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L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/0272 96/19/0273Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerden
1.) des 1992 geborenen PK, 2.) der 1984 geborenen MK und 3.) des 1983 geborenen NK, sämtliche in Wien, sämtliche vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 19. Jänner 1995, Zlen. 1.) 101.658/8-III/11/94,
2.) 103.586/2-III/11/94 und 3.) 101.658/7-III/11/94, sämtliche betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 7.620,--, den beiden anderen Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 19. Jänner 1995 wurden die Anträge der Beschwerdeführer vom 6. Oktober 1993 (bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangt am 8. Oktober 1993) jeweils gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden im wesentlichen gleichlautend aus, die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen Bereich die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der gesicherten Unterhaltsmittel von Zuwanderern anzulegen. Sei der Unterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert, so dürfe gemäß § 5 Abs. 1 AufG eine Bewilligung nicht erteilt werden. Der Vater der Beschwerdeführer sei der alleinige Familienerhalter und habe zwar mit Schreiben vom 14. Oktober 1994 einen Einkommensnachweis vorgelegt, jedoch könne "bei dieser Summe absolut nicht von einem gedeckten Lebensunterhalt für die gesamte Familie (fünf Personen)" gesprochen werden, "da noch zusätzliche Kosten (Rückzahlung des Kredites, Miete, sonstige Lebenskosten, etc.) anfallen".
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, die angefochtenen Bescheide aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 5 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 AufG lauteten:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen."
§ 113 Abs. 6 und 7 FrG 1997 lautet:
"(6) Rechtskräftige Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt wurde oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der Betroffene sie beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof angefochten und dieser die Entscheidung noch nicht getroffen hat. In diesen Fällen ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen. Mit dem Beschluß über die Gegenstandslosigkeit der Bescheide tritt auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft.
(7) Als Bescheide nach Abs. 6, die unter den dort festgelegten Voraussetzungen außer Kraft getreten, gelten auch rechtskräftige Bescheide, mit denen auf Dauer niedergelassenen Fremden die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, die deshalb beantragt wurde, weil die Fremden entweder die Frist für den Antrag auf Verlängerung versäumt hatten oder trotz rechtmäßiger Niederlassung zuvor keiner Aufenthaltsbewilligung bedurften."
§ 1 Abs. 1 der Wiener Sozialhilfeverordnung in der im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide (Bescheidzustellung 17., bzw. 23. Februar 1995) geltenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 68/1994 lautete:
"§ 1. (1) Die Richtsätze für Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes werden mit folgenden monatlichen Beträgen festgesetzt:
1. für den Alleinunterstützten
.................................. 4770 S
2. für den Hauptunterstützten
.................................. 4652 S
3. für den Mitunterstützten
......................................
a) ohne Anspruch auf Familienbeihilfe .............. 2388 S
b) mit Anspruch auf Familienbeihilfe ................ 1431 S"
Aufgrund der glaubhaften und von den Parteien des
verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unwidersprochen gebliebenen
Auskunft der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. Mai 1998 stellt der
Verwaltungsgerichtshof fest, daß die Zweitbeschwerdeführerin und der
Drittbeschwerdeführer über gewöhnliche Sichtvermerke für die
Zeiträume vom 17. März 1992 bis 31. Juli 1992 und vom 3. August 1992
bis 11. Dezember 1992 verfügten. Weitere Berechtigungen zum
Aufenthalt hatten diese Beschwerdeführer nicht. Für den
Erstbeschwerdeführer war niemals ein Sichtvermerk oder eine
Aufenthaltsbewilligung ausgestellt.
