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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art20 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Johann M in W, vertreten durch Dkfm. DDr. Gerhard Grone, Rechtsanwalt in Wien VII, Neubaugasse 12-14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. September 1993, Zl. UVS-02/11/0069/92, betreffend "Festnahme ohne taugliche Grundlage am 5.10.1992 und Unterbringung in einer menschenunwürdigen Zelle" in einer Angelegenheit nach Heeresdisziplinargesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine auf § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützte Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet ab. Die Beschwerde richtete sich gegen die Festnahme des Beschwerdeführers, der ab dem 1. Oktober 1992 seinen Grundwehrdienst beim Bundesheer leistete, "ohne taugliche Grundlage" am 5. Oktober 1992 und seine daran anschließende "Unterbringung in einer menschenunwürdigen Zelle" (der Beschwerdeführer hatte beantragt, beide angefochtene Akte für rechtswidrig zu erklären).
Die belangte Behörde nahm im angefochtenen Bescheid nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens (so der Zeugeneinvernahmen, des Protokolles eines Lokalaugenscheines vom 26. März 1993, der Einsichtnahme in die von der Haftzelle angefertigten Fotos und weiters in das vom Oberlandesgericht Wien bestätigte Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. November 1992) folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
"Der Beschwerdeführer rückte am 1.10.1992 zur Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes zur 1. Gardekompanie, Maria-Theresien-Kaserne, 1130 Wien, ein. Nach den üblichen Aufnahmeformalitäten erhielt er im Laufe des Nachmittages den Befehl, die Uniform und Ausrüstungsgegenstände gegen Unterschriftleistung auszufassen und die Uniform anzuziehen, was er jedoch trotz dreimaliger Abmahnung verweigerte. Da er trotz schriftlicher Erteilung des Befehls weiterhin die Übernahme der Ausrüstung verweigerte, wurde er selben tags um 17.00 Uhr (erstmals) gemäß § 41 HDG festgenommen.
Am 2.10.1992 erteilte Major W gegen 16.45 Uhr neuerlich den Befehl, der Beschwerdeführer solle seine Grundbekleidung und Ausrüstung ausfassen und die Uniform anziehen. In der Folge entspann sich ein ca. 3/4-stündiges Gespräch zwischen Hauptmann W und dem Beschwerdeführer sowie dessen Rechtsvertreter, der bei dieser Amtshandlung ebenfalls anwesend war. Im Zuge dieses Gespräches bemängelte der Beschwerdevertreter, daß es keine Rechtsgrundlage dafür gäbe, daß der Beschwerdeführer mit der Ausfassung der Uniform und Ausrüstungsgegenstände gleichzeitig eine Unterschrift leisten müsse, die eine Haftungsübernahme des Beschwerdeführers mit sich brächte. Hauptmann W belehrte den Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter ausführlich darüber, daß es sich bei dieser Anordnung um einen militärischen Befehl handle und daß bei Nichtbefolgung mit einer neuerlichen Festnahme sowie mit strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen sei. Eine schriftliche Ausfertigung dieses Befehls wurde an diesem Tag nicht verlangt. Da der Beschwerdeführer ungeachtet dieser Belehrung dem Befehl nicht Folge leistete, sprach Hauptmann W um etwa 18.00 Uhr zum zweiten Male die vorläufige Festnahme gemäß § 41 HDG aus und übergab den Beschwerdeführer nach Erstellung des Festnahmeprotokolles dem Offizier vom Tag. Dieser brachte den Beschwerdeführer in eine der acht Haftzellen im Kellergeschoß des Eingangstraktes der Maria-Theresien-Kaserne.
Dieser Vorgang wiederholte sich infolge des Beharrens des Beschwerdeführers in seiner Befehlsverweigerung am 5.10.1992, sodaß er gegen 09.15 Uhr abermals vorläufig festgenommen wurde. Dieses wiederholte Vorgehen wurde auch vom OLG Wien im zit. Urteil als erschwerend bestätigt, und ist diese Anhaltung der gegenständlichen Beschwerde zugrundegelegt. Der Beschwerdeführer wurde aus dieser Verwahrungshaft unmittelbar in gerichtliche Untersuchungshaft genommen.
