TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/10 W197 2220715-2

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Veröffentlicht am 10.09.2019
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Entscheidungsdatum

10.09.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W197 2220715-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Kosovo, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2019, Zahl 650460103-190884504 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag, den Beschwerdeführer von der Eingabegebühr zu befreien, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang (Feststellungen):

1.1. Mit Erkenntnis vom 04.07.2019 hat das BVWG der Beschwerde des Beschwerdeführers (BF) stattgegeben, den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2019, sowie die Anhaltung in Schubhaft vom 27.06.2019 bis zum 04.07.2019 für rechtswidrig erklärt und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorliegen.

1.2. Das BVWG ging von nachstehenden Verfahrensgang aus, der übernommen wird:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste in Österreich illegal ein und stellte am 05.11.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG ging in weiterer Folge die Entscheidungsverpflichtung auf das BVwG über. Mit Erkenntnis des BVwG vom 04.01.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß .§ 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG und § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 iVm § 52 FPG und § 9 Abs. 3 BFA-VG wurde festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

1.2. Aufgrund eines internationalen Haftbefehls aus dem Kosovo wurde der BF in Österreich festgenommen und am 10.02.2017 an den Kosovo ausgeliefert.

1.3. Am 26.06.2019 erschien der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) und wollte seinen Aufenthaltstitel verlängern. Daraufhin wurde der BF am 26.06.2019 niederschriftlich zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot und zur Erlassung der Schubhaft einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, er sei gesund und nehme keine Medikamente. Er sei zum Amt gekommen, um eine Verlängerung seines Aufenthaltstitels zu erreichen bzw. wollte er Auskunft darüber erhalten, ob er einen Asylantrag stellen solle oder er den Aufenthaltstitel verlängern könne. Sein Vater und sein Bruder seien krank und wenn es sein müsse, so würde er einen Asylantrag stellen. Er sei weder in Deutschland, noch in Österreich verurteilt worden und habe noch nie einen Reisepass besessen. Sein Vater und sein Bruder seien in Österreich. Sein Gerichtsverfahren im Kosovo befinde sich in der zweiten Instanz und sei er derzeit in Österreich nicht meldeamtlich erfasst. Er habe während seines damaligen Asylverfahrens bei der Caritas 50 Stunden im Monat gearbeitet und sei, bevor er nach Österreich gekommen sei, als Taxifahrer tätig gewesen. Sein Vater und zwei Brüder seien in Österreich, ein weiterer Bruder sei im Kosovo in Haft. Er wolle in der Nähe seines Vaters und seines Bruders sein und bedanke sich für die seinerzeitige Unterstützung.

1.4. Während der Einvernahme am 26.06.2019 stellte der BF einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

1.5. Mit Bescheid des BFA vom 27.06.2019 wurde über den BF die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz verhängt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF sowie der privaten und familiären Situation vom Bestehen eines Sicherungsbedarfes ausgehe. Der BF erfülle die Beurteilungskriterien des § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG, nach denen zur Beurteilung des Sicherungsbedarfs der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen seien.

Darüber hinaus sei die Verhängung der Schubhaft auch verhältnismäßig, da ein rechtlich relevantes Fehlverhalten des BF insbesondere unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Interessen des BF an dem Erhalt seiner persönlichen Freiheit überzuordnen war.

Darüber hinaus war im Verhalten des BF eine Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 67 Abs. 1 FPG ebenso zu erkennen und daher die Verhängung von Schubhaft durchzuführen.

1.6. Mit Beschwerde der im Kopf des Judikates genannten vertretungsbefugten Einrichtung vom 01.07.2019 wurde gegen den gegenständlichen Schubhaftbescheid vom 27.06.2019 sowie gegen die Anhaltung seit diesem Tage in Schubhaft Beschwerde erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass Schubhaft nie als Standardmaßnahme gegenüber Asylwerbern angewandt werden dürfe. Weder eine illegale Einreise, noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung sei für sich genommen als Schubhaftgrund ausreichend. Ebenso sei eine fehlende Ausreisewilligkeit des BF für sich genommen nicht ausreichend geeignet, die Verhängung der Schubhaft zu rechtfertigen.

