TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/11 W197 2220761-1

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Veröffentlicht am 11.10.2019
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Entscheidungsdatum

11.10.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W197 2220761-1/20E

W197 2220761-2/2E

Schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Erkenntnisses und

Entscheidung gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.06.2019, Zahl:

1117208308-190585809 (A) sowie im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: 1117208308-190585809 über die weitere Anhaltung von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan in Schubhaft (B) zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag, den Beschwerdeführer von der Eingabegebühr zu befreien, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

C)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang (Feststellungen):

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist afghanischer Staatsangehöriger, seine Identität steht mangels Dokumenten nicht fest.

1.2. Der BF reiste, nachdem er zuvor illegal jedenfalls den EU-Staat Bulgarien durchquert hatte, illegal in Ungarn ein und stellte dort am 24.05.2016 einen Asylantrag. In der Folge entzog er sich dem Verfahren und reiste illegal in Österreich ein.

1.3. Der BF versuchte in der Folge in Deutschland einzureisen, da er sich dort ein besseres Leben erwartete. Ihm wurde am 01.06.2016 von deutschen Grenzbehörden die Einreise verweigert.

1.4. Der BF stellte darauf am 02.06.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Eine Rücküberstellung nach Ungarn im Sinne der Dublin III-VO war in der Folge nicht möglich.

1.5. Mit Bescheid der Behörde vom 17.11.2017 wurde dem BF weder der Status eines Asylberechtigten noch der eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan zulässig ist. Dem BF wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt.

1.6. Mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX wurde der BF am XXXX .2018 wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtmittel gem. §§ 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG, §§ 27 (2a) 2, Falb 27 (3) 3. Fall SMG, § 27 (1) Z 1 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monate, davon 6 Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt, wobei eine Probezeit von 3 Jahren festgesetzt wurde. Der BF beging die Taten um sich ein regelmäßiges Einkommen zu verschaffen. Erschwerend wertete das Gericht die mehrfache Tatbegehung und die Tatbegehung während eines anhängigen Strafverfahrens, mildernd das reumütige Geständnis, die Unbescholtenheit und bis zum Tatzeitpunkt den ordentlichen Lebenswandel. Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe wurde am XXXX 2018 vollzogen.

1.7. Mit Urteil des LG f. Strafsachen XXXX wurde der BF am XXXX 2018 wegen Körperverletzung, schwerer Körperverletzung und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt gem. § 84 (2) StGB, § 83 (1) StGB, § 15 StGB § 269 (1) 1. Fall StGB rechtskräftig zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe von 2 Monate bedingt verurteilt. Die Probezeit wurde auf 5 Jahre verlängert. Erschwerend wertete das Gericht das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, den Widerstand gegen gleich vier Justizbeamte, die Tatbegehung während anhängigem Strafverfahren beziehungsweise der Untersuchungshaft. Mildernd wurde der bisherige ordentliche Lebenswandel, und der Umstand, dass die Tat zu seinem sonstigen Verhalten in auffälligem Widerspruch stand, dass es beim Versuch geblieben ist und er ein reumütiges Geständnis, das zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, abgelegt hat. Das OLG XXXX bestätigte das Urteil inhaltlich.

1.8. Mit Urteil des LG f. Strafsachen XXXX wurde der BF am XXXX 2019 wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtmittel gem. § 27

(1) Z 1 2. Fall SMG, §§ 27 (2a) 2. Fall, 27 (3) 3. Falt SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monate verurteilt. Weiters wurde Bewährungshilfe angeordnet. Erschwerend wurde das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, eine einschlägige Vorverurteilung, Tatbegehung in Gesellschaft und während offener Probezeit und im raschen Rückfall nach Haftentlassung am XXXX 2018 und zweifache Qualifikation des 1. Faktums gewertet. Mildernd sah das Gericht das Teilgeständnis, das zum Teil zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, dass er die Tat vor dem 21. Lebensjahr begangen hat und dass ein Teil des Suchtmittels sichergestellt werden konnte. Der BF wurde am XXXX 2019 aus der Freiheitsstrafe mit einer Probezeit von 5 Jahren bedingt entlassen.

