte. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes lägen nicht vor.

Weiters wurde die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren beantragt und dem Antrag ein ausgefülltes Vermögensverzeichnis beigefügt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Polen und somit EWR-Bürger bzw. Unionsbürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG (vgl aktenkundige Kopie des polnischen Reisepasses, AS 130; Auszug aus dem Fremdenregister vom 04.03.2020).

Es konnte nicht festgestellt werden, wann der Beschwerdeführer erstmals in das Bundesgebiet einreiste. Er hielt sich eigenen Angaben nach ab 01.01.2006, zumindest aber ab November 2007, immer wieder im Bundesgebiet auf (vgl Schreiben zur Einbringung rückständiger Pflegegebühren des Krankenhauses XXXX vom 21.02.2008 betreffend den 24.11.2007, AS 1; Anzeige der LPD vom 22.08.2018, AS 49).

Er ging in Österreich in nachfolgenden Zeiten sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeiten nach (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 04.03.2020):

04.02.2013-15.04.2013 Arbeiter

10.10.2013-24.10.2013 Arbeiter

02.01.2014-26.09.2014 Arbeiter

Der Beschwerdeführer hat bis dato weder Leistungen aus der Arbeitslosen-/Krankenversicherung noch Mindestsicherung oder andere Sozialleistungen bezogen (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 04.03.2020).

Im Bundesgebiet weist der Beschwerdeführer nachfolgende Wohnsitzmeldungen auf (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 04.03.2020):

27.06.2013-22.07.2013 Nebenwohnsitz

29.08.2013-03.06.2014 Nebenwohnsitz

28.07.2014-08.05.2015 Hauptwohnsitz

08.05.2015-27.04.2016 Hauptwohnsitz

22.08.2018-24.08.2018 Hauptwohnsitz PAZ XXXX

04.10.2019-07.10.2019 Hauptwohnsitz PAZ XXXX

Im Zeitraum von 18.10.2016 bis 02.03.2017 wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ambulant im XXXX-Spital behandelt und konnte die angelaufenen Behandlungskosten in Höhe von EUR 1.153,27 nicht bezahlen (vgl aktenkundiges Schreiben vom 07.03.2017, AS 18).

Am 22.03.2018 wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet von der Polizei bei einem mehr als drei Monate andauernden Aufenthalt im Bundesgebiet betreten, ohne über die Voraussetzungen gemäß § 51 NAG zu verfügen. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.05.2018, Zahl XXXX, wurde der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG ausgewiesen und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub in der Dauer eines Monats erteilt (vgl aktenkundiger Bescheid vom 03.05.2018, AS 31 ff). Mangels aufrechter Wohnsitzmeldung oder sonstiger bekannter Adresse des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erfolgte die Zustellung des Bescheides durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG am 03.05.2018 (vgl öffentliche Bekanntmachung vom 03.05.2018, AS 47). Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 22.08.2018 konnte sich der Beschwerdeführer im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle in Wien nicht mit einem Ausweis ausweisen. Bei der nachfolgenden Identitätsfeststellung wurde die mit Bescheid vom 03.05.2018 gegen den Beschwerdeführer erlassene Ausweisung festgestellt und er nach Rücksprache mit dem Journaldienst des Bundesamtes gemäß § 40 BFA-VG festgenommen und direkt in das Polizeianhaltezentrum XXXX eingeliefert (vgl aktenkundiger Entwurf der Anzeige der LPD vom 22.08.2018, AS 48 f).

Da der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung bezogen auf die Ausweisung mit Bescheid vom 03.05.2018 nicht nachgekommen war, wurde mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 22.08.2018, Zahl XXXX, gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet (vgl aktenkundiger Bescheid vom 22.08.2018, AS 70 ff).

Am 24.08.2018 wurde der Beschwerdeführer auf dem Landweg per Bahn aus dem Bundesgebiet nach Polen abgeschoben (vgl Fremdenregisterauszug vom 04.03.2020).

