TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/3 96/06/0189

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Veröffentlicht am 03.09.1998
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;
BauO Tir 1989 §30;
BauO Tir 1989 §7;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde 1. der B und des R, 2. der Ch, 3. der W und des A, 4. der M, 5. des T, 6. der J und des J, 7. der U, 8. des M, 9. der U und des G, 10. der H und des F, 11. der H und des W, 12. der C und

13. des G, alle in S und alle vertreten durch D, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Juni 1996, Zl. Ve1-550-2287/1-3, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde St. Johann in Tirol, vertreten durch den Bürgermeister, 2. G in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der zweitmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 2. November 1994 wurde der zweitmitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung zum Neubau von zwei Mehrfamilienwohnhäusern mit gemeinsamer Tiefgarage auf einem Grundstück in der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilt.

Aufgrund einer Berufung der nunmehrigen Beschwerdeführer wurde dieser Bescheid von der Berufungsbehörde behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz verwiesen. Aufgrund einer Vorstellung der Beschwerdeführer behob die belangte Behörde mit Bescheid vom 14. Juni 1995 die Entscheidung der Berufungsbehörde, da diese gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache zu entscheiden gehabt hätte.

Im fortgesetzten Verfahren wurde die Berufung der Beschwerdeführer sodann mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 28. Dezember 1995 abgewiesen.

Aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführer erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem die belangte Behörde die Vorstellungen als unbegründet abwies.

Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass - wie bereits im Vorstellungsbescheid vom 14. Juni 1995 festgehalten worden sei - in der mündlichen Verhandlung am 5. September 1994 von den Beschwerdeführern W, P, AF, GU, S und CF anwesend gewesen seien. Die übrigen Vorstellungswerber seien bei der Bauverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung - die aufgrund der im Akt befindlichen Rückscheine urkundlich dokumentiert sei - nicht anwesend gewesen. Von den anwesenden Beschwerdeführern sei vorgebracht worden, dass bei plan- und bescheidgemäßer Ausführung und Einhaltung der Bestimmungen der TBO und TBV kein Einwand gegen das Bauvorhaben erhoben werde. Erst mit Schreiben des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer vom 6. Oktober 1994, eingelangt bei der Behörde am 10. Oktober 1994, seien Einwände gegen des Bauvorhaben vorgebracht worden.

Gemäß § 42 Abs. 1 AVG fänden Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht worden seien, keine Berücksichtigung und würden die Beteiligten dem Parteienantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilde, als zustimmend angesehen.

Im Hinblick auf § 42 AVG erwiesen sich die Einwendungen der Beschwerdeführer jedoch als verspätet.

Im übrigen beträfen die Einwände der Beschwerdeführer im wesentlichen die Zufahrt zum Bauvorhaben. Diesbezüglich bestünden keine subjektiven Rechte, sodass unabhängig von der eingetretenen Präklusion mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer für diese nichts gewonnen sei.

Da sohin eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten nicht gegeben sei, sei die Vorstellung als unbegründet abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführer erachten sich in dem Recht, gemäß § 13a AVG über die Konsequenzen der Nichtprotokollierung von in der Bauverhandlung vorgebrachten Einwendungen aufgeklärt zu werden, in den Nachbarschaftsrechten gemäß § 30 TBO, insbesondere durch die Feststellung, wonach die Zufahrt zum geplanten Gebäude durch gegenseitige Dienstbarkeiten geregelt sei, und in dem Recht auf Einhaltung der Abstandsvorschriften gemäß § 7 TBO verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die zweitmitbeteiligte Partei hat sich der Gegenschrift der belangten Behörde vollinhaltlich angeschlossen und ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass die Einwendungen der Beschwerdeführer präkludiert seien.

In der Beschwerde wird dagegen vorgebracht, dass die Ladung zur Bauverhandlung nicht allen Beschwerdeführern ordnungsgemäß nach dem Zustellgesetz zugestellt worden sei. Es wird jedoch nicht näher ausgeführt, inwiefern Zustellmängel vorgelegen wären, sodass die Beurkundung der Zustellungen durch die im Akt erliegenden Rückscheine als unrichtig angesehen werden müßte.

Die Beschwerdeführer haben aber auch in ihrer Vorstellung nichts vorgetragen, was Zweifel an der Richtigkeit der Beurkundung in den Rückscheinen erwecken könnte. Einem allfälligen diesbezüglichen Sachvorbringen (das wie erwähnt in der Beschwerde gar nicht enthalten ist und daher selbst im Fall der Zulässigkeit vom Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall nicht beurteilt werden könnte, ob ein Zustellmangel vorliegt) stünde daher auch das aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Neuerungsverbot entgegen.

Es ist daher davon auszugehen, dass die belangte Behörde hinsichtlich jener Beschwerdeführer, die nicht in der mündlichen Verhandlung anwesend und auch nicht vertreten waren, jedenfalls zu Recht das Vorliegen der Präklusion angenommen hat.

Hinsichtlich jener Beschwerdeführer, die in der mündlichen Verhandlung anwesend waren, ging die belangte Behörde davon aus, dass ihr Vorbringen nicht die Geltendmachung der Verletzung subjektiver Rechte erkennen ließ. Dies deshalb, weil diese Beschwerdeführer nach der Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. September 1994 in dieser lediglich ausgeführt hatten, dass sie "bei plan- und bescheidgemäßer Ausführung und Einhaltung der Bestimmungen der TBO und TBV keinen Einwand gegen das Bauvorhaben" erhöben.

In der Beschwerde wird in diesem Zusammenhang vorgebracht, dass bei der Bauverhandlung der Verhandlungsführer seiner Belehrungspflicht nach § 13a AVG nicht nachgekommen sei. Wie bereits in den Vorstellungen und Rechtsmitteln in diesem Verfahren behauptet und vorgebracht worden sei, hätten die erschienenen unvertretenen Parteien Einwendungen erheben wollen, allerdings seien sie mit dem Hinweis, dass damit alles "noch schlechter" würde, "abgewimmelt worden".

Dieses Vorbringen ist insoweit aktenwidrig, als die Beschwerdeführer zwar in dem Schreiben des Beschwerdevertreters vom 6. Oktober 1994 und in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Baubescheid Einwendungen erhoben haben, die nunmehrigen Behauptungen betreffend die Verhandlungsführung in der Verhandlung am 5. September 1994 jedoch weder im Schreiben vom 6. Oktober 1994 noch in der Berufung enthalten sind. Es ist dem Akt auch nicht zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer Einwendungen gegen die Niederschrift über die Verhandlung vom 5. September 1994 erhoben hätten. Auch das diesbezügliche Vorbringen unterliegt somit dem Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG. Unabhängig davon geht auch die Belehrungspflicht gemäß § 13a AVG nicht so weit, daß der Verhandlungsleiter Parteien inhaltlich anleiten müßte, welche Einwendungen sie erheben sollten.

Die belangte Behörde ist daher auch hinsichtlich der in der Verhandlung am 5. September 1994 anwesenden Parteien zu Recht vom Vorliegen der Präklusion ausgegangen.

Auf die inhaltlichen Ausführungen in der Beschwerde ist daher nicht mehr näher einzugehen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenbegehrens der mitbeteiligten Partei stützt sich auf § 49 Abs. 1 VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 88/1997 (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1997, Zl. 97/17/0243, und vom 26. Jänner 1998, 94/17/0385).

Wien, am 3. September 1998

Schlagworte

Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996060189.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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