TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W278 2011848-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W278 2011848-2/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) ist im Sommer 2010 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Der BF verfügte über ein bis XXXX .2013 gültiges italienisches Permesso.

Gegen den BF wurde von der BH Wr. Neustadt am XXXX 2013 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, verbunden mit einem Einreiseverbot für den gesamten Schengen Raum erlassen.

Der BF verbüßte aufgrund von Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz in der Justizanstalt XXXX eine Freiheitsstrafe und unterzog sich einer Drogentherapie, welche er nur unregelmäßig in Anspruch nahm. Die Therapie wurde am 2.5.2014 abgebrochen.

Der BF stellte am 08.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 08.09.2014 wurde gegen den BF zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2 Zi 3 FPG angeordnet. Mit GZ: XXXX wurde durch Erkenntnis des BVwG der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Schubhaftbescheid ersatzlos aufgehoben.

Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 08.09.2014 wurde am 08.03.2018 gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn die Außerlandesbringung gemäß § 61 Absatz 2 FPG, angeordnet und gemäß § 61 Absatz 2 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Italien zulässig sei.

Der BF wurde aufgrund von Suchtmittel- und Gewaltdelikten, sowie nach dem Waffen Gesetz und der Schlepperei insgesamt fünfmal rechtskräftig verurteilt.

Der BF verbüßte von 29.08.2015 bis zum 27.02.2020 Strafhaft in der XXXX .

Mit Bescheid des Bundesamts vom 27.01.2020 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei und ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gegen diesen Bescheid wurden vom BF insgesamt zwei Beschwerden eingebracht.

Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes vom 19.02.2020 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1 und 9 FPG Fluchtgefahr vorliege. Der BF sei im Bundesgebiet untergetaucht. Er zeige, dass er nicht bereit sei, den österreichischen Gesetzen Folge zu leisten. Er sei bereits massiv straffällig geworden. Ein gelinderes Mittel könne aufgrund des Vorverhaltens des BF nicht angeordnet werden. Auf Grund seiner persönlichen Lebenssituation und auf Grund seines bisherigen Verhaltens bestehe ein beträchtliches Risiko des Untertauchens.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 19.02.2020 durch persönliche Übernahme zugestellt.

Am 16.01.2020 wurde die Vorführung des BF zur türkischen Vertretungsbehörde für den 06.02.2020 organisiert. Der Termin konnte nicht wahrgenommen werden, da die Justizanstalt die Freigabe nicht erteilte.

Am 26.02.2020 erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 19.02.2020 und brachte im Wesentlichen vor, dass im gegenständlichen Fall weder Fluchtgefahr noch Verhältnismäßigkeit vorliege. Der vom BF am 08.09.2014 gestellte Antrag auf internationalen Schutz sei zwar vom Bundesamt vollinhaltlich abgewiesen worden, über die dagegen rechtzeitig erhobene Beschwerde habe das Bundesamt jedoch noch nicht entscheiden. Der BF sei bereit mit der Behörde zu kooperieren. Den Asylantrag habe er nicht aus Verzögerungsabsicht, sondern aus Angst vor Verfolgung gestellt. Das von der Behörde herangezogene Kriterium der Straffälligkeit sei nicht geeignet, um Fluchtgefahr zu begründen, strafrechtliches Fehlverhalten sei bloß im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung in Betracht zu ziehen. Der BF verfüge über eine Wohnmöglichkeit bei seiner Freundin, habe einen fixen Therapieplatz und die Zusage in der Firma seines Onkels als Buchhalter arbeiten zu können. Auch habe ein Mitarbeiter des türkischen Konsulats dem BF mitgeteilt, dass für ihn kein HZ ausgestellt werde und die Schubhaft somit ohnehin obsolet sei. Der BF sei durch seine Lebensgefährtin und seine Familienangehörigen im Bundesgebiet verankert. Die von der belangten Behörde dargelegten Umständen seien nicht ausreichend, um im Fall des BF Fluchtgefahr zu begründen. Selbst bei Vorliegen von Fluchtgefahr sei die Anordnung eines gelinderen Mittels ausreichend. Der Ausschluss eines gelinderen Mittels sei von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend geprüft worden. Der BF sei bereit mit der Behörde zu kooperieren und würde einer periodischen Meldeverpflichtung sowie einer allfälligen angeordneten Unterkunftnahme Folge leisten.

Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt sei, auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gemäß der Verwaltungsgerichts-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, aufzuerlegen. Im Falle eines Obsiegens der Behörde möge der BF vom Ersatz des Aufwandsersatzes befreit werden.

Das Bundesamt legte am 27.02.2020 den Verwaltungsakt vor, gab dazu eine Stellungnahme ab, in der es insbesondere auf die Weigerung des BF das HRZ Formblatt auszufüllen hinwies und dass ein am 16.01.2020 organisierter Vorführungstermin für 30.01.2020 von Seiten der Justizanstalt nicht ermöglicht werden konnte. Für 04.03.2020 sei bereits ein neuerlicher Termin zur Vorführung des BF beim türkischen Konsulat vereinbart. Das Bundesamt beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen und den BF zum Kostenersatz für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand der belangten Behörde zu verpflichten.

Der BF wurde am 27.02.2020 mittels Parteiengehör mit Frist bis 02.03.2020 aufgefordert Nachweise für seine Vorbringen in der Beschwerde bezüglich des Therapieplatzes, seiner Wohnmöglichkeit, sowie der Einstellungszusage als Buchhalter vorzulegen.

Der BF legte im Wege seiner Vertretung eine Bestätigung vom 28.02.2020 des XXXX vor, dass er sich um Aufnahme in die stationäre Therapie beworben habe und diese - vorbehaltlich einer Kostenübernahme durch den Bund - ab 27.02.2020 erfolgen sollte. Die in der Beschwerde angeführte Einstellungszusage könne nicht vorgelegt werden, da sich der Onkel im Ausland befinde, jedoch befinde sich diese im Original bereits beim zuständigen "Bezirksgericht", da Sie bereits im Zuge der Abklärung der frühzeitig bedingten Entlassung vorgelegt worden sei. Die Nachreichung des Mietvertrags für die gegenständliche Wohnung wurde bis 10:00 angekündigt, erfolgte jedoch nicht.

Mittels Parteiengehör vom 28.02.2020 wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, dass am Bundesverwaltungsgericht - entgegen seinem Vorbringen - kein Beschwerdeverfahren hinsichtlich der erstbehördlichen Asylentscheidung des Bundesamtes Zl.: XXXX vom 08.03.2018 anhängig ist. Ihm wurde die Möglichkeit gewährt, bis zum 03.03.2020 einen Nachweis über die rechtzeitige Einbringung einer diesbezüglichen Beschwerde zu erbringen. Mit Stellungnahme vom 02.03.2020 führte der BF diesbezüglich aus: "Dabei handelt es sich um ein redaktionelles Versehen [...]" am Gericht seien lediglich gegenständliche Schubhaftbeschwerde sowie eine Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung und die Verhängung des Einreiseverbots anhängig.

Das Bundesamt wurde mittels Parteiengehör aufgefordert, zum Vorbringen des BF in der Beschwerde, dass Mitarbeiter des türkischen Konsulats den BF in Strafhaft besucht haben und ihm mittgeteilt haben sollen, dass kein HZ ausgestellt werde, Stellung zu nehmen. Das Bundesamt führte innerhalb der Frist aus, dass dieser Umstand der Behörde nicht mitgeteilt wurde und der BF am 04.03.2020 dem türkischen Generalkonsulat Wien vorgeführt werden wird und somit weiterhin mit der Ausstellung eines HZ gerechnet werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der BF ist volljährig und türkischer Staatsangehöriger. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht, er ist weder Asylberechtigter, Asylwerber noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.2. Über den BF wurden in Österreich folgende Verwaltungsstrafen verhängt:

