TE Lvwg Erkenntnis 2019/11/5 LVwG-AV-1028/001-2019

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Veröffentlicht am 05.11.2019
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Entscheidungsdatum

05.11.2019

Norm

SHG NÖ 2010 §3 Abs1
SHG NÖ 2010 §12 Abs1
SHG NÖ 2010 §35
ABGB §231

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin
HR Mag. Marihart über die Beschwerde der Frau A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 02.08.2019, Zl. ***, betreffend Kostenbeitrag nach dem NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Leistungszeitraum vom 01.04.2019 bis 31.07.2019 richtet, gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Leistungszeitraum ab 01.08.2019 richtet, gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insofern Folge gegeben, als der von der Behörde bestimmte Kostenbeitrag ab 01.08.2019 auf € 196,20 monatlich herabgesetzt wird.

3.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Zum bisherigen Gang des verwaltungsbehördlichen Verfahrens:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (in Folge: belangte Behörde) vom 02.08.2019, Zl. ***, wurde die nunmehrige Beschwerdeführerin A verpflichtet auf Grund ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht für B zu den Kosten der mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 08.02.2019, ***, gewährten Sozialhilfe

-    vom 01.04.2019 bis 31.07.2019 einen Kostenbeitrag in Höhe von € 441,15 monatlich (1. Spruchpunkt) und

-    ab 01.08.2019 einen Kostenbeitrag in Höhe von € 247,33 monatlich zu leisten (2. Spruchpunkt).

Begründend wurde ausgeführt, dass B Hilfe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen durch Übernahme der Kosten im Wohnhaus und in der Tagesstätte des Vereines *** in *** ab 04.03.2019 erhalte. Die Beschwerdeführerin sei als leibliche Mutter mit einem Einkommen von € 2.428,10 (monatlich netto inkl. 13. + 14. Gehalt) und der Sorgepflicht für eine weitere Person gesetzlich zum Unterhalt für B verpflichtet. Aufgrund ihrer Einkommenssituation ergebe sich eine monatliche Bemessungsgrundlage für 01.04.2019 bis 31.07.2019 in der Höhe von € 2.205,74, wobei die Sonderbelastung für Rückzahlungsraten für Darlehen/Kredite zur Wohnraumschaffung in Höhe von € 105,00 und die Leasingraten eines KFZ, welches beruflich erforderlich sei, in Höhe von € 117,36 zu berücksichtigen gewesen seien. Der Kostenbeitrag betrage daher unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflicht 20% der Bemessungsgrundlage, sohin € 441,15 monatlich.

Da B mit *** volljährig werde, sei der Beitrag ab 01.08.2019 neu zu berechnen. Hierbei seien Sonderzahlungen nicht in die Bemessungsgrundlage einzuberechnen und sei daher von einem Einkommen in der Höhe von € 2.081,23 auszugehen. Daher ergebe sich nach Berücksichtigung von Rückzahlungsraten für Darlehen/Kredite für Wohnraumschaffung in Höhe von € 105,00, einem Pauschalbetrag für Wohnungskosten in der Höhe von € 210,00 monatlich und Leasingraten für ein KFZ, welches beruflich erforderlich sei, in der Höhe von € 117,36 monatlich eine Bemessungsgrundlage in Höhe von € 1.648,87. Die Beschwerdeführerin beziehe erhöhte Familienbeihilfe für B. Ihr Kostenbeitrag werde daher ab 01.08.2019 unter Berücksichtigung einer weiteren Sorgepflicht mit 15 % der Bemessungsgrundlage, sohin monatlich € 247,33 festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht am 12.08.2019 Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass der vorgeschriebene Kostenbeitrag zu hoch bemessen sei. Dies insbesondere da ihr Sohn B ab 01.08.2019 erhöhte Familienbeihilfe beziehe, sie noch eine Unterhaltspflicht für einen weiteren Sohn in Höhe von € 336,00 habe und ihr Exmann C einen deutlich geringeren Kostenbeitrag zu leisten habe, obwohl bei der Scheidung ein Unterhalt von € 350,00 für B vereinbart worden sei.

