Entscheidungsdatum
06.11.2019Norm
B-VG Art130 Abs1 Z1Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde der A, ***, ***, vom 25. September 2019 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 26. August 2019, AZ: ***, betreffend die Aufhebung eines Abgabenbescheides, den
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 260 Abs. 1 lit. a, 278 Abs. 1 iVm 288 Abs. 1 Bundesabgabenordnung -BAO
Art. 133 Abs. 4, Art. 133 Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Begründung:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 13. Februar 2019, Aktenzeichen: ***, wurde Frau A (in der Folge: Beschwerdeführerin) für die Liegenschaft *** in *** eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von € 669,59 (zuzüglich Umsatzsteuer) vorgeschrieben.
Mit Schreiben vom 12. März 2019 brachte die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid eine Berufung ein. Sie begründete die Berufung damit, dass die aufgrund einer Bauführung im Jahr 2005 vorgeschriebene Ergänzungsabgabe bereits verjährt sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 26. August 2019, AZ: ***, wurde der Berufung gegen den Abgabenbescheid vom 13. Februar 2019, Aktenzeichen: ***, Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein Abgabenanspruch auf eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe mangels Vorliegen einer schriftlichen Veränderungsanzeige nicht entstanden sei. Weder habe eine Verjährungsfrist zur Abgabenfestsetzung überhaupt zu laufen begonnen, noch sei bisher ein Abgabenanspruch entstanden. Der nunmehrigen Abgabenfestsetzung stehe daher das Nichtentstehen des Abgabenanspruches entgegen.
Dagegen richtet sich die nunmehrige, fristgerecht eingebrachte Beschwerde der A vom 25. September 2019. Die Beschwerde richte sich nicht gegen die Aufhebung der vorgeschriebenen Abgabe, sondern diene zur Klärung der darin angeführten Begründung, die auf allfällige weitere Forderungen schließen lasse.
Eine Verpflichtung zur Vorlage einer Veränderungsanzeige bestehe für die Beschwerdeführerin als nunmehrige Liegenschaftseigentümerin nicht, sie habe das Objekt erst 2015 erworben und selbst keine Veränderungen vorgenommen.
Diese Beschwerde wurde seitens der Stadtgemeinde *** unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 14. Oktober 2019 zur Entscheidung vorgelegt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …
Artikel 132. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:
1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet; …
Artikel 133.
(…)
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
(…)
(9) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden. Inwieweit gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Revision erhoben werden kann, bestimmt das die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes regelnde besondere Bundesgesetz.
2.2. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. ( 1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen
(§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. …
§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden. …
2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(…)
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Als Gegenstand des konkreten Verfahrens ergibt sich aufgrund des Spruches des angefochtenen Bescheides die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe für das Grundstück *** in *** mit dem Abgabenbescheid 13. Februar 2019, Aktenzeichen: ***. Mit dem nunmehr angefochtenen Berufungsbescheid vom 26. August 2019 hat der Stadtrat der Stadtgemeinde *** diesen Abgabenbescheid des Bürgermeisters und die damit erfolgte Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe (ersatzlos) aufgehoben. Das Vorbringen der nunmehrigen Beschwerde richtet sich ihrem wesentlichen Inhalt nach gegen die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Zur Erhebung einer Beschwerde ist gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG legitimiert, wer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein.
Aus der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des Öffentlichen Rechtes zur Frage der Beschwerdelegitimation vor diesen Gerichtshöfen kann abgeleitet werden, dass zur Behauptung, in seinen Rechten verletzt zu sein, die Möglichkeit der Rechtsverletzung hinzutreten muss.
Der Verwaltungsgerichtshof führt zur Frage der Beschwerdelegitimation im Hinblick auf die Möglichkeit der Verletzung in Rechten für das höchstgerichtliche Verfahren in ständiger Rechtsprechung Folgendes aus:
Für die Beurteilung der Beschwerdeberechtigung im Fall einer auf Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (außer Kraft getreten am 31.12.2013) kommt es (unabhängig von der Parteistellung im Verwaltungsverfahren) lediglich darauf an, ob ein Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt werden kann.
Es muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (z.B. VwGH 2008/05/0075, 2008/03/0168 und 2011/17/0111).
Die Beschwerdelegitimation setzt somit voraus, dass die auf Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG gestützte Beschwerde unter Berufung auf eine eigene, gegenüber dem Staat – als Träger hoheitlicher Befugnisse – bestehende Interessenssphäre der beschwerdeführenden Partei erhoben wird.