Die Anhaltung erfolgte in einer Zelle, welche an der linken und rechten Seitenwand mit einem Stahlrohrbett mit Decken, an der Wand stirnseitig gelegen mit einem kleinen Heizkörper einer Zentralheizunganlage von etwa 50 x 50 cm ausgestattet ist. Darüber befinden sich in einer Höhe von etwa 2,5 m zwei kleine Fenster, welche geklappt bzw. durch betätigen eines kleinen Riegels geöffnet werden können. Die Zellen haben ein vergittertes Fenster und eine - wenn auch nur geringfügige - Versorgung mit Tageslicht, darüber hinaus eine elektrische Glühbirne sowie eine Glocke zur Verständigung der Haftaufsicht, die beide von der Zelle aus betätigt werden können. Toilette und Duschmöglichkeit befinden sich im Erdgeschoß bzw. im ersten Stock. Der Beschwerdeführer hat sich während seiner Anhaltung trotz Nachfrage des Offiziers vom Tag über die Haftbedingungen - etwa über die schlechte Luft - nicht beschwert, auch wurde er einmal vormittags im Kasernengelände zu einem Spaziergang an die frische Luft gebracht.
Mit dem oben zitierten Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9.11.1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 1., 2. und 5.10.1992 den ihm wiederholt erteilten Befehl, Uniform und Rüstung anzunehmen und die Uniform anzulegen, nicht befolgt, indem er jeweils trotz Abmahnung im Ungehorsam verharrt haben. Hiedurch habe er das Vergehen nach § 12 Abs. 1 Z. 2 Militärstrafgesetz begangen, weswegen über ihn eine Strafe verhängt wurde."
Zur "Festnahme des Beschwerdeführers" führte die belangte Behörde nach Zitierung des § 47 Abs. 3 bis 5 Wehrgesetz 1990 (WG) aus, gemäß § 2 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung vom 9. Jänner 1979, BGBl. Nr. 43, über die allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV) seien Befehle alle vom Vorgesetzten gegenüber Untergebenen getroffenen Anordnungen (Gebote und Verbote) zu einem bestimmten Verhalten. Gemäß § 7 Abs. 1 erster Satz ADV sei jeder Untergebene seinen Vorgesetzten gegenüber zu Gehorsam verpflichtet. Er habe die ihm erteilten Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und pünktlich auszuführen. Nach § 7 Abs. 2 ADV seien jene Befehle, die von einer unzuständigen Person oder Stelle erteilt worden seien, sowie Befehle, deren Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde, nicht zu befolgen. Die Absicht, einen Befehl nicht zu befolgen, sei dem Befehlsgeber unverzüglich zu melden. Unter bestimmten - im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden - Voraussetzungen (§ 6 Abs. 5 sowie § 7 Abs. 5 ADV) könne der Untergebene die schriftliche Ausfertigung eines Befehles verlangen. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 HDG 1985 seien Soldaten bei Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten disziplinär zur Verantwortung zu ziehen, wobei dem Präsenzstand nach § 1 Abs. 3 Z. 1 WG alle Personen angehörten, die Wehrdienst leisteten. Wehrdienst leisteten Personen, die unter anderem zu einem ordentlichen Präsenzdienst einberufen seien, vom Beginn des Tages, für den sie einberufen worden seien, bis zum Ablauf des Tages, an dem sie entlassen würden. Zu den allgemeinen Pflichten der Soldaten gehöre u.a., daß diese während des Dienstes grundsätzlich Uniform zu tragen hätten (§ 3 Abs. 5 ADV). Gemäß § 41 Abs. 1 HDG sei ein Soldat, der im Verdacht einer Dienstpflichtverletzung stehe, u.a. vorläufig festzunehmen, wenn er trotz Abmahnung in der Fortsetzung der Pflichtverletzung verharre oder sie zu wiederholen versuche (Z. 3), wobei die Befugnis zur vorläufigen Festnahme von Soldaten u.a. jenen Offizieren, die einen höheren Dienstgrad (Amtstitel) als Fähnrich hätten (Z. 1), zustehe.