Die belangte Behörde legte mit Vorlageschreiben vom 10.09.2019 die Beschwerde mit ihrem Verwaltungsakt zur Entscheidung vor und teilte mit, dass von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung kein Gebrauch gemacht und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.

Mit 27.09.2019 wurde durch die belangte Behörde ein Schreiben der Beschwerdeführerin übermittelt, in welchem die Beschwerdeführerin mitteilte, dass ihr Anspruch auf Familienbeihilfe nun weggefallen sei und ihr daher ab nun weder Familienzulage noch Familienbonus ausbezahlt werden. Beigefügt wurde eine diesbezügliche Mitteilung des Finanzamtes ***.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 28.10.2019 eine

öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher die Beschwerdeführerin persönlich erschien. Für die belangte Behörde nahm, wie im Vorfeld telefonisch angekündigt, kein Vertreter an der Verhandlung teil.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in dieser Verhandlung Beweis aufgenommen durch Verlesung des Aktes der belangten Behörde zur Zl. ***, sowie des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur Zl. LVwG-AV-1028-2019, sowie durch Einvernahme der Beschwerdeführerin als Partei.

Aufgrund der durchgeführten mündlichen Verhandlung steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 08.02.2019, Zl ***, wurde der Antrag vom 04.02.2019 auf Aufenthalt in der Tagesstätte des Vereines *** für B bewilligt. Ab 04.03.2019 erhielt B auch Sozialhilfe durch den stationären Aufenthalt im Wohnheim des Vereins *** in ***.

Die Kosten für den Aufenthalt in Höhe von € 5.852,50 monatlich trug vorerst das Land NÖ, wobei darauf hingewiesen wurde, dass sowohl der Hilfebedürftige selbst als auch die gesetzlich zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen dem Land zu den Kosten dieser Hilfe einen Beitrag zu leisten haben.

Mit Bescheid vom 02.08.2019 zu Zl. *** wurde der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 01.04.2019 bis 31.07.2019 ein Kostenbeitrag in Höhe von € 441,15 monatlich und ab 01.08.2019 ein Kostenbeitrag in Höhe von € 247,33 monatlich vorgeschrieben. Dagegen erhob sie mit 12.08.2019 fristgerecht Beschwerde.

Der Hilfeempfänger B, geb. ***, ist der leibliche Sohn der Beschwerdeführerin. Er ist in Pflegegeldstufe 6 eingestuft und wird stationär von Montag bis Freitag in der Tagesstätte bzw. dem Wohnhaus des Vereines *** betreut und wird dort auch voll verpflegt.

An den Wochenenden holt ihn die Beschwerdeführerin am Freitag gegen 14:00 Uhr ab und bleibt B dann bis Montag Früh bei seiner Mutter. Sie wechselt sich mit ihrem Ex-Mann, C, betreffend die Betreuung an den Wochenenden ab. Jedenfalls wird B aber immer von ihr am Montag in der Früh ins Heim zurückgebracht. Wenn B krank ist, ist er bei der Beschwerdeführerin, was heuer schon einmal der Fall war, wofür sie sich auch Pflegeurlaub nehmen musste. Auch wenn sie Urlaub hat, ist B bei ihr. So waren die beiden etwa von 30.07. bis 16.08.2019 in Kärnten auf einem Bauernhof auf Urlaub.

Die Beschwerdeführerin verfügte im relevanten Zeitraum von 01.04.2019 bis 31.07.2019 über ein monatliches Nettoeinkommen (inkl. 13. + 14. Gehalt) in der Höhe von € 2.428,10. Nach Eintritt der Volljährigkeit fielen Familienbonus und Kinderzulage für ihren Sohn B ab 01.08.2019 weg, sodass das monatliche Nettoeinkommen ab August nun € 2.314,65 (inkl. 13. + 14. Gehalt) beträgt.