Ausgehend von dieser Feststellung erweisen sich die am 8. Oktober 1993 gestellten Anträge der Beschwerdeführer als Erstanträge. § 113 Abs. 6 FrG 1997 war auf diese Anträge nicht anwendbar. Daran vermag auch das Vorbringen der Beschwerdeführer nichts zu ändern, wonach der Zweitbeschwerdeführerin und dem Drittbeschwerdeführer nur deshalb mit 11. Dezember 1992 befristete Sichtvermerke erteilt worden seien, weil deren Reisepässe bereits mit diesem Datum abgelaufen seien bzw. daß versehentlich der der Mutter des Erstbeschwerdeführers erteilte Wiedereinreisesichtvermerk nicht auch auf diesen erstreckt worden sei. Diese Umstände haben nicht dazu zu führen, daß die Beschwerdeführer so zu behandeln wären, als wenn ihnen - wie ihren Eltern - Sichtvermerke mit Geltungsdauer bis 30. Juli 1993 erteilt worden wären. Die Beschwerdeführer fallen auch nicht unter die Übergangsbestimmung des § 113 Abs. 7 FrG 1997, weil eine Frist zur Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (auch unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligung geltenden Vorschriften) in Ansehung von gewöhnlichen Sichtvermerken, welche vor dem 1. Juli 1993 endeten, nicht existierte. Die Beschwerdeführer konnten daher auch nicht im Sinne des § 113 Abs. 7 FrG 1997 eine derartige Frist versäumt haben. Anders als bei ihren Eltern liegt daher auch nicht der Übergangsfall des § 113 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 7 FrG 1997 vor.
Zur inhaltlichen Berechtigung der vorliegenden Beschwerden ist nachstehendes auszuführen:
Die den abweislichen Spruch des bekämpften Bescheides tragende Begründung ist mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht nachvollziehbar. Zwar begegnet die Heranziehung des Sozialhilferechtes des betreffenden Bundeslandes (hier: der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe, LGBl. Nr. 11/1973 idF LGBl. Nr. 68/1994) für die Beurteilung der Frage des nicht gesicherten Unterhaltes für die Geltungsdauer der Bewilligung im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG keinen Bedenken. Dabei hat die Behörde allerdings nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darzulegen, welchen monatlichen Betrag sie als dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehende Mittel einerseits und welchen monatlichen Betrag sie als richtsatzgemäße Gesamtunterstützung im Sinne der vorzitierten Verordnung als maßgeblichen Sachverhalt andererseits dem Tatbestand des nicht gesicherten Unterhaltes subsumiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1996, Zl. 95/18/0345). Bei Annahme eines nicht durch den Richtsatz gedeckten Mehrbedarfes wäre dieser überdies konkret festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1998, Zlen. 97/19/0709, 0710).
Diesen Voraussetzungen genügt der angefochtene Bescheid nicht. Er ist daher mit einem Begründungsmangel behaftet.
Aus dem den Vater der Beschwerdeführer betreffenden Verwaltungsakt geht hervor, daß dieser über ein Monatsgehalt von S 15.000,-- netto verfüge. Mit diesem Einkommen wäre aber der richtsatzgemäße Bedarf der (nach der Aktenlage aus zwei Erwachsenen und drei Kindern bestehenden) Familie der Beschwerdeführer bei Zugrundelegung der oben wiedergegebenen Sozialhilferichtsätze gedeckt. In Ermangelung konkreter Feststellungen über die Höhe der zu leistenden Kreditrückzahlungsraten, der Miete, sowie allfälliger nicht durch den Richtsatz abgedeckter zusätzlicher Lebenskosten sind die angefochtenen Bescheide einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit nicht zugänglich. Überdies finden sich in den Verwaltungsakten betreffend den Vater der Beschwerdeführer (vgl. Bl. 43 derselben) Hinweise auf den Bezug von Familienbeihilfe. Auch durch diese Mittel kann der Unterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG gesichert sein (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 23. April 1998).
Sie waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Verstoßes gegen die Begründungspflicht aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Erstbeschwerdeführer sprach für die gemeinsam mit seinem Vater erhobene Beschwerde Gesamtkosten von S 15.240,-- an. Hievon entfällt die Hälfte, also S 7.620,-- auf den Erstbeschwerdeführer. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 52 Abs. 1 VwGG wäre ihm dieser Betrag jedenfalls zugestanden. Dem Erstbeschwerdeführer war daher Kostenersatz in dieser Höhe zuzusprechen. Für die übrigen Beschwerdeführer, die S 12.500,-- zuzüglich S 2.500,-- an Umsatzsteuer begehrten, gilt, daß neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein Kostenersatz aus dem Titel der Umsatzsteuer nicht zuerkannt werden kann (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 687, wiedergegebene Judikatur).
Wien, am 11. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996190271.X00Im RIS seit
01.06.2001