Der BF habe im Rahmen der Rechtsberatung angegeben, dass es ihm nicht bewusst gewesen sei, dass er in Österreich nicht mehr einreisen dürfe. Er habe zu diesem Zeitpunkt nicht die Absicht gehabt, gegen fremdenrechtliche Vorschriften in Österreich zu verstoßen und sei dies klar darin zu sehen, dass er sich bereits am Tage seiner Einreise bei den Behörden hinsichtlich einer Verlängerung seines Aufenthaltes gemeldet habe. In Österreich halte sich sein pflegebedürftiger Vater auf. Die Schubhaft sei darüber hinaus unverhältnismäßig, da davon auszugehen sei, dass allein durch die Verhängung eines gelinderen Mittels der Sicherungszweck ausreichend erreicht werden könne.

Der BF könne sich überdies bis zu seiner Abschiebung bei seinem namentlich genannten Onkel aufhalten.

Beantragt wurde die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung für rechtswidrig zu erklären und eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen. Einen Antrag auf Kostenersatz wurde nicht gestellt.

1.7. Das BFA legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Stellungnahme und beantragte unter Hinweis auf die Begründung im angefochtenen Mandatsbescheid die Abweisung der Beschwerde.

1.8. Im Zuge des gerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde am 03.07.2019 telefonischer Kontakt mit der in der Beschwerde angeführten Onkel bzw. der Tante hergestellt. Diese gab nach Datenabgleich auf Nachfrage durch das Gericht bekannt, dass der BF bei ihr durchaus wohnen könnte und sie für allfällige weitere Rückfragen zur Verfügung stehe.

1.3. Mit Bescheid der Behörde vom 10.07.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz sowie auf subsidiären Schutz als unbegründet abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in den Kosovo zulässig ist. Dem BF wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt, einer allfälligen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Zugleich wurde ein auf 2 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen. Diese Entscheidung ist am 09.08.2019 in Rechtskraft I. Instanz erwachsen.

1.4. Der BF kam in der Folge seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und tauchte im Bundesgebiet unter. Obwohl dem BF jedenfalls auf Grund des Schubhaftverfahrens seine Meldeverpflichtung bekannt sein musste, meldete er sich im Bundesgebiet, insbesondere an der von ihm vorgebrachten Meldeadresse seines Onkels oder seiner Tante nicht an. Da der BF für die Behörde nicht greifbar war, erließ sie am 29.08.2019 einen Festnahmeauftrag.

1.5. Der BF wurde am 29.08.2019 bei einer Zufallskontrolle betreten und einer fremden-polizeilichen Kontrolle unterzogen. Aufgrund des illegalen Aufenthaltes des BFs wurde der Festnahmeauftrag vollzogen und der BF in der Folge der Behörde vorgeführt.

1.6. Über den BF wurde am 30.08.2019 die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG i.V.m. § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Die Behörde sah Fluchtgefahr im Sinne von § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9, Sicherungsbedarf und Verhältnismäßigkeit als vorliegend an. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände sah die Behörde die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht gegeben. Der Bescheid wurde dem BF persönlich zugestellt. Der BF ist haftfähig.

1.7. Gegen den Mandatsbescheid, die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung erhob der Rechtsvertreter des BF Beschwerde mit der Begründung, dass der BF bei seinem Onkel an einer angegebenen Adresse wohnen könne, von dem er auch unterstützt würde. Er wäre dort für die Behörden greifbar sodass keine Fluchtgefahr und kein Sicherungsbedarf bestehe. Die Behörde hätte mit einem gelinderen Mittel das Auslangen finden können. Beantragt wurde den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung der und die Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig sei. Beantragt wurde zum Vorbringen eine mündliche Verhandlung, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und Kosten- und Aufwandersatz.

1.8. Die Behörde legte die Akten vor, erstattete eine Stellungnahme im Sinne des Akteninhalts und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und den Ausspruch, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

1.9. Insbesondere teilte die Behörde mit, dass unverzüglich ein Verfahren zur Erlassung eines HRZ eingeleitet worden sei. Die Kosovarischen Behörden erteilten am 03.09.2019 die Zustimmung zur HRZ-Ausstellung, die Abschiebung des BF wurde für den 20.09.2019 organisiert.