Im Zeitraum vom 01.04. bis 31.07.2019 bezog die Beschwerdeführerin darüber hinaus die erhöhte Familienbeihilfe für B in Höhe von € 355,- monatlich. Seit 01.08.2019 bezieht weder sie noch ihr Sohn B eine (erhöhte) Familienbeihilfe.

Die Beschwerdeführerin hat monatliche Belastungen für ihr Haus in Höhe von € 78,- für Stromkosten, ca. € 80,- für Heizkosten (Öl), € 62,25 für Abgaben betreffend Wasser, Kanal und Müll und eine jährliche Zahlung von 37,97 für den Rauchfangkehrer zu tragen. Ihr zweiter Sohn E lebt bei ihrem Exmann, weshalb sie auch € 336,- Unterhalt an E bezahlt. Auch hat sie monatlich eine Leasingrate für ihr Auto in der Höhe von € 117,36 und eine Rückzahlungsrate für den Kredit für ihr Haus in der Höhe von € 232,46 zu bezahlen. Weiters musste sie 2019 € 147,16 für ein Wohnbauförderungsdarlehen des Landes NÖ zurückzahlen. Darüber hinaus hat sie keine weiteren relevanten Ausgaben bzw. Belastungen.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich vor allem aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zur Zl. *** und der glaubhaften und durchwegs nachvollziehbaren Aussage der Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, die durch zahlreiche Urkunden (Beilagen /1 bis ./10) belegt wurde, und wurde auch von keiner der Parteien bestritten.

Auch das Einkommen und die diversen Belastungen und Ausgaben der Beschwerdeführerin ergeben sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Urkunden (Beilagen /1 bis ./6 und ./8) und ihrer Aussage in der Verhandlung. Der Bezug und die Höhe der Familienbeihilfe sind unstrittig.

Die Feststellung, dass weder die Beschwerdeführerin noch B selbst seit 01.08.2019 Familienbeihilfe bezieht, gründet sich auf der vorgelegten Mitteilung des Finanzamtes vom 18.09.2019 und der glaubhaften Schilderung der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung. Die Beschwerdeführerin brachte zwar in der Beschwerde vor, dass B ab 01.08.2019 die erhöhte Familienbeihilfe beziehen werde, sagte dann jedoch in der Verhandlung aus, dass sie zwar bereits einen neuen Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe im Namen ihres Sohnes gestellt hätte, jedoch noch nicht darüber entschieden worden sei. Seit 01.08.2019 bis zum heutigen Datum wurde zweifelsfrei keine Familienbeihilfe bezogen und es kann auch nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob und ab wann wieder ein Anspruch bestehen wird. Zum Entscheidungszeitpunkt lagen keinerlei weiteren Informationen des Finanzamtes über einen künftigen Anspruch auf (erhöhte) Familienbeihilfe vor und war daher auf Grundlage der Mitteilung des Finanzamtes vom 18.09.2019 und der Aussage der Beschwerdeführerin die Feststellung in der Form zu treffen, ohne künftige Eventualitäten zu berücksichtigen.

Rechtslage:

Folgende Bestimmungen des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000 (NÖ SHG) in der aktuellen Fassung sind im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von Relevanz:

§ 1 NÖ SHG:

Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

§ 2 Z 1 NÖ SHG:

Bei der Leistung der Sozialhilfe sind folgende Grundsätze einzuhalten:

1. Die Hilfe ist nur so weit zu leisten, als der jeweilige Bedarf nicht durch eigene Mittel oder durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt wird (Subsidiaritätsprinzip).

§ 3 Abs. 1 NÖ SHG:

(1) Die Sozialhilfe umfasst:

         1.       Hilfe bei stationärer Pflege

         2.       Hilfe in besonderen Lebenslagen

         3.       Hilfe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen

         4.       Förderungen

§ 12 Abs. 1 NÖ SHG:

(1) Die Hilfe zur Pflege umfasst alle Betreuungs- und Pflegemaßnahmen in stationären Einrichtungen für hilfebedürftige Menschen. Hilfebedürftig ist, wer auf Grund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Beeinträchtigung der Sinne einen ständigen Betreuungs- und Pflegebedarf hat.

