TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/22 97/03/0381

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Veröffentlicht am 22.04.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des G E in Plaiskirchen, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 23. Oktober 1997, Zl. UVS-3/4577/7-1997, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1997, Zl. 97/03/0079, verwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid wurde der Beschwerdeführer - neuerlich - im Instanzenzug wegen der Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 5 StVO 1960 bestraft. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der vom Beschwerdeführer zum Beweis seiner mangelnden Lenkereigenschaft beantragte Zeugenbeweis (Vernehmung von drei in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Zeugen) im Rechtshilfeweg aufgenommen worden sei. Dabei hätten zwei Zeugen von ihrem Aussageverweigerungsrecht als Ehegattin bzw. Bruder des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht. Die dritte Zeugin habe angegeben, daß sie mit dem Fahrzeug (mit dem die Verwaltungsübertretung begangen worden sei) nie in Salzburg gewesen sei und auch nicht sagen könne, wer "damals" mit diesem Pkw in Salzburg gewesen sei "bzw. eventuell dabei gewesen sei". Im Rahmen der den Beschwerdeführer treffenden - verstärkten - Mitwirkungspflicht hätte er ergänzende Beweise über den Aufenthalt der Zeugen, die sich der Aussage entschlagen hätten, zur fraglichen Zeit in Salzburg und die Überlassung seines Fahrzeuges an diese bzw. seinen mangelnden Aufenthalt in Salzburg anzubieten gehabt. Da der Beschwerdeführer dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, gehe die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung davon aus, daß er als über das Fahrzeug Verfügungsberechtigter (Fahrzeughalter) selbst Lenker des Fahrzeuges gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Aken des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, daß er der ihn als Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren treffenden Mitwirkungspflicht durch die Bekanntgabe der Namen und Anschriften der möglichen Entlastungszeugen nachgekommen sei. Bei zwei Zeugen sei eine Aussage aufgrund rechtlich zulässiger Entschlagungsrechte jedoch nicht zu erlangen gewesen. Er habe in seiner weiteren Verantwortung darauf hingewiesen, daß eine der beiden Personen, welche sich ihrer Aussage entschlagen hätten, das Fahrzeug im Tatzeitpunkt in Salzburg gelenkt haben müsse. Die Behörde hätte ihm daraufhin vorhalten müssen, daß sie in ihrer Beweiswürdigung dieser Verantwortung keinen Glauben schenken und von seiner Täterschaft ausgehen werde, falls er nicht zusätzliche Beweise anbiete, die seinen Aufenthalt in Salzburg zum gegenständichen Zeitpunkt glaubhaft ausschließen ließen. Dies sei jedoch nicht geschehen.

Dem ist zu entgegnen, daß eine derartige Verpflichtung der Behörde nicht besteht. Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 11. November 1991, Zl.91/19/0205) bezieht sich die Manuduktionspflicht des § 13a AVG (iVm § 24 VStG) auf Verfahrenshandlungen und deren Rechtsfolgen; hingegen sind die Behörden des Verwaltungsverfahrens nicht verpflichtet, den Parteien Unterweisungen zu erteilen, wie sie ihr Vorbringen zu gestalten haben, um einen von ihnen angestrebten Erfolg zu erreichen. Die Behörde ist insbesondere auch nicht verpflichtet, einen Beschuldigten dahingehend anzuleiten, welche Behauptungen und Beweisanträge er zu stellen habe, um einer Bestrafung zu entgehen (vgl. das in der Beschwerde erwähnte hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zl. 93/09/0311).

§ 45 Abs. 3 AVG (iVm § 24 VStG) erfordert lediglich, daß den Parteien Gelegenheit zu geben ist, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen; eine Verpflichtung der Behörde, den Parteien jene Schlußfolgerungen mitzuteilen, welche sie aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme ziehen werde, ist aus dieser Bestimmung nicht abzuleiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1987, Zl. 86/18/0237). Mit diesen Grundsätzen stehen die vom Beschwerdeführer zitierten, völlig anders gelagerte Sachverhalte betreffenden hg. Erkenntnisse vom 19. April 1989, Zl. 88/02/0210, 23. Juni 1995, Zl. 93/17/0409, und 6. Februar 1989, Zl. 88/10/0026, nicht in Widerspruch.

Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie dem Beschwerdeführer eine Verletzung der ihn als Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren treffenden Mitwirkungspflicht vorgeworfen hat. Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 31. Jänner 1996, Zl. 95/03/0271) befreit der Verfahrensgrundsatz, daß die Verwaltungsstrafbehörde von Amts wegen vorzugehen habe, die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen; auch kann die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung der Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Beschluß ableiten, der Zulassungsbesitzer selbst sei der Täter gewesen.

Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten erfordert es, nicht nur konkrete Behauptungen aufzustellen, sondern dafür auch entsprechende Beweise anzubieten (vgl. das Erkenntis vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0030). Ist nach Aufnahme der vom Beschuldigten angebotenen Beweise ohne weiteres ersichtlich, daß diese kein taugliches Ergebnis erbracht haben, kann sich der Beschuldigte vom Vorwurf einer Verletzung seiner Mitwirkungspflicht nur durch Anbieten weiterer Beweise befreien, sofern er nicht dartut, daß und aus welchen Gründen ihm dies nicht möglich sei.

Auch im Beschwerdefall war aufgrund des unzulänglichen Ergebnisses der vom Beschwerdeführer beantragten Beweisaufnahme die Notwendigkeit eines weiteren Beweisanbotes für die Gegendarstellung des Beschwerdeführers klar ersichtlich. Daß sich zwei der vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen der Aussagen entschlagen haben, läßt nicht auf die Unmöglichkeit eines weiteren Beweisanbotes schließen, zumal für den Beweis über seinen vom Tatort verschiedenen Aufenthaltsort zur Tatzeit auch andere Beweise als die Vernehmung der beiden Zeugen in Frage kommen. Da der Beschwerdeführer keine weiteren Beweise angeboten und auch nicht dargetan hat, daß solche - etwa auch in Form von Aufzeichnungen über die mit dem Pkw durchgeführten Fahrten - nicht vorhanden seien, konnte die belangte Behörde zu Recht annehmen, er habe seiner Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, nicht entsprochen. Wenn sie daraus in freier Beweiswürdigung den Schluß auf die Täterschaft des Beschwerdeführers gezogen hat, begegnet dies im Rahmen der verwaltungsgerichtichen Prüfung der Beweiswürdigung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Von einer "Umkehr der Beweislast" kann aus dieser Sicht keine Rede sein.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997030381.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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