TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/17 LVwG-AV-552/001-2019, LVwG-AV-553/001-2019, LVwG-AV-790/002-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.02.2020
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Entscheidungsdatum

17.02.2020

Norm

GewO 1994 §13 Abs1 Z1 litb
GewO 1994 §13 Abs7
GewO 1994 §26 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Vizepräsidenten Dr. Grubner als Einzelrichter über die Beschwerden der A GmbH, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13. April 2019, Zl. ***, betreffend Feststellung des Nichtvorliegens der Voraussetzungen für die Ausübung und Untersagung der Ausübung eines Gewerbes gemäß § 340 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), sowie gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13. April 2019, ZI. ***, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund für die Ausübung eines Gewerbes gemäß § 26 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994, nach gemeinsamer öffentlicher mündlicher Verhandlung,

I.       zu Recht:

1.       Die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13. April 2019, Zl. ***, wird gemäß § 28 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.       Ebenso wird die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13. April 2019, ZI. ***, gemäß § 28 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

3.         Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.

II.

Weiters ergeht zur Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen die Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13. April 2019, Zl. ***, betreffend Entfernung von Herrn C widrigenfalls Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 91 iVm § 87 GewO 1994 der

Beschluss:

1.       Die Beschwerde gegen die Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13. April 2019, ZI. ***, betreffend Entfernung von Herrn C widrigenfalls Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 91 iVm § 87 GewO 1994 wird gemäß § 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

1.1.    Zur Feststellung des Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes und zur Untersagung der Ausübung:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. April 2019, ZI. ***, wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des am 12. Juli 2018 angemeldeten Gewerbes „Mechatroniker für Elektromaschinenbau und Automatisierung verbunden mit Mechatroniker für Maschinen- und Fertigungstechnik; Mechatroniker für Elektronik, Büro- und EDV-Systemtechnik; Mechatroniker für Medizingerätetechnik (verbundenes Handwerk)“ am Standort ***, ***, nicht erfülle und dass ihm die Ausübung dieses Gewerbes zu untersagen sei.

Begründend hat die belangte Behörde – zusammengefasst – ausgeführt, dass gewerberechtlicher und handelsrechtlicher Geschäftsführer und Gesellschafter Herr C, geb. ***, wohnhaft in ***, ***, sei. Im Betrieb der Beschwerdeführerin habe Herr C sohin einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen und Vorgänge im Betrieb. Würden gegen den Geschäftsführer Ausschlussgründe vorliegen, würde sohin auch gegen die Beschwerdeführerin ein Ausschlussgrund vorliegen. Mit Urteil des Landesgerichts *** vom 17. April 2013, Zl. ***, rechtskräftig am 23. April 2013, sei der Geschäftsführer nach § 12 2. Fall StGB, § 15 StGB, §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und § 288 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden, welche für die Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Die Tilgung werde voraussichtlich mit 23. April 2023 eintreten. Da eine drei Monate übersteigende Freiheitsstrafe verhängt worden sei und die Verurteilung auch noch nicht getilgt sei, liege gegen den Geschäftsführer ein Ausschlussgrund vor, wodurch die Voraussetzungen für die Gewerbeanmeldung der Beschwerdeführerin nicht vorliegen würden. Es sei daher festzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung dieses Gewerbes nicht vorliegen würden und dass die Ausübung zu untersagen sei.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.2.    Zum Verfahren betreffend Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund:

1.2.1.  Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 18. Dezember 2018, ***, wurde festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung für den Geschäftsführer nicht vorliegen würden. Der Bescheid wurde dem Geschäftsführer zugestellt, der dagegen Beschwerde erhoben und beantragt hat, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Erteilung einer Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung stattgegeben werde.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 25. März 2019, ZI. LVwG-AV-110/001-2019, wurde der genannte Bescheid mit der Begründung behoben, dass die A GmbH und nicht der Geschäftsführer einen Antrag auf Nachsicht gestellt habe. Erlasse jedoch die Behörde einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt ohne diesbezüglichen Antrag, so nehme sie eine Entscheidungskompetenz in Anspruch, die ihr nicht zustünde.

Das angeführte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich wurde nicht angefochten.

