TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/18 LVwG-M-15/001-2019

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Veröffentlicht am 18.02.2020
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Entscheidungsdatum

18.02.2020

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
VwGVG 2014 §28 Abs6
HundehalteG NÖ 2010 §10 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Ing. Mag. Andreas Ferschner als Einzelrichter über die Beschwerde der A, vertreten durch die B rechtsanwälte og in ***, ***, betreffend die Amtshandlung vom 17.05.2019 (zwangsweise Abnahme eines Hundes) und andauernde Maßnahmen (langandauernde Verwahrung) durch den Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Tulln, C, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung, zu Recht:

1.   Gemäß § 28 Abs. 1, 2 und 6 VwGVG wird der Beschwerde, soweit sie sich gegen die zwangsweise Abnahme des Hundes „D“, Australian Cattledog, weiblich, geboren ***, Kurzhaarmix, schwarzbraun gefärbt, durch den Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Tulln, C, und der an der Amtshandlung beteiligten Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Baden, E, beide für die Stadtgemeinde *** handelnd, richtet, Folge gegeben und die Maßnahme für rechtswidrig erklärt.

2.   Die unterlegene Partei, die Stadtgemeinde ***, der die zwangsweise Abnahme des Hundes „D“ als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die maßnahmensetzenden Organe zuzurechnen ist, hat der Beschwerdeführerin als obsiegende Partei, zu Handen der Beschwerdeführervertreter, gemäß § 35 Abs. 1, 2 und 4 Z 1 und 3 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 1 und 2 VwG-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 517/2013 idgF) Aufwandersatz in der Höhe von 1.659,60 Euro (Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) sowie die Eingabegebühr in der Höhe von 30,00 Euro, insgesamt sohin 1.689,60 Euro, binnen der angemessenen Frist von 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nach Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.       Gang des Verfahrens:

Mit Eingabe vom 25.06.2019 brachte die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung eine Maßnahmenbeschwerde ein, welche sie wie folgt begründete (Fettdruck und Unterstreichungen im Original):

„(…)

A. Sachverhalt

1)    Am 08.05.2019 ereignete sich ein Vorfall, bei welchem der Hund „D“ über den 180 cm großen Zaun der Beschwerdeführerin sprang, weglief und einen anderen Hund anfiel.

2)   Mit Mandatsbescheid vom 16.5.2019 zur Zahl *** sprach der Bürgermeister der Stadtgemeinde *** aus, dass der Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 2 NÖ Hundehaltergesetz iVm § 57 Abs. 1 AVG das Halten des Hundes „D“, angemeldet bei der Stadtgemeinde *** unter dem Namen „F“, Hundenr. ***, Chipnummer ***, Australian Cattledog, weiblich, geboren ***, Kurzhaarmix, schwarzbraun gefärbt, mit sofortiger Wirkung untersagt werde, da behördlich angenommen werden muss, dass die Hundehalterin nicht in der Lage sei, den Hund so zu halten, dass eine Gefährdung von Menschen abgewendet werden könne.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung.

3)   Der Hund D wurde am 17.5.2019 durch den Amtstierarzt C, Bezirkshauptmannschaft Tulln, Fachgebiet Veterinärwesen, abgenommen und seither der Beschwerdeführerin entzogen. Der Abnahme lag kein vorangehender Bescheid zu Grunde.

4)   Das gegen die Beschwerdeführerin eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 Abs 1 StGB zu
*** der Staatsanwaltschaft *** wurde am 29.05.2019 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, da der Beschuldigten keine Sorgfaltsverletzung und keine Vorhersehbarkeit nachgewiesen werden konnte.

5)   Wider das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren zu *** der Bezirkshauptmannschaft Tulln wegen des Verdachts des Verstoßes gegen
§ 10 des NÖ Hundehaltegesetzes wurde fristgerecht Einspruch erhoben. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

B. Angaben zur Rechtzeitigkeit

Der verfahrensgegenständliche Hund wurde am 17.05.2019 von Seiten des Amtstierarztes C, Bezirkshauptmannschaft Tulln, abgenommen. An diesem Tag erlangte die Beschwerdeführerin Kenntnis von der Maßnahme, sodass der Fristlauf mit diesem Tag anzusetzen ist.

C. Beschwerdepunkte

Geltend gemacht werden die Beschwerdepunkte der

?    Rechtswidrigkeit des Inhaltes,

?    Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften und

?    unrichtige rechtlichen Beurteilung.

D. Beschwerdebegründung

1)   Liegt der Verdacht einer verfallsbedrohten Handlung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, so kann die Behörde gemäß § 39 Abs 1 VStG zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.

Nach der Rechtsprechung liegt Gefahr im Verzug vor, wenn für den Fall der Nichtbeschlagnahme die Fortsetzung der strafbaren Handlung wahrscheinlich ist, oder eine Verbringung der Gegenstände, die von der Strafe des Verfalls bedroht sind mit dem Ziel sie dem Zugriff der Behörde zu entziehen, zu erwarten ist oder, wenn Verdunkelungsgefahr besteht (VwGH 14.11.2001, 2001/03/0218).

Der Hund befand sich schon im Zeitpunkt der Abnahme gar nicht mehr bei der Beschwerdeführerin, sondern in der Zuchtstätte der Frau G,
***, ***, welche regelmäßig vom Amtstierarzt kontrolliert wird. Die Hündin sollte dort von einem der Rüden belegt werden und anschließend zur Miteigentümerin von D, Frau H, verbracht werden.