Das als Prozessvoraussetzung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der beschwerdeführenden Partei besteht bei einer Bescheidbeschwerde iSd Art 131 B-VG im objektiven Interesse an der Beseitigung des angefochtenen, sie belastenden Verwaltungsakts. Das objektive Interesse der beschwerdeführenden Partei an der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ist ihre "Beschwer". Eine solche liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag der beschwerdeführenden Partei an die Verwaltungsbehörde zu deren Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrages die Verwaltungsbehörde die beschwerdeführende Partei durch ihren Verwaltungsakt belastet (vgl. z.B. VwGH 2011/03/0228 und 2013/03/0111). Fehlt hingegen die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung (z.B. VwGH 2000/11/0269).
Diese vom Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Beschwerdeberechtigung für das höchstgerichtliche Beschwerdeverfahren zu Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG (außer Kraft getreten am 31.12.2013) aufgestellten Grundsätze gelten auch für die Beschwerdelegitimation gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG im Beschwerdeverfahren zu Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (in Kraft getreten am 1.1.2014) vor dem Landesverwaltungsgericht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung mehrfach ausgeführt, dass eine Verletzung subjektiver Rechte nur durch den Spruch eines Bescheides, nicht jedoch durch dessen Begründung zugefügt werden kann.
Die Begründung eines Bescheides hat keine normative Kraft, eine unrichtige Begründung eines Bescheides, dessen Spruch rechtmäßig ist, kann diesen Bescheid nicht rechtswidrig machen.
Eine Rechtsmittelentscheidung, die dem Antrag auf Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides durch ersatzlose Behebung dieses Bescheides Folge gibt, kann nicht deshalb angefochten werden, weil die Aufhebung aus anderen als den im Rechtsmittel geltend gemachten Gründen ausgesprochen wurde.
Die Berufungsentscheidung des Stadtrates, mit welcher der Berufung von Frau A auf Aufhebung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides durch ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides Folge gegeben wurde, kann somit nicht deshalb bekämpft werden, weil die Aufhebung aus anderen als den in der Berufung gemachten Gründen ausgesprochen wurde bzw. weil die Beschwerdeführerin die in der Begründung zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht der Berufungsbehörde nicht teilt.
Die Frage, ob die Ausführungen des Stadtrates in der Begründung des angefochtenen Berufungsbescheides zutreffend sind, kann im konkreten Verfahren nicht geklärt werden. Jedenfalls entfalten die Ausführungen des Stadtrates in der Bescheidbegründung des nunmehr angefochtenen Bescheides keinerlei Bindungswirkungen für ein allfälliges weiteres Abgabeverfahren, weshalb durch diese Ausführungen die Beschwerdeführerin auch nicht beschwert, d.h. in ihren Rechten verletzt sein kann.
Insbesondere die Frage, ob die Beschwerdeführerin zur Vorlage einer Veränderungsanzeige verpflichtet ist oder nicht, ist nicht Gegenstand des konkreten Verfahrens. Auch diesbezüglich kann die Begründung des angefochtenen Bescheides keinerlei Bindungswirkung entfalten.
Durch die ersatzlose Aufhebung des sie belastenden Abgabenbescheides erster Instanz vom 13. Februar 2019 konnte die Beschwerdeführerin durch die Ausführungen in der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides des Stadtrates in keinem Recht verletzt werden.
Die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides stellt sich als Sachentscheidung dar, der verfahrensbeendende Wirkung zukommt. Daraus folgt, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht zur Zahlung von Abgaben verhalten wird. Der angefochtene Berufungsbescheid entfaltet somit gegenüber der Beschwerdeführerin ausschließlich begünstigende Wirkungen.
Es besteht daher im gegenständlichen Fall nicht einmal die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch den Berufungsbescheid des Stadtrates. Schon die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch diesen Bescheid ist somit von vorneherein ausgeschlossen. Die Beeinträchtigung eines im gegenständlichen Verfahren relevanten subjektiven-öffentlichen Rechtes durch den Bescheidspruch wird in der Beschwerde auch gar nicht behauptet.
Daraus folgt, dass die Erhebung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid mangels Beschwerdelegitimation unzulässig ist, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Ungeachtet eines entsprechenden Antrages konnte von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Wasseranschlussabgabe; Verfahrensrecht; Beschwer; Rechtsschutzinteresse, Beschwerdegründe;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1165.001.2019Zuletzt aktualisiert am
27.12.2019