§ 35 NÖ SHG:

(1) Die Gewährung der Hilfen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen hat unter Berücksichtigung ihres Einkommens, bei teilstationären und stationären Diensten auch unter Berücksichtigung der pflegebezogenen Geldleistungen, insoweit diese vom Anspruchsübergang nach den bundesgesetzlichen Pflegegeldregelungen erfasst sind, zu erfolgen. Bei teilstationären Diensten erfolgt die Bemessung des Kostenbeitrages im Verhältnis zum zeitlichen Ausmaß der Maßnahme.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das nach den bundesgesetzlichen Pflegegeldregelungen dem pflegebedürftigen Menschen gebührende Taschengeld bleibt dem Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu seiner Verfügung.

(2) Die gesetzlich zum Unterhalt des Hilfeempfängers verpflichteten Angehörigen haben im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht einen Kostenbeitrag zu leisten. Ehegatten, eingetragene Partner, Großeltern, Kinder und Enkel dürfen jedoch nicht zum Kostenbeitrag herangezogen werden.

(3) Eltern haben für die ihren Kindern gewährten stationären Dienste zumindest eine Kostenbeitragsleistung in der Höhe des Wertes der Sachbezüge gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge, BGBl. Nr. 642/1992, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 423/1998, zu leisten. Jedenfalls haben sie einen Kostenbeitrag in dem Ausmaß zu leisten, als sie für dieses Kind auf Grund gesetzlicher, vertraglicher oder statutarischer Bestimmungen Anspruch auf eine Leistung haben. Für volljährige Hilfeempfänger sind von den Eltern darüber hinaus keine Kostenbeiträge aus deren Einkommen zu erbringen. Bei teilstationären Diensten erfolgt die Bemessung des Kostenbeitrages im Verhältnis zum zeitlichen Ausmaß der Maßnahme.

(4) Von der Verpflichtung zum Kostenbeitrag kann jedoch ganz oder zum Teil abgesehen werden, wenn durch den Kostenbeitrag die Inanspruchnahme der Hilfe aus sozialen Gründen erschwert oder der Erfolg der Hilfe gefährdet würde.

(5) Bei einer probeweisen Beschäftigung an einem Arbeitsplatz (§ 30 Abs. 1 Z 4) darf kein Kostenbeitrag verlangt werden.

(6) Die Landesregierung hat durch Verordnung Bestimmungen zu erlassen, inwieweit Einkommen und pflegebezogene Leistungen des hilfebedürftigen Menschen und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen zu berücksichtigen sind oder anrechenfrei zu bleiben haben. Diese Verordnung kann auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

Weiters sind folgende Bestimmungen in der aktuellen Fassung relevant:

§ 231 Allgemein bürgerliches Gesetzbuch (ABGB):

(1) Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

[…]

§ 1 der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge (Sachbezugswerteverordnung), Wert der vollen freien Station:

(1) Der Wert der vollen freien Station beträgt 196,20 Euro monatlich. In diesen Werten sind enthalten:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

-

Die Wohnung (ohne Beheizung und Beleuchtung) mit einem Zehntel,

-

die Beheizung und Beleuchtung mit einem Zehntel,

-

das erste und zweite Frühstück mit je einem Zehntel,

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das Mittagessen mit drei Zehntel,

-

die Jause mit einem Zehntel,

-

das Abendessen mit zwei Zehntel.

[…]

Erwägungen:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass für den Sohn der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs 1 iVm § 12 Abs 1 NÖ SHG ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht und diesem auch Sozialhilfe durch Übernahme der Kosten für die Betreuungs- und Pflegemaßnahmen in einer stationären Einrichtung mit dem Bewilligungsbescheid der NÖ Landesregierung gewährt wurde. Die Beschwerdeführerin wurde auch darauf hingewiesen, dass diese Sozialhilfe insbesondere unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips im Sinne des § 2 Z 1 NÖ SHG gewährt wurde, dementsprechend die Beschwerdeführerin bzw. ihr Sohn grundsätzlich in Form eines Kostenbeitrages zu den vom Land Niederösterreich getragenen Kosten gemäß

§ 35 Abs 1 NÖ SHG beizutragen haben.