1.2.2.  Mit Bescheid vom 13. April 2019, ZI. ***, wurde sodann der Antrag der Beschwerdeführerin vom 14. August 2018 auf Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund für die Ausübung des Gewerbes im zweiten Rechtsgang vor der belangten Behörde zurückgewiesen. Die belangte Behörde führte dazu im Wesentlichen begründend an, dass der Antrag auf Nachsicht vom Gewerbeausschluss am 14.08.18 von der Beschwerdeführerin gestellt worden wäre. Da sich die Ausschlussgründe in § 13 Abs. 1 und 2 GewO 1994 nur auf natürliche Personen beziehen, könne eine Nachsicht nach § 26 Abs. 1 GewO 1994 daher auch nur (diesen) natürlichen Personen erteilt werden. Der Geschäftsführer habe keinen derartigen Antrag auf Nachsicht eingebracht. Der Antrag auf Nachsicht der Beschwerdeführerin als juristischer Person sei mangels Antragslegitimation zurückzuweisen.

Auch gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.3.    Zum Verfahren betreffend Verfahrensanordnung:

Überdies wurde die Beschwerdeführerin mittels einer Verfahrensanordnung aufgefordert, den Geschäftsführer innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung der Verfahrensanordnung zu entfernen, widrigenfalls mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung „Handelsgewerbe“ gemäß § 91 iVm § 87 GewO 1994 vorgegangen werden müsste.

Auch dagegen hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.

2.   Vorlage der Beschwerden:

Mit Schreiben vom 14. Mai 2019 hat die belangte Behörde die gegenständlichen Beschwerden gegen die Bescheide vom 13. April 2019 zu den ZI.en *** und *** sowie gegen die Verfahrensanordnung vom 13. April 2019 zu ZI. *** samt den zugehörigen Verwaltungsakten dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.

3.   Zu den Beschwerdevorbringen:

In allen drei Beschwerden wurden mangelhafte Feststellungen, mangelhafte Begründungen und unrichtige Beweiswürdigungen, sowie materielle Rechtswidrigkeiten infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Begründend wurde in diesen Beschwerden im Wesentlichen angeführt, dass Herr C gewerberechtlicher und handelsrechtlicher Geschäftsführer sei. Dieser habe am 3. Mai 2019 einen Antrag auf Nachsicht des Ausschlussgrundes für die Ausübung des Mechatronikergewerbes eingebracht. Über diesen Antrag sei noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Entgegen den Behauptungen der belangten Behörde erfülle der Geschäftsführer sämtliche Voraussetzungen, welche für die Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung notwendig seien. Aus diesem Grund komme der Ausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 nicht zum Tragen und die Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung für Mechatroniker für Elektromaschinen und Automatisierung verbunden mit Mechatroniker für Maschinen- und Fertigungstechnik; Mechatroniker für Elektronik, Büro- und EDV-Systemtechnik; Mechatroniker für Medizingerätetechnik (verbundenes Handwerk) sei zu erteilen. Richtig sei, dass der Geschäftsführer mit Urteil des Landesgerichtes *** vom 17. April 2013 zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten bedingt, Probezeit drei Jahre, verurteilt worden sei. Bezüglich dieses behaupteten Ausschlussgrundes sei jedoch festzuhalten, dass es nicht auf den Tilgungszeitraum ankomme, sondern dass es bezüglich der zukünftigen Persönlichkeitsprognose völlig ausreichend sei, dass keine weiteren strafbaren Taten, welche auf dieselbe Gesinnung zurückzuführen seien, innerhalb der Probezeit angefallen seien. Die dreijährige Probezeit sei seit drei Jahren verstrichen, sohin sei ein Zeitraum von sechs Jahren vergangen, sodass unter Berücksichtigung eines sechsjährigen positiven Verlaufes bei der Persönlichkeitsstruktur des Antragstellers, unter Berücksichtigung seines sozialen Engagements und seiner unternehmerischen Tätigkeit – zusammengefasst – jedenfalls von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden müsse. Im Verfahren betreffend die Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass im Hinblick darauf, dass sich der Ausschluss einer natürlichen Person auf die juristische Person auswirke, aufgrund eines Größenschlusses sei daher die Beschwerdeführer als juristische Person im Nachsichtsverfahren antragslegitimiert. Darüber hinaus führte die Beschwerdeführerin Gründe an, die für eine Nachsicht sprechen würden.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Aufnahme der beantragten Beweise und die Abänderung der angefochtenen Bescheide dahingehend, dass dem Antrag auf Erteilung der Gewerbeberechtigung stattgegeben werde bzw. dass dem Antrag auf Erteilung der Nachsicht stattgegeben werde und dass die Verfahrensanordnung ersatzlos behoben werde.

4.   Zu den Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 28. August 2019 eine gemeinsame öffentliche mündliche Verhandlung zu den Verfahren Zl.en LVwG-AV-552/001-2019, LVwG-AV-553/001-2019 und LVwG-AV-790/002-2019 durchgeführt. In der Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten ***, *** und *** der belangten Behörde, sowie durch Anhörung des Beschwerdeführervertreters und des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin sowie der Zeugen D und E. Ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Verhandlung nicht teilgenommen.