Daraufhin reiste der Beschwerdeführer zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt wieder in das Bundesgebiet ein. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.10.2018, Zahl XXXX, wurde der Beschwerdeführer erneut gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm

§ 55 Abs. 3 NAG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (vgl aktenkundiger Bescheid vom 05.10.2018, AS 96 ff). Mangels aufrechter Wohnsitzmeldung oder sonstiger bekannter Adresse des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erfolgte die Zustellung des Bescheides durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG am 05.10.2018 (vgl öffentliche Bekanntmachung vom 05.10.2018, AS 110). Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Von 21.10.2018 bis 24.10.2018 wurde der Beschwerdeführer stationär im XXXX-Spital behandelt und konnte die angelaufenen Behandlungskosten in Höhe von EUR 3.272,00 nicht bezahlen (vgl aktenkundiges Schreiben vom 22.11.2018, AS 111 f).

Am 18.12.2018 erließ das Bundesamt gegen den Beschwerdeführer einen Festnahmeauftrag zur geplanten Anordnung seiner Abschiebung (vgl AS 113). Daraufhin wurde der Beschwerdeführer am 31.01.2019 im Zuge einer neuerlichen fremdenpolizeilichen Kontrolle festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum überstellt. Es erfolgte neuerlich eine Anzeige wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet (vgl Anzeige der LPD vom 31.01.2019, AS 115 ff). Am 01.02.2019 wurde der Beschwerdeführer auf dem Landweg per Bahn aus dem Bundesgebiet nach Polen abgeschoben (vgl Fremdenregisterauszug vom 04.03.2020).

Der Beschwerdeführer reiste offenbar nur wenige Tage später wieder in das Bundesgebiet ein. Am 05.02.2019 wurde der Beschwerdeführer in der Notschlafstelle des Roten Kreuzes wegen des nach wie vor bestehenden Festnahmeauftrages des Bundesamtes neuerlich festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum überstellt. Weiters wurde er über zwei bestehende Aufenthaltsermittlungen (einmal seitens des Bezirksgerichtes XXXX zur Zahl XXXX wegen §§ 15, 127 StGB und einmal seitens der Staatsanwaltschaft XXXX zur Zahl XXXX wegen § 27 Abs. 1 SMG) informiert, jedoch keine Schubhaft verhängt (vgl Anhalteprotokoll vom 05.02.2019 sowie Bericht der LPD XXXX vom 05.02.2019, AS 126 ff; Amtsvermerke über Aufenthaltsermittlungen für eine Behörde der Strafjustiz jeweils vom 31.01.2019, AS 121 f).

Noch am 05.02.2019 langte beim Bundesamt die Mitteilung des Bezirksgerichtes XXXX vom 05.02.2019 ein, wonach in der Strafsache gegen den Beschwerdeführer zur Zahl XXXX für 27.03.2019 eine Hauptverhandlung anberaumt wurde (vgl aktenkundige Mitteilung vom 05.02.2019, AS 137).

Dennoch wurde der Beschwerdeführer am 06.02.2019 zum dritten Mal auf dem Landweg per Bahn aus dem Bundesgebiet nach Polen abgeschoben (vgl Fremdenregisterauszug vom 04.03.2020).

Der Beschwerdeführer verblieb daraufhin weniger als drei Monate in Polen und reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im April 2019 (rund um Ostern) wieder in das Bundesgebiet ein. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.06.2019, Zahl XXXX, wurde der Beschwerdeführer zum dritten Mal gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (vgl aktenkundiger Bescheid vom 21.06.2019, AS 152 ff). Mangels aufrechter Wohnsitzmeldung oder sonstiger bekannter Adresse des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erfolgte die Zustellung des Bescheides durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG am 27.06.2019 (vgl öffentliche Bekanntmachung vom 27.06.2019, AS 171). Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Der mit der Ausweisung verbundenen Ausreiseverpflichtung kam er aber nicht nach (vgl Niederschrift Bundesamt vom 04.10.2019, AS 205 ff).

Am 04.10.2019 wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet abermals wegen unrechtmäßigem Aufenthalt festgenommen und direkt in das Polizeianhaltezentrum XXXX überstellt (vgl Anhalteprotokoll vom 04.10.2019, AS 175 ff). Zugleich wurde der Beschwerdeführer wegen dem unrechtmäßigen Aufenthalt neuerlich von der LPD XXXX angezeigt und über die noch bestehende Fahndung (Aufenthaltsermittlung wegen Vergehen) des Bezirksgerichtes XXXX zur Zahl XXXX belehrt. Die Aufenthaltsermittlung der Staatsanwaltschaft XXXX zur Zahl XXXX wegen § 27 Abs. 1 SMG wurde schon mit 06.03.2019 widerrufen (vgl Anzeige der LPD vom 04.10.2019, AS 179 ff; Personenfahndung Auskunft vom 04.10.2019, AS 189 ff; Personeninformation Auskunft vom 04.10.2019, AS 191 f).