Sohin hat die Beschwerdeführerin den Hund bald nach dem Vorfall und daher der neuen Erkenntnis, dass der Hund selbst einen Zaun von 180 cm überwinden kann, in die Obhut der sicheren Zuchtstätte übergeben. Eine Fortsetzung der strafbaren Handlung ist daher nicht nur unwahrscheinlich, sondern unter diesen Bedingungen sogar auszuschließen. Durch die Übergabe des Hundes an den Ort der Zuchtstätte wollte die Beschwerdeführerin den Hund auf gar keinen Fall verbringen, sondern eine weitere Gefährdung von Mensch und Tier hintanhalten. Dies war der belangten Behörde auch bekannt, da die Beschwerdeführerin Herrn I (Stadt ***) mehrfach telefonisch auf diese Tatsache darauf hinwies. Eine Abnahme wurde dennoch veranlasst.

Zusammengefasst lag daher Gefahr im Verzug nicht vor, da der Hund im Zeitpunkt der Abnahme nicht mehr bei der Antragstellerin untergebracht war.

Beweis:  PV

                  Zeugin G, ***, ***

                  Zeugin H, ***, ***

                  Weitere Beweise vorbehalten

2)   Wie bereits ausgeführt, können gemäß § 39 Abs 2 VStG die Organe der öffentlichen Aufsicht bei Gefahr im Verzug aus eigener Macht solche Gegenstände vorläufig in Beschlag nehmen, für welche der Verfall als Strafe vorgesehen ist.

Die Behörde kann die Beschlagnahme entweder aufheben oder unverzüglich einen Bescheid über die Beschlagnahme der Gegenstände erlassen (siehe z.B. VfSlg 11.820/1988: Beschlagnahme am 23.12., spätestens nach den Fenstertagen am 7.1. wäre eine Bescheiderlassung möglich gewesen, siehe auch VwGH 30.1.1991, 89/01/0442).

     Trotz des unmissverständlichen Wortlautes des § 39 VStG, wonach der Hund vorläufig in Beschlag genommen werden kann, ist der Hund trotz mehrmaliger Aufforderung auf Ausfolgung immer noch im Gewahrsame der Behörde bzw. des Tierheims. Ein Bescheid betreffend die Beschlagnahme wurde noch nicht erlassen, obwohl die Behörde angesichts des langen Zeitraums (der Hund wurde am 17.5. in Beschlag genommen!) sehr wohl dazu in der Lage gewesen wäre. Ein Beschlagnahmebescheid wird (wenn überhaupt) erst mir sehr großer Verspätung ergehen. Ein Rechtfertigungsgrund ist nicht ersichtlich, zumal der Hund nicht mehr bei der Beschwerdeführerin untergebracht war.

Dementsprechend ist die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Eigentum verletzt. Die Vorgehensweise der Behörde entspricht einer Enteignung.

3)   Außerdem liegt kein Gegenstand vor, welcher dem Verfall unterliegt: Sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anders bestimmen, dürfen gemäß § 17 VStG solche Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, dass die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.

Eine besondere Vorschrift hinsichtlich des Verfalls sieht das Hundehaltegesetz nicht vor, es schreibt lediglich vor, dass Hunde, die Gegenstand einer strafbaren Handlung sind, für verfallen erklärt werden können. Zur Sicherung des Verfalls beschlagnahmter Hunde sind diese bis zur Rechtskraft der Verfallserklärung auf Kosten des Hundehalters einem Tierheim zur Verwahrung zu übergeben. Im Falle der rechtskräftigen Verfallerklärung trägt der Hundehalter die Kosten der Verwahrung und allfälliger weitergehender Maßnahmen nach den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes (§ 10 Abs 3 Hundehaltegesetz).

Die Beschwerdeführerin hat die Hälfte des Hundes Frau H geschenkt, dies ergibt sich insbesondere aus der Zuchtzulassungsurkunde, in der beide als Eigentümerinnen aufscheinen.

Befindet sich ein Hund im Miteigentum des Täters und einer anderen, unabhängigen Person, so können im Sinne des oben zitierten § 17 VStG nur solche Hunde für verfallen erklärt werden, welche dem Täter vom Verfügungsberechtigten überlassen wurden, obwohl dieser hätte erkennen müssen, dass die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.

Die Miteigentümerin Frau H hat nicht einmal fahrlässig dazu beigetragen, dass eine strafbare Handlung begangen wird. Mangels entsprechenden schuldhaften Beitrags liegen die Voraussetzungen für einen Verfallsausspruch nicht vor, weshalb auch die Beschlagnahme zu Unrecht erfolgt ist.

Beweis:         wie bisher;

Zuchtzulassungsurkunde (Beilage ./1);

Weitere Beweise vorbehalten

4)   Die Beschwerdeführerin hat weder einen Sorgfaltsverstoß gesetzt noch war der Angriff ihres Hundes in irgendeiner Art und Weise vorhersehbar gewesen.

Kurz vor dem Entweichen von D erhöhte die Beschwerdeführerin den Zaun auf ihrem Grundstück auf eine Höhe von circa 180 cm. Der Hund war mit der Beschwerdeführerin bereits zuvor mehrmals in der Hundezone *** gewesen, welche mit einem Zaun von 160 cm umgeben ist. Diesen Zaun hatte der Hund nie überwunden. Am gegenständlichen Tag (8.5.2019) befand sich die Beschwerdeführerin mit dem Hund im Garten. Plötzlich und ohne Vorwarnung sprang der Hund über den Zaun und lief auf das angrenzende Grundstück. Die Beschwerdeführerin machte sich sofort auf dem Weg um den Hund wieder einzufangen.