Der Geschäftsführer gab – im Wesentlichen – an, dass er vor ungefähr sechs Jahren einen Fehler gemacht habe. Vor und nach diesem Vorfall habe er nichts mehr angestellt. Hinsichtlich der Verwaltungsübertretungen habe er nur Geschwindigkeitsübertretungen begangen. Er wolle sich nun sozial engagieren und habe bereits für zwei Jahre die Präsidentschaft im Verein F übernommen, wo er bereits einige Projekte umgesetzt habe. Bezüglich der strafrechtlichen Verurteilung habe es sich um eine reine Versuchshandlung gehandelt, wodurch eine Schadensgutmachung nicht notwendig gewesen sei. Bis ins Jahr 2015 habe er bereits eine Tätigkeit als Geschäftsführer ausgeübt. Er habe die Geschäftsführung der Beschwerdeführerin übernommen, um diese vor der Insolvenz zu retten. Bis dato seien eine Reduktion der Schulden möglich gewesen und eine Umstellung der Geschäftszweige erfolgt. Handel mit gebrauchten Maschinen, wie es auch der Verurteilung im Jahr 2013 zu Grunde gelegen sei, werde nicht mehr betrieben. Ausgenommen seien Fälle, wo bei Kunden Gegenstände anfallen und ein anderer Kunde diese brauchen würde. Ein Kauf auf Lager fände aber nicht mehr statt. Der Beschwerdeführervertreter hat in der Verhandlung – zusammengefasst – angeführt, dass ein Härtefall vorliege, weil ohne Erteilung der Nachsicht mit einer Abweisung zu rechnen wäre. In diesem Fall würden Insolvenz und schwerer wirtschaftlicher Schaden im Raum stehen.

Der als Zeuge einvernommene D verwies im Wesentlichen darauf, dass die Abwicklung der Geschäfte mit dem Geschäftsführer reibungslos funktioniere.

Der Zeuge E bestätigte in der Verhandlung die große Verantwortung des Geschäftsführers und gab an, dass er nie von Problemen der Beschwerdeführerin oder von Problemen im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Geschäftsführers gehört habe.

5.   Feststellungen:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich sieht folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Die Beschwerdeführerin beantragte am 12. Juli 2018 die Anmeldung des reglementierten Gewerbes „Mechatroniker für Elektromaschinenbau und Automatisierung verbunden mit Mechatroniker für Maschinen- und Fertigungstechnik; Mechatroniker für Elektronik, Büro- und EDV-Systemtechnik; Mechatroniker für Medizingerätetechnik (verbundenes Handwerk)“ am Standort ***, ***. Als gewerblicher Geschäftsführer wurde Herr C, geb. ***, namhaft gemacht. Zu dieser Person scheint im Strafregister der Republik Österreich folgende rechtskräftige, noch nicht getilgte gerichtliche Verurteilung auf:

„01) LG *** *** vom 17.04.2013 RK 23.04.2013

§ 12 2.Fall StGB, § 15 StGB, §§ 146, 147 (3) StGB, § 288 (4) StGB
Datum der (letzten) Tat 04.12.2012
Freiheitsstrafe 20 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Vollzugsdatum 23.04.2013

Zu LG *** *** RK 23.04.2013 (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig, Vollzugsdatum 23.04.2013
LG *** *** vom 16.09.2016

Nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragung(en)
… wird die Tilgung voraussichtlich mit 23.04.2023 eintreten.
… ist die Auskunftsbeschränkung ausgeschlossen.“

Erst nach der Gewerbeanmeldung, am 14. August 2018 hat die Beschwerdeführerin, nicht hingegen der Geschäftsführer den gegenständlichen Antrag auf Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund gestellt. Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin mit Verfahrensanordnung vom 13. April 2019, ZI. ***, aufgetragen, den Geschäftsführer innerhalb einer Frist von drei Monaten zu entfernen, widrigenfalls werde mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorgegangen.

6.   Beweiswürdigung:

Der angeführte entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus den seitens der belangten Behörde vorgelegten – nach Ansicht des Verwaltungsgerichts – unbedenklichen Verwaltungsakten (ZI. ***, ZI. *** und ZI. ***), sowie aus den hg. Gerichtsakten inklusive der gemeinsamen öffentlichen Verhandlung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich.

Die Feststellungen hinsichtlich der strafrechtlichen Verurteilung des Geschäftsführers gründen im Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich. Der Antrag auf Nachsicht wurde zwar im Rahmen der Niederschrift vor der belangten Behörde am 14. August 2018 vom Geschäftsführer vorgelegt, jedoch wurde von diesem persönlich kein derartiger Antrag auf Nachsicht gestellt, insbesondere da er für die Beschwerdeführerin gefertigt wurde. Der Antrag auf Nachsicht ist daher der Beschwerdeführerin zuzurechnen.