Da der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung bezogen auf die Ausweisung mit Bescheid vom 21.06.2019 nicht nachgekommen war, wurde über ihn mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 04.10.2019, Zahl XXXX, gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet (vgl aktenkundiger Bescheid vom 04.10.2019, AS 208 ff).

Am 07.10.2019 wurde der Beschwerdeführer zum vierten Mal auf dem Landweg per Bahn aus dem Bundesgebiet nach Polen abgeschoben (vgl Fremdenregisterauszug vom 04.03.2020; Verfügung vom 07.10.2019, AS 233).

Bereits am 12.10.2019 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Personenkontrolle neuerlich im Bundesgebiet aufgegriffen (vgl Feststellungen in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 12.10.2019, AS 236). Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 31.10.2019 wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren erlassen, ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (vgl Bescheid, AS 260 ff). Mangels aufrechter Wohnsitzmeldung oder sonstiger bekannter Adresse des Beschwerdeführers erfolgte die Zustellung des Bescheides durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG am 31.10.2019 (vgl öffentliche Bekanntmachung vom 31.10.2019, AS 322).In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 06.11.2019 zum fünften Mal auf dem Landweg per Bahn aus dem Bundesgebiet nach Polen abgeschoben und zudem am 07.11.2019 ein Festnahmeauftrag im Falle eines neuerlichen Aufgriffs des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erlassen (vgl Fremdenregisterauszug vom 04.03.2020).

In Österreich lebt der Beschwerdeführer von bzw. bei der Caritas (Notschlafstellen) oder ist obdachlos. Er wird zudem von Freunden unterstützt, verfügt aber weder über eine Kranken- und Unfallversicherung noch über ausreichende Existenzmittel zur Sicherung seines Unterhalts. Er hat in Österreich keinerlei familiäre Bindungen, ist ledig und hat keine Kinder. In Polen hat er acht Jahre die Grundschule besucht, danach eine dreijährige Lehre als Fräser absolviert und auch als Fräser gearbeitet. In Polen leben drei Schwestern und ein Bruder. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung im Endstadium, die nur in Österreich behandelbar wäre. Dass der Beschwerdeführer über maßgebliche Deutschkenntnisse verfügt, konnte nicht festgestellt werden (vgl Niederschrift Bundesamt vom 22.08.2018, AS 63 ff; Niederschrift Bundesamt vom 04.10.2019, AS 205 ff).

In Österreich ist der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten (vgl Strafregisterauszug vom 04.03.2020), allerdings konnten zumindest drei Verfahren wegen unbekannten Aufenthalts nicht durchgeführt werden. Über eine Anmeldebescheinigung verfügt der Beschwerdeführer nicht (vgl Fremdenregisterauszug vom 04.03.2020).

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Aktenkundig ist weiters eine Kopie des polnischen Reisepasses des Beschwerdeführers (vgl AS 130).

Das Bundesverwaltungsgericht nahm Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister sowie die Sozialversicherungsdaten des Beschwerdeführers.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln, welche jeweils in Klammer zitiert und vom Beschwerdeführer u keiner Zeit bestritten wurden, sowie den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren und in der Beschwerde, welche der gegenständlichen Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" betitelte § 51 NAG lautet:

"§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen."

Der mit "Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern" betitelte § 52 NAG lautet:

"§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

4. Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder

5. sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a) die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,

b) die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1."

Der mit Anmeldebescheinigung betitelte § 53 NAG lautet:

"Anmeldebescheinigung

§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;

2. nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;

3. nach § 51 Abs. 1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel;

4. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

5. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung;

6. nach § 52 Abs. 1 Z 4: ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger;

7. nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates der Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen."

Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

Der mit "Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate" betitelte § 55 NAG lautet:

"§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."

Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet:

"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Da vom Beschwerdeführer, der aufgrund seiner polnischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich der §§ 66 und 67 FPG fällt, die Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet seit fünf bzw. zehn Jahren nicht erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG zur Anwendung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl. dazu etwa VwGH 25.04.2014,

Ro 2014/21/0039).

