TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/17 W195 2224838-1

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Veröffentlicht am 17.12.2019
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Entscheidungsdatum

17.12.2019

Norm

AVG §35
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W195 2224838-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael Sachs als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von XXXX stellte am XXXX , nachdem er zuvor illegal in das österreichische Bundesgebiet einreiste, einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend gab er bei seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag sowie in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am XXXX - kurz zusammengefasst an - er sei verheiratet und habe eine Tochter. Er habe weder aufgrund seines christlichen Glaubens noch wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Akyem Probleme gehabt, jedoch habe er Probleme mit "Landguards", die nach ihm suchen und umbringen wollen würden. Sein "König" für den er gearbeitet habe, hätte ihm mangels Mithilfe der Polizei geraten, das Land zu verlassen. Er sei aus Angst um sein Leben geflüchtet und auch während der Beschwerdeführer sich in Dansoman versteckt habe, habe er anonyme Anrufe erhalten, dass ihn die "Landguards" finden würden.

Der Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat XXXX abgewiesen. Es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach XXXX ausgesprochen. Für die freiwillige Ausreise bestand keine Frist, ferner wurde der Beschwerde gegen die Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die gegen den Bescheid des BFA vom XXXX erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom XXXX als unbegründet ab.

I.2. Am XXXX stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK und führte begründend im Wesentlichen dazu aus, er habe seit 11 Monaten eine Freundin sowie eine Arbeitszusage für ein Restaurant und helfe wieder als Zeitungsausträger aus, zudem halte er sich bereits seit XXXX im Bundesgebiet auf.

Mit Bescheid vom XXXX wies das BFA den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom XXXX zurück. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte mit Erkenntnis vom XXXX die Entscheidung des BFA und wies die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

I.3. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Den zweiten Antrag auf internationalen Schutz begründete der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag sowie in den Einvernahmen vor dem BFA am XXXX und XXXX im Wesentlichen damit, dass er homosexuell sei und einen Freund habe. In seinem Herkunftsstaat werde er gesucht, da ein Freund seinen Namen verraten habe und er dort als homosexueller Mann ins Gefängnis komme oder getötet werde.

Der Antrag wurde vom BFA mit Bescheid vom XXXX hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach XXXX zulässig ist und keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. Es wurde ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von 2 Jahren erlassen sowie dem Beschwerdeführer aufgetragen im Quartier "BS AIBE BS ost" Unterkunft zu nehmen.

I.4. In Folge verhängte das BFA über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom XXXX eine Mutwillensstrafe in Höhe von EUR 300,00. In der Begründung wird dazu näher ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am XXXX einen ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, welcher sowohl vom BFA als auch mit Erkenntnis des BVwG abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe am XXXX einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt, der gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden sei. Durch die unbegründeten Antragstellungen habe sich der Beschwerdeführer ein vorrübergehendes Aufenthaltsrecht gemäß § 13 AsylG erschlichen und somit offensichtlich Asylmissbrauch betrieben. Aus der Chronologie der Fakten in Verbindung mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers könne die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Asylantragstellung ausschließlich dem Zweck der Erlangung sozialer Unterstützungen in Österreich diene, weshalb die Behörde davon ausgehen müsse, dass dieser Antrag offensichtlich einen Missbrauch des Asylverfahrens darstelle. Durch das rechtsmissbräuchliche prozessuale Verhalten, das sowohl die personellen als auch die finanziellen Ressourcen der belangten Behörde erheblich belaste, habe sich der Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet als auch Leistungen aus der Grundversorgung (Krankenversicherung) erschlichen. Auch der verursachte Vermögensschaden auf Seiten des Bundes als Rechtsträger sei zu berücksichtigen sowie der schädliche Effekt auf die Verfahrensdauer in den Verfahren über Anträge anderer Asylwerber.

I.5. Gegen die Verhängung der Mutwillensstrafe richtet sich die vom Beschwerdeführer, gegenständlich erhobene Beschwerde vom XXXX . Darin wird ausgeführt, dass der Bescheid hinsichtlich des zweiten Asylantrages dem Rechtsvertreter nicht zugestellt worden sei und das Verfahren daher offen erscheine. Unabhängig davon sei die Verhängung einer Mutwillensstrafe unbegründet. Die Behörde bedenke nämlich nicht, dass der Beschwerdeführer als homosexuell veranlagter Mann bei dem offenbar seine Veranlagung auch schon aufgefallen sei, in XXXX , wie in anderen Staaten Afrikas auch, mit erheblicher Diskriminierung bis hin zur Lynchjustiz und/oder Inhaftierung mit aufgrund schlimmer Haftbedingungen langsam eintretendem Tode konkret zu rechnen habe. Zudem sei der Beschwerdeführer mit einem Herrn liiert, der als Asylwerber anerkannt sei und ein gemeinsames Leben in einem anderen Land wäre nicht möglich. Im Übrigen sei mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtschutzeinrichtungen mit äußerster Vorsicht umzugehen und sei dieser nur dann am Platz, wenn für das Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibe. In dem Fall des Beschwerdeführers sei die "andere Erklärung" im Schutz vor Verfolgung in der Heimat zu finden, weshalb eine Bestrafung unzulässig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Zur Begründung des Antrages führte der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag sowie in seiner Einvernahme vor dem BFA am 20.06.2016 aus, er habe Probleme mit "Landguards", die nach ihm suchen und in umbringen wollen würden. Sein "König", für den er gearbeitet habe, hätte ihm mangels Mithilfe der Polizei geraten, das Land zu verlassen. Er sei aus Angst um sein Leben geflüchtet.