1.10. Von der Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte wegen geklärten Sachverhalts aus dem vorliegenden Akteninhalt und der Beschwerde abgesehen werden.

II. Feststellungen

2.1. Der BF ist kosovarischer Staatsangehöriger. Er reiste trotz Bestehens eines französischen Einreiseverbots für das Schengengebiet illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 26.06.2019 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

2.2. Auf Grund der negativen rechtskräftigen Asylentscheidung der Behörde hält sich der BF seit 09.08.2019 illegal im Bundesgebiet auf. Er ist im Bundesgebiet nicht gemeldet, obwohl ihm seine Meldeverpflichtung auf Grund der Vorverfahren bekannt sein musste. Insbesondere meldete sich der BF nicht an der von ihm selbst angegebenen Meldeadresse seines Onkels oder seiner Tante an.

2.3. Der BF tauchte unmittelbar nach Zustellung des negativen Asylbescheides unter, um sich seiner Abschiebung in den Kosovo zu entziehen. Die Behörde erließ auf Grund dessen einen Festnahmeauftrag. Der BF konnte nur auf Grund einer Zufallskontrolle festgenommen werden.

2.4. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot. Zudem besteht über den BF ein von Frankreich verhängtes schengenweites Einreiseverbot. Der BF reiste trotz Verpflichtung auch nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet aus, er will nicht in den Kosovo zurückkehren.

2.5. Der BF ist im Bundesgebiet weder sozial, wirtschaftlich oder familiär integriert. Ihm steht keine gesicherte Wohnung zur Verfügung, in der er gewillt ist, sich seiner Abschiebung für die Behörde bereit zu halten. Der BF ist nicht in der Lage, seinen Unterhalt auf legale Art sicherzustellen, er ist mittellos.

2.6. Der BF ist haftfähig, es bestehen keine Umstände, welche die Haft unverhältnismäßig machen würden. Es besteht akute Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Auf Grund des Verhaltens des BF kann mit einem gelinderen Mittel das Auslangen nicht gefunden werden.

2.7. Die Behörde hat unverzüglich ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats erlassen, die Abschiebung des BF ist für den 20.09.2019 organisiert.

2.8. Es besteht ein hohes öffentliches Interesse, rechtsgrundlos in Österreich aufhältige Fremde außer Landes zu bringen.

III. Beweiswürdigung

3.1. Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts und der erhobenen Beschwerde.

3.2. In seiner Vorentscheidung ging das BVwG von der Kooperationsbereitschaft des BF aus, da er sich gleich nach seiner Einreise bei der Behörde gemeldet habe, er sich zu diesem Zeitpunkt nach dem Meldegesetz auch noch nicht melden hätte müssen und einen asylrechtlichen Aufenthaltstitel besäße. Demgegenüber ist der BF in der Folge unmittelbar nach Zustellung der negativen Asylentscheidung untergetaucht und hat sich dem Abschiebeverfahren entzogen. Mit der rechtskräftig negativen Asylentscheidung der Behörde besaß er kein Aufenthaltsrecht mehr im Bundesgebiet.

3.3. Die Behörde konnte seiner nur auf Grund einer Zufallskontrolle habhaft werden. Der BF hat sich trotz nunmehriger Kenntnis seiner Meldeverpflichtung nicht an der Adresse seines Onkels bzw. seiner Tante angemeldet, bei denen er angeblich wohnen könnte. Im Hinblick auf sein Untertauchen und die Nichtmeldung kann von Kooperationsbereitschaft des BF nicht mehr ausgegangen werden. Selbst wenn man davon ausginge, dass ihm bei Verwandten tatsächlich eine Unterkunft zur Verfügung stünde, so ist aus seiner Nichtmeldung und seinem Untertauchen klar zu ersehen, dass er offenbar kein Interesse hat, sich dort den Behörden zu seiner Abschiebung bereit zu halten. Dies umsoweniger, als seine Abschiebung unmittelbar bevorsteht und der BF nicht in den Kosovo zurückkehren will.

