Entscheidungsdatum
11.12.2019Norm
AsylG 2005 §55Spruch
I417 2191863-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich Zanier als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Benin, vertreten durch Dr. Joachim RATHBAUER, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Weißenwolffsttraße 1/4/23, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2019, Zl. 1067172307 - 190644066, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Beschwerdeweg mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.06.2018, Zl. I417 2191863-1/20E rechtskräftig als unbegründet abgewiesen wurde. Mit diesem Erkenntnis wurde überdies eine gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung sowie die Feststellung der Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Benin bestätigt.
2. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und brachte am 27.06.2019 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ("Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK") beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) ein.
3. Am 06.08.2019 wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner verfahrensgegenständlichen Antragstellung niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Zu den Gründen seiner Antragstellung gab er insbesondere an, Deutsch auf B1-Niveau zu sprechen und sich als Verkäufer einer Straßenzeitung zu betätigen. Überdies führe er nach wie vor eine Beziehung zu einer deutschen Staatsangehörigen, welche ihn etwa alle zwei Monate in Österreich besuchen würde.
4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 02.09.2019, Zl. 1067172307 - 190644066 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 06.08.2019 "gemäß § 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" zurückgewiesen (Spruchpunkt I.).
5. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 10.09.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete diese mit der Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes seitens der belangten Behörde aufgrund falscher Beweiswürdigung.
6. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde am 02.10.2019 dem Bundesverwaltungsgericht (bei der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt am 04.10.2019) vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Benin, ledig und kinderlos, gesund und erwerbsfähig, Angehöriger der Volksgruppe der Fon und bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht fest.
Er reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher rechtskräftig negativ entschieden wurde.
Der Beschwerdeführer verfügt nach wie vor in Kontakt über familiäre Anknüpfungspunkte in Benin. Insbesondere steht er nach wie vor in Kontakt zu einem Cousin.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte und es kann nicht festgestellt werden, dass er sich in einer Lebensgemeinschaft oder einer Beziehung von maßgeblicher Intensität befindet.
Der Beschwerdeführer ging in Österreich, abgesehen vom Verkauf einer Straßenzeitung, zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach. Er verfügt über eine Einstellungszusage eines privaten Unternehmens im Bereich "erneuerbare Energien" aus XXXX und hat während seines Aufenthaltes in Österreich diverse Bekanntschaften geschlossen.
Er hat sich ehrenamtlich in einem Seniorenheim betätigt, an einem Integrationsprojekt teilgenommen und spricht Deutsch auf B1-Niveau. Überdies betätigt er sich in einem afrikanischen Kulturverein.
Er ist strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer ist trotz aufrechter rechtskräftiger Rückkehrentscheidung (Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.06.2018, Zl. I417 2191863-1/20E) seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht freiwillig nachgekommen, sondern hält sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers gemäß § 55 AsylG geht im Vergleich zur rezenten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 15.06.2018 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Ergänzend wurde Einsicht genommen in den Gerichtsakt I417 2191863-1 hinsichtlich des vorangegangenen Asylverfahrens des Beschwerdeführers in Österreich.
Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Erwerbsfähigkeit, seinen Familienverhältnissen, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines im Rahmen seines Asylverfahrens im Original vorgelegten Führerscheines Nr. XXXX, ausgestellt in der Republik Benin, fest. Aus einem in diesem Gerichtsakt enthaltenen, kriminalpolizeilichen Untersuchungsbericht der Landespolizeidirektion XXXX vom 11.01.2016 geht hervor, dass es sich hierbei um ein Originaldokument handelt.
Die Feststellungen zum Asylverfahren des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem entsprechenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der Umstand, dass nicht festgestellt werden kann, dass sich der Beschwerdeführer in einer Lebensgemeinschaft oder einer Beziehung von maßgeblicher Intensität befindet, ergibt sich aufgrund der rechtskräftig getroffenen Feststellungen in seinem Asylverfahren, wonach er eine Freundin habe, welche aus Togo stamme, deutsche Staatsangehörige sei und den Beschwerdeführer etwa alle zwei Monate in Österreich besuchen würde. Eine Eheschließung sei bislang an der Ausstellung eines Ehefähigkeitszeugnisses gescheitert. Diese Angaben wiederholte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren im Wesentlichen gleichlautend. Aufgrund des erhobenen Sachverhaltes liegt keine auf Dauer angelegte Beziehung von maßgeblicher Intensität oder ein finanzielles oder anderweitig geartetes Abhängigkeitsverhältnis vor.