1.9. Der BF wurde wegen unbekannten Aufenthalts am 16. und am 23.11.2018 von der Grundversorgung abgemeldet.

1.10. Der BF hat sich nach seiner Haftentlassung am XXXX 2019 im Bundesgebiet nicht polizeilich gemeldet. Seine bisherige Meldeadresse existiert seit 05.02.2019 nicht mehr.

1.11. Mit Bescheid der Behörde vom 29.11.2018 wurde ausgesprochen, dass der BF gem. § 13 Abs. 2 Z. 1 AsylG das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX .2018 wegen einer rechtskräftigen Verurteilung nach dem SMG verloren hat.

1.12 Da der BF im Bundesgebiet nicht gemeldet, untergetaucht und sein Aufenthaltsort unbekannt war, stellte das BVwG das Asylverfahren mit Beschluss vom 17.05.2019 ein.

1.13. Da sich der BF dem Asylverfahren durch Untertauchen entzog, erließ die Behörde am 11.06.2019 einen Festnahmeauftrag, aufgrund dessen der BF an einem Ort, wo Suchtgifthandel üblich ist, noch am selben Tag festgenommen und der Behörde vorgeführt wurde.

1.14. Auf Grund seiner niederschriftlichen Angaben vor der Behörde ist der BF im Bundesgebiet weder familiär, beruflich oder sozial integriert er ist mittellos und ohne gesicherte Unterkunft. Er ist im Bundesgebiet nicht gemeldet und nicht in der Lage, seinen Unterhalt auf legale Weise sicherzustellen. Er wurde von der Bundesbetreuung abgemeldet, da er unbekannten Aufenthalts war.

1.15. Der BF will nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren. Anlässlich seiner Einvernahme widerrief er sofort nach Abgabe seine Zusicherung wieder, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen.

1.16. Mit Mandatsbescheid der Behörde vom 12.06.2019 wurde über den BF gemäß § 76 Absatz 2 Z 1 FPG i.V.m. § 57 Absatz 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Die Behörde ging im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF von drohender Fluchtgefahr, Sicherungsbedarf und von der Gefahr des BF für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus, sohin mit einem gelinderen Mittel nicht das Auslangen gefunden werden könne. Der Bescheid wurde dem BF unmittelbar nach seiner Einvernahme am 12.06.2019 zugestellt, wobei er die Unterschrift hinsichtlich der Bestätigung der Übernahme verweigerte.

1.17. Gegen den Mandatsbescheid und die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft erhob der BF durch seinen Rechtsvertreter am 02.07.2019 Beschwerde an das BVwG. Darin brachte er vor, dass dem BF die Einstellung seines Verfahrens nicht bekannt war. Der BF könne in die Grundversorgung zurückkehren, es liege keine Fluchtgefahr vor und allenfalls könne mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden. Der BF stelle auch keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Auf Grund seines Gesundheitszustands sei die Schubhaft unverhältnismäßig. Beantragt wurde die Anordnung der und Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären, sowie der Ausspruch, dass die weitere Anhaltung des BF nicht zulässig sei, weiters eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen und Kosten und Aufwandersatz.

1.18. Die Behörde legte die Akten vor, erstattete eine Stellungnahme im Sinne des angefochtenen Bescheides und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die Behörde legte weiters ein amtsärztliches Gutachten vor, wonach der BF haftfähig ist.

1.19. Das BVwG beraumte am 09.07.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Der BF bestätigte anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung, dass er nach seiner Haftentlassung unangemeldet bei Freunden gewohnt habe. Ihm wurde von der Caritas mitgeteilt, dass er sich anmelden müsse, was in der Folge unter anderem deshalb nicht erfolgte, da er seine Ausweise verloren habe.

1.20. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis wurde im Anschluss an die mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG die Beschwerde des BF als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

1.21. Der Beschwerdeführer (BF) befindet sich seit 12.06. 2019 in Schubhaft. Die Behörde legte rechtzeitig die Akten vor und beantragte den Ausspruch der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft. In ihrer Stellungnahme im Sinne des Akteninhalts verwies die Behörde auf den Schubhaftbescheid und das Überprüfungserkenntnis und führte aus, dass sich die Gründe für die Schubhaft seither nicht geändert hätten. Nichtdargetan hat die Behörde, dass sie sich um die Erlangung eines Heimreisezertifikats bemüht hat.