Es konnte festgestellt werden, dass der Sohn der Beschwerdeführerin Tag und Nacht von Montag bis Freitag in der Tagesstätte bzw. dem Wohnhaus betreut wird. Er handelt sich daher jedenfalls um eine stationäre (und keine teilstationäre) Betreuung im Sinne des NÖ SHG, auch wenn der Sohn der Beschwerdeführerin am Wochenende teilweise bei ihr oder ihrem Ex-Mann aufhältig ist und Urlaube gemeinsam verbracht werden (vgl. VwGH Ra 2018/10/0062).

Aufgrund der Judikatur des Obersten Gerichtshofes liegt die Selbsterhaltungsfähigkeit eines Menschen dann vor, wenn er die zur Bestreitung seiner Bedürfnisse nötigen Mittel selbst erwirbt oder bei zumutbarer Beschäftigung selbst erwerben könnte (vgl. OGH 9Ob24/14s).

Es ist aufgrund des festgestellten Sachverhaltes davon auszugehen, dass der Hilfeempfänger aufgrund seiner besonderen Bedürfnisse außer Stande ist die nötigen Mittel zur Bestreitung seiner Bedürfnisse aufzubringen. Gegenteilige Angaben sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht vorgebracht. Daher ist der Sohn der Beschwerdeführerin nicht selbsterhaltungsfähig und somit die gesetzliche Unterhaltspflicht der Beschwerdeführerin als Mutter für ihn weiterhin aufrecht. Die Beschwerdeführerin ist daher grundsätzlich zur Leistung eines Kostenbeitrages heranzuziehen. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, sondern stellte sie vielmehr nur die Höhe des Beitrages in Frage.

§ 35 NÖ SHG legt den Umfang und die Höhe der Kostenbeitragsleistung für die Verpflichteten fest. Mit der Wendung „im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht“ im ersten Satz des § 35 Abs. 2 NÖ SHG wird auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die gesetzliche Unterhaltspflicht verwiesen (vgl. VwGH 2007/10/0019, 2007/10/0111, u.a.), sodass etwa Eltern grundsätzlich zum Kostenbeitrag im Rahmen ihrer zivilrechtlichen Unterhaltspflicht verpflichtet sind.

Bei der Bemessung des Unterhaltes ist in Bezug auf § 231 ABGB auf die dazu ergangene Rechtsprechung (vgl. VwGH 2006/10/0028 sowie 2009/10/0143) zu verweisen, wonach sich die Bemessung des Unterhaltsanspruches nach den Lebensverhältnissen der Eltern und den Bedürfnissen des Kindes richtet. Die diesbezügliche Rechtsprechung orientiert sich an der Prozentwertmethode, wonach der Unterhalt nach Alter des Kindes gestaffelt 16% bis 22% beträgt und Ausgaben des täglichen Lebens grundsätzlich nicht abzuziehen sind, zumal diese darin bereits enthalten sind. Ab einem Alter von 15 Jahren (also auch verfahrensgegenständlich) sind dies 22% des monatlichen Nettoeinkommens. Da im Beschwerdefall ein weiterer Unterhaltsberechtigter, der zweite Sohn der Beschwerdeführerin E, zu berücksichtigen ist, sind 2% abzuziehen, sodass für ihren Sohn B ein Unterhaltsanspruch im Ausmaß von 20 % verbleibt.

Die Beschwerdeführerin verfügte im Zeitraum von 01.04.2019 bis 31.07.2019 über ein monatliches Nettoeinkommen (inkl. 13. + 14. Gehalt) in der Höhe von € 2.428,1, darüber hinaus bezog sie erhöhte Familienbeihilfe für B in Höhe von € 355,- monatlich.