* Bescheid einer BH nach § 53b VStG zu 8 Ta, 9 St; 668.00 EURO Verwaltungsstrafe

* Bescheid eines PK nach § 37 Abs 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 FSG; § 102 Abs 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG zu 17 Ta, 1 St; 1 TS a 1000.00 EURO Verwaltungsstrafe

* Bescheid eines PK wegen Verbr./Verg. nach § 37 Abs 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 FSG; § 9 Abs 6 StVO zu 16 Ta, 8 St; 1 TS a 850.00 EURO Verwaltungsstrafe

* Bescheid eines PK Wiener wegen Verbr./Verg. nach § 134 Abs 1 KFG; § 37 Abs 1 FSG zu 14 Ta, 15 St; 1 TS a 880.00 EURO Verwaltungsstrafe

* Bescheid eines PK wegen Verbr./Verg. nach § 1 lit. a NÖ PolStG zu 1 Ta, 6 St; 1 TS a 60.00 EURO Verwaltungsstrafe

* Bescheid eines PK wegen § 82 Abs 1 SPG 7/14 -BE-0272-0056 zu 1 Ta, 45 Mi; 1 TS a 49.50 EURO Verwaltungsstrafe

Der BF wurden wegen folgenden gerichtlich strafbaren Handlungen in Österreich verurteilt:

* Urteil eines LG rechtskräftig: 19.01.2016 wegen Verbr./Verg. nach § 229 Abs 1 StGB, § 50 Abs 1 Z 2 WaffG, § 114 Abs 1 FPG, § 114 Abs 3 Z 1 FPG, § 114 Abs 4 1. Fall FPG, § 297 Abs 1 StGB, § 91 Abs 1 1. Fall StGB, § 136 Abs 1 StGB, § 146 StGB

* Urteil eines LG vom 08.10.2013 wegen Verbr./Verg. nach § 28a Abs 1 SMG, § 28a Abs 2 Z 2 u.3 SMG, § 12 3. Fall StGB, § 28a Abs 1 SMG, § 28a Abs 2 Z 2 SMG, § 27 Abs 1 Z 1 1. u. 2. Fall SMG, § 27 Abs 5 SMG zu 2 Mo Freiheitsstrafe (BE zul.)

* Urteil eines LG vom: 13.01.2015 GZ: 38 Hv 40/14t rechtskräftig:

19.01.2016 wegen Verbr./Verg. nach § 125 StGB, § 109 Abs 1 StGB

* Urteil eines LG Wiener vom: 18.04.2015 GZ: 49 Hv 3/15h rechtskräftig: 19.01.2016 wegen Verbr./Verg. nach § 83 StGB, § 50 Abs 1 Z 2 WaffG, § 107 Abs 1 StGB, § 105 StGB, § 15 StGB

* Urteil eines LG rechtskräftig: 01.12.2017 wegen Verbr./Verg. nach § 288 Abs 1 StGB; § 288 Abs 1 StGB, § 15 StGB; § 299 Abs 1 StGB

Der BF verbüßte zuletzt aufgrund der oben angeführten Delikte von 29.08.2015 bis 27.02.2020 Strafhaft in Österreich.

1.3. Der BF ist gesund und haftfähig. Der BF kann - vorbehaltlich der Kostenübernahme durch den Bund - eine stationäre Therapie in einer Therapieeinrichtung antreten.

1.4. Der BF wird seit 27.02.2020 in Schubhaft angehalten.

1.5. Das Bundesamt wurde am 03.01.2020 von der XXXX über die vorzeitige Entlassung des BF am 27.02.2020 informiert. Der BF verfügt über kein gültiges Reisedokument. Das Bundesamt leitete am 08.01.2020 mit Italien die Abklärung ein, ob der BF über eine italienische Aufenthaltsberechtigung verfüge. Das Bundesamt leitete am 16.01.2020 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF ein. Die erste Vorführung des BF vor eine Delegation der türkischen Vertretungsbehörden war für 06.02.2020 vorgesehen. Dieser vom Bundesamt organisierte Vorführungstermin konnte nicht durchgeführt werden, da die Leitung der XXXX die Freigabe für den BF nicht erteilte. Das Bundesamt hat für 04.03.2020 einen weiteren Termin für die Vorführung des BF zum türkischen Konsulat organisiert. Die Erlangung eines HZ für den BF ist weiterhin realistisch möglich.