II. Feststellungen

2.1. Die im Verfahrensgang als Feststellung gefassten Punkte werden der Entscheidung ebenfalls zu Grunde gelegt.

2.2. Der BF ist im Bundesgebiet nicht integriert, hat sich mangels Unterkunft und Nichtmeldung im Bundesgebiet dem Verfahren entzogen und war für die Behörden nicht greifbar. Der BF will nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren. Auf Grund seines bisherigen Verhaltens besteht Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf.

2.3. Der BF wurde zwei Mal wegen Suchmitteldelikten sowie wegen Körperverletzung, schwerer Körperverletzung und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt zu Haftstrafen verurteilt. Auch die Verbüßung einer Freiheitsstrafe hat den BF nicht daran gehindert, sofort neuerlich und einschlägig durch gewerbsmäßige Suchtgiftdelikte straffällig zu werden. Durch den versuchten Widerstand gegen Justizwachebeamte und deren Körperverletzung hat der BF schwere Verletzungen der österreichischen Rechtsordnung zu verantworten, durch die er unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht hat, dass er nicht gewillt ist, sich an die Rechtsordnung zu halten. Mangels positiver Zukunftsprognose stellt der BF eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

2.4. Festgestellt wird, dass die Behörde bislang die notwendigen Schritte zur Außerlandesbringung des BF nicht eingeleitet hat. (B)

III. Beweiswürdigung

3.1. Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten, der erhobenen Beschwerde sowie der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

3.2. Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten gänzlich vertrauensunwürdig. Er ist nicht gewillt sich an Rechtsvorschriften zu halten, wurde wegen mehrerer schwerer Straftaten unter anderem nach dem Suchtmittelgesetz und wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt zu Haftstrafen verurteilt, die ihn allerdings nicht daran gehindert haben, neuerlich straffällig zu werden. Der BF hat sich dem Verfahren entzogen, ist untergetaucht und war für die Behörden nicht greifbar. Auf Grund dessen wurde er auch von der Bundesbetreuung abgemeldet. Der BF ist im Bundesgebiet nicht integriert. Der BF will nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren.

3.3. Auf Grund seiner schweren Straftaten, der schlechten Zukunftsprognose nicht zuletzt unter Berücksichtigung der gravierenden Erschwerungstatbestände in den Strafurteilen insbesondere seine rasche Rückfälligkeit, stellt der BF eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

IV. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zu Spruchpunkt A. I. - Schubhaftbescheid

4.1.1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

4.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).

4.1.3. Gemäß §76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die ödffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist oder 2. diese zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder die Abschiebung notwendig ist, sofern Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 3. die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 und 2. Dublin-Verordnung vorliegen. Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

4.1.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

4.1.5. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten der BF und ihre unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine erhebliche und präsente Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen und die Schubhaft verhängt. Das Verhalten der BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.

4.2. Zu Spruchpunkt A. II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

Auf Grund der getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung und im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezugs sind keine Umstände hervorgekommen, welche die Unrechtmäßigkeit der Schubhaft erkennen lassen, ddie Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig.

4.3. Zu Spruchpunkt A. III. und IV. - Kostenbegehren

Da die Verwaltungsbehörde obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Mangels gesetzlicher Bestimmungen war der Antrag der BF auf Befreiung der Entrichtung von Eingabegebühr bzw. dessen Refundierung zurückzuweisen. Dass die Eingabegebühr das Recht der Beschwerdeführerin auf Zugang zu Gericht beschneidet, trifft im Hinblick auf die geringe Höhe nicht zu. Dieser Gebührensatz kann keineswegs als prohibitiv hoch angesehen werden.

4.4. Zu Spruchpunkt B. - Fortsetzung der Schubhaft

Da die Behörde hat keine Schritte gesetzt, die Außerlandesbringung des BF zu betreiben, ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nicht gegeben, sodass die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft unzulässig ist.

4.5. Zu Spruchpunkt C - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Eingabengebühr, Fluchtgefahr, Kostenersatz, Mittellosigkeit,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Untertauchen,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W197.2220761.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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