7.   Rechtslage:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie von einem Gericht wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und – gemäß § 13 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 – die Verurteilung nicht getilgt ist.

Gemäß § 13 Abs. 7 GewO 1994 sind andere Rechtsträger als natürliche Personen von der Ausübung des Gewerbes ausgeschlossen, wenn eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte des betreffenden Rechtsträgers zusteht, gemäß Abs. 1 bis 3, 5 oder 6 von der Gewerbeausübung ausgeschlossen ist. Trifft auf die natürliche Person ein Ausschlussgrund gemäß Abs. 4 zu, ist der betreffende Rechtsträger nur von der Ausübung eines Gewerbes, das Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung beinhaltet, ausgeschlossen.

Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 GewO 1994 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die in § 87 GewO 1994 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 GewO 1994 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde (§ 361 GewO 1994) dem Gewerbetreibenden gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das GISA einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem GISA von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde. Liegen die im § 340 Abs. 1 GewO 1994 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde gemäß § 340 Abs. 3 GewO 1994 – unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 – dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

8.   Erwägungen:

8.1.    Zur Feststellung des Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes und zur Untersagung der Ausübung:

Im gegenständlichen Fall liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch die Beschwerdeführerin nicht vor. Wie bereits festgestellt, wurde Herr C, dem als Geschäftsführer ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zusteht, wegen versuchten schweren Betrugs und falscher Beweisaussage strafgerichtlich verurteilt. Er weist somit Verurteilungen im Sinne des § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b GewO 1994 auf, welche noch nicht getilgt sind. Nach derzeitigem Stand der Strafregistereintragung tritt die Tilgung voraussichtlich mit 23.04.2023 ein.

Gemäß § 13 Abs. 7 GewO 1994 ist die Beschwerdeführerin daher von der Ausübung des Gewerbes ausgeschlossen, da der Geschäftsführer gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 von der Gewerbeausübung ausgeschlossen ist. Die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13. April 2019, Zl. ***, ist daher gemäß § 28 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

8.2.    Zum Verfahren betreffend Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund:

Nachsicht darf nur auf Grund eines Antrages erteilt werden. Die Nachsicht ist somit ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt und es besteht kein Raum für eine amtswegige Berücksichtigung der §§ 26 f GewO 1994 im Zuge der Prüfung einer Gewerbeanmeldung (vgl. Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO, vor 26, Rz 11, mit weiteren Hinweisen). Da sich die in § 13 Abs 1 und 2 GewO 1994 genannten Ausschlussgründe nur auf natürliche Personen beziehen, kann auch eine Nachsicht nach § 26 Abs 1 GewO 1994 nur diesen natürlichen Personen erteilt werden (vgl. Kreils in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO, § 26, Rz 5, mit weiteren Hinweisen). Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich kann ein Antrag dazu auch nur von der natürlichen Person gestellt werden, weshalb der Beschwerdeführerin als juristischer Person keine Antragslegitimation zukommt.

Die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13. April 2019, ZI. ***, ist daher gemäß § 28 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

8.3.    Zum Verfahren betreffend Verfahrensanordnung:

Eine behördliche Aufforderung nach § 91 Abs 2 GewO 1994 ist aus verfahrensrechtlicher Sicht als Verfahrensanordnung zu qualifizieren. Dagegen ist gemäß § 7 VwGVG eine (abgesonderte) Beschwerde nicht zulässig. Eine Beschwerde kann folglich nur gegen den (auf das fruchtlose Ablaufen der Frist folgenden) Bescheid erhoben werden, mit dem die Gewerbeberechtigung entzogen (und somit die Sache erledigt) wird (vgl. Kreisl in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO, § 91 Rz 10).

Die Beschwerde gegen die Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13. April 2019, ZI. ***, betreffend Entfernung des Geschäftsführers, widrigenfalls Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 91 iVm § 87 GewO 1994 ist daher gemäß § 31 VwGVG als unzulässig zurückzuweisen.

9.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist weder gegen das Erkenntnis noch gegen den Beschluss zulässig, da in den gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidungen nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wäre. Im vorliegenden Fall war im Wesentlichen lediglich zu beurteilen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes vorliegen bzw. ob die Antragslegitimation hinsichtlich des Nachsichtsverfahrens gegeben ist.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Gewerbeausübung; Ausschlussgrund; Nachsicht; Antragslegitimation;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.552.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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