TE Bvwg Beschluss 2018/10/10 W168 2165335-1

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Veröffentlicht am 10.10.2018
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Entscheidungsdatum

10.10.2018

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W168 2165335-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Bernhard MACALKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 26.06.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/1347/2017, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 28.03.2017 beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Am 19.08.2016 stellte die Beschwerdeführerin (in der Folge BF), eine Staatsangehörige von Afghanistan, bei der österreichischen Botschaft Damaskus (in der Folge ÖB Damaskus) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG).

Der Bezugsperson, einem als Ehemann der BF bezeichneten syrischen Staatsangehörigen, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.06.2016, Zl:

1068277205-150497960/BMI-BFA_KNT_RD, gemäß § 3 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Absatz 5 AsylG wurde festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Dem Antrag wurden eine Reispasskopie der Beschwerdeführerin, eine übersetzte Kopie der Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin, die übersetzte Kopie der Heiratsurkunde datiert mit 02.08.2016, wonach die Eheschließung der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson am 01.08.2016 im Zentralstandesamt Bezirk Damaskus eingetragen worden sei, ein übersetzte Kopie eines Beschlusses des ersten Scharia Gerichts vom 21.07.2016 in Damaskus mit dem Klagegegenstand "Bestätigung der Eheschließung" und einer damit verbundene nicht entrichtete Morgengabe sowie ein Auszug aus dem Familieneintrag vom 21.08.2016.

Aus einer Anmerkung des Dokumentenberaters geht hervor, dass die Eheschließung am Scharia Gericht Damaskus eingeklagt worden sei und der Beschluss erst am 14.03.2016 rechtskräftig geworden sei. Eine Registrierung der Ehe am Standesamt Damaskus sei erst am 01.08.2016 erfolgt. Es hätten weder ein Familienauszug noch ein Familienbuch vorgelegt werden. Die Eheschließung vom 16.04.2014 sei vollkommen unglaubwürdig, es bestehe zum Zeitpunkt des Asylansuchens vom 12.05.2016 keine aufrechte Ehe.

1.2. Mit Schreiben vom 18.01.2017 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Es wurde auf eine beiliegende Stellungnahme und Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Im Folgenden: BFA) vom 18.01.2017 verwiesen, in der ausgeführt wurde, dass die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits vor Ausreise der Bezugsperson aus dem Herkunftsstaat bestanden habe, da der Beweis der Eheschließung in Damaskus vor Ausreise der Bezugsperson und daher die Familieneigenschaft nicht erbracht werden habe können. Die Ehe sei mit Beschluss vom 01.02.2015 am Scharia-Gericht in Damaskus eingeklagt worden, sei jedoch erst am 14.03.2016 rechtskräftig geworden. Die Registrierung der Ehe am Amt für Zivilrechtsangelegenheiten in Damaskus sei erst am 01.08.2016 erfolgt. Somit habe keine aufrechte Ehe zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz der Bezugsperson in Österreich festgestellt werden können. Hätte die Eheschließung mit der Bezugsperson tatsächlich am 16.04.2014 vor dem Scharia Gericht in Damaskus stattgefunden, so sei für die entscheidende Behörde nicht nachvollziehbar, warum diese nicht automatisch, wie oben ausgeführt, nach 4 Wochen vom Amt für Zivilangelegenheiten eingetragen worden sei, sondern erst laut vorgelegter Heiratsurkunde am 01.08.2016 registriert worden sei. Ein tatsächliches Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses habe nicht festgestellt werden können.