Somit entspricht ihre Unterhaltspflicht für B in diesem Zeitraum grundsätzlich einem Betrag von € 485,62 monatlich.

Gemäß § 35 Abs. 3 erster Satz NÖ SHG haben Eltern für die ihren Kindern gewährten stationären Dienste „zumindest“ eine „Kostenbeitragsleistung in der Höhe des Wertes der Sachbezüge gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge […] zu leisten“, also auch für den Fall, dass der Betrag aus dem zivilrechtlichen Unterhalt unter diesem Betrag liegen sollte. Dieser Wert der vollen freien Station entspricht derzeit € 196,20 monatlich.

Da der errechnete Unterhalt jedoch deutlich über dem Betrag von € 196,20 liegt, ist der Wert der vollen freien Station als Mindestgrenzwert im Zeitraum 01.04.-31.07.2019 nicht von Relevanz.

Weiters bestimmt § 35 Abs. 3 zweiter Satz NÖ SHG, dass Eltern aber jedenfalls einen Kostenbeitrag in dem Ausmaß zu erbringen haben, als sie für dieses Kind „auf Grund gesetzlicher, vertraglicher oder statutarischer Bestimmungen Anspruch auf eine Leistung haben“, wie etwa Familienbeihilfe oder auch der Erhöhungsbeitrag. Gemäß § 35 Abs. 3 dritter Satz NÖ SHG sind für „volljährige Hilfeempfänger […] von den Eltern darüber hinaus keine Kostenbeiträge aus deren Einkommen zu erbringen.“

Da die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall im Zeitraum von 01.04.2019 bis 31.07.2019 die erhöhte Familienbeihilfe in Höhe von € 355,- bezog, hat sie jedenfalls einen Kostenbeitrag in diesem Ausmaß zu leisten, maximal jedoch nach § 35 Abs. 2 NÖ SHG im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht einen Beitrag in Höhe von € 485,62.

Die belangte Behörde hat in ihrer Berechnung der Bemessungsgrundlage für diesen Zeitraum Sonderbelastungen von maximal € 105,00 für Rückzahlungsraten für Darlehen/Kredite, die zur Schaffung von Wohnraum dienen und € 117,36 für die Leasingraten des KFZ, das beruflich erforderlich ist, berücksichtigt und diese daher von der Bemessungsgrundlage abgezogen. Dies für das Gericht nachvollziehbar und schlüssig aufgrund eines Erlasses des Amts der NÖ Landesregierung, der für Bezirkshauptmannschaften bindend ist.

Für das erkennende Gericht entfaltet dieser Erlass jedoch keine Bindungswirkung, sondern hat das Gericht das Gesetz anzuwenden. Im Gesetz gibt es keine Grundlage für die Berücksichtigung der Belastungen in der dargestellten Form. Jedoch gibt es im Rahmen des § 35 Abs. 4 NÖ SHG die Möglichkeit von der Verpflichtung zum Kostenbeitrag ganz oder zum Teil abzusehen, wenn durch den Kostenbeitrag die Inanspruchnahme der Hilfe aus sozialen Gründen erschwert oder der Erfolg der Hilfe gefährdet werden würde.

Die Verwaltungsbehörde hat die ihr bekannten Belastungen und Aufwendungen vollständig bereits aus eben diesem Zweck, nämlich um soziale Härten zu vermeiden, berücksichtigt.

Vom Gericht können im Rahmen des § 35 Abs. 4 NÖ SHG ebenfalls Belastungen berücksichtigt werden und der Kostbeitrag entsprechend herabgesetzt werden.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben sich für das erkennende Gericht keine weiteren, von der Behörde noch nicht beachteten, berücksichtigungswürdigen Gründe ergeben, die eine darüberhinausgehende oder gänzliche Absehung von einem Kostenbeitrag rechtfertigen würden. Das Gericht konnte auch nicht erkennen, dass die Beschwerdeführerin durch einen Kostenbeitrag in Höhe von € 441,15 (davon € 355,- durch die erhöhte Familienbeihilfe) in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet, die Inanspruchnahme der Hilfe aus sozialen Gründen erschwert, oder der Erfolg der Hilfe gefährdet wird. Daher war der Kostenbeitrag in der Höhe von € 441,15 zu bestätigen und die Beschwerde hinsichtlich dieses Spruchpunktes abzuweisen.