Dass der Beschwerdeführer in Österreich, abgesehen von seiner Tätigkeit als Straßenzeitungsverkäufer, zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nachging, ergibt sich aus einer Abfrage im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 22.11.2019. Seine Tätigkeit als Straßenzeitungsverkäufer ergibt sich aus einem diesbezüglich in Vorlage gebrachten Bestätigungsschreiben.
Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers auf B1-Niveau ergeben sich aus einem diesbezüglich in Vorlage gebrachten Zeugnis vom 23.03.2019.
Die Einstellungszusage zugunsten des Beschwerdeführers seitens eines privaten Unternehmens im Bereich "erneuerbare Energien" aus XXXX ergibt sich aus der Vorlage eines diesbezüglichen Bestätigungsschreibens ("Absichtserklärung - Einstellung"), datiert mit 14.05.2018, wenngleich der Schriftsatz nicht einmal den notwendigen Mindestinhalt eines Arbeitsvorvertrages - das Beschäftigungsausmaß und das Arbeitsentgelt - enthält.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich diverse Bekanntschaften geschlossen hat, ergibt sich aus einem Konvolut an vorgelegten Unterstützungsschreiben.
Die ehrenamtliche Betätigung des Beschwerdeführers in einem Seniorenheim sowie seine Teilnahme an einem Integrationsprojekt ergeben sich aus den rechtskräftig getroffenen Feststellungen in seinem Asylverfahren.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in einem afrikanischen Kulturverein tätig ist, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem entsprechenden Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich.
Die Feststellung zur Unrechtmäßigkeit des derzeitigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet beruht darauf, dass dem Beschwerdeführer - abgesehen von dem vorläufigen Aufenthaltsrecht während des Verfahrens über seinen letztlich unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz - im Bundesgebiet nie ein Aufenthaltsrecht zugekommen ist. Dass gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte Rückkehrentscheidung besteht, ergibt sich aus der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.06.2018, Zl. I417 2191863-1/20E; dieser Umstand blieb auch vom Beschwerdeführer unbestritten.
Im Beschwerdeschriftsatz wird vorgebracht, dass sich seit rechtskräftiger Erlassung der gegen den Beschwerdeführer gerichteten Rückkehrentscheidung ein maßgeblich geänderter Sachverhalt ergeben habe. Zu dieser Frage erscheint es angebracht, die Feststellungen sowie beweiswürdigenden Erwägungen, welche im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.06.2018, Zl. I417 2191863-1/20E zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich getroffen wurden, heranzuziehen:
"In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte und es kann nicht festgestellt werden, dass er sich in einer Beziehung von maßgeblicher Intensität oder einer Lebensgemeinschaft befindet.
...
Der Umstand, dass nicht festgestellt werden kann, dass sich der Beschwerdeführer in einer Beziehung oder Lebensgemeinschaft befindet, ergibt sich aufgrund seiner Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 23.05.2018, wo dieser angibt, er hätte eine Freundin welche aus Togo stamme, und ihn etwa alle zwei Monate besuchen würde. Aufgrund dieser Angaben kann auf keine auf Dauer angelegte Beziehung des Beschwerdeführers in Österreich von maßgeblicher Intensität geschlossen werden.
...
Der Beschwerdeführer betätigt sich in Österreich als Verkäufer eine Straßenzeitung und bestreitet seinen Lebensunterhalt über die staatliche Grundversorgung. Er hat sich ehrenamtlich in einem Seniorenheim betätigt, an einem Integrationsprojekt teilgenommen sowie diverse Deutsch-Kurse besucht, kann jedoch kein Deutsch-Zertifikat vorweisen. Er verfügt über eine Einstellungszusage eines privaten Unternehmens im Bereich "erneuerbare Energien" aus XXXX und hat während seines Aufenthaltes in Österreich diverse Bekanntschaften geschlossen."