1.3. Am 21.02.2017 brachte die Beschwerdeführerin durch ihren bevollmächtigten Vertreter innerhalb offener Frist eine ergänzende Stellungnahme ein und führte darin aus, dass die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson am 16.04.2014 in Damaskus geheiratet hätten und es in Syrien nicht üblich sei, eine traditionell geschlossene Ehe zu registrieren, daher habe es das Paar nicht notwendig erachtet, dies zu tun. Aus einer Dissertation von Esther van Eijk gehe hervor, dass eine nachträgliche Registrierung von bereits traditionell geschlossenen Ehen in Syrien keine Seltenheit darstelle. Zudem werde eine nachträglich registrierte Ehe in Syrien durch diese Registrierung für gültig ab Abschluss des Ehevertrags erklärt. Auch das deutsche Bundesverwaltungsamt stelle in seiner Auskunftserteilung über islamische Eheverträge fest, dass ein Ehevertrag, der in Syrien ohne eine besonders vorgeschriebene Form abgefasst werden könne, nachträglich durch ein Gericht bestätigt werden könne. So könne eine Ehe in Syrien grundsätzlich nur dann in das syrische Zivilregister eingetragen werden, wenn sie als gültig anerkannt werde. Daraus lasse sich schließen, dass eine Ehe, die in Syrien durch einen Ehevertrag geschlossen und nachträglich im Zivilregister registriert werde, durch diese Registrierung nachträglich von dem Datum ihres Abschlusses an als gültig anerkannt werde. Die Beschwerdeführerin habe ihre bereits am 16.04.2014 durch einen Ehevertrag geschlossene Ehe am 04.03.2015 im syrischen Zivilregister nachträglich registrieren lassen. Diese Registrierung in Zusammenschau mit oben angeführten Quellen belege, dass die Ehe von der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson in Syrien bereits ab dem Datum der Eheschließung, das heißt ab dem 16.04.2014 und damit bereits vor der Flucht nach Österreich, im Herkunftsstaat Syrien gültig sei. Es liege also zweifelsfrei eine rechtgültige Ehe vor, die vor der Einreise der Bezugsperson im Herkunftsstaat geschlossen worden sei. Die Beschwerdeführerin sei daher eindeutig als Familienangehörige im Sinne des Asylgesetzes zu sehen. Somit würden die angeführten Ablehnungsgründe, auf welche sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beziehe, auch aufgrund einer alten Staatendokumentation aus dem Jahr 2009 entkräften lassen. Die angeführte automatische Registrierung des Scharia Gerichts vier Wochen nach der traditionellen Hochzeit finde nicht statt. Die Ehepartner würden selbstständig die Registrierung vornehmen lassen, welche allerdings wie bereits erwähnt von den meisten Ehepartnern als nicht notwendig erachtet werde.

Der Stellungnahme wurden eine Kopie einer Anklage wegen Legalisierung einer Eheschließung vom 07.03.2015, Fotos der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson sowie eine Vertretungsvollmacht angeschlossen.

1.4. Nach Übermittlung der von der Beschwerdeführerin abgegebenen Stellungnahme erstattete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 07.03.2017 eine neuerliche Rückmeldung, in welcher abschließend festgehalten wird, dass es in Ausnahmefällen dazu kommen könne, dass der Familienbegriff nicht nach der Legaldefinition des § 35 AsylG zu prüfen sei, sondern nach Art. 8 EMRK, um ein konventions-und verfassungskonformes Ergebnis zu erzielen (Abkoppelung des Familienbegriffs von der Legaldefinition zu einem offeneren Kernfamilienbegriff im Sinne des Art. 8 EMRK). Hinsichtlich der Formgültigkeit der Ehe genüge gemäß § 16 Abs. 2 IPRG entweder die Einhaltung der nach dem Personalstatut jedes Verlobten vorgeschriebenen Form, also die Einhaltung des Rechts des Staates, dem diese Personen angehören würden oder der Formvorschriften am jeweiligen Ort der Eheschließung (Günstigkeitsprinzip, dh es ist von den zu beachtenden Rechtsvorschriften jene zur Anwendung zu bringen, die für die Formgültigkeit der Eheschließung die günstigere sei). Da die Ehe weder nach syrischem Recht noch nach IPRG vor der Ausreise der Bezugsperson rechtmäßig bestanden habe, könne auch die Familieneigenschaft im Sinne des § 35 AsylG nicht festgestellt werden. Auch könne ein berücksichtigungswürdiges Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht festgestellt werden und somit sei die Gewährung desselben Status wie der Bezugsperson in Österreich nicht wahrscheinlich.

1.5. Mit Bescheid der ÖB Damaskus vom 28.03.2017 wurde der Einreiseantrag gemäß § 26 FPG iVm § 35 Asylgesetz abgewiesen und angeführt, dass das BFA mitgeteilt habe, dass eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten im zugrunde liegenden Fall nicht wahrscheinlich sei. Die Beschwerdeführerin habe zu dieser beabsichtigten Entscheidung fristgerecht Stellung genommen. Die Stellungnahmen seien dem BFA zugeleitet worden und das BFA habe nach deren Prüfung mitgeteilt, dass durch das Vorbringen nicht unter Beweis gestellt werden habe können, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich sei.

Mit Schriftsatz vom 30.03.2017 wurden vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers der Bescheid der Bezugsperson, Auszug aus dem Zentralen Melderegister die Bezugsperson betreffend, Kopie eines Reisepasses, Heiratsurkunde vom 21.01.2017, Auszug aus dem Familieneintrag vom 25.01.2017 sowie ein Beschluss des ersten Islamrechtlichen Gerichtshofes in Damaskus 07.03.2015 übermittelt.