Für den Zeitraum ab 01.08.2019 hat die belangte Behörde dargelegt, dass Sonderzahlungen nicht in die Bemessungsgrundlage einzuberechnen seien, weshalb daher von einem Einkommen in der Höhe von € 2.081,23 auszugehen sei. Daher ergebe sich nach Berücksichtigung von Rückzahlungsraten für Darlehen/Kredite für Wohnraumschaffung in Höhe von € 105,00, einem Pauschalbetrag für Wohnungskosten in der Höhe von € 210,00 monatlich und Leasingraten für ein KFZ, welches beruflich erforderlich ist, in der Höhe von € 117,36 monatlich eine Bemessungsgrundlage in Höhe von € 1.648,87. Die Beschwerdeführerin beziehe erhöhte Familienbeihilfe für B. Ihr Kostenbeitrag werde daher ab 01.08.2019 unter Berücksichtigung einer weiteren Sorgepflicht mit 15 % der Bemessungsgrundlage, sohin monatlich € 247,33 festgesetzt.

Auch hier kam wieder der oben angesprochene Erlass durch die Bezirkshauptmannschaft zum Einsatz, der für das Gericht nicht anwendbar ist.

Der Sohn der Beschwerdeführerin ist jedoch seit 04.07.2019 volljährig und ist daher im gegenständlichen Verfahren auch § 35 Abs. 3 dritter Satz NÖ SHG zu beachten, wonach für volljährige Hilfeempfänger von den Eltern darüber hinaus“ keine Kostenbeiträge aus deren Einkommen zu erbringen sind.

Die Wortfolge „darüber hinaus bezieht sich sowohl auf den ersten als auch auf den zweiten Satz dieses Absatzes und bedeutet bei stationären Diensten, dass der Beschwerdeführerin ab der Volljährigkeit ihres Sohnes maximal das Ausmaß der in § 35 Abs. 3 zweiter Satz beinhalteten und von ihm bezogenen Leistungen (etwa Familienbeihilfe) vorgeschrieben werden darf. Werden solche Leistungen nicht bezogen, ist nach § 35 Abs. 3 erster Satz maximal ein Betrag in der Höhe des Wertes der vollen „freien Station“ vorzuschreiben.

Anders als von der belangten Behörde festgestellt, bezieht weder die Beschwerdeführerin noch ihr Sohn seit 01.08.2019 Familienbeihilfe und ist ihre Kostenbeitragsleistung daher ab der Volljährigkeit ihres Sohnes der Höhe nach mit der Höhe des Wertes der vollen „freien Station“, somit, solange sie keine Familienbeihilfe bezieht, mit dem Betrag von € 196,20, bei stationärer Betreuung begrenzt.

Unter Berücksichtigung des Einkommens der Beschwerdeführerin und der Höhe des nun festgesetzten Kostenbeitrags in Höhe von € 196,20 liegt für das erkennende Gericht kein Anhaltspunkt für eine soziale Härte nach § 35 Abs. 4 NÖ SHG vor und konnte das Gericht daher auch unter Berücksichtigung der festgestellten Belastungen und Aufwendungen nicht zur Überzeugung gelangen, dass die Beschwerdeführerin dadurch in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet wird, sodass kein Grund für ein gänzliches oder teilweises Absehen von dieser Verpflichtung zum Kostenbeitrag erkannt werden kann. Zudem wird durch seine Heranziehung zum Kostenbeitrag weder die Inanspruchnahme der Hilfe aus sozialen Gründen erschwert noch der Erfolg der Hilfe gefährdet.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Sozialrecht; Sozialhilfe; Kostenbeitrag; Subsidiaritätsprinzip; besondere Bedürfnisse; stationäre Pflege;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1028.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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