Sowohl die Familienverhältnisse des Beschwerdeführers als auch seine Beziehung zu einer deutschen Staatsangehörigen, welche aus Togo stammt und den Beschwerdeführer etwa alle zwei Monate in Österreich besucht - wobei eine Eheschließung bislang an der Ausstellung eines Ehefähigkeitszeugnisses scheiterte - waren bereits verfahrensgegenständlich in seinem Asylverfahren I417 2191863-1, in welchem gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde, sodass diesbezüglich keine Sachverhaltsänderung vorliegt. Dasselbe gilt für seine Tätigkeit als Straßenzeitungsverkäufer, die insbesondere im Zuge dieser Tätigkeit geschlossenen Bekanntschaften in Österreich, sein ehrenamtliches Engagement in einem Seniorenheim sowie seine Teilnahme an einem Integrationsprojekt. Auch die Einstellungszusage seitens eines privaten Unternehmens im Bereich "erneuerbare Energien" aus XXXX vom 14.05.2018 brachte der Beschwerdeführer bereits in seinem vorangegangenen Asylverfahren in Vorlage und wurde diese bereits im Rahmen der vorgenommenen Interessenabwägung zwischen den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet und den öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung berücksichtigt.
Ergänzend führte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Antragsverfahren lediglich seine nunmehr bestandene Deutsch-Prüfung für das Niveau B1-Niveau ins Treffen, sowie seine Betätigung in einem afrikanischen Kulturverein.
Es wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer insbesondere durch seine am 23.03.2019 bestandene B1-Deutsch-Prüfung einen weiteren Schritt zur Integration gesetzt hat, doch ergibt sich auch dadurch - ebenso wenig wie aus seiner Betätigung in einem afrikanischen Kulturverein - keine nachhaltige Verfestigung im Bundesgebiet. Letztlich werden seine diesbezüglichen Integrationsbemühungen dadurch relativiert, dass diese überhaupt erst durch die Missachtung der gegen den Beschwerdeführer ergangenen Rückkehrentscheidung erreicht werden konnten (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, Rn 24).
Weder der Antragsbegründung des begehrten Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG noch den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz kann daher ein (maßgeblich) geänderter Sachverhalt zugesonnen werden, der eine neuerliche meritorische Prüfung des Antrages erforderlich machen würde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 55 sowie § 58 Abs. 10 und Abs. 13 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. Nr. 56/2018, lauten:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1.-dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2.-der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Antragstellung und amtswegiges Verfahren
§ 58. (10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. [...]
(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten."
A) Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:
3.2. Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Die zur Vorgängerregelung des § 58 Abs. 10 AsylG (§ 44b Abs. 1 NAG idF BGBl. I Nr. 38/2011) ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auf die Auslegung des § 58 Abs. 10 AsylG zu übertragen (dazu VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). Nach dieser Rechtsprechung liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101 mit Hinweisen auf VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; 05.05.2015, Ra 2014/22/0115).
Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, ausführlich auf den inhaltlichen Gleichklang der Beurteilung eines Eingriffs in das Privat- und Familienleben eines Fremden bei Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung einerseits und der Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG andererseits hingewiesen (vgl. auch VwGH 28.01.2016, Ra 2016/21/0006; 30.06.2016, Ra 2016/21/0103).
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zu der durch das VwGVG neu geschaffenen Rechtslage ausgesprochen (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002-0003; 26.02.2015, Ra 2014/22/0152- 0153;
23.06.2015, Ra 2015/22/0040; 16.09.2015, Ra 2015/22/0082-0083;
12.10.2015, Ra 2015/22/0115), dass - wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat - das Verwaltungsgericht lediglich befugt ist, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist, dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Aus diesem Grund ist auf den in der Beschwerde gestellten Antrag des Beschwerdeführers, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, "den beantragten Aufenthaltstitel gemäß Art. 8 EMRK bzw. § 55 AsylG [zu] bewilligen", nicht einzugehen, weil ein solcher Ausspruch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde.
Gemäß § 58 Abs. 13 AsylG begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 leg. cit. kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG stehen daher der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. § 16 Abs. 5 BFA-VG macht die Bestimmung des § 58 Abs. 13 AsylG auch für das Beschwerdeverfahren anwendbar und erklärt zudem: Eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag begründet kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Es ist daher gesetzlich normiert, dass eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegensteht.
Eine Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG ist dann als wesentlich anzusehen, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass eine andere Beurteilung als in der bereits ergangenen rechtskräftigen Entscheidung nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101 mit Hinweisen auf VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; 05.05.2015, Ra 2014/22/0115). Die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides müsste also zumindest möglich sein. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt liegt demnach dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine neue Beurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK erforderlich machen. Es wird in der Beschwerde allerdings unterlassen aufzuzeigen, inwieweit in den neu vorgebrachten Umständen eine wesentliche Sachverhaltsänderung erkannt werden könnte.
Die in der Beschwerde aufgezeigte, bloße Verlängerung des Inlandsaufenthaltes des Beschwerdeführers um weitere eineinhalb Jahre kann nicht als wesentliche Änderung angesehen werden, da damit weder die nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung relevante "Zehn-Jahres-Grenze" erreicht wird noch dieser Aufenthalt rechtmäßig war.
Soweit im Vorbringen des Beschwerdeführers ein Element geltend gemacht wird, das als "Änderung" in Betracht kommt (im konkreten Fall fanden lediglich das nunmehr vorgelegte Deutsch-Prüfungszeugnis für das Niveau B1 sowie sein Engagement in einem afrikanischen Kulturverein noch keine Würdigung im vorangegangenen Verfahren, in welchem eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde), ist festzuhalten, dass unter Bedachtnahme auf die seit der Rückkehrentscheidung vergangene Zeit, den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers und unter Würdigung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände nicht gesehen werden kann, dass damit eine Sachverhaltsänderung vorläge, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen bei der hier anzustellenden Prognose den Schluss zugelassen hätte, es wäre - auch im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung - eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich (vgl. zu ähnlichen Konstellationen VwGH 23.02.2012, 2012/22/0002; 19.12.2012, 2012/22/0202; 17.04.2013, 2013/22/0006; 09.09.2013, 2013/22/0215; zu Fällen der Aufenthaltstitelbeantragung nach einer Zeit von weniger als zwei Jahren nach rechtskräftiger Rückkehrentscheidung und mehr als zehnjährigem Aufenthalt, bei Erwerb von Sprachkenntnissen sowie Vorlage von Einstellungszusagen vgl. VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0074; 22.07.2011, 2011/22/0138-0140).
Im vorliegenden Beschwerdefall ist überdies in Betracht zu ziehen, dass der Beschwerdeführer seine nunmehr ergänzend dargelegten Schritte zur Integration durchwegs über einen Zeitraum gesetzt hat, in welchem ihm eine Ausreiseverpflichtung zukam; diese Schritte erfolgten insofern weiterhin vor dem Hintergrund eines unsicheren Aufenthaltsstatus. Bei dieser Sachlage wirkt auch das in der rechtskräftig getroffenen Rückkehrentscheidung festgestellte öffentliche Interesse mit zumindest gleichem Gewicht unverändert fort und steht dem fortgesetzten Ausleben der im Wesentlichen bereits bisher berücksichtigten Interessenslage des Beschwerdeführers auch weiterhin entsprechend entgegen. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung zurückweist, dass "keine maßgebliche Sachverhaltsänderung stattgefunden hat".
Die Zurückweisung gemäß § 55 Abs. 10 AsylG des seitens des Beschwerdeführers gestellten Antrages erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid als unbegründet abzuweisen.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).
Da der Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.
B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, entschiedene Sache,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I417.2191863.2.00Zuletzt aktualisiert am
08.05.2020