3.4. Auch die behauptete familiäre Integration vermag die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nicht zu beeinträchtigen. Der BF hat nie behauptet, enge Kontakte zu seinem Onkel oder seiner Tante unterhalten zu haben. Diese beschränken sich offenbar auf deren Zusage, dass der BF bei ihnen bis zur Abschiebung wohnen könne. Auch ein familienähnliches Zusammensein mit seinem Vater ist nicht möglich, da dieser stationär in einer Pflegeeinrichtung lebt und der BF auf Grund seiner Haft im Kosovo auch erst sehr kurz in Österreich ist. Der Bruder des BF sitzt im Gefängnis ein, zu diesem hat er ebenfalls kein enges Verhältnis behauptet. Das im Vorerkenntnis des BVwG angenommene soziale Netz hat den BF nicht gehindert, in die Anonymität unterzutauchen.

3.5. Auch rechtlich hat sich die Situation des BF gegenüber dem Vorerkenntnis des BVwG geändert, was sich bereits aus der geänderten Rechtsgrundlage des Schubhaftbescheides - § 76 Abs. 2 Z.2 statt Z.1 FPG - ergibt. Es besteht nunmehr eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegenüber dem BF sowie zusätzlich zum Einreiseverbot in Frankreich auch eines in Österreich. Die Behörde sah im angefochtenen Bescheid die Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, und 9 gegenüber nur Z. 9 im Vorerkenntnis, zutreffend als gegeben an. Der BF hat kein Aufenthaltsrecht mehr in Österreich und hat seine Außerlandesbringung durch Untertauchen zu hintertreiben gesucht.

3.6. Aus all diesen Gründen und im Hinblick auf die Vertrauensunwürdigkeit des BF ist die Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass durch die Verhängung eines gelinderen Mittels der Sicherungszweck nicht ausreichend verwirklicht werden kann. Im Falle seiner Freilassung ist davon auszugehen, dass der BF angesichts seiner bevorstehenden Abschiebung sofort untertauchen wird. Es besteht sohin akute Fluchtgefahr und dringend notwendiger Sicherungsbedarf.

3.7. Die Behörde hat die Abschiebung des BF zügig organisiert, die Abschiebung des BF in den Kososvo ist für den 20.09.2019 organisiert.

3.8. Der BF ist haftfähig, es sind keine relevanten Umstände hervorgekommen, dass die Haft unverhältnismäßig wäre.

IV. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zu Spruchpunkt A. I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

4.1.1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

4.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).

4.1.3. Gemäß §76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die ödffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist oder 2. diese zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder die Abschiebung notwendig ist, sofern Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 3. die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 und 2. Dublin-Verordnung vorliegen. Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

4.1.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

4.1.5. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF und seiner unzureichenden Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine erhebliche und präsente Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Das Verhalten der BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Der BF ist in der Vergangenheit untergetaucht und hat sich dem Verfahren und letztlich seiner Abschiebung entzogen. Die Behörde hat die Abschiebung raschest möglich organisiert, es stehen keine Hindernisse, den BF zeitnah in den Kosovo abzuschieben.

4.2. Zu Spruchpunkt A. II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

Auf Grund der getroffenen Feststellung und ihrer rechtlichen Würdigung ergibt sich, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

4.3. Zu Spruchpunkt A. III. - Kostenbegehren

Da die Behörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen allein der Ersatz ihrer Aufwendungen zu.

4.4. Zu Spruchpunkt A. IV. - Kostenbegehren

Mangels gesetzlicher Bestimmungen war der Antrag des BF auf Befreiung der Entrichtung von Eingabegebühr bzw. dessen Refundierung zurückzuweisen. Dass die Eingabegebühr das Recht des Beschwerdeführers auf Zugang zu Gericht beschneidet, trifft im Hinblick auf die geringe Höher nicht zu. Dieser Gebührensatz kann keineswegs als prohibitiv hoch angesehen werden. Der BF hat die Eingabegebühr entrichtet und diesbezüglich keine Verfahrenshilfe beantragt.

4.5. Zu Spruchpunkt B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Eingabengebühr, Einreiseverbot, Fluchtgefahr, öffentliche
Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf,
Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W197.2220715.2.00

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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