2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

2.1. Der BF verbüßte aufgrund von Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz in einer Justizanstalt von 12.04.2013 bis 11.10.2013 eine Freiheitsstrafe und unterzog sich einer Drogentherapie, welche er nur unregelmäßig in Anspruch nahm. Die Therapie wurde am 02.05.2014 abgebrochen. Der BF war von 11.10.2013 bis 24.04.2014 aufrecht im Bundesgebiet gemeldet. Abgesehen von diesem Zeitraum scheinen für den BF ausschließlich Meldungen in Polizeianhaltezentren und Justizanstalten im Zentralen Melderegister auf. Der BF verbüßte zuletzt von 29.08.2015 bis 27.02.2020 Strafhaft. Der BF stellte am 08.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, nach seiner Festnahme durch die Polizei. Einer Beschwerde gegen die Anordnung der Schubhaft 08.09.2014 wurde vom BVwG stattgegeben und der BF am 19.09.2014 enthaftet. Der BF meldete sich nach diesem Zeitpunkt- bis zu seiner erneuten Festnahme am 25.03.2015 - nicht erneut im Bundesgebiet an und war für die Behörde nicht greifbar.

2.2. Mit Bescheid der BH XXXX vom 10.10.2013 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot für die Dauer von 5 Jahren erlassen. Diese Entscheidung erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 08.09.2014 wurde gegen den BF zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2 Zi 3 FPG angeordnet. Mit GZ: XXXX wurde durch Erkenntnis des BVwG der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Schubhaftbescheid ersatzlos aufgehoben.

Mit Bescheid des Bundesamts wurde sein Antrag auf internationalen Schutz vom 08.09.2014 am 08.03.2018 gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn die Außerlandesbringung gemäß § 61 Absatz 2 FPG, angeordnet und gemäß § 61 Absatz 2 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Italien zulässig sei. Diese Entscheidung erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Am 27.01.2020 wurden mittels Bescheid des Bundesamtes dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot wurde erlassen und eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gegen diesen Bescheid brachte der BF durch zwei verschiedene Vertreter zwei Beschwerden ein. Gegenständlicher Akt langte am 02.03.2020 beim BVwG ein. Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegen die Rückkehrentscheidung ist bis zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht erfolgt.

2.3. Der BF verhielt am 15.01.2020 gegenüber dem Bundesamt insofern unkooperativ, als sich weigerte das Formblatt für die HRZ Ausstellung auszufüllen. Der BF ist nicht vertrauenswürdig und würde sich im Falle seiner Enthaftung den Behörden entziehen.

2.4. Der BF verfügt über keinen gültigen Aufenthaltstitel in einem anderen EU Staat.

3. Familiäre und soziale Komponente

3.1. In Österreich leben ein Onkel, eine Tante, zwei Cousins und eine Cousine des BF. Seine Ex Lebensgefährtin sowie seine Tochter leben in Ungarn. Der BF verfügt im Falle seiner Entlassung aus der Schubhaft über keinen gesicherten Wohnsitz. Der BF hat eine Freundin im Bundesgebiet, mit der er zu keinem Zeitpunkt über einen gemeinsamen Wohnsitz verfügte.

3.2. Der BF verfügt außer über etwa 1300 € Bargeld am Haftkonto über keine weiteren finanziellen Mittel und ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Der BF verfügt über keine Einstellungszusage und hat kein gesichertes Einkommen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, die Beschwerde, die Stellungnahmen zu den Parteiengehören, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sowie in das Firmenbuch.

1. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der BF gab in sämtlichen Vorverfahren an, dass er türkischer Staatsbürger sei und eine italienische Aufenthaltsberechtigung besessen habe. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Da der Antrag des BF auf internationalen Schutz rechtskräftig vollinhaltlich zurückgewiesen wurde, ist er auch nicht Asylberechtigter, nicht Asylwerber oder subsidiär Schutzberechtigter. Das Vorbringen des BF in der Beschwerde, er haben gegen die negative Asylentscheidung des Bundesamtes rechtzeitig Beschwerde eingebracht und das BVwG habe in dieser Angelegenheit noch nicht entschieden, konnte den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden, da eine Nachschau in der Aktenverwaltung des Gerichts ergab, dass diesbezüglich kein Beschwerdeverfahren anhängig ist. Darüber hinaus ist aus dem Eintrag im IZR erkennbar, dass die erstbhördliche Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist. Dem BF wurde die erfolgte Beweisaufnahme zur Stellungnahme übermittelt. In der Stellungnahme führte der BF aus, dass es sich bei diesem Vorbringen um ein "redaktionelles Versehen" gehandelt habe. Das Vorbringen entspricht somit nicht den Tatsachen.

1.2. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen sowie zu den Verwaltungsstrafen ergeben sich aus einem rezenten Strafregisterauszug. Die Feststellungen, zu den verbüßten Haftstrafen, ergeben sich aus der im Akt befindlichen Haftauskunft sowie der ZMR Anfrage.

1.3. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF beruhen auf dem vom PAZ am 28.02.2020 übermittelten Auszug der Krankendatei. In der Anhaltedatei sind keinerlei Eintragungen über gesundheitliche Probleme des BF vermerkt und wurden solche auch in der Beschwerde nicht behauptet. Der Umstand, dass der BF - vorbehaltlich der Kostenübernahme durch den Bund - eine Drogentherapie in Anspruch nehmen kann, ist der Stellungnahme des Therapiezentrums vom 28.02.2020 zu entnehmen.

1.4. Dass der BF seit 27.02.2020 in Schubhaft angehalten wird ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Eintragungen in der Anhaltedatei.

1.5. Dass das Bundesamt mit 03.01.2020 aufgrund der gesetzlichen Informationspflicht nach § 30 Abs. 5 BFA-VG über die vorzeitige Enthaftung des BF informiert wurde und am 08.01.2020 Abklärungen mit Italien veranlasst hat, ergibt sich aus den im Akt einliegenden Kopien des diesbezüglichen Schriftverkehrs. Die Einleitung eines Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HZ) für den BF am 16.01.2020 ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt dokumentierten internen E-Mail-Verkehr des Bundesamtes. Dass die Vorführung des BF vor die türkische Vertretungsbehörde für den 06.02.2020 organisiert war, dieser Termin jedoch kurzfristig wegen Nichtzustimmung der XXXX abgesagt und nunmehr die Vorführung des BF für 04.03.2020 vorgesehen ist, ergibt sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden bzw. dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Vorführungsersuchen den BF betreffend. Das BFA hat somit entgegen dem Vorbringen des BF in der Beschwerde, kurze Zeit nach der Verständigung durch die Justizanstalt über die vorzeitige Entlassung, bereits vor dem 27.01.2020 Schritte zur Erlangung eines HZ gesetzt. Aus dem unsubstantierten Vorbringen des BF in der Beschwerde, dass Mitarbeiter des türkischen Konsulats ihm mündlich mitgeteilt haben kein HZ auszustellen kann nichts gewonnen werden. Weder hat der BF die Mitarbeiter namentlich benannt, noch einen diesbezüglichen Nachweis vorgelegt. Dass die Erlangung eines HZ weiterhin realistisch möglich ist, ergibt sich hingegen aus der Stellungnahme des Bundesamts vom 02.03.2020, aus der hervorgeht, dass keine Information über die Nichtausstellung eines HZ von den türkischen Vertretungsbehörden eingelangt ist und der Termin für die Vorführung des BF für 04.03.2020 um 15:00 nach wie vor vereinbart ist.

2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

2.1. Die Feststellungen zu den amtlichen Meldungen und dem Untertauchen des BF beruhen auf der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Diesen Feststellungen wurde inhaltlich nicht entgegengetreten.