1.7. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 26.04.2017 Beschwerde erhoben, wobei im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Registrierung der Ehe bereits vor der Einreise der Bezugsperson in Österreich stattgefunden habe. Dieses Datum sei auch in den angegebenen Dokumenten ersichtlich. Fälschlicherweise sei das BFA davon ausgegangen, dass die Registrierung erst 2016 stattgefunden habe. Doch selbst wenn die Registrierung erst nach der Einreise erfolgt sei, bestehe die rechtsgültige Ehe ab dem Tag der traditionellen Hochzeit. Weiters wurden die Ausführungen der Stellungnahme wiederholt. Die Beschwerdeführerin habe ihre bereits am 16.04.2014 durch einen Ehevertrag geschlossene Ehe am 04.03.2015 im syrischen Zivilregister nachträglich registrieren lassen. Diese Registrierung in Zusammenschau mit oben angeführten Quellen belege, dass die Ehe von der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson in Syrien bereits ab dem Datum der Eheschließung (16.04.2014) gültig sei. Es liege also zweifelsfrei eine rechtgültige Ehe vor, die vor der Einreise der Bezugsperson im Herkunftsstaat geschlossen worden sei. Die Beschwerdeführerin sei daher eindeutig als Familienangehörige im Sinne des Asylgesetzes zu sehen. Insbesondere sei aber auf die im Rahmen der Stellungnahme zahlreichen vorgelegten Fotos zu verweisen, welche durch den sichtbaren Ehering als starke Indizien dafür zu werten seien, dass das Familienleben tatsächlich bereits vor der Ausreise der Bezugsperson begründet worden sei. Der negative Bescheid, welcher sich mit den Angaben der Beschwerdeführerin aus der Stellungnahme vom 21.02.2017 auseinandersetzen sollte, habe sich jedoch weder mit den Fotos noch mit den Erläuterungen auseinandergesetzt und nur wiederholt angegeben, dass sich an der negativen Prognose nichts geändert habe. Die fehlende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin stelle einen Begründungsmangel dar, welcher den angefochtenen Bescheid mit formeller Rechtswidrigkeit belaste. Die konkreten Verfahrensmängel würden im gegenständlichen Fall derart schwer wiegen, dass von Willkür in diesem Sinne gesprochen werden könne. Insgesamt seien jedenfalls die Indizien dafür, dass tatsächlich das Familienleben bereits vor der Ausreise bestanden habe und die Bezugsperson mit der Beschwerdeführerin verheiratet gewesen sei, hinreichend dicht, dass im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur das Kriterium des erforderlichen Ausmaßes der "bloßen Wahrscheinlichkeit" der Gewährung desselben Schutzes erfüllt sei.

1.8. In der Folge erließ die ÖB Damaskus am 26.06.2017 eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG, mit welcher die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG abgewiesen wurde. Die Behörde gründete ihre Entscheidung im Wesentlichen auf das Vorliegen der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA, welche auch nach Einräumung von Parteiengehör zum allein wesentlichen Umstand der fehlenden Angehörigeneigenschaft im Verfahren aufrecht geblieben sei. Unabhängig von der Bindungswirkung vertrete auch die ÖB die Ansicht, dass die Beschwerdeführer keine Familienangehörige iSd § 35 Abs. 5 AsylG sei. Wie das BFA in der Stellungnahme vom 07.03.2017 ausführe, habe anhand der beigefügten Unterlagen des Einreiseantrages, die Ehe weder nach syrischem Recht noch nach IPRG rechtmäßig vor Ausreise der Bezugsperson bestanden. Somit könne die Familieneigenschaft im Sinne des § 35 AsylG nicht festgestellt werden.

1.9. Dagegen brachte die Beschwerdeführerin am 03.07.2017 einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein. Zur Begründung wurde auf die Beschwerde vom 26.04.2017 verwiesen. Die gemäß § 11 a Abs. 1 FPG erforderlichen Unterlagen seien gemeinsam mit der Beschwerde vorgelegt worden.

1.10. Mit einem am 25.07.2017 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 19.08.2016 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005.

Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, genannt, welcher der Ehemann der Beschwerdeführerin sei.

