Entscheidungsdatum
24.09.2019Norm
BVergG 2018 §327Spruch
W131 2223461-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter über den Antrag der anwaltlich vertretenen XXXX auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren des Auftraggebers Arbeitsmarktservice Österreich (= AG) "AMS Graz West - Neuer Standort", GZ AMS/BGS/INF/1311/4578-2018 beschlossen:
A)
Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit den beiden (hier sinngemäß wiedergegebenen) Begehren, der Antragsgegnerin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Auftragserteilung zu untersagen bzw es bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Anträge auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung und der Zuschlagsentscheidung zu untersagen, den Auftrag zu erteilen, wird insoweit stattgegeben, als es dem Arbeitsmarktservice Österreich hiermit für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt ist, im Vergabeverfahren "AMS Graz West - Neuer Standort" den Zuschlag zu erteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Antragstellerin (= ASt) brachte in dem im Spruch ersichtlichen Vergabeverfahren zur Anmietung eines Bauwerks entsprechend den Vorgaben des Auftraggebers am 16.09.2019 einen Nachprüfungsantrag verbunden mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (= eV) ein, weil die ASt insoweit Rechtswidrigkeiten bei der angefochtenen Ausscheidensentscheidung und der unter einem angefochtenen Zuschlagsentscheidung erblickt. Das eV - Begehren wurde dabei variierend einmal für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens und einmal bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt - Seiten 35 einerseits und 38 der Nachprüfungseingabe andererseits.
2. Der Auftraggeber brachte verfahrensökonomisch sachorientiert keine Interessen gegen die beantragte eV vor und sind solche auch sonst nicht bekannt geworden, wobei die ASt ihrerseits finanzielle Interessen, Referenzauftragsinteressen und insb auch das Interesse an der Auslastung der eigenen unternehmerischen Kapazitäten ins Treffen führt, welche beeinträchtigt würden, wenn der Auftrag vor Entscheidung über die Nachprüfungsbegehren abgeschlossen wird.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Verfahrensgang und die darin festgehaltenen Tatsachenwird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.
Zudem, dass derzeit nicht absehbar ist, dass das gegenständliche Nachprüfungsverfahren erheblich länger als sechs Wochen für seine Durchführung benötigen würde.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt der Gerichtsakten und den Vergabeunterlagen des Auftraggebers. Dass das Vergabeverfahren jedenfalls nicht wesentlich länger als sechs Wochen dauern sollte, ergibt sich aus der gerichtsnotorischen Kenntnis zur Erledigung derartiger Nachprüfungsverfahren.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Da gegenständlich die gemeinschaftsweite Vergabebekanntmachung des Vergabeverfahrens im Oktober 2018 erfolgte, findet das BVergG 2018, kundgemacht am 20.08.2018 mit BGBl I 2018/65 zur Gänze Anwendung - § 376 BvergG 2018 = BVergG.
Zu entscheiden hatte damit hier gemäß § 6 VwGVG iVm § 328 BVergG der Einzelrichter, wobei mangels Sondervorschriften im BVergG subsidiär das VwGVG und das AVG anzuwenden waren - § 333 BVergG.
Das Begehren auf Untersagung der Auftragserteilung ist gemäß § 13 AVG eindeutig als Begehren auf Untersagung der Zuschlagserteilung zu verstehen.
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der eV blieben substantiiert unbestritten.
A) Zur erlassenen eV
3.2. § 351 BVergG lautet in den hier interessierenden Teilen:
§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.
(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
(5) [...]
Die ASt begründete ihr eV - Begehren insb mit sonst drohenden finanziellen Nachteilen, den Interessen an der Auslastung der eigenen Kapazitäten und mit einem drohenden Referenzauftragsentgang, wobei dies im eV - Verfahren weder substantiiert bestritten wurde noch sonst auftraggeberseitig gegen die eV - sprechende Interessen vorgebracht wurden; bzw solche Interessen auch sonst nicht bekannt sind.
Da unternehmerische Interessen idR als gleichrangig zu bewerten sind, führten insb auch die Interessen der derzeit für den Zuschlag ausgewählten XXXX keinesfalls dazu, dass irgendwelche Bieterinteressen das Interesse der ASt an der eV überwogen hätten.
Die Zuschlagserteilung ist mangels Erlassung der eV nach einer versandten Zuschlagsentscheidung der nächste übliche und gravierende Schritt im Vergabeverfahren; und würden dadurch die Nichtigerklärungsbegehren der ASt unzulässig, womit die Vertragsabschlusschance für die ASt nach Zuschlagserteilung idR endgültig zu nichte wäre.
Dementsprechend hatte das BVwG die gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Sicherungsmaßnahme auszusprechen, die gegenständlich die Untersagung der Zuschlagserteilung war - § 351 BVergG 2018, wobei gegenständlich der Nachprüfungsantrag unter dem Blickwinkel des Urteils des EuGH v 05.09.2019, Rs C-333/18 zu beurteilen und damit hier zumindest vorläufig zu sichern war.
Entsprechend der Eingabe des Auftraggebers wurde die eV für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen, da das Begehren mit dem Abstellen auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung des Nachprüfungsantrags eine solche BVwG - Entscheidung voraussetzt, das Nachprüfungsverfahren allerdings auch durch Zurückziehung des Nachprüfungsantrags mit dem dann iSd VwGH zu fassenden Einstellungsbeschluss enden kann.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
3.3. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision war gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zuzulassen, weil gegenständlich eine Einzelfallentscheidung auf Basis eines klaren Gesetzeswortlauts auszusprechen war.
Schlagworte
Auftragsvergabe, Dauer der Maßnahme, einstweilige Verfügung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W131.2223461.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020