2.2. Die Feststellungen zu den bisher gegen den BF ergangenen Rückkehrentscheidungen und Einreiseverboten wurde aufgrund der im Akt einliegender Kopien der Entscheidungen sowie aufgrund er Eintragungen im IZR getroffen. Abgesehen von dem bereits durch das "redaktionellen Versehen" relativierte Vorbringen des BF in der Beschwerde, wurde diesen inhaltlich nicht entgegengetreten. Die gegen den Bescheid vom 27.01.2020 eingebrachten zwei Beschwerden von verschiedenen Vertretern des BF sind seit 02.03.2020 am BVwG anhängig.

2.3. Die mangelnde Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus dem Vorverhalten des BF, insbesondere aus dem Umstand, dass der BF - trotz dem Vorhandensein eines sozialen Netzes und einer Lebensgemeinschaft in Österreich - sich nach seiner Entlassung aus der Schubhaft am 19.09.2014 (siehe hg. Erkenntnis XXXX ) nicht behördlich meldete und erst nach seiner abermaligen Festnahme - während seiner Anhaltung in Strafhaft - das Asylverfahren geführt werden konnte. Der BF hat durch dieses Verhalten gezeigt, dass selbst ein vorhandenes soziales Netz ihn nicht davon abhalten konnte gegen Meldeverpflichtungen zu verstoßen und abermals strafrechtliche Tatbestände zu verwirklichen. Aufgrund seiner massiven Straffälligkeit verbüßte der BF im Anschluss an seine letzte Festnahme seit 29.08.2015 eine unbedingte Freiheitsstrafe bis zur Anordnung der Schubhaft. Aufgrund des Umstandes, dass sich der BF seither nicht in Freiheit befunden hat und er sich auch während seiner Anhaltung in Strafhaft weigerte das Formblatt für die HZ Ausstellung auszufüllen, ist auch weiterhin von einer mangelnden Vertrauenswürdigkeit des BF auszugehen. Die Weigerung an der HZ Ausstellung mitzuwirken, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Schriftverkehr zwischen der XXXX und dem Bundesamt, sowie aus dem Umstand, dass auf dem Antragsformular anstelle der Unterschrift des BF "Unterschrift verweigert" vermerkt wurde. Auch eine Zusage, dass der BF über einen Therapieplatz verfügt, ändert an diesem Umstand nichts, da der BF bereits einmal eine Therapie abgebrochen hat und untergetaucht ist.

2.4. Dass der BF über keinen gültigen Aufenthaltstitel in einen anderen EU Staat verfügt, ergibt sich aus den Vorverfahren und dem im Akt einliegenden Schriftverkehr zwischen dem Bundesamt und dem PKZ Thör-Maglern. Dieser Feststellung wurde nicht entgegengetreten.

3. Zur familiären und sozialen Komponente

3.1. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des BF in Österreich sowie zu seiner Ex-Lebensgefährtin und seiner Tochter in Ungarn ergeben sich aus dem schriftlichen Parteiengehör des BF vom 22.01.2020. Die Feststellung, dass der BF über keinen gesicherten Wohnsitz verfügt, ergibt sich aus dem Umstand, dass der BF letztmalig im Jahr 2014 regulär im Bundesgebiet gemeldet war. Das Vorbringen, er könne bei einer Freundin/Lebensgefährtin Unterkunft nehmen, konnte nicht den Feststellungen zu Grunde gelegt werden, da der BF trotz Aufforderung des Gerichts einen entsprechenden Nachweis (Mietvertrag bzw. Auskunft über das Eigentumsverhältnis der Wohnung) nicht erbrachte. In seiner diesbezüglichen Stellungnahme vom 28.02.2020 kündigte der BF zwar die fristgerechte Vorlage der Dokumente an, diese erfolgte jedoch nicht. Zu dem Vorbringen der Beschwerde, er habe aktuell eine Beziehung ist auszuführen, dass er mit dieser Frau über keinen gemeinsamen Wohnsitz verfügte und er diese Beziehung auch in seinem Parteiengehör vom 22.01.2020 nicht unerwähnt ließ. In Zusammenschau mit dem Umstand, dass der BF durchgehend sein 4,5 Jahren inhaftiert war und ihn eine aufrechte Lebensgemeinschaft bereits zuvor nicht vor dem Untertauchen und der Begehung weiterer Straftaten abgehalten hat, wird auch diese Beziehung des BF ihn nicht vom neuerlichen Untertauchen abhalten.