Dem angeblichen Ehemann der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX zu Zahl 1068277205/150497960/BMI-BFA_KNT_RD, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Die belangte Behörde hat die mit Bescheinigungsmitteln belegten Angaben der BF, dass die angegeben im Jahre 2014 traditionell geschlossene Ehe bereits vor der Ausreise der Bezugsperson im syrischen Zivilregister registriert worden wäre nicht abschließend gewürdigt, hat ausreichende Feststellungen betreffend eines allfälligen Vorliegens eines berücksichtigungswürdigen Familienlebens nicht vorgenommen, bzw. hat Feststellungen betreffend des maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes des Bestehens einer Ehe folgend dem Erkenntnis des VwGH zu Ra 2018/18/0094-8 in casu nicht vorgenommen.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der Österreichischen Botschaft Damaskus und wurden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerden

1. Rechtsgrundlagen:

1.1. § 11a Fremdenpolizeigesetz betreffend Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten lautet:

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

1.2. § 35 AsylG lautet:

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

1.3. § 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Anwendungen der Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Fall:

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig. (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX , als Ehemann der Beschwerdeführerin genannt.

Nach den vorgelegten Heiratsdokumenten sei die Beschwerdeführerin mit ihrem Mann noch vor seiner Flucht am 16.04.2014 eine islamische Ehe eingegangen, die mit 04.03.2015 im syrischen Zivilregister registriert worden wäre.

Der Antrag auf internationalen Schutz der Bezugsperson erfolgte am 12.05.2015. Dem Ehemann der Beschwerdeführerin wurde am 09.06.2016 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Zum Nachweis der Eheschließung wurden nachstehende Urkunden von der Beschwerdeführerin vorgelegt:

* -eine "Heiratsurkunde" vom 02.08.2016. Es wurde mit einer Stampiglie bestätigt, dass die Eheleute am 16.04.2014 ihre Ehe geschlossen haben und dass die Ehe zwischen den Genannten im Zentralstandesamt Bezirk Damaskus am 01.08.2016 eingetragen worden sei.

* -ein "Beschluss des ersten Scharia-Gerichts in Damaskus" vom 21.07.2016, aus der hervorgeht, dass das Datum der Eheschließung der 01.01.2015 sei. Die Eheschließung sei am 29.11.2015 ins Familienregister im Standesamt Zentralstandesamt im Landesbezirk Damaskus eingetragen.

* -ein Auszug aus dem Familieneintrag vom 21.08.2016, wonach die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson als Eheleute eingetragen wurden.

Zum Nachweis des Bestehens eines Familienlebens wurden zahlreiche Fotos die BF und die Bezugsperson zeigend in Vorlage gebracht.

Im gegenständlichen Verfahren wurden somit seitens der BF Ausführungen, wonach zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson ein zu prüfen schützenswertes Familienleben iSd Art. 8 EMRK bestanden haben könnte, auch durch die Vorlage von Indizien bekräftigt, erstattet. Die belangte Behörde hat jedoch Feststellungen betreffend das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Familienlebens ausreichend begründet nicht vorgenommen

Ferner hat die belangte Behörde die mit Schriftstücken belegten Angaben der BF, dass die angegeben im Jahre 2014 traditionell geschlossene Ehe bereits vor der Ausreise der Bezugsperson im syrischen Zivilregister mit Datum 04.03.2015 registriert worden wäre, nicht ausreichend gewürdigt und hat damit abschließende Feststellungen betreffend des maßgeblichen Zeitpunktes der Beurteilung des Bestehens einer Ehe, auch folgend dem Erkenntnis des VwGH zu Ra 2018/18/0094-8, in casu nicht ausreichend vorgenommen.

Im fortgesetzten Verfahren werden somit hinsichtlich dieser oben aufgezeigten Verfahrensfragen valide bzw. ausreichend ergänzende Abklärungen vorzunehmen sein. Insbesondere werden ausführliche Abklärungen bzw. Feststellungen vorzunehmen sein um die Frage zu beantworten, ob die eine staatlich anerkannte Ehe bereits vor der Ausreise der Bezugsperson bestanden hat, bzw. ob in casu ein schützenswertes Familienleben vorliegt.

Erst aufgrund dieser Grundlagen wird die belangte Behörde im vorliegenden Verfahren eine begründete Entscheidung treffen können, bzw. wird im Beschwerdefall das erkennende Gericht in der Lage sein aufbauend auf diese Abklärungen die aufgeworfenen Verfahrensfragen zu beurteilen.

Auf die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist durch das BVwG hinzuweisen, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.

Daher war mit der ersatzlosen Behebung der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung vorzugehen (siehe VwGH, 20.05.2015, Ra 2015/09/0025, 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Es war damit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W168.2165335.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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