Dem Bundesamt ist grundsätzlich zuzustimmen, dass es für das Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht erforderlich ist, dass eine Anzeige oder gar Verurteilung des Fehlverhaltens vorliegt. Es ist vielmehr auf die Art und Schwere des Fehlverhaltens, welches von der Behörde festzustellen ist, abzustellen (vgl etwa VwGH vom 03.04.2009, 2008/22/0711). Auch ein festgestelltes Fehlverhalten eines Fremden, das (noch) nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat, kann zur Beurteilung der für ein Aufenthaltsverbot erforderlichen Gefährdungsprognose herangezogen werden (vgl. VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349).

Genau diesem Erfordernis ist das Bundesamt aber nicht nachgekommen. Die Behörde stellt das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte und einen der Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes bildende Fehlverhalten nicht einmal rudimentär dar, sondern verweist lapidar auf sechs Eintragungen im kriminalpolizeilichen Aktenindex. Es wurden keinerlei Tatbeschreibungen, Tatzeitpunkte und das konkret verwirklichte Delikt dargestellt. Dies reicht jedenfalls nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht für eine nachvollziehbare Gefährdungsprognose aus (vgl VwGH vom 24.01.2019, Ra 2018/21/0234). Das Bundesamt hätte sich - bei Fehlen einer strafgerichtlichen Verurteilung - im Sinne der Beantwortung einer Vorfrage mit den behaupteten Straftaten des Beschwerdeführers inhaltlich auseinandersetzen und ausführen müssen, warum der Beschwerdeführer nach Ansicht des Bundesamtes einen strafrechtlichen Tatbestand verwirklicht hat. Auch wurde nicht berücksichtigt, dass zumindest bei der Hälfte der genannten Anzeigen das Verfahren eingestellt oder von der Verfolgung abgesehen wurde. Teilweise dürfte bereits auch Verjährung eingetreten sein. Wenn das Bundesamt dem Beschwerdeführer vorhält, er habe sich durch seine Meldepflichtverletzungen den Verfahren entzogen, so ist für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer am 06.02.2019 abgeschoben wurde, obwohl am 05.02.2019 seitens des Bezirksgerichtes XXXX die Anberaumung einer Hauptverhandlung bekanntgegeben wurde.

Der Gefährdungsmaßstab des § 47 Abs. 2 FrG 1997 entspricht jenem des § 67 Abs. 1 FPG. Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit iSd § 47 Abs. 2 FrG 1997 ist an den für unionsrechtlich begünstigte Fremde festgelegten Maßstäben zu messen (vgl VwGH vom 15.12.2011, 2007/18/0430). Dieser von der Judikatur des EuGH entwickelte Maßstab verlangt, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die in Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl etwa VwGH vom 14.09.2001, 99/19/0074). Im Übrigen ist auch die in § 55 Abs. 3 NAG umschriebene "Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" im genannten unionsrechtlichen Sinn zu verstehen (vgl VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/21/0024, mit Verweis auf ErläutRV zum Fremdenrechtspaket 2005, 952 BlgNR 22. GP 143, in denen ausdrücklich auf Art. 27 der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG Bezug genommen wird; vgl auch Punkt 6.2. der Entscheidungsgründe des VwGH im Erkenntnis vom 24.11.2009, 2007/21/0011).

Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/21/0024, wörtlich ausgeführt [Hervorhebungen nicht im Original, Anm.]:

"Dem belangten UVS ist zunächst darin zu folgen, dass der der strafgerichtlichen Verurteilung des Revisionswerbers zugrundeliegende Gebrauch besonders geschützter falscher Urkunden, der lediglich die Verhängung einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten nach sich gezogen hatte, nicht geeignet ist, den Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 FPG zu verwirklichen. Dem sonst gezeigten fremdenrechtlichen Fehlverhalten kommt aber vor allem angesichts des aktuell aufrechten Bestandes einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nicht eine solche Bedeutung zu, dass schon deshalb das Vorliegen einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührenden Gefahr angenommen werden könnte (vgl. das zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 86 Abs. 1 FPG ergangene hg. Erkenntnis vom 8. September 2009, Zl. 2008/21/0661, und daran anknüpfend etwa das Erkenntnis vom 29. Februar 2012, Zl. 2009/21/0376). In dem im Anschluss an die zuletzt genannte Entscheidung ergangenen Erkenntnis vom 22. November 2012, Zl. 2011/23/0453, wurde ausdrücklich wiederholt, dass "ein - allenfalls weiter zu befürchtender - unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet" ein Aufenthaltsverbot im Grunde des § 86 Abs. 1 FPG (nunmehr: § 67 Abs. 1 FPG) im Hinblick auf die gebotene unionsrechtskonforme Auslegung dieser Bestimmung nicht zu rechtfertigen mag. [...]"