3.2. Der BF verfügt außer seinem Bargeld am Haftkonto über kein Vermögen. Der BF behauptete in der Beschwerde, dass er in der Firma seines Onkels als "Buchhalter" arbeiten könne. Der Aufforderung des Gerichts eine diesbezügliche Einstellungszusage vorzulegen entsprach der BF nicht. Vielmehr brachte er vor, dass seine Onkel sich derzeit für zwei Wochen im Ausland befände und er den erwünschten Nachweis nicht vorlegen könne. Jedoch befinde sich das Original bereits bei zuständigen Gericht, da es im Zuge der Abklärung für die vorzeitige Entlassung in Vorlage gebracht wurde. Das BVwG forderte daraufhin gegenständliche "Arbeitszusagebestätigung" eines Beratungsunternehmen GmbH vom zuständigen Landesgericht an. Aus dieser, nicht unterfertigten Bestätigung vom 30.08.2018 geht hervor, dass der BF als "Finanzberater" tätig sein kann. Eine amtswegig durchgeführte Firmenbuchanfrage ergab, dass gegenständliche Firma bereits mit 09.04.2019 aus dem Firmenbuch amtswegig gelöscht wurde. Der BF konnte somit entgegen seinem Vorbringen in der Beschwerde keine Einstellungszusage vorlegen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Verhängung der Schubhaft über den BF grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit der Abschiebung des BF im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft war insofern zu rechnen, als eine Rückkehrentscheidung vorlag und das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates seit 16.01.2020 anhängig war.

3.1.5. Das Bundesamt geht auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1 und 9 FPG vom Vorliegen einer Fluchtgefahr aus.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der BF hat sich nach seiner Entlassung aus der Schubhaft am 19.09.2014 (siehe hg. Erkenntnis XXXX ) nicht behördlich gemeldet und ist untergetaucht. Sein Asylverfahren konnte erst nach neuerlicher Festnahme während seiner Anhaltung in Strafhaft durchgeführt werden. Der BF hat durch dieses Verhalten gezeigt, dass selbst ein vorhandenes soziales Netz ihn nicht davon abhielt gegen Meldeverpflichtungen zu verstoßen und weitere strafrechtliche Tatbestände zu verwirklichen. Der BF ist untergetaucht und hat dadurch seine Abschiebung zumindest erschwert und damit den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. In Österreich befinden sich zwar Familienangehörige des BF, die ihn jedoch bereits zuvor nicht vom Untertauchen abgehalten haben. Der BF geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt weder über ausreichende finanzielle Mittel noch über einen eigenen gesicherten Wohnsitz. Sämtliche Vorbringen des BF zum Vorhandensein eines gesicherten Wohnsitzes und einer legalen Erwerbstätigkeit konnten den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden. Es liegen daher keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der BF auf Grund des Grades seiner familiären, sozialen und beruflichen Verankerung in Österreich einen so verfestigten Aufenthalt hat um nicht neuerlich seine Abschiebung zu erschweren und unterzutauchen. Auch aus dem Vorbringen des BF, dass er aufgrund seiner derzeitigen Beziehung sozial angebunden sei, kann nichts gewonnen werden. In Zusammenschau mit dem Umstand, dass er sich bereits zuvor, trotz aufrechter Lebensgemeinschaft den Behörden entzogen hat in Verbindung mit der Tatsache, dass er niemals mit seiner Freundin einen aufrechten Wohnsitz verfügte und die letzten 4,5 Jahre in Strafhaft verbrachte, ist nicht davon auszugehen, dass diese Beziehung des BF davon abhalten werde, neuerlich unterzutauchen.

Dem Vorbringen in der Beschwerde, es liege keine Fluchtgefahr vor, war daher nicht zu folgen.