1.2. Mit Bescheid vom 11.08.2016 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz zurück. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX als unbegründet ab.

1.3. Am XXXX stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, welcher mit Bescheid vom 12.11.2018, vom BFA zurückgewiesen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte mit Erkenntnis vom XXXX die Entscheidung des BFA und wies die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

1.4. Am XXXX stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz vor dem BFA und stützte seine Fluchtgründe im Wesentlichen auf seine Homosexualität und der daraus resultierenden Gefahr vor Verfolgung im Heimatstaat.

Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, eine neuerliche Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass eine Abschiebung nach XXXX zulässig ist und festgehalten, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. Außerdem wurde ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von 2 Jahren erlassen sowie dem Beschwerdeführer aufgetragen im Quartier "BS AIBE BS ost" Unterkunft zu nehmen. Der Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers per Adresse XXXX am 12.09.2019 per RSa Brief übermittelt, bei der Post-Geschäftsstelle 1172 hinterlegt und eine Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung eingelegt. Am 07.10.2019 wurde der Bescheid an das BFA rückübermittelt.

1.5. In Folge verhängte das BFA über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom XXXX wegen offenbar mutwilliger Inanspruchnahme der Tätigkeit der Behörde eine Mutwillensstrafe in Höhe von EUR 300,00.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, beinhaltend die Niederschriften der Einvernahmen vom 22.07.2019, 02.08.2019 sowie 13.08.2019 des Beschwerdeführers, den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX sowie die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom 24.10.2019. Darüber hinaus wurde eine Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Verfahren des Beschwerdeführers Zlen. W235 2133793- 1 und I404 2133793-2 durchgeführt. Der Sachverhalt ist unstrittig und im für eine Beurteilung erforderlichen Ausmaß dargetan, weshalb von weiteren Erhebungen abgesehen werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.1. Zur Stattgebung der Beschwerde:

§ 35 AVG lautet:

"Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen."

Die Verhängung der Mutwillensstrafe soll die Behörde vor Behelligung, als auch die Partei aber vor Verschleppung der Sache schützen (vgl. VwGH 22.1.1930, 439/29, VwSlg. 15960 A, ebenso 24.3.1997, 95/19/1705, oder 23.3.1999, 97/19/0022).

Bei der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG, handelt es sich wie bei der Ordnungsstrafe nach § 34 AVG, nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verwaltungsverfahrens, sohin um ein Disziplinarmittel. Das Verwaltungsstrafgesetz im Verfahren betreffend die Verhängung von Mutwillensstrafen findet daher grundsätzlich keine Anwendung, mit Ausnahme der in § 36 AVG ausdrücklich vorgesehenen Vorschriften über den Strafvollzug (§§ 53 bis 54d VStG). Daraus folgt, dass weder Bestimmungen über die Strafbemessung, über die Verjährung oder die Sprucherfordernisse hinsichtlich der Umschreibung der Tat, noch die Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes im Bereich des öffentlichen Rechtes unmittelbar oder analog anwendbar sind. Dahinter steckt auch die verfolgte Absicht des Gesetzgebers das Verwaltungsverfahren zu beschleunigen (vgl. VwGH 4.09.1973, 1665/72, VwSlg. Nr. 8448 A/1973, 30.05.1994, 92/10/0469, VwSlg 14.064 A/1994; 20.05.2009, 2007/07/0119; Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 1 und 6).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt mutwillig im Sinne des § 35 AVG, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseren Wissens erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (vgl. VwGH 18.4.1997, 95/19/1707; 27.5.1999, 97/02/0345; 16.2.2012, 2011/01/0271; vgl. hiezu auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 2).

Strafbar gemäß § 35 AVG ist jede (prozessfähige) "Person", welche die Behörde offenbar mutwillig in Anspruch genommen hat (das Anbringen eingebracht) (vgl. VwGH 24.3.1997, 95/19/1705; 18.4.1997, 95/19/1707) oder in Verschleppungsabsicht dieser gegenüber unrichtige Angaben gemacht hat. Dabei kann es sich nur um Menschen handeln, welche an die Behörde herantreten oder auf die sich eine Amtshandlung bezieht, nicht hingegen um Organwalter der den Bescheid erlassenden Behörde.