Es war nicht absehbar und auch nicht zu vermuten, dass der Hund tatsächlich eine Höhe von 180 cm überwinden kann. Dies umso mehr, da der Hund den Zaun der Hundezone von 160 cm noch nie überwunden hatte. Der Hund war auch nicht allein und unbeaufsichtigt im Garten. Trotz sofortiger Maßnahme konnte die Antragstellerin jedoch – auch aufgrund des Überraschungsmomentes, dass der Hund tatsächlich so hochspringen kann – das Entweichen nicht verhindern.

Hätte die Beschwerdeführerin gewusst, dass der Hund so hochspringen kann, hätte sie jedenfalls eine höhere Umzäunung vorgenommen. Sie wird dies natürlich jetzt nach Kenntnis umgehend vornehmen.

Zusammengefasst war der Angriff nicht vorhersehbar. Die Beschwerdeführerin hat auch keinen Sorgfaltsverstoß gesetzt. Aus diesen Gründen wurde auch das eingeleitete Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft *** gegen die Beschwerdeführerin eingestellt.

Beweis:         wie bisher;

                  Aktenabschrift zum Strafverfahren *** (Beilage ./2);

                  Weitere Beweise vorbehalten

E. Begehren

Aus den oben angeführten Gründen stellt die Beschwerdeführerin die

A N T R Ä G E

das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge

1.    den angefochtenen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der belangten Behörde vom 17.5.2019, nämlich die Abnahme der Hündin „D“ durch den Amtstierarzt C, Bezirkshauptmannschaft Tulln, Fachgebiet Veterinärwesen, für rechtswidrig erklären;

2.    eine mündliche Verhandlung nach § 24 VwGVG durchführen und

3.    erkennen, der zuständige Rechtsträger (Land Niederösterreich) ist schuldig, der Beschwerdeführerin die durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zu Handen der ausgewiesenen Rechtsvertreter binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.“

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelte der Bezirkshauptmannschaft Tulln im Rahmen des Parteiengehörs die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde und räumte dieser insbesondere eine Frist zur Stellungnahme ein.

Mit Schreiben vom 09. Oktober 2019 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Tulln den vollständigen Verwaltungsakt zur Zl. ***; eine Stellungnahme erfolgte nicht.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 12.11.2019, fortgesetzt am 17.12.2019, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und Beweis erhoben durch die Einvernahme der Beschwerdeführerin und der Zeugen
C, H, G und I sowie durch Verlesung des Verwaltungsaktes und Einsichtnahme in die vorgelegten Urkunden.

Seitens der Beschwerdeführerin wurde im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 17.12.2019 ergänzend vorgebracht, dass aufgrund der Angaben des Amtstierarztes, Herrn C, in der Verhandlung vom 12.11.2019 feststehe, dass keine Gefahr im Verzug vorgelegen habe, da ihm vor Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes telefonisch mitgeteilt worden sei, dass sich der Hund zum Decken bei Frau G befinde. Eine Fortsetzung der strafbaren Handlung (Verstoß gegen § 1 NÖ Hundehaltegesetz) durch die Beschwerdeführerin sei demnach ausgeschlossen gewesen. Die Behörde habe gewusst, dass der verfahrensgegenständliche Hund nach dem Decken bei Frau H untergebracht werden sollte und sei dennoch eine Woche nach dem Vorfall vom 08.05.2019 die zwangsweise Abnahme am 17.05.2019 veranlasst worden, obwohl das Hundehalteverbot zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht rechtskräftig gewesen sei. Im Übrigen habe auch die Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Baden bestätigt, dass ihr Frau G als Züchterin bekannt sei und diese einen Deckrüden der Rasse „Australian Cattledog“ besitze.

2.       Feststellungen:

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin sowie Frau H waren zum Zeitpunkt der zwangsweisen Abnahme (17.05.2019) jeweils Hälfteeigentümerinnen des Hundes „D“, Australian Cattledog, weiblich, geboren ***, Kurzhaarmix, schwarzbraun gefärbt. Dieser Hund hielt sich bei der Beschwerdeführerin auf bzw. wurde von dieser an ihrer Wohnadresse in *** gehalten. Frau H erwarb ihr Hälfteeigentum am 07.05.2019 im Zusammenhang mit einer geplanten Züchtung.

In der Vergangenheit wurde der verfahrensgegenständliche Hund wiederholt auffällig bzw. gab es über das Bürgerservice der Stadtgemeinde *** mehrfach Beschwerden, weshalb die Hundehaltung durch die Beschwerdeführerin bereits seit Längerem unter Beobachtung des Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft Tulln bzw. der Stadtgemeinde *** erfolgte. So war es der Beschwerdeführerin nach einem Vorfall, bei dem der verfahrensgegenständliche Hund einen Chihuahua tödlich verletzt hatte, nur mehr erlaubt, ihren Hund mit Leine und Beißkorb auszuführen.

Am 08.05.2019 ereignete sich ein Vorfall, bei welchem der Hund „D“ über den 180 cm großen Zaun der Beschwerdeführerin sprang, weglief und einen anderen Hund sowie deren Halterin Bissverletzungen zufügte. Diesbezüglich wurde dem Fachgebiet Strafen der Bezirkshauptmannschaft Tulln am Nachmittag des 16.05.2019 durch den Amtstierarzt eine „Hundebissanzeige“ der Polizeiinspektion *** übermittelt und um Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens ersucht. Von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Tulln wurde daraufhin zur Zl. *** ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachtes der Übertretung nach § 10 Abs. 1 Z 1 iVm § 1 Abs. 1 NÖ Hundehaltegesetz geführt, welches in weiterer Folge gemäß § 45 VStG eingestellt wurde. Auch das zur GZ. *** der Staatsanwaltschaft *** gegen die Beschwerdeführerin geführte Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 Abs. 1 StGB wurde eingestellt, weil der Beschwerdeführerin keine Sorgfaltspflichtverletzung und keine Vorhersehbarkeit nachgewiesen werden konnte.