3.1.6. Auch was den Sicherungsbedarf betrifft, ist dem Bundesamt zuzustimmen, dass ein solcher gegeben ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Der BF tauchte bereits während seines Asylverfahrens, unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Schubhaft unter und wurde erst nach der Begehung von weiteren Straftaten festgenommen. Es ist daher im Fall des BF von erheblichem Sicherungsbedarf auszugehen.

3.1.7. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der BF verfügt in Österreich über entfernte Angehörige und eine Freundin. Über eine Arbeitsstelle verfügt er ebenso wenig wie über einen gesicherten Wohnsitz. Der Umstand, dass der BF - im Falle der Kostenübernahme - eine stationäre Therapie besuchen kann, ändert an diesem Umstand nichts, zumal er bereit eine Drogentherapie abgebrochen hat und neuerlich straffällig wurde.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der BF wurde insgesamt fünfmal rechtskräftig von österreichischen Gerichten verurteilt. Diese Urteile erfolgten wegen Suchtmittelhandel, Schlepperei, Raufhandel, Körperverletzung, nach dem Waffengesetz, wegen gefährlicher Drohung, Nötigung, Betrug, falscher Beweisaussage vor Gericht und Begünstigung. Des Weiteren wurde der BF wegen 6 Verwaltungsstrafdelikten bestraft und hat gegen das Meldegesetz verstoßen. Aufgrund seiner massiven Straffälligkeit verbüßte der BF zuletzt eine unbedingte Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren.

Der Verpflichtung die Schubhaft so kurz als möglich aufrecht zu erhalten nachgekommen, als bereits am 16.01.2020 - und damit vor Anordnung der Schubhaft - das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF eingeleitet wurde und ein Vorführtermin des BF zum türkischen Konsulat organisiert wurde. Dass eine Vorführung des BF vor die türkische Vertretungsbehörde an diesem Termin nicht möglich war, ist auf Grund der Tatsache, dass die Zustimmung zur Vorführung seitens der Justizanstalt nicht erteilt wurde, nicht dem Bundesamt zuzurechnen. Vielmehr hat das Bundesamt einen neuerlichen Vorführungstermin für den 04.03.2020 organisiert.

Die angeordnete Schubhaft erfüllt daher auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit.

3.1.8. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel zu Recht nicht zur Anwendung kam. Gegen den BF bestand bereits seit dem Jahre 2013 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot, dem er nicht nachkam. Nach seiner Festnahme 2014 stellte er einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz und tauchte unmittelbar nach seiner Enthaftung aus der Schubhaft unter, sodass sein Asylverfahren erst nach seiner neuerlichen Inhaftierung im Zuge der Strafhaft abgeschlossen werden konnte. Dass dem vorliegenden Sicherungsbedarf mit der Anordnung eines gelinderen Mittels entsprochen hätte werden können ist jedoch auch nicht zuletzt deshalb auszuschließen, da der BF durch seine massive strafrechtliche Delinquenz eindrucksvoll bewiesen, dass er nicht gewillt ist die österreichische Rechtsordnung einzuhalten und weder vor schweren Suchtmittel-, noch vor Gewalt- oder Betrugsdelikten zurückschreckt. Durch die Weigerung seiner Mitwirkung hinsichtlich des HZ Verfahrens stellt er seine mangelnde Rückkehrwilligkeit unter Beweis, weshalb davon auszugehen ist, dass der BF bei Entlassung aus der Schubhaft neuerlich untertauchen werde.

Das Bundesamt hat daher die Anordnung eines gelinderen Mittels zu Recht ausgeschlossen.

3.1.9. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und "ermächtigt" das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage "in der Sache" zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

3.2.2. Im Verfahren haben sich keine Umstände ergeben, die gegen die rechtliche und faktische Durchführbarkeit einer Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer sprechen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall nach wie vor auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1 und 9 FPG Fluchtgefahr vorliegt sowie ein besonders hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung der Abschiebung des BF - somit ein erheblicher Sicherungsbedarf - besteht.

Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte "Ultima-ratio-Situation" für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig.

3.2.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefoch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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