Strafbarer Mutwille bei Antragstellung hat das Bewusstsein von der Grundlosigkeit dieses Antrags zur Voraussetzung. Mutwillig wird ein Antrag daher dann gestellt, wenn sich der Antragsteller wissentlich auf einen unrichtigen Tatbestand stützt oder wenn es zweifellos und auch im bewusst ist, dass der vorliegende Tatbestand keinen Grund für einen Antrag gibt (vgl. VwGH 08.11.2011, 97/21/0023).

Der Beschwerdeführer brachte bei der Erstbefragung im Zusammenhang mit seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz vor einem Organ der Sicherheitsbehörden am 22.07.2019 sowie in den weiteren Einvernahmen vor dem BFA am XXXX sowie XXXX erstmals den Fluchtgrund der Verfolgung aufgrund seiner sexuellen Orientierung vor. Das BFA prüfte dahingehend eine geänderte Sach- und Rechtslage, wies jedoch mangels Vorliegens einer solchen den Antrag gemäß § 64 Abs. 1 AVG zurück. Auch wenn das Verfahren wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war, mangelt es im gegenständlichen Fall an konkreten Anhaltspunkten, dass der Antrag des Beschwerdeführers nicht dem berechtigten Vorbringen neuer Asylgründe, sondern alleinig der Verhinderung oder Verzögerung fremdenpolizeilicher, insbesondere aufenthaltsbeendender Maßnahmen und damit der ungerechtfertigten Verlängerung des faktischen Aufenthalts in Österreich diente. Es fehlte sohin dem Beschwerdeführer das Bewusstsein, dass der vorliegende Tatbestand keinen Grund für einen weiteren Antrag darstellt, zumal die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, auch nicht für jedermann erkennbar war und ihm in diesem Zusammenhang kein ausschließlich auf einem wissentlich unrichtigen Tatbestand gestützter Antrag vorgeworfen werden kann.

Hinzu kommt, dass mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen mit äußerster Vorsicht umzugehen. Ein derartiger Vorwurf ist nur dann am Platz, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe kommt demnach lediglich im "Ausnahmefall" in Betracht (vgl. VwGH 29.06.1998, 98/10/0183 VwSlg. 18.337 A/2012; 21.05.2019, Ra 2018/19/0466).

Ein solcher "Ausnahmefall" ist im gegenständlichen Verfahren nicht zu erkennen und ist insbesondere auf den Umstand Bedacht zu nehmen, dass es sich um den ersten Folgeantrag des Beschwerdeführers handelt und das Verhalten des Beschwerdeführers im konkreten Fall nicht ausschließlich mit der Absicht einer mutwilligen Inanspruchnahme der Behördentätigkeit bzw. deren Behelligung zu erklären ist.

Vor diesem Hintergrund ist in der konkret vorliegenden Konstellation unter Berücksichtigung des bisher Angeführten in Summe letztlich ein die Verhängung einer Mutwillensstrafe rechtfertigender "Ausnahmefall" in concreto nicht erkennbar und kann von keinem strafbaren Mutwillen bei Antragstellung im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur ausgegangen werden.

Da die Mutwillensstrafe im vorliegenden Fall jedenfalls nicht zu verhängen war, ist auch nicht näher auf die general- und spezialpräventive Wirkung einzugehen; des Weiteren erübrigen sich auch hinsichtlich der mangelnden Feststellungen zur Höhe des Einkommens des Beschwerdeführers weitere Ausführungen.

3.2. Zur Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:

In Hinblick auf die Stattgebung der Beschwerde, aber auch in Bezug darauf, dass nach § 24 Abs. 4 VwGVG das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen kann, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil das Gericht einerseits bereits einen dem angefochtenen Bescheid bzw. der Beschwerdevorentscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt annehmen konnte, der mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Einklang ist (der Sachverhalt insoweit, soweit relevant, also unstrittig ist) bzw. soweit dem Vorbringen nicht gefolgt wurde, einen Sachverhalt annehmen konnte der vom Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert bestritten wurde. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146, 17.02.2015, Ra 2015/09/0007).

Aus den Gesetzesmaterialien zur Bestimmung des § 24 VwGVG ergibt sich im Übrigen, dass eine mündliche Verhandlung, soweit sie ausschließlich der Klärung der Rechtsfrage dienen würde, nicht geboten sein soll (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP, 5; auch VwGH 19.09.2017, Ra 2017/01/0276).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung hinsichtlich der Verhängung einer Mutwillensstrafe von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Folgeantrag, Mutwillensstrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W195.2224838.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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