Mit Mandatsbescheid vom 16.05.2019 zur Zl. *** sprach der Bürgermeister der Stadtgemeinde *** aus, dass der Beschwerdeführerin gemäß
§ 6 Abs. 2 NÖ Hundehaltegesetz iVm § 57 Abs. 1 AVG das Halten des Hundes „D“, angemeldet bei der Stadtgemeinde *** unter dem Namen „F“, Hundenr. ***, Chipnummer ***, Australian Cattledog, weiblich, geboren ***, Kurzhaarmix, schwarzbraun gefärbt, mit sofortiger Wirkung untersagt werde. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am Nachmittag des 16.05.2019 persönlich übergeben und weiters auch mit Paketklebeband an ihrer Haustür befestigt. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung.

Von Seiten der Stadtgemeinde *** wurde versucht, die Angelegenheit im Rahmen eines persönlichen Termins mit der Beschwerdeführerin zu besprechen, was jedoch scheiterte. Anlässlich mehrerer Telefongespräche im Laufe des 17.05.2019 erklärte die Beschwerdeführerin Herrn I von der Stadtgemeinde *** zunächst, mit dem verfahrensgegenständlichen Hund nach Deutschland unterwegs zu sein und nicht mehr umkehren zu wollen sowie anschließend, mit dem Hund zur Untersuchung beim Tierarzt zu sein, da dieser in weiterer Folge gedeckt werden soll. Dabei war auch geplant, dass der Hund mitsamt seinen Welpen in den ersten rund vier Monaten nach der Geburt bei der Züchterin und Miteigentümerin, Frau H, verbleiben soll. Danach hätte der Hund an die Beschwerdeführerin zurückgegeben und das Miteigentum von Frau H enden sollen. Auf Seiten der Stadtgemeinde *** bzw. bei Herrn I entstand jedoch der Eindruck, dass die Beschwerdeführerin versuche, der Behörde den Zugriff auf den Hund zu verunmöglichen und ging er davon aus, dass der verfahrensgegenständliche Hund nach dem Decken wieder bei der Beschwerdeführerin gewesen wäre.

Noch am 17.05.2019 erfolgte durch den Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Tulln bzw. durch die von diesem ersuchte Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Baden, Frau E, die zwangsweise Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes auf Grundlage der Bestimmungen des
NÖ Hundehaltegesetzes aufgrund aufrechtem Hundehalteverbotes. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Hund bei G in *** zum Decken und waren der Stadtgemeinde *** die Eigentumsverhältnisse am verfahrensgegenständlichen Hund unbekannt. Ein Vollstreckungsverfahren im Hinblick auf den Mandatsbescheid vom 16.05.2019 war bei der Bezirkshauptmannschaft Tulln zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeleitet, auch eine diesbezügliche Vollstreckungsverfügung war zu diesem Zeitpunkt nicht erlassen.

Der Amtstierarzt, der Kenntnis von der Auffälligkeit des verfahrensgegenständlichen Hundes hatte, erachtete dessen zwangsweise Abnahme samt Verwahrung im Tierheim als erforderlich, um weitere Angriffe durch den Hund auf Mensch und Tier hintanzuhalten. Das Einschreiten erfolgte in Absprache bzw. in Auftrag der Stadtgemeinde *** im Hinblick auf das mit Mandatsbescheid erlassene Hundehalteverbot; eine Beschlagnahmeanordnung durch die Strafabteilung der Bezirkshauptmannschaft Tulln lag nicht vor.

Der verfahrensgegenständliche Hund wurde in weiterer Folge zunächst im Tierheim *** sowie anschließend im Tierheim *** untergebracht und letztlich am 30.07.2019 an Frau J als bevollmächtigte Vertreterin von Frau H ausgefolgt.

3.       Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt, insbesondere die chronologische Abfolge der Geschehnisse, ergibt sich im Wesentlichen aus dem Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensaktes in Zusammenschau mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den gleichlautenden Aussagen der in den mündlichen Beschwerdeverhandlungen einvernommenen Personen. Auch der Ablauf der Amtshandlung wurde von den Parteien weitestgehend gleichlautend geschildert.

Unterschiedliche Schilderungen liegen lediglich hinsichtlich der Frage vor, was im Rahmen der Telefongespräche vom 17.05.2019 bzw. im Vorfeld der zwangsweisen Abnahme des Hundes zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn I zum Verbleib des Hundes tatsächlich besprochen wurde. Diesbezüglich war den durchwegs glaubwürdigen Aussagen des als Zeugen unter Wahrheitspflicht einvernommenen Vertreters der Stadtgemeinde ***, Herrn I, zu folgen, dessen Angaben auch in den Sachverhaltsschilderungen des als Zeugen einvernommenen Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft Tulln, Herrn C, Deckung finden.

Dass die Erlassung des Mandatsbescheides durch den Bürgermeister der Stadtgemeinde *** am 16.05.2019 durchaus anlassbezogen war, ergibt sich bereits aus dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Verfahrensaktes zur
Zl. *** im Zusammenhalt mit den in Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 12.11.2019 getätigten Angaben des Amtstierarztes. Dem Akteninhalt sind mehrere (Biss-)Vorfälle im Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Hund sowie zahlreiche Beschwerden zu entnehmen, sodass die Verhängung des Hundehalteverbotes am 16.05.2019 auch nicht schikanös oder überschießend erscheint.

Dass zum Zeitpunkt der zwangsweisen Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes im Hinblick auf den Mandatsbescheid vom 16.05.2019 noch kein Vollstreckungsverfahren bei der Bezirkshauptmannschaft Tulln eingeleitet war und auch keine diesbezügliche Vollstreckungsverfügung erlassen wurde, ergibt sich aus dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Verfahrensaktes, in welchem derartige Unterlagen nicht aufzufinden sind. Auch wurde von keiner der am Verfahren beteiligten Personen jemals ein diesbezügliches Vorbringen erstattet.

Die Feststellung, wonach die zwangsweise Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes mit den Vertretern der Stadtgemeinde *** akkordiert war bzw. in deren Auftrag erfolgte, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem E-Mail der Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 20.05.2019, ebenso wie aus den übereinstimmenden Angaben des Amtstierarztes, Herrn C („(…) Es wurde mit der Gemeinde koordiniert, dass am 17.05.2019 das Hundehalteverbot erlassen wird und gleichzeitig der Hund abgenommen werden soll. (…) Ich habe dann die Amtstierärztin Frau E angerufen (…). Ich habe sie beauftragt, den Hund sicherzustellen, da es ein aufrechtes Hundehalteverbot in *** gibt. (…)“), sowie des Vertreters der belangten Behörde, Herrn I („(…) Es hat dann der Kollege C die Kollegin in *** kontaktiert und diese dann die Abnahme durchgeführt, dies im Auftrag der Stadtgemeinde ***. (…) Aus Sicht der Stadt *** haben wir uns im Rahmen des Hundehaltegesetzes bewegt (…).“). Für das erkennende Gericht bestand im Hinblick auf die Übereinstimmung dieser Angaben mit dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Aktes keinerlei Anlass, am Tätigwerden des Amtstierarztes im Auftrag mit der Stadtgemeinde *** zu zweifeln.

Die Feststellung, wonach seitens der Strafabteilung der Bezirkshauptmannschaft Tulln die Beschlagnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes nicht angeordnet wurde, wurde getroffen, da im gesamten Verfahren diesbezüglich weder Unterlagen vorgelegt noch Vorbringen erstattet wurde.

4.       Rechtslage:

4.1.    Die hier maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Hundehaltegesetzes,
LGBl. 4001-0 idgF, lauten:

§ 1. Allgemeine Anforderungen für das Halten von Hunden

(1) Wer einen Hund hält, muss die dafür erforderliche Eignung aufweisen und hat das Tier in einer Weise zu führen und zu verwahren, dass Menschen und Tiere nicht gefährdet oder unzumutbar belästigt werden können.

(2) Ein Hund darf ohne Aufsicht nur auf Grundstücken oder in sonstigen Objekten verwahrt werden, deren Einfriedungen so hergestellt und instand gehalten sind, dass das Tier das Grundstück aus eigenem Antrieb nicht verlassen kann.

(3) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet:

1. öffentlicher Ort: ein Ort, der für jedermann frei oder unter den gleichen Bedingungen zugänglich ist;

2. Ortsbereich: ein funktional und baulich zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes.

§ 10. Verwaltungsübertretungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

1. gegen die Bestimmungen des § 1 verstößt,

2. (…)

(2) Verwaltungsübertretungen sind, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu € 10.000,– und im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen, im Falle einer Bestrafung gemäß Abs. 1 Z 2, 3, 5a, 9 und 11 mit einer Geldstrafe bis zu € 7.000,– und im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 3 Wochen zu bestrafen.

(3) Hunde, die Gegenstand einer strafbaren Handlung sind, können, außer bei einer Bestrafung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2, 3, 5a, 9 und 11für verfallen erklärt werden. Zur Sicherung des Verfalls beschlagnahmte Hunde sind bis zur Rechtskraft der Verfallserklärung auf Kosten des Hundehalters oder der Hundehalterin einem Tierheim zur Verwahrung zu übergeben. Im Falle der rechtskräftigen Verfallserklärung trägt der Hundehalter oder die Hundehalterin die Kosten der Verwahrung und allfälliger weitergehender Maßnahmen nach den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes BGBl. I Nr. 118/2004 in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2018.

(4) (…)

§ 12. Eigener Wirkungsbereich

Die Gemeinden haben die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben, mit Ausnahme der Ausübung des Verwaltungsstrafrechtes, im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.

4.2.    Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991 idgF, lauten:

§ 17. Verfall

(1) Sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, dürfen nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, dass die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.

(2) Gegenstände, die nach Abs. 1 verfallsbedroht sind, hinsichtlich deren aber eine an der strafbaren Handlung nicht als Täter oder Mitschuldiger beteiligte Person ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht nachweist, dürfen nur für verfallen erklärt werden, wenn die betreffende Person fahrlässig dazu beigetragen hat, dass mit diesem Gegenstand die strafbare Handlung begangen wurde, oder bei Erwerb ihres Rechtes von der Begehung der den Verfall begründenden strafbaren Handlung wusste oder hätte wissen müssen.

(3) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden, so kann auf den Verfall selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung solcher Bescheide kann auch durch öffentliche Bekanntmachung bewirkt werden.

§ 39. Beschlagnahme von Verfallsgegenständen

(1) Liegt der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, so kann die Behörde zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.

(2) Bei Gefahr im Verzug können auch die Organe der öffentlichen Aufsicht aus eigener Macht solche Gegenstände vorläufig sicherstellen. Sie haben darüber dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.

(3) Die Behörde kann an Stelle der Beschlagnahme den Erlag eines Geldbetrages anordnen, der dem Wert der der Beschlagnahme unterliegenden Sache entspricht.

(4) Ist die Beschlagnahme anders nicht durchführbar, so können auch dem Verfall nicht unterliegende Behältnisse, in denen sich die mit Beschlag belegten Gegenstände befinden, vorläufig beschlagnahmt werden; sie sind jedoch tunlichst bald zurückzustellen.

(5) (…)

4.3.    Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53/1991 idgF, lauten:

§ 1. Allgemeine Grundsätze

(1) Vorbehaltlich des § 3 Abs. 3 obliegt den Bezirksverwaltungsbehörden

1. (…)

2. soweit durch besondere Vorschriften nicht anderes bestimmt ist,

a) die Vollstreckung der von anderen Behörden des Bundes oder der Länder erlassenen Bescheide;

b) die Vollstreckung der von Gemeindebehörden – ausgenommen die Behörden der Städte mit eigenem Statut – erlassenen Bescheide auf Ersuchen dieser Behörden;

3. (…)

§ 7. Anwendung unmittelbaren Zwanges

Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, kann der einem Vollstreckungstitel entsprechende Zustand durch Anwendung unmittelbaren Zwanges hergestellt werden, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist. Im Fall der Festnahme ist der Festgenommene ehestens, womöglich bei seiner Festnahme, in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme zu unterrichten. Für diese Festnahme gilt weiters § 36 Abs. 2 und 3 VStG.

4.4.    Die hier maßgebliche Bestimmung der NÖ Gemeindeordnung 1973
(NÖ GO 1973), LGBl. 1000-0 idgF, lautet:

§ 62. Vollstreckung

(1) Fällige Gemeindeabgaben sowie sonstige diesen gleichzuhaltende Geldleistungen auf Grund von Entscheidungen der Abgabenbehörden hat der Bürgermeister nach den für die Einhebung, Einbringung und Sicherung der für öffentliche Abgaben des Landes und der Gemeinde geltenden Vorschriften einzubringen.

(2) Um die Vollstreckung nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes von anderen Geld- oder Sachleistungen, Duldungen oder Unterlassungen auf Grund von Entscheidungen der Behörden hat der Bürgermeister die Bezirksverwaltungsbehörde zu ersuchen.

4.5.    Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, lauten:

§ 9. Inhalt der Beschwerde

(1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides oder der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. (…)

(2) Belangte Behörde ist

1. (…)

2. in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG jene Behörde, der die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zuzurechnen ist,

3. (…)

(4) Bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG tritt an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat.

(5) (…)

§ 28. Erkenntnisse

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) (…)

(6) Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

(7) (…)

§ 35. Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

4.6.    Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, lautet:

§ 25a. Revision

(1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) (…)

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

4.7.    Die im gegenständlichen Verfahren maßgebliche Bestimmung des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, lautet auszugsweise:

Artikel 133. (1) (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(5) (…)

5.       Erwägungen:

Die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde erweist sich im Umfang der zwangsweisen Abnahme des Hundes „D“ am 17.05.2019 als begründet.

5.1.    Die Maßnahmenbeschwerde vom 25.06.2019, beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingelangt am 27.06.2019, richtet sich gegen eine Amtshandlung vom 17.05.2019 und ist sohin gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG rechtzeitig.

Nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

Ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt vor,

wenn er von Verwaltungsorganen im Bereich der Hoheitsverwaltung relativ formfrei

gesetzt wird, sich an einen individuell bestimmten Personenkreis wendet und

entweder in Form eines Befehls ergeht, oder in der Anwendung physischen Zwangs

besteht und er durch relative Verfahrensfreiheit gekennzeichnet ist. Darüber hinaus

muss ein Eingriff in Rechte durch Befehl oder Zwang erfolgen.

Zentrales Merkmal derartiger Akte ist sohin die Normativität. Diese manifestiert sich

bei Befehlsakten darin, dass gegenüber dem Adressaten eine bei Nichtbefolgung

unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird bzw. dass aus den

Begleitumständen erkennbar ist, dass eine solche droht, sofern der Betroffene an der

Amtshandlung nicht freiwillig mitwirkt. Voraussetzung für die Maßnahmenqualität

eines behördlichen Befehls ist nach der Rechtsprechung daher ein unmittelbarer

Befolgungsanspruch. Das bedeutet, dass dem Betroffenen bei Nichtbefolgung des

Befehls unmittelbar, d.h. unverzüglich ohne weiteres Verfahren, eine physische

Sanktion droht, wie beispielsweise die zwangsweise Entkleidung oder Festnahme

(vgl. VfSlg. 10.662/1985).

Sofern gegen den Betroffenen kein unmittelbarer physischer Zwang ausgeübt wird

und ein solcher auch nicht unmittelbar droht, kann das Einschreiten eines

Verwaltungsorganes nicht als Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher

Befehls- und Zwangsgewalt gewertet werden (siehe dazu beispielsweise
VwGH 28.02.1997, 96/02/0299).

Die erstgenannten Voraussetzungen bzw. Merkmale eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sind zweifelsfrei gegeben, zumal der Akt von einem Verwaltungsorgan, nämlich dem Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Tulln – unter Beiziehung der Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Baden –, gesetzt wurde und es sich um einen Bereich der Hoheitsverwaltung gehandelt hat. Die Amtshandlung war auch individualisiert, da sie gegen die Beschwerdeführerin gerichtet war, und ebenso verfahrensfrei, zumal der Amtshandlung – wie sich im Nachfolgenden noch zeigen wird – kein Bescheid oder eine sonstige Entscheidung zugrunde lag.

Gegenüber Frau G (bei der sich der Hund im Zeitpunkt der zwangsweisen Abnahme aufhielt) wurde von der durch den Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Tulln ersuchten Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Baden die Beschlagnahme des Hundes erklärt und kann dieser Handlung vor Ort der implizierte Befehl unterstellt werden, das Tier zum Abtransport „freizugeben“. Wenngleich G diese Handlung offenbar duldete, liegt darin keine Freiwilligkeit, sondern ein Befehl, dem G nachkam. Durch die Präsenz der einschreitenden Organe musste G jedenfalls bei Zuwiderhandeln bzw. bei Wiederstand mit physischem Zwang rechnen, weshalb ein Befehlsakt im Sinne der obigen Ausführungen vorlag, der letztlich auf die Rechtsphäre der Beschwerdeführerin als Halterin des Hundes durchschlägt.

5.2.    Wie sich aus der von der Beschwerdeführerin fristgerecht erhobenen Maßnahmenbeschwerde vom 25.06.2019 ergibt, richtet sich diese gegen Handlungen des Amtstierarztes, Herrn C, welche – nach dem ursprünglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin – der Bezirkshauptmannschaft Tulln als belangte Behörde zuzurechnen wären. Anlässlich der fortgesetzten mündlichen Verhandlung am 17.12.2019 konkretisierte die Beschwerdeführerin ihre Maßnahmenbeschwerde jedoch dahingehend, dass belangte Behörde nicht die Bezirkshauptmannschaft Tulln, sondern die Stadtgemeinde *** sei.

§ 12 NÖ Hundehaltegesetz ist zu entnehmen, dass die Gemeinden die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben, mit Ausnahme der Ausübung des Verwaltungsstrafrechtes, im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen haben.

§ 10 Abs. 3 NÖ Hundehaltegesetz normiert die Möglichkeit, dass Hunde, die Gegenstand einer strafbaren Handlung nach dem NÖ Hundehaltegesetz sind, für verfallen erklärt werden können. Dies gilt sowohl für strafbare Handlungen im Zusammenhang mit dem allgemeinen Halten und Führen von Hunden als auch im Besonderen für strafbare Handlungen in Zusammenhang mit Hunden gemäß
§§ 2 und 3 NÖ Hundehaltegesetz. Die Möglichkeit einer Verfallserklärung im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens eröffnet den Verwaltungsstrafbehörden die Möglichkeit, tatgegenständliche Hunde im Verwaltungsstrafverfahren nach der Bestimmung des § 39 VStG zu beschlagnahmen und somit dem Hundehalter zu entziehen, um zukünftige, von diesem Hund ausgehende Gefährdungen von Menschen und Tieren zu vermeiden. Zuständig sind deshalb die Bezirksverwaltungsbehörden, die sich im Rahmen ihres Wirkungsbereiches der dafür notwendigen Organe bedienen können (vgl. zum Ganzen Kommunalakademie NÖ, Rechtliche Aspekte der Hundehaltung in NÖ5 (2012) S 36).

5.3.    Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, war der Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Tulln, Herr C, im Rahmen der zwangsweisen Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes ausschließlich im Auftrag und in Abstimmung mit der Stadtgemeinde *** tätig. Bereits zuvor standen Vertreter der Stadtgemeinde *** und der Amtstierarzt in laufendem Kontakt und war die Durchführung der zwangsweisen Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes am 17.05.2019 auf Grundlage der Bestimmungen des NÖ Hundehaltegesetzes mit den Vertretern der Stadtgemeinde *** akkordiert.

Seitens der Bezirkshauptmannschaft Tulln selbst erfolgte zu keiner Zeit ein Auftrag zur zwangsweisen Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes an den Amtstierarzt (insbesondere auch nicht im Rahmen des gegen die Beschwerdeführerin zur Zl. *** geführten Verwaltungsstrafverfahrens im Sinne einer Beschlagnahmeanordnung).

Aufgrund der getroffenen Feststellungen und der obigen, rechtlichen Ausführungen ergibt sich sohin, dass als belangte Behörde richtigerweise die Stadtgemeinde *** zu benennen gewesen wäre.

Anders als bei Bescheidbeschwerden entfällt bei Maßnahmenbeschwerden gemäß
§ 9 Abs. 4 VwGVG die Bezeichnung der belangten Behörde. Dafür hat eine Maßnahmenbeschwerde gemäß § 9 Abs. 4 VwGVG (soweit zumutbar) die Angabe jenes Organes, das die Maßnahme gesetzt hat, zu enthalten. Sollte die Angabe des handelnden Organes und die damit verbundene Behördenzuordnung in der Beschwerde falsch sein oder sollte sich die Zuordnung erst aufgrund von Erhebungen des Verwaltungsgerichtes ändern, so stellt dies einen verbesserungsfähigen Mangel dar (vgl. VwGH 03.03.2004, 2001/01/0445; vgl. auch Larcher in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 9 Rz 8 (Stand 31.03.2018, rdb.at) mwN und Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 9 VwGVG Rz 54ff (Stand 15.2.2017, rdb.at)).

Aufgrund der in § 9 Abs. 4 VwGVG normierten lex specialis zu § 9 Abs. 1 Z 2 VwGVG war das gegenständliche Maßnahmenbeschwerdeverfahren sohin – entsprechend der Erklärung der Beschwerdeführerin am Ende der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 17.12.2019 – mit der Stadtgemeinde *** als belangten Behörde weiterzuführen, handelt es sich dabei doch gerade nicht um ein nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässiges Auswechseln einer Partei (vgl. dazu etwa VwGH 31.07.2014, 2013/08/0189, mwN).

5.4.    Die gegenständliche Maßnahme wurde aus den nachfolgenden Gründen auch verfahrensfrei gesetzt:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b VVG obliegt den Bezirksverwaltungsbehörden – vorbehaltlich des § 3 Abs. 3 VVG und soweit durch besondere Vorschriften nicht anderes bestimmt ist – die Vollstreckung der von den Gemeindebehörden, ausgenommen die Behörden der Städte mit eigenem Statut – erlassenen Bescheide auf Ersuchen dieser Behörden (vgl. auch § 1a Abs. 1 Z 2 VVG).

Gemäß § 7 VVG kann, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, der einem Vollstreckungstitel entsprechende Zustand durch Anwendung unmittelbaren Zwanges hergestellt werden, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist.

Voraussetzung für eine Vollstreckung nach den Bestimmungen des VVG ist, dass ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens diesem nicht nachgekommen ist (vgl. VwGH 28.04.1992, 92/07/0027, mwN).

Im gegenständlichen Fall deutet zunächst nichts darauf hin, dass die Bezirkshauptmannschaft Tulln durch die Stadtgemeinde *** ausdrücklich um Vollstreckung des Mandatsbescheides vom 16.05.2019 ersucht (vgl. § 62 Abs. 2
NÖ GO 1973) sowie ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet worden wäre und der Amtstierarzt auf dieses Ersuchen hin tätig geworden sei. Dafür spricht auch, dass keinerlei Vollstreckungsverfügung (vgl. § 10 Abs. 2 VVG) existiert, obwohl die Anwendung von Zwang nach § 7 VVG einen Vollstreckungstitel sowie die Anordnung des unmittelbaren Zwanges als Vollstreckungsmittel in einer Vollstreckungsverfügung voraussetzt. Die Ermächtigung zum Einsatz „unmittelbaren Zwanges“ in § 7 VVG darf nämlich nicht dahingehend verstanden werden, dass der Zwang „unmittelbar“ aufgrund von Gesetzen ohne dazwischenliegende Verwaltungsakte ausgeübt werden dürfte (vgl. Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2014)
Rz 992).

Damit steht fest, dass der Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Tulln im gegenständlichen Verfahren auch nicht im Rahmen eines über Ersuchen der Stadtgemeinde *** hin eingeleiteten Vollstreckungsverfahrens für die Bezirkshauptmannschaft Tulln tätig geworden ist, wenngleich ein solches Ersuchen keinen diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Bescheid der ersuchenden Behörde voraussetzen würde (vgl. VwGH 16.03.2012, 2010/05/0035; aA jedoch Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2014) Rz 977).

Wenngleich sohin (im Hinblick auf deren Angaben im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung) der Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Tulln und die Vertreter der Stadtgemeinde *** der Auffassung gewesen sein mögen, die zwangsweise Abnahme in Vollstreckung des Mandatsbescheides vom 16.05.2019 durchführen zu können bzw. durchzuführen, mangelt es doch an einer diesbezüglichen Vollstreckungsverfügung und damit an einem ordnungsgemäß eingeleiteten Vollstreckungsverfahren.

Darüber hinaus wird der Vollständigkeit halber erwähnt, dass es sich bei Vollstreckungshandlungen bereits dem Grunde nach um keine Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (vgl. VwGH 25.01.2000, 98/05/0175) handelt, weshalb sie nicht mit Maßnahmenbeschwerde an das Verwaltungsgericht, sondern mit den Rechtsmitteln des VVG oder einer Klage nach
§ 37 EO bekämpfbar sind (vgl. Hengstschläger/ Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2014) Rz 973). Schließlich ist auch die Anwendung unmittelbaren Zwanges nach
§ 7 VVG nicht selbstständig bekämpfbar, sondern nur im Zusammenhang mit der Vollstreckungsverfügung (vgl. Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2014) Rz 995).

5.5.    Für die Annahme, dass die zwangsweise Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes im Rahmen des bei der Bezirkshauptmannschaft Tulln zur Zl. *** geführten Verwaltungsstrafverfahrens erfolgte, ist aufgrund des entgegenstehenden Inhaltes des von der Bezirkshauptmannschaft Tulln vorgelegten Verfahrensaktes kein Raum. Vielmehr ergibt sich aus dem Akteninhalt im Zusammenhalt mit den Ergebnissen der Einvernahmen – wie festgestellt –, dass der Amtstierarzt im Auftrag der Stadtgemeinde *** auf Grundlage der Bestimmungen des NÖ Hundehaltegesetzes bzw. des zuvor erteilten Hundehalteverbotes tätig wurde. Eine Beschlagnahmeanordnung von Seiten der Strafabteilung der Bezirkshauptmannschaft Tulln findet sich im gegenständlichen Akt demgemäß gerade nicht.

5.6.    Weiters scheidet im gegenständlichen Fall auch ein Tätigwerden des Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft Tulln auf Grundlage der Bestimmungen des Tierschutzgesetzes (insbesondere § 37 TSchG, der eine gesetzliche Grundlage für Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bietet) bereits deshalb aus, weil keine Verstöße gegen §§ 5 bis 7 TSchG, die dem Schutze des Wohlbefindens des Tiers dienen, festgestellt worden sind, sondern vielmehr (bloß) der Beschwerdeführerin das Halten des verfahrensgegenständlichen Hundes verboten wurde.

5.7.    Im Ergebnis kann sohin festgestellt werden, dass es sich bei der zwangsweisen Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes um eine verfahrensfreie Amtshandlung handelte.

5.8.    Eingegriffen wurde durch die Amtshandlung der zwangsweisen Abnahme des verfahrensgegenständlichen Hundes in das durch Art. 5 StGG garantierte Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Die Amtshandlung an sich ist mit einer Beschlagnahme und einer darauffolgenden Entziehung vergleichbar und bedarf es für beide dargestellten Handlungen einer Rechtfertigung.

Im hier zu beurteilenden Fall ist dies – nämlich der sofortige Zugriff aus Sicherungszwecken im Zus

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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