Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 3. September 1997, Zl. WST1-B-9695a, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 3. September 1997 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 an einem näher beschriebenen Standort entzogen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 27. Juli 1995 sei über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet worden. Zum Abschluß eines Zwangsausgleiches sei es nicht gekommen, obwohl der Beschwerdeführer dies in seiner Berufung gegen den erstbehördlichen Entziehungsbescheid vom 13. November 1996 angekündigt habe. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23. April 1996 sei die Schließung des Unternehmens des Beschwerdeführers genehmigt worden, weil anders eine Erhöhung des Ausfalls, den die Konkursgläubiger zu erleiden hätten, nicht vermeidbar gewesen wäre. Das Unternehmen des Beschwerdeführers verfüge - so die Begründung dieses Beschlusses - insbesondere über keine liquiden Mittel zur Bedeckung des weiteren Fortführungsbetriebes. Unberichtigten Masseforderungen von rund S 3,500.000,-- stünde ein Masseguthaben von rund S 1,200.000,-- gegenüber, wobei der Masseverwalter nur über einen Teilbetrag von S 200.000,-- zur aliquoten Befriedigung der Masseforderungsgläubiger verfügen könne. Eine Fortführungsgarantie dritter Seite liege nicht vor, der Beschwerdeführer sei mit der Schließung des Unternehmens ausdrücklich einverstanden. Nach Auffassung der Berufungsbehörde komme eine Anwendung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 im Hinblick darauf nicht in Betracht, daß ein im Verhältnis zum Schuldenstand beträchtliches Massevermögen nicht vorhanden sei, ein Antrag auf Abschluß eines Zwangsausgleiches trotz der vom Beschwerdeführer diesbezüglich geäußerten Absicht nicht habe eingebracht werden können und mangels entsprechenden Bescheinigungsanbietens des Beschwerdeführers nicht auf für die weitere Gewerbeausübung erforderliche liquide Mittel geschlossen und daher auch nicht angenommen werden könne, daß der Beschwerdeführer in Hinkunft den mit der Ausübung des Handelsgewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Absehen von der im § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 wegen Eröffnung des Konkurses vorgesehenen Entziehung der Gewerbeberechtigung verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, er befinde sich - wie bereits in seiner Berufung gegen den erstbehördlichen Entziehungsbescheid vorgebracht - in intensiven Verhandlungen mit seinen Gläubigern, um einen Antrag auf Abschluß eines Zwangsausgleiches zu ermöglichen. Diese Verhandlungen würden "erwartungsgemäß zu einem positiven Abschluß" führen. Diesen Bemühungen werde durch die Entziehung der Gewerbeberechtigung geradezu entgegengewirkt und solcherart die Interessen der Gläubiger evidentermaßen geschädigt. § 87 Abs. 2 GewO 1994 habe den Sinn, daß für den Fall des vorhersehbaren Zustandekommens eines für die Gläubiger günstigen Ausgleichs, etwa Zwangsausgleich oder Zahlungsplan, von der vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abgesehen werden könne. Aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers und dem zu erwartenden Ergebnis eines Aktivprozesses des Beschwerdeführers über S 6,000.000,-- für Bauleistungen sei der Abschluß eines Ausgleiches mit den Gläubigern jedenfalls zu erwarten. Weiters könne auch laufend den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachgekommen werden, weil entsprechende Einnahmen vorlägen. Überdies sollten durch die Tätigkeit des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer auch die bestehenden Verbindlichkeiten quotenmäßig bedient werden, sodaß es jedenfalls erforderlich sei, diese Tätigkeit aufrechtzuerhalten, um jeweils fällige Raten zu bezahlen. Da diese wirtschaftliche Entwicklung bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde erkennbar gewesen, vom Beschwerdeführer auch behauptet, von der Behörde aber nicht berücksichtigt worden sei, erweise sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit belastet. Soweit die belangte Behörde auf die Schließung des Unternehmens Bezug nehme, verkenne sie, daß diese Entscheidung auf Basis der "wesentlich fortschrittsfeindlicheren" alten Gesetzeslage erfolgt sei und dabei auch verfahrensökonomische Überlegungen berücksichtigt worden seien. Im übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, daß eine Entziehung der Gewerbeberechtigung der Sachlage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung entspreche, wenn sie sich durchwegs auf Feststellungen stütze, die - wie der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23. April 1996 - bereits über ein Jahr zurück lägen. Bei ordnungsgemäßer amtswegiger Ermittlung der wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers hätte daher die erwähnte Verbesserung berücksichtigt werden müssen. Hätte die belangte Behörde erhoben, in welchem Stadium sich das Insolvenzverfahren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden habe, so hätte sich ergeben, daß schon alleine aufgrund des Prozesses gegenüber einem Schuldner über ein erledigtes Bauvorhaben mit einem eingeklagten Betrag von S 6,000.000,-- sich ein jedenfalls über die als unberichtigt erachteten Masseforderungen von S 3,500.000,-- wesentliches Guthaben ergebe, das sogar zur Quotenzahlung und damit zum Ausgleich mit den Gläubigern verwendet werden könnte. Daß aber der Ausgang dieses Verfahrens vor Entscheidung über die Höhe des Zwangsausgleichsvorschlages abgewartet werden müsse, bedürfe keiner näheren Ausführung. Weiters hätte das in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführte Beweisergebnis dem Beschwerdeführer vorgehalten werden müssen. Das sei nicht erfolgt. Vielmehr sei ihm überhaupt keine Gelegenheit gegeben worden, zu den festgestellten Tatsachen Stellung zu nehmen. Letztlich sei damit auch sein Vorbrigen, daß ein Ausgleich mit den Gläubigern erfolgen werde, völlig unbeachtet gelassen worden.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 genannten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.
Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) Rechtsträger ausgeschlossen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde.
Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt ist. Abs. 3 ist weiters nicht anzuwenden, wenn im Rahmen des Konkursverfahrens das Gericht den Zahlungsplan des Schuldners bestätigt hat und der Zahlungsplan erfüllt worden ist oder nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens die Restschuldbefreiung erteilt und unwiderrufen geblieben ist.
Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im § 87 Abs. 1 Z. 2 vorgesehenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen eines Entziehungsgrundes nach § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 GewO 1994, sondern meint, es seien die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfüllt.
Nach der ständigen hg. Judikatur (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/04/0185, und die hier zitierte Vorjudikatur) ist - ausgehend vom normativen Gehalt der letztgenannten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Gewerbetreibenden erwartet werden kann, daß er auch den mit der Ausübung der den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Außer den bereits bestehenden Gläubigerforderungen müssen somit die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0120, und die hier zitierte Vorjudikatur).
Daß die finanziellen Mittel des Beschwerdeführers ausreichend wären, um sämtliche gegen ihn bestehenden offenen Forderungen zu erfüllen, behauptet er selbst nicht. Vielmehr legt er dar, seine wirtschaftliche Lage habe sich soweit verbessert, daß er einen (Zwangs-)Ausgleich erwarten könne, wobei jedoch die Höhe des Vorschlages vom Ausgang eines noch anhängigen Gerichtsverfahren abhängig sei. Reichen die finanziellen Mittel des Beschwerdeführers aber allenfalls für einen Zwangsausgleich, so kann nicht die Rede davon sein, er sei aufgrund liquider Mittel auch nur in der Lage, die (jetzt) andrängenden Gläubiger zu befriedigen. Auf die Rechtsfolgen eines allfälligen Zwangsausgleichs war nach dem Obgesagten ebensowenig Bedacht zu nehmen wie auf die Frage, ob eine (weitere) Ausübung des Gewerbes zur Ermöglichung eines allfälligen (Zwangs-)Ausgleiches notwendig wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 94/04/0172). Es bietet das Gesetz aber auch für die Annahme, die Behörde müsse mit ihrer Entscheidung solange zuwarten, bis feststehe, ob mit den Gläubigern eine Einigung erzielt werden könne, keine Grundlage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl. 95/04/0110).
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe sich auf Feststellungen gestützt, die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits älter als ein Jahr gewesen seien, sodaß die Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation keine Berücksichtigung habe finden können, und es sei ihm auch keine Gelegenheit geboten worden, zu den festgestellten Tatsachen Stellung zu nehmen, ist ihm entgegenzuhalten, daß ihm - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - mit Schreiben der belangten Behörde vom 22. April 1997 vorgehalten wurde, daß entgegen seinen Berufungsausführungen bisher kein Antrag auf Zwangsausgleich vorliege. Gleichzeitig wurde ihm Gelegenheit geboten, eine "allfällige Gegenäußerung" zu erstatten.
Solcherart bestand für den Beschwerdeführer hinreichend Anlaß und Möglichkeit, seine finanzielle Situation im Verwaltungsverfahren darzulegen. Andererseits korrespondiert nach ständiger hg. Judikatur (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998 und die hier zitierte Vorjudikatur) dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind, was auch auf die Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 insoferne zutrifft, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzen. Ein solches - die Verpflichtung der Behörde zu weiteren Ermittlungen auslösendes - Vorbringen hat der Beschwerdeführer aufgrund des Schreibens der belangten Behörde vom 22. April 1997 jedoch nicht erstattet. Vielmehr hat er die ihm gebotene Gelegenheit, die von ihm in der vorliegenden Beschwerde behauptete Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage konkret darzustellen, ungenützt verstreichen lassen.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997040238.X00Im RIS seit
20.11.2000