Aktuell hat der VwGH erneut ausgesprochen, dass der den strafgerichtlichen Verurteilungen des von der Entscheidung betroffenen Revisionswerbers zugrundeliegende, wenn auch wiederholte, Gebrauch besonders geschützter falscher Urkunden, der jeweils die Verhängung bedingt nachgesehener Freiheitsstrafen (zuletzt in Verbindung mit einer Geldstrafe) nach sich gezogen hatte, nach Ansicht des VwGH nicht geeignet war, den Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 1 bis 4 FPG zu verwirklichen (vgl VwGH vom 26.06.2019, Ra 2019/21/0047).

Das dem Beschwerdeführer vom Bundesamt unsubstanziiert vorgeworfene strafbare Verhalten im Bundesgebiet (konkret sechs Anzeigen wegen diverser Eigentums- und Suchtmittelvergehen) ist damit nicht geeignet, eine vom Beschwerdeführer ausgehende, tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die in Grundinteresse der Gesellschaft berührt, iSd § 67 Abs. 1 FPG zu begründen.

Weiters vermag ein - allenfalls weiter zu befürchtender - unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet im Hinblick auf die gebotene unionsrechtskonforme Auslegung des § 67 Abs. 1 FPG (ehemals § 86 Abs. 1 FPG) ein Aufenthaltsverbot - insbesondere nicht in der ausgesprochenen Dauer von fünf Jahren - zu rechtfertigen (vgl VwGH vom 22.11.2012, 2011/23/0453).

In Anbetracht des Umstandes, dass der Beschwerdeführer am 06.11.2019 aus dem Bundesgebiet abgeschoben wurde und sich zum Entscheidungszeitpunkt weder aus dem Verwaltungs- oder Gerichtsakt noch aus den öffentlichen Registern ein Hinweis darauf ergibt, dass der Beschwerdeführer inzwischen neuerlich in das Bundesgebiet eingereist wäre, kam die Erlassung einer Ausweisung iSd § 66 FPG statt des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG nicht in Betracht. Eine Ausweisung setzt einen Inlandsaufenthalt voraus und stellt § 21 Abs. 5 BFA-VG schon nach seinem eindeutigen Wortlaut keine Basis für die Feststellung, die Erlassung einer Ausweisung nach § 66 FPG wäre statt der Erlassung des Aufenthaltsverbotsbescheides nach erfolgter Abschiebung rechtmäßig gewesen, dar (vgl etwa VwGH vom 25.01.2018, Ra 2017/21/0237 mwN).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Sein Vorbringen wurde der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu Spruchpunkt II.: Bewilligung der Verfahrenshilfe:

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außer Stande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtlos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlichen Beteiligten tritt.

Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannten "subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt daher die Bestimmung des § 8a VwGVG (überhaupt) nicht zur Anwendung (siehe ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP zu § 8a VwGVG).

Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist. Da im vorliegenden Fall eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegt die gegenständliche Beschwerde der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabengebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b Gebührengesetz 1957 in Verbindung mit der BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 idgF.

Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.

Der Beschwerdeführer verfügt weder über Vermögen noch ein Einkommen. Er war in Österreich zuletzt immer obdachlos und im Zuge seiner letzten Einvernahme vor dem Bundesamt am 04.10.2019, bei welcher er Angaben zur Sache machte, einen Bargeldbetrag in Höhe von EUR 3,50 zur Verfügung. Aus dem Vermögensbekenntnis ergibt sich ein Barvermögen von EUR 6,00. Mit dem vorliegenden Vermögensbekenntnis wurde glaubhaft dargelegt, dass der Beschwerdeführer nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt und er daher außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.

Es war daher gemäß § 8a iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO dem Antrag stattzugeben und durch Beschluss die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr zu bewilligen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH und EuGH ist zwar teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Verfahrenshilfe, Voraussetzungen, Wegfall
der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G308.2226095.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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