Wie sich - so die belangte Behörde weiter in ihrer Begründung - aus den getroffenen Feststellungen ergebe, sei dem Beschwerdeführer von einem Vorgesetzten aufgetragen worden, Uniform und Ausrüstungsgegenstände entgegenzunehmen, hiefür eine Unterschrift zu leisten und die Uniform anzuziehen. Nach der dargestellten Rechtslage könne überhaupt kein Zweifel daran bestehen, daß es sich bei dieser Anordnung um einen militärischen Befehl gehandelt habe. Der Beschwerdeführer sei nämlich von einem hiefür zuständigen (militärischen) Vorgesetzten während der Ausübung des Dienstes, zu welchem der Grundwehrdienst zweifellos gehöre, zu einem bestimmten, klar umrissenen Verhalten wiederholt - letztlich sogar schriftlich - aufgefordert worden (diese Feststellungen habe auch das Landesgericht Wien getroffen). In diesem Zusammenhang könne es dahingestellt bleiben, ob es für die Aufforderung zur Leistung einer Unterschrift nach Übernahme der Uniform und anderer Gegenstände eine gesetzliche Grundlage gebe oder eine solche erforderlich wäre, denn "selbst für den Fall eines insofern rechtswidrigen Befehls hätte der Beschwerdeführer - da der Befehl unbestrittenermaßen von einem zuständigen Organ erteilt wurde und dessen Befolgung nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hätte - jenem Folge leisten müssen". Dem Beschwerdeführer wäre es - allerdings erst nach dessen Befolgung - freigestanden, den Beschwerdeweg gegen diesen Befehl zu beschreiten. Aufgrund dieser Beurteilung erübrige sich ein Eingehen auf die weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zulässigkeit der behaupteten Haftungsübernahme des Soldaten für Ausrüstungsgegenstände, zur Möglichkeit einer verfahrensrechtlichen Durchsetzung der gerügten Vorgangsweise des Militärs und an sich zur Rechtmäßigkeit des gegebenen Befehles. Da es sich bei Verweigerung des Gehorsams nach der aufgezeigten Rechtslage um die Verletzung der militärischen Pflichten gehandelt habe, sei der Verdacht des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung angesichts der konkreten Umstände zweifellos begründet gewesen, was auch durch das später ergangene Urteil des Oberlandesgerichtes Wien bestätigt werde. Da der Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Abmahnung in der Fortsetzung dieser Pflichtverletzung verharrt bzw. schlüssig zu erkennen gegeben habe, er werde die Befehlsverweigerung wiederholen, "hatte folglich die auf § 41 Abs. 1 Z. 3 HDG gestützte Festnahme zu ergehen". Deshalb sei der Beschwerde gegen die am 5. Oktober 1992 (um 09.15 Uhr) erfolgte Festnahme der Erfolg zu versagen gewesen.
Zu den "Haftbedingungen" sei festzuhalten, daß nach Art. 3 MRK niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden dürfe. Gemäß Art. I Abs. 4 des BVG vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit sei jemand, der festgenommen oder angehalten werde, unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und dürfe nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig seien.
Angesichts der getroffenen Feststellungen vermöge die belangte Behörde nicht zu erkennen, daß bei der Anhaltung des Beschwerdeführers in den beschriebenen Arresträumlichkeiten nicht mit möglichster Schonung seiner Person unter Achtung seiner Menschenwürde vorgegangen worden wäre. Selbst wenn die Anhaltung des Beschwerdeführers in einer nicht besonders großen und auch nicht sehr hellen Zelle erfolgt und die Unterbringung mit gewissen Härten verbunden gewesen sei, könne - auch im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes - keinesfalls von einer "menschenunwürdigen Unterbringung" gesprochen werden. Da der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet habe, "in den Arresträumlichkeiten wäre die Luft schlecht gewesen", sei ein weiteres Beweisverfahren zur Klärung der Frage, ob in der vom Beschwerdeführer benützten Zelle das Fenster tatsächlich nicht zu öffnen gewesen sei, unterblieben. Zur persönlichen Behandlung des Beschwerdeführers durch die beteiligten Organe des Militärs habe der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich betont, daß sich diese ihm gegenüber "menschlich und persönlich korrekt verhalten hätten, weswegen auch insoferne eine die Menschenwürde beeinträchtigende oder schonungslose Behandlung nicht anzunehmen ist". Aus diesen Gründen sei auch der Beschwerde im Hinblick auf die gerügten Haftbedingungen der Erfolg zu verwehren gewesen.
Die Behandlung der vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 27. September 1994,
B 1824/93-6, abgelehnt. In der antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich "in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf rechtmäßige Sachentscheidung, und damit in der Folge in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf
a) menschenwürdige Behandlung und b) ein faires, dem Gesetz entsprechendes Verfahren" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahren vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, daß im Beschwerdefall im Hinblick auf die zeitliche Lagerung (angefochtener Bescheid vom September 1993) das Heeresdiziplinargesetz 1985 (HDG), BGBl. Nr. 294 (und nicht das Heeresdiziplinargesetz 1994, BGBl. Nr. 522), anzuwenden ist.
Zu Recht ging die belangte Behörde auch grundsätzlich von der Anwendbarkeit des HDG auf den Beschwerdefall aus. Nach § 1 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. ist das HDG auf Soldaten anzuwenden, wobei nach Abs. 2 dieser Bestimmung zu den Soldaten auch die Personen gehören, die Präsenzdienst leisten (§ 1 Abs. 3 Z. 1 Wehrgesetz 1990, BGBl. Nr. 305).
Die Beschwerde läßt den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt unbestritten. Der Beschwerdeführer releviert allerdings insbesondere die Frage, welche "Rechtsqualität von Anordnungen durch Organe der Heeresverwaltung im gegebenen Fall" vorliege; vor allem was ein "Befehl" sei. Es sei auch die Frage zu beantworten, "wo die Abgrenzung zwischen der Anwendbarkeit des AVG und dem Geltungsbereich der Weisung im Sinne des Art. 20 (1) B-VG zu ziehen" sei (bei der im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht wäre Art. II Abs. 2 lit. A Z. 27 EGVG sinnentlehrt).
Art. II Abs. 2 lit. A Z. 27 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 (EGVG) ordnet an, daß das AVG und das VStG auf das behördliche Verfahren der Militärkommanden anzuwenden ist. Abgesehen davon, daß gemäß Art. II Abs. 6 Z. 3 EGVG die Verwaltungsverfahrensgesetze (soweit nicht ausdrücklich etwa anderes bestimmt ist) wiederum keine Anwendung finden bei der Verfolgung und Bestrafung der Verletzung von Standespflichten durch Organe, die ausschließlich oder doch zum Teil aus Angehörigen des im Betracht kommenden Berufsstandes gebildet sind (Diziplinarverfahren; vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1985, 84/09/0151, 84/09/0152), bestimmt Art. II Abs. 6 Z. 7 leg. cit. demgegenüber ausdrücklich, daß die Verwaltungsverfahrensgesetze auf Akte der militärischen Befehlsgewalt nicht anwendbar sind. Akte der militärischen Befehlsgewalt sind Weisungen im Sinn des Art. 20 Abs. 1 B-VG und als solche nicht das Ergebnis eines förmlichen Verwaltungsverfahrens (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze11, Anmerkung 57 zu Art. II EGVG). Die maßgebende Rechtsgrundlage für die Befolgung von Befehlen beim Bundesheer findet sich in den Bestimmungen des - auch von der belangten Behörde herangezogenen - § 47 Abs. 3 bis 5 WG 1990. Zum Rechtscharakter der Befehle hat weiters der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. Dezember 1970, B 71/70 = VfSlg. 6.340, ausgesprochen, daß die Unterstellung der Befehle von Vorgesetzten an untergebene Soldaten unter den Weisungsbegriff des Art. 20 Abs. 1 B-VG zu Recht besteht (zur zentralen Bedeutung des Befehls und der komplementären Gehorsamspflicht im Bereich der Landesverteidigung siehe weiters das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Mai 1996, 95/09/0004).
§ 47 Abs. 3 WG, der auch die rechtliche Grundlage für die näheren Regelungen seitens der auf Verordnungsstufe stehenden ADV (vgl. § 13 WG) bildet (insbesondere § 7 ADV), bestimmt, daß die Befehle der Vorgesetzten pünktlich und genau zu befolgen sind; der Untergebene hat allen ihren Weisungen zu gehorchen. Der Untergebene kann die Befolgung eines Befehles nur dann ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt wurde oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde (Art. 20 Abs. 1 B-VG). § 47 Abs. 4 leg. cit. normiert weiters, daß allen Soldaten das Recht zusteht, Wünsche vorzubringen, Vorstellungen zu erheben und über erlittenes Unrecht Beschwerde zu führen. Beschwerden über Befehle, deren sofortige Ausführung aufgetragen wurde, sind erst nach deren Vollzug gestattet. Die Gehorsamsverweigerung und jede andere Verletzung der militärischen Pflichten werden nach § 47 Abs. 5 WG nach den Straf- und Diziplinarvorschriften geahndet.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann aber nicht gesagt werden, daß der Beschwerdeführer mit seinen wiederholten Befehlsverweigerungen im Zusammenhang mit der Ausfassung der "Grundbekleidung und Ausrüstung" bzw. dem Anziehen der Uniform (beschwerdefallbezogen) am 5. Oktober 1992 keine Pflichtverletzungen nach § 2 Abs. 1 Z. 1 HDG zu verantworten gehabt hätte. Dieses wiederholte Zuwiderhandeln gegenüber den dem Beschwerdeführer erteilten Befehlen wird auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Damit war aber grundsätzlich der Tatbestand des § 41 Abs. 1 HDG erfüllt, wonach ein Soldat, der im Verdacht einer Pflichtverletzung steht, vorläufig festzunehmen ist, wenn er trotz Abmahnung in der Fortsetzung der Pflichtverletzung verharrt oder sie zu wiederholen sucht (§ 41 Abs. 1 Z. 3 leg. cit.). In der vorläufigen Festnahme des Beschwerdeführers am 5. Oktober 1992 kann sohin im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.
Nach § 41 Abs. 6 HDG gilt für die Verwahrung vorläufig Festgenommener im Haftraum § 45 Abs. 7 bis 10 HDG sinngemäß.
Gemäß § 45 Abs. 8 HDG sind bei der Vollstreckung der Diziplinarhaft die Bestraften unter Achtung ihres Ehrgefühles und ihrer Menschenwürde zu behandeln. Die Bestraften haben alles zu unterlassen, was die Sicherheit und Ordnung der Vollstreckung gefährden könnte. Die Bestraften sind nach § 45 Abs. 9 HDG in einfach und zweckmäßig eingerichteten Hafträumen mit ausreichendem Luftraum und genügendem Tageslicht unterzubringen. Dem Bestraften ist die erforderliche Gelegenheit zur Körperpflege und zum Aufsuchen der Toiletteanlagen zu geben.
Bei der vorläufigen Festnahme nach § 41 HDG handelt es sich um eine eigenständige im HDG vorgesehene Sicherungsmaßnahme, sodaß sich die belangte Behörde mit Abgrenzungsfragen zwischen "Beugestrafe, Festnahme und Haft" nicht auseinandersetzen mußte. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß mit der Unterbringung des Beschwerdeführers im Haftraum gegen vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechte verstoßen worden wäre. Die Beschwerde läßt die im angefochtenen Bescheid zu den Haftbedingungen erfolgten Feststellungen unbekämpft, wobei im angefochtenen Bescheid - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - seitens der belangten Behörde auch ausgeführt wurde, warum sie die Unterbringung und Behandlung des Beschwerdeführers als "angemessen" bzw. als nicht gegen die Menschenwürde verstoßend erachtete. Daß laut Beschwerdevorbringen die "Einmahnung besserer Bedingungen" seitens des Beschwerdeführers u.a. mit der Antwort quittiert worden sei, "was anderes haben wir nicht", zeigt für sich allein ebenfalls noch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die Beschwerde war daher insgesamt nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1994090351.X00Im RIS seit
20.11.2000