TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/10 I403 2001918-3

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Veröffentlicht am 10.01.2020
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Entscheidungsdatum

10.01.2020

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG 2005 §58 Abs8
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §52 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2001918-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2019, Zl. 1000101609/191006114, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Nachdem dieser Antrag rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.12.2015 abgewiesen wurde, verblieb der Beschwerdeführer trotz Ausreiseverpflichtung im Bundesgebiet und stellte am 30.05.2017 einen Folgeantrag. Dieser wurde rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.06.2019 abgewiesen.

Am 03.10.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 Abs 1 AsylG. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2019 wurde der Antrag gem. § 58 Abs 10 AsylG zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung des Antrages wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 09.12.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte. Eine maßgebliche soziale Verfestigung liegt nicht vor. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Der Beschwerdeführer ist trotz aufrechter Rückkehrentscheidung seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht nachgekommen, sondern hält sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers gem. § 55 AsylG geht im Vergleich zur rezenten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 26.06.2019 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gem. § 9 Abs 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gem. Art 8 EMRK erforderlich machen würde, nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I geführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes bzw. der Gerichtsakten der vorangegangenen Asylverfahren.

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels Vorlage unbedenklicher identitätsbezeugender Dokumente nicht fest. Die bislang vorgelegten Unterlagen können die Identität des Beschwerdeführers nicht in ausreichendem Maße bestätigen.

Dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.06.2019, Geschäftszahl: I419 2001918-2/6E. Dieser Umstand blieb auch vom Beschwerdeführer unbestritten.

In diesem Erkenntnis wurde zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich festgestellt:

"Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer übte in Österreich keine erlaubte Beschäftigung außer dem Verkauf der Straßenzeitung aus und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er konnte keine eigenen Existenzmittel nachweisen und lebte bis Juli 2017 von der Grundversorgung in Wien. Auch hat er in mehr als fünfeinhalb Jahren keine Deutschprüfung erfolgreich abgelegt.

Zudem hat der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat, wo er aufgewachsen ist und den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat, mindestens 30 von 36 Jahren, sprachliche und kulturelle Verbindungen sowie Ortskenntnisse und die Möglichkeit, alte oder neue soziale Kontakte zu pflegen, zu knüpfen oder aufzufrischen. Daher wird er im Falle seiner Rückkehr durch die Aufnahme einer Arbeit, selbst wenn es sich um Hilfstätigkeit handelt, seinen Lebensunterhalt bestreiten können, auch wenn eine Unterstützung durch die Mutter und die Schwester ausbleiben sollte."

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, dass aus den vorgelegten Unterlagen im nunmehrigen Verfahren eine maßgebliche Sachverhaltsänderung hervorgehe, da diesen eine intensive soziale, sprachliche und familiäre Integration des Beschwerdeführers zu entnehmen sei, welche im bekämpften Bescheid unbeachtet geblieben wären. Soweit in der Beschwerde vom 03.12.2019 angeführt wird, dass sich der Beschwerdeführer familiär integriert habe, ist hierzu anzuführen, dass der Beschwerdeführer nie angegeben hatte, nahe Angehörige im Bundesgebiet zu haben. Die behauptete familiäre Integration kann daher nicht festgestellt werden.

Der einzige Umstand, welcher sich gegenüber der Sachlage am 26.06.2019 geändert hat, war die Ablegung einer Deutschprüfung Niveau B1 am 14.09.2019 und die Vorlage einer Einstellungszusage.

Zur Absolvierung des Sprachzertifikats ist auszuführen, dass eine bestandene Deutschprüfung für sich alleine noch keine derart gravierende Änderung der Integration bewirkt, zumal bereits die belangte Behörde korrekt ausführte, dass der Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung Deutsch auf A2-Niveau beherrschte. Alleine durch die Vorlage eines weiteren Sprachzertifikats kann keine maßgebliche Änderung des Sachverhalts dokumentiert werden, welche eine neue inhaltliche Auseinandersetzung notwendig machen würde.

Hinsichtlich der Einstellungszusage ist zu sagen, dass diese undatiert und äußert vage gehalten ist. Eine Einstellungszusage ist auch nicht einer nachhaltigen Integration am Arbeitsmarkt gleichzusetzen. Es muss auch nochmals daran erinnert werden, dass zwischen der Rechtskraft des Rückkehrentscheidung und der gegenständlichen Entscheidung der belangten Behörde weniger als ein halbes Jahr liegt.

Ansonsten wurden während des nunmehrigen Verfahrens keinerlei Unterlagen vorgebracht, welche eine anderslautende Entscheidung durch die erkennende Richterin begründen könnten. Einige der Schreiben wurden bereits vor der letzten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vorgelegt bzw. sind mit Zeitpunkten datiert, die vor der Rückkehrentscheidung liegen. Diese können daher keine Sachverhaltsänderung bewirken. Aus den anderen Schreiben geht lediglich hervor, dass der Beschwerdeführer den Verfassern der Schreiben seit Jahren bekannt ist und welchen Tätigkeiten der Beschwerdeführer nachgeht bzw. nachging. Aus keinem dieser vorgelegten Dokumente geht eine wesentliche Änderung seit Juni 2019 hervor.

Inwiefern mit der Beurteilung der belangten Behörde, wie in der Beschwerde behauptet, eine willkürliche Entscheidung getroffen wurde bzw. eine Ungleichbehandlung von Fremden untereinander erfolgte, ist nicht ersichtlich. Die belangte Behörde führte ein ausreichendes Ermittlungsverfahren und prüfte alle vorgelegten Unterlagen.

Weder aus der Antragsbegründung des nunmehr begehrten Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG noch aus den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz kann daher ein (maßgeblich) geänderter Sachverhalt erkannt werden, der eine neuerliche meritorische Prüfung des Antrages erforderlich machen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Anwendbare Rechtsnormen:

§ 58 AsylG bestimmt (auszugsweise):

"Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58 (1) [...]

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß § 55 oder § 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis § 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

Soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß §9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. [...]

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) [...]

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. Und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. ....

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1803 BlgNR 24. GP 50) legen zur Bestimmung des § 58 Abs 10 AsylG Folgendes dar:

"Der neue (Abs. 10) entspricht im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung ist die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolgt nun durch das Bundesamt. Dementsprechend sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes hat sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass - im Rahmen einer Neubewertung - wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird."

Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).

Anwendung im Beschwerdefall:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zu der durch das VwGVG neu geschaffenen Rechtslage ausgesprochen (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002-0003; 26.02.2015, Ra 2014/22/0152- 0153;

23.06.2015, Ra 2015/22/0040; 16.09.2015, Ra 2015/22/0082-0083;

12.10.2015, Ra 2015/22/0115), dass - wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat - das Verwaltungsgericht lediglich befugt ist, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist, dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Aus diesem Grund war auf die in der Beschwerde gestellten Anträge des Beschwerdeführers, "c) den Aufenthaltstitel zu erteilen; e) allenfalls festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist; f) allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung unzulässig ist;" nicht einzugehen, weil solche Aussprüche den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten würden.

Im Beschwerdefall ist auch in Betracht zu ziehen, dass die rechtskräftige Entscheidung eine Interessenabwägung über einen Zeitraum potentieller Integration von über vier Jahren vornahm, während die nun vorgebrachten Umstände eine vergleichsweise kurze Zeitspanne, nämlich knapp viereinhalb Monate, betreffen und letztlich nur darin bestehen, dass der Beschwerdeführer seine bereits in der rechtskräftigen Entscheidung berücksichtigten Schritte zur Integration in Österreich während dieser kurzen Phase einfach fortsetzte, dies obwohl ihm gegenüber eine rechtskräftige Ausreiseverpflichtung bestand; diese Schritte erfolgten daher vor dem Hintergrund eines unrechtmäßigen Aufenthaltes.

Auch bei Ablegung einer neuen Deutschprüfung geht der Verwaltungsgerichtshof nicht von einer maßgeblichen Änderung des Sachverhaltes aus (vgl. VwGH, 13.10.2011, 2011/22/0065), und er hat auch ausgesprochen, dass eine Einstellungszusage und der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse keine solche maßgebliche Änderung der Sachlage seit der rechtskräftigen Ausweisungsentscheidung darstellen, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erfordern würden (VwGH, 10.12.2013, 2013/22/0362; VwGH 29. 05.2013, 2011/22/0013). Der Verwaltungsgerichtshof geht weiters davon aus, dass sich aus einer bedingten Einstellungszusage nicht ein bereits erreichter Grad an Integration in wirtschaftlicher Sicht ableiten lässt, sondern bloß eine noch ungewisse Möglichkeit ist und daher eine Einstellungszusage keinen Beleg für eine künftigen Selbsterhaltungsfähigkeit bildet, sondern allenfalls ein Hinweis dafür sein kann, dass der Fremde, sofern er sich am entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich bewährt, in die Situation kommen könnte, seinen Lebensunterhalt aus eigenem zu bestreiten (VwGH, 14.12.2010, 2010/22/186).

Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung zurückweist, dass "keine maßgebliche Sachverhaltsänderung" stattgefunden hat.

Soweit in der Beschwerde behauptet wird, dass nicht nur der Zeitraum seit der letzten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung geprüft werden müsse, sondern der gesamte Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, wird die Rechtslage und insbesondere die Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 verkannt. In den oben zitierten Erläuterungen zu dieser Bestimmung wird explizit darauf verwiesen, dass die "inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes (...) sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen" hat.

Das Bundesverwaltungsgericht ist auch der Auffassung, dass die im angefochtenen Bescheid gewählte Vorgangsweise, die Zurückweisung nicht mit einer neuerlichen Rückkehrentscheidung zu verbinden, rechtens war. Zwar sieht der Gesetzeswortlaut eine Verbindung sowohl einer Ab- als auch einer Zurückweisung des Antrags nach § 55 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung vor (und zwar gemäß § 52 Abs. 3 FPG unterschiedslos, nach § 10 Abs. 3 AsylG jedoch - im Widerspruch zu § 52 Abs. 3 FPG - "nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegt."). Das Gericht geht davon aus, dass der Gesetzgeber bei diesen Regelungen den Fall der Zurückweisung wegen bereits durch ergangene Rückkehrentscheidung entschiedener Sache nicht bedacht hat und dass der Regelungsgehalt des § 52 Abs. 3 FPG und des § 10 Abs. 3 AsylG vor dem Hintergrund des Normzwecks für Fälle der Zurückweisung nach § 58 Abs. 8 AsylG nicht zum Tragen kommt.

Zudem würde eine allfällige Säumnis mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht zur Rechtswidrigkeit des Ausspruchs über den Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach Art. 8 EMRK führen. Dieser hängt nämlich nicht von der Rückkehrentscheidung ab (VwGH, 12.12.2018, Ra 2017/19/0553).

Es wird - in Hinblick auf das Beschwerdevorbringen - festgehalten, dass die Entscheidung der belangten Behörde nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht willkürlich getroffen wurde. Die belangte Behörde führte ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durch. Soweit moniert wurde, dass entgegen vorgeschriebenen Verfahrensrichtlinien in Asylverfahren gehandelt wurde, so ist festzuhalten, dass es sich bei diesem Verfahren zwar um ein Verfahren nach dem Asylgesetz handelt, jedoch nicht um ein Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz. Zudem wurde in der Beschwerde nicht substantiiert dargelegt, welche Verfahrensgrundsätze konkret verletzt worden wären.

Die Zurückweisung des gem. § 55 AsylG vom Beschwerdeführer gestellten Antrages erfolgte daher zu Recht.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

In der Beschwerde wurde zwar ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, das Bundesverwaltungsgericht konnte sich aber auf vom Beschwerdeführer unbestrittene Annahmen stützen. Die Beschwerde läuft letztlich darauf hinaus, dass die - unstrittige - Sachlage vom Verwaltungsgericht rechtlich anders gewürdigt werden soll als von der belangten Behörde. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG

("Die Verhandlung kann entfallen, wenn ... der das vorangegangene

Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei ... zurückzuweisen ist") kann das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Diese Bestimmung ist auch in den vom Anwendungsbereich des BFA-VG erfassten Verfahren anwendbar, weil § 21 Abs. 7 BFA-VG nur hinsichtlich von § 24 Abs. 4 VwGVG eine Spezialregelung trifft, im Übrigen aber die Anwendung von § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG unberührt lässt (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017; VwSlg. 18.966 A/2014).

Daran vermag auch das Faktum nichts zu ändern, dass sich die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung durch den (illegalen) Verbleib im Bundesgebiet um etwa viereinhalb Monate verlängert hat. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung im Hinblick auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich war nicht festzustellen und dieser daher auch nicht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erörtern.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen und zur Relevanz des Privat- und Familienlebens und der Aufenthaltsdauer bei Rückkehrentscheidungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, entschiedene Sache,
geänderte Verhältnisse, Privat- und Familienleben, Prozesshindernis
der entschiedenen Sache, res iudicata